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OGH vom 03.07.1986, 8Ob582/86

OGH vom 03.07.1986, 8Ob582/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am verstorbenen Anna E***, infolge Revisionsrekurses des erblasserischen Witwers Friedrich E***, Landwirt, 4780 Schärding, Pramhöhe 193, vertreten durch Dr. Johannes Neumann, Rechtsanwalt in Schärding, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom , GZ R 54/86-28, womit der Endbeschluß und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Schärding vom , GZ A 215/84-18 und 19, als nichtig aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Rekurse der Margarete E***, der Cäcilia M*** und des Friedrich E*** jun. gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Schärding vom , A 215/84-19, zurückgewiesen werden.

Text

Begründung:

Friedrich E*** und Anna U*** hatten mit Notariatsakt Ehepakte und einen Erbvertrag errichtet, in dem sie sich wechselseitig zu drei Vierteln als Erben einsetzten. Zu einem Viertel setzten sie sich testamentarisch gegenseitig als Universalerben ein. Im Punkte 2 c) dieses Vertrages verpflichteten sie sich, der Überlebende habe das vom Bräutigam in die Ehe eingebrachte Anwesen EZ 15 KG Pramhof "einem Kinde des Bräutigam aus erster Ehe namens Cäcilia, Margarete und Friedrich E*** zu übergeben oder letztwillig zu hinterlassen, wobei die Auswahl der Kinder, die näheren Modalitäten der Übergabe und der Zeitpunkt derselben dem billigen Ermessen des Nachlaßübernehmers überlassen bleibt.

Dieses Anwartschaftsrecht ist anläßlich der Verlassenschaftsabhandlung nach dem Erstverstorbenen über Verlangen eventuell auch als Veräußerungsverbot im Grundbuch sicherzustellen. Sollte jedoch für die vorgenannten Kinder im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nach Maria E***, die Mutter der vorgenannten Kinder, ein Anwartschaftsrecht bereits festgelegt sein, übernimmt die Braut dieses vollinhaltlich in ihre Darnachachtungspflicht". Nach dem Tode seiner Gattin Anna gab Friedrich E*** die unbedingte Erbserklärung aus dem Titel des Erbvertrages ab. Er widerrief Punkt 2 c) des Erbvertrages und gab bekannt, daß er die Übergabe der Landwirtschaft an Josef K*** beabsichtige. Diese Bestimmung sei widerruflich, da sie ausdrücklich in seinem Interesse in den Erbvertrag aufgenommen worden sei und ein Widerruf daher auch nicht zum Nachteil der Verstorbenen Anna E*** erfolge. Am stellte er den Antrag, seinen drei Kindern eine Frist aufzuerlegen, innerhalb der sie die Klage auf Feststellung ihres behaupteten Nacherbschaftsrechtes bzw. die Klage auf Einverleibung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes einzubringen hätten, widrigenfalls das Verlassenschaftsverfahren ohne Bedachtnahme auf die von ihnen behaupteten Rechte abzuführen sei. Mit Schriftsatz vom zog er diesen Antrag jedoch zurück, legte ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis vor und beantragte, die Einantwortungsurkunde zu erlassen.

Mit Endbeschluß vom wurde seine Erbserklärung zu Gericht angenommen, der Erbrechtsausweis und der Testamentsausweis als erfüllt angesehen, das eidesstättige Vermögensbekenntnis dem Verlassenschaftsverfahren zugrunde gelegt und zugleich die Einantwortungsurkunde erlassen, mit der Friedrich E*** als Alleinerben eingeantwortet wurde. In der Verbücherungsklausel war keine Eigentumsbeschränkung zu Gunsten der drei Kinder des Erben aus erster Ehe enthalten.

Das Gericht zweiter Instanz gab den Rekursen der Margarete E***, der Cäcilia M*** und des Friedrich E*** jun. gegen die Einantwortungsurkunde Folge und hob diese und den Endbeschluß des Erstgerichtes als nichtig auf. Das Rekursgericht führte aus, daß Punkt 2 c) des Erbvertrages im Sinne einer vertragsmäßig übernommenen Verpflichtung, die Liegenschaft einem Dritten zu überlassen, zu verstehen sei. Es handle sich demnach hiebei zwar nicht um eine fideikommissarische Substitution, jedoch seien die Bestimmungen über die Nacherbschaft analog anzuwenden. Der Liegenschaftsbesitzer könne sohin die Liegenschaft ohne Zustimmung der Nachfolgeberechtigten nicht veräußern. Die verfahrensrechtlichen Konsequenzen bestünden darin, daß eine derartige Beschränkung im Verlassenschaftsverfahren gleich behandelt werden müsse wie bei Vorliegen einer Substitution. Es sei daher auch im Falle der vertragsmäßig übernommenen Verpflichtung einer Liegenschaftsübergabe vom Verlassenschaftsgericht der Nachweis zu verlangen, daß dem Willen des Erblassers gemäß vorgegangen werde. Dies sei im vorliegenden Verfahren nicht erfolgt. Punkt 2 c) des Erbvertrages sei nicht einseitig widerruflich, auch wenn er bei Abschluß des Notariatsaktes lediglich im Interesse des nunmehrigen Alleinerben aufgenommen worden sei. Als Bestandteil des Erbvertrages sei er eine wechselseitig übernommene Verpflichtung und könne daher nicht nach dem Erstverstorbenen vom Überlebenden einseitig widerrufen werden. Um aber die Einantwortung des Nachlasses zu erwirken, müsse der Erbe nicht nur sein Erbrecht gehörig dargetan haben, sondern auch ausweisen, daß er alle übrigen vom Gesetze oder dem Erblasser ihm auferlegten Verbindlichkeiten soweit erfüllt habe, als es in den §§ 157 bis 162 AußStrG gefordert werde. § 158 AußStrG bestimme, daß Substitutionen und Anordnungen, die ihnen nach den §§ 707 bis 709 ABGB gleichzuhalten sind, auf die ihnen unterworfenen Güter in öffentlichen Büchern eingetragen werden müßten. Die Einantwortung des Nachlasses dürfe also erst erfolgen, wenn der Erbe auch die Erfüllung aller ihm nach dem Gesetze oder letzten Willenserklärung des Verstorbenen obliegenden Verpflichtungen dargetan habe, soweit deren Erfüllung in tatsächlicher oder rechtlicher Beziehung möglich gewesen sei. Er müsse daher zur Erlangung der Einantwortung unter anderem auch die Sicherstellung eventueller Substitutionen und diesen gleichgehaltener Verfügungen, wie überhaupt Punkt für Punkt die Erfüllung aller letztwilligen Anordnungen des Erblassers nachweisen. Während § 520 ABGB nur bei sich äußernder Gefahr das Recht auf Sicherstellung einräume, habe § 158 AußStrG dem Substituten oder ihm Gleichgestellten dieses unbedingt so eingeräumt, daß von Amts wegen darauf gedrungen werden müsse. Es seien letztwillige Substitutionen und Aufgriffsrechte in der Verbücherungsanordnung der Einantwortungsurkunde bereits zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall habe das Erstgericht die Einantwortungsurkunde erlassen, obwohl die Voraussetzung der Einantwortung des Nachlasses an den Erben nicht gegeben gewesen seien, da der Nachweis der Erfüllung der ihm nach dem Gesetz oder dem Willen des Erblassers obliegenden Verbindlichkeiten nach Maßgabe der §§ 157 bis 162 AußStrG entgegen der Ansicht des Erstgerichtes nicht vorgelegen sei. Insbesondere sei gegen die Vorschrift des § 158 AußStrG, der den Substitutionsausweis behandle, verstoßen worden, denn Nachlaßliegenschaften seien in jedem Fall mit der Beschränkung durch die angeordnete Nacherbschaft im Grundbuch einzuverleiben. Diese Bestimmung gelte auch für die den Nacherbschaften gleichzuhaltenden Anordnungen nach den §§ 707 bis 709 ABGB. Die Rekurswerber führten daher zu Recht aus, daß die Verlassenschaft ihrem Vater Friedrich E*** rechtsirrig, ohne Nachweis der Erfüllung des erblasserischen Willens, eingeantwortet worden sei. Jedoch begründe die Einantwortung ohne Beiziehung der Rekurswerber als Anwartschaftsberechtigte entgegen deren Ansicht nicht die Nichtigkeit des gesamten Verlassenschaftsverfahrens, sondern lediglich des Endbeschlusses und der Einantwortungsurkunde. Denn nur bei diesen beiden Verfahrensschritten sei gegen die zwingende Vorschrift des § 158 AußStrG verstoßen worden. Es sei daher das Verlassenschaftsverfahren nach Anna E*** lediglich in diesen beiden Punkten als nichtig aufzuheben gewesen. Das Abhandlungsgericht werde nunmehr die Erbringung des Substitutionsausweises im Sinne des § 158 AußStrG zu veranlassen haben. Sollte zwischen dem eingeantworteten Erben und den aus dem Erbvertrag Berechtigten keine Einigung darüber erzielt werden, ob die Anordnung im Erbvertrag als eine analog der Nacherbeinsetzung zu behandelnde Verfügung anzusehen sei, so habe das Abhandlungsgericht dennoch die im Gesetz zur Sicherung der Rechte der Nacherben vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen wie insbesondere die Errichtung des Inventars (§ 92 Abs 2 Z 3 AußStrG) unter Beiziehung des präsumtiven Nacherben (§ 95 Abs 2 AußStrG) durchzuführen. Nur die endgültige Klärung dieser Frage könne nicht im Abhandlungsverfahren, sondern müsse im Rechtsweg erfolgen. Erst nach Klärung dieser Frage bzw. Vorliegen des Substitutionsausweises werde daher die Einantwortung erfolgen können.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs des erblasserischen Witwers Friedrich E*** aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Zurückweisung bzw. Abweisung der Rekurse der Margarete E***, der Cäcilia M*** und des Friedrich E*** jun. abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Der erblasserische Witwer führt in seinem Rechtsmittel aus, die Rekurse der Margarete E***, der Cäcilia M*** und des Friedrich E*** jun. seien verspätet. Die Einantwortung sei am erfolgt, die Rekurswerber hätten davon Kenntnis gehabt. Der erblasserische Witwer habe die in den Nachlaß fallende Liegenschaftshälfte seiner verstorbenen Gattin Anna E*** zusammen mit der ihm gehörigen Hälfte inzwischen verkauft. Seine Kinder Margarete E***, Cäcilia M*** und Friedrich E*** jun. hätten beim Kreisgericht Ried im Innkreis zu 1 Cg 8/86 gegen ihn sowie die Grundstückskäufer Johann H*** und B*** G*** AG eine Klage erhoben und in dieser "im wesentlichen das vorweggenommen, was die Entscheidung des Rekursgerichtes angeordnet habe". Da der Rekurs erst am eingebracht worden sei und dritte Personen aufgrund von Kaufverträgen inzwischen Rechte erworben hätten, wären die Rekurse als verspätet zurückzuweisen gewesen. Die Annahme einer Nacherbschaft zugunsten der Rekurswerber per analogiam sei unzulässig. Er müsse zwar zunächst den Text der Ehepakte gegen sich gelten lassen, obwohl dieser nicht dem tatsächlichen Vertragswillen der Parteien entspreche. Das werde aber erst in dem beim Kreisgericht Ried im Innkreis anhängigen Rechtsstreit geklärt werden. Aufgrund des Punktes 2) c) der Ehepakte stehe seinen Kindern, den Rekurswerbern, kein Anwartschaftsrecht zu und es sei daher ein solches auch nicht im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung zu berücksichtigen gewesen. Desgleichen sei weder die Aufnahme eines Inventars erforderlich, noch von ihm ein Substitutionsausweis im Sinne des § 158 AußStrG zu erbringen. Bei einem Anwartschaftsrecht handle es sich auch nicht um eine Anordnung, die nach den §§ 707 bis 709 ABGB einer Nacherbschaft gleichzuhalten sei. Es bleibe vielmehr den vermeintlichen Anwartschaftsberechtigten vorbehalten, ihren Anspruch klageweise geltend zu machen, wie dies zwischenzeitig ja auch zu 1 Cg 8/86 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis geschehen sei. Ob die Kaufverträge, die er auch hinsichtlich der in den Nachlaß fallenden Liegenschaftshälfte abgeschlossen habe, rechtswirksam zustandegekommen seien, könne im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens gar nicht mehr geklärt werden, sondern werde in dem anhängigen Prozeß zu entscheiden sein. Wenn das Prozeßgericht zu der Auffassung gelangen sollte, daß die Käufer nicht gutgläubig waren, dann würden die abverkauften Grundstücke in sein Eigentum rückzuführen und - falls die Voraussetzungen nach Auffassung des Prozeßgerichtes zutreffen - auf dieser Liegenschaft dann ein Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Rekurswerber grundbücherlich einzutragen sein. Für die in der Rekursentscheidung getroffenen Maßnahmen bestehe bei der aufgezeigten Sach- und Rechtslage kein Rechtsschutzbedürfnis und darüber hinaus keine reale Erfüllbarkeit.

Diesen Ausführungen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Nach § 608 ABGB kann der Erblasser seinen Erben verpflichten, die angetretene Erbschaft nach seinem Tode oder in anderen bestimmten Fällen einem zweiten ernannten Erben zu überlassen. Der Nacherbe ist nicht Erbe des Vormannes, sondern er ist der wahre Erbe des Erblassers. Da also der Nacherbe wirklicher Erbe des Erblassers ist, kann der Erblasser seine Auswahl nicht dem Vorerben überlassen. Dies würde gegen § 564 ABGB verstoßen. Nach dieser Gesetzesstelle hat der Erblasser den Erben selbst einzusetzen und darf seine Ernennung nicht dem Ausspruch eines Dritten überlassen. Hat der Erblasser keinen bestimmten Nacherben ernannt, die Auswahl vielmehr seinem Erben überlassen, ist in dieser Verfügung keine fideikommissarische Substitution zu erblicken, sondern eine Auflage (EvBl 1961/1). An der rechtlichen Qualifikation als Auflage vermag im vorliegenden Fall auch der Umstand nichts zu ändern, daß der erblasserische Witwer die Auswahl des Auflagebegünstigten aus einem bestimmten Personenkreis zu treffen hat.

Die Auflage beschwert zwar den Erben, sie begründet jedoch keinen Rechtsanspruch Dritter. Es fehlt hier an einem forderungsberechtigten Rechtssubjekt, das die Auflage im eigenen Interesse geltend machen könnte. Hiedurch unterscheidet sie sich vom Vermächtnis (Gschnitzer in Klang 3 III 689 und 691 vor FN 16, Kralik, Erbrecht, 168). Margarete E***, Cäcilia M*** und Friedrich E*** jun. unter denen der erblasserische Witwer den Auflagebegünstigten auszuwählen hat, kommt daher im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren weder Partei- noch Beteiligtenstellung zu. Da dem Auflagebegünstigten kein Forderungsrecht auf Geltendmachung der Auflage im eigenen Interesse zusteht, wurde durch den Beschluß des Erstgerichtes und die Einantwortungsurkunde auch nicht unmittelbar in deren Vermögensrechte eingegriffen. Es fehlt ihnen daher die Rekurslegitimation gemäß § 9 AußStrG (NZ 1977, 78). Auch aus der Bestimmung des § 161 a AußStrG ist für die Rekurswerber nichts zu gewinnen, weil das Gericht zur Überwachung der Erfüllung oder der Sicherstellung einer Auflage nur dann verpflichtet ist, wenn sie im öffentlichen Interesse liegt, was hier aber nicht zutrifft.

Die gegen die Einantwortungsurkunde eingebrachten Rekurse wären daher vom Gericht zweiter Instanz als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war somit die vom Rekursgericht unterlassene Zurückweisung der unzulässigen Rekurse auszusprechen.