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OGH vom 15.05.1996, 7Ob610/95

OGH vom 15.05.1996, 7Ob610/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jürgen H*****, vertreten durch Dr.Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei B*****AG, *****, vertreten durch Dr.Karl G.Aschaber ua Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Vermögensangabe, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 133/95-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 15 Cg 31/93-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil lautet:

"Das Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, binnen 14 Tagen

a) unter Vorlage eines Verzeichnisses alles anzugeben, was ihr an Vermögenswerten (im Klagebegehren wörtlich: was sie an Vermögenswerten) des Horst Günther H*****, verstorben am *****, ehemals wohnhaft in B*****, die dieser jemals bei der beklagten Partei angelegt hat oder mit welchen die beklagte Partei von diesem zu verfügen oder damit zu handeln berechtigt war, insbesonders zum Sparbuch mit der Kontrollnummer 92.356, Sparbuch Nr. 842-029.988 sowie zum Sparbuch Nr. 00 842 602 890 geleisteter Einlagen, ferner über die Vermögensanlagen mittels Wertpapieren über DM 20.000,-- zu 7 3/8 % verzinslich an CA Komm.Brief R 15 und über DM 338.757,-- mit ca. 6 % verzinslich der Miteigentumsfonds AG und zwar über Bestand und Höhe zum Todestag des Horst Günther H***** am *****, sowie von diesen Vermögenswerten seither, insbesondere über Kontoveränderungen bis heute bekannt ist und

b) einen Eid dahingehend zu leisten, daß diese Angaben richtig und vollständig sind,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die in allen Instanzen mit S 126.688,30 (darin enthalten S 17.758,05 USt und S 20.140,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Alleinerbe seines am ***** in B***** in Deutschland verstorbenene Bruders Horst Günther H*****. Horst Günther H***** hatte sein Vermögen bei verschiedenen Banken in Deutschland und auch in der Filiale der beklagten Partei in S***** angelegt. Er besaß eine Eigentumswohnung in G*****. Vor seinem Tod informierte er den Kläger, dessen Ehefrau und seine Nichte, eine ehemalige Bankangestellte, dahin, daß er Vermögenswerte bei der "T***** Bank" in S***** angelegt habe. Nach seinem Ableben solle sich der Kläger dort mit dem Angestellten W***** ins Einvernehmen setzen.

Nach dem Tod des Horst Günther H***** fanden der Kläger und seine Ehefrau verschiedene Aufzeichnungen des Verstorbenen, woraus sich unter anderem ergab, daß er bei der N*****bank ein Schließfach besaß, in dem Münzen, Wertpapiere und Zertifikate verwahrt waren. In einer der Aufzeichnungen ist festgehalten:

"T***** Bank S***** (Herr W*****) einmal Wertpapiere (ca. DM 385),

ein Sparbuch Kontrollnummer 92.356,

Sparbuch Nr. 842-029.988,

Kennwort: Günther und Ingeborg".

Eine andere Aufzeichnung hat folgenden Text:

"T***** Bank S***** (Herr W*****) einmal Wertpapiere (ca. DM 385.000,--)

ein Sparbuch

Kontrollnummer 92.356,

Sparbuch Nr. 842-029-988, Kennwort: Günther und Ingeborg".

Auf einer weiteren Unterlage, die mit "T***** Bank S*****" überschrieben ist, ist festgehalten: "CA-Komm.Brief, Miteigentumsfond AG, Kennwort: Sparbuch 00 842 602 890.

Auf einer Tabelle sind Aufstellungen des Verstorbenen betreffend die Jahre 1983 bis 1988 festgehalten, und zwar unter "TYB" für 1983 die Zahl 34.200, für 1984 die Zahl 48.797, für 1985 die Zahl 66.122, für 1986 die Zahl 86.513, für 1987 die Zahl 106.300 und für 1988 die Zahl 249.000.

Ein weiteres Schriftstück lautet: "T***** Bank-S*****.

2,141.000,-- öS = ca. 306.000,-- DM".

Über letzterer Zahl ist mit Bleistift festgehalten: "ca. 260.000,--".

Darunter befindet sich noch der Vermerk: "Ca. 6 % 293 Stück AG Miteigentumsfond, feste Wertpapiere, A/142 bis 040468,

gekauft ,

Ertrag auf Sparbuch".

Die Ziffer 293 ist mit Bleistift ausgestrichen. Daneben wurde die Zahl 190 gesetzt. Die mit Kugelschreiber geführten Aufzeichnungen wurden mit einem Bleistift durchgestrichen.

Unter den Papieren des Horst Günther H***** fand sich weiters eine Visitenkarte, lautend auf "Mathilde S*****", Kundenberaterin der Bank für Tirol und Vorarlberg, ***** S*****, Telefon *****, Telefax *****.

Bei der beklagten Partei hat ein Sparbuch mit der Nummer 842-029.988 und auch ein Sparbuch mit der Nummer 00 842 602 890 existiert. Die Kontrollnummer ist die Seriennummer eines Sparbuches. Die Sparbuchnummer 842-029.988 deutet auf einen Inländer hin. "842" ist die Kennzahl der beklagten Partei, aus der sich auch die Filiale ergibt. Die Nummer "029988" ist die Kontonummer eines Sparbuches. Sie deutet auf einen Inländer hin. Bei einem Ausländerkonto lautet derzeit die erste Nummer statt auf "0" auf "6". Allerdings wurde vor Inbetriebnahme der Computeranlage zwischen Inländer- und Ausländerkonten nicht unterschieden, sodaß die Möglichkeit besteht, daß das Sparbuch in der Folge auf ein Ausländerkonto umgewandelt wurde. Die derzeitige Sparbuchnummer könnte aus den Unterlagen der beklagten Partei entnommen werden.

Aus der zweiten Sparbuchnummer 00 842 602 890 ergibt sich aus der Ziffer 6 in der Zahl 602, daß es sich um ein Ausländerkonto handelt. Soferne Kunden nach Umstellung auf die Computeranlage Sparbücher vorlegten, wurde die neue Kontonummer eingetragen.

Seit sind Banken verpflichtet, auch den Namen desjenigen, der ein anonymes Sparbuch oder Wertpapierkonto hat, festzuhalten. Vor diesem Zeitpunkt mußte sich ein ausländischer Kunde nur ausweisen. Die Sparbücher wurden in Schillingwährung geführt. Seit 1990 ist es möglich, anonyme Sparbücher in ausländischer Währung zu führen. Bereits vor Inbetriebnahme der Computeranlage wurde auf den Konten vermerkt, ob es sich um das Konto eines Ausländers oder eines Inländers handelt. Ausländer wurden der Österreichischen Nationalbank gemeldet.

In den Achtzigerjahren hat die beklagte Partei mit sämtlichen verzinslichen Wertpapieren gehandelt, darunter auch mit solchen der Bezeichnung Miteigentumsfonds A 6 und CA Komm. Brief R 15 und mit Investitionsanleihen.

Die beklagte Partei bewahrt anonyme Sparbücher und Wertpapiere in Schließfächern, über deren Inhaber sie keine Aufzeichnungen führt, auf.

Hans Peter W***** war jener Bankbeamte der Filiale der beklagten Partei in S*****, mit dem der verstorbene Horst Günther H***** seine Bankgeschäfte abgewickelt hat. Auch der ehemaligen Angestellten Mathilde S*****, die dem Verstorbenen eine Visitenkarte überlassen hat, war Horst Günther H***** als Bankkunde bekannt.

Nach dem Tod des Horst Günther H***** fuhren der Kläger und seine Ehefrau nach S*****, um sich bei der "T***** Bank" in S***** nach dem Vermögen des Verstorbenen zu erkundigen. Sie wurden von einer Passantin auf die Filiale der beklagten Partei verwiesen. Als der Kläger nach dem Angestellten W***** fragte, wurde ihm erklärt, daß dieser im Moment nicht frei sei. Der Kläger legte daraufhin einem anderen Bankbeamten die Sterbeurkunde, den Erbschein, Ausweise usw. vor und wies sich aus. Er gab dem Bankbeamten die Nummern der Sparbücher und Wertpapiere, wie er sie den zitierten Unterlagen des Verstorbenen entnommen hatte, bekannt. Nachdem der Bankbeamte die Nummern in den Computer eingegeben hatte, erklärte er, die Nummer stimme nicht. Er erteilte unter Berufung auf das Bankgeheimnis in der Folge keine weiteren Auskünfte. Die beklagte Partei stellte sich auch gegenüber dem Vertreter des Klägers auf den Standpunkt, daß sie Auskünfte über anonyme Sparbücher und Wertpapiere nur gegen Vorlage des Sparbuches bzw. des Depotscheines erteilen dürfe.

Der Kläger begehrte wie aus dem Spruch ersichtlich. Die beklagte Partei sei nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditinstitute gegenüber dem Kontoinhaber und daher auch gegenüber dem Kläger als Rechtsnachfolger ihres Bankkunden Horst Günther H***** auskunftspflichtig. Die beklagte Partei könne sich gegenüber dem Kläger auch deshalb nicht auf das Bankgeheimnis berufen, weil dieses gegenüber dem Abhandlungsgericht nicht gelte. Nach deutschem Recht finde allerdings kein formelles Verlassenschaftsverfahren statt, sodaß durch das Abhandlungsgericht keine Auskunft eingeholt werden könne. An seiner Stelle sei die Auskunft an den durch Erbschein ausgewiesenen Erben zu erteilen. Das Begehren werde auf Art.XLII Abs. 1 erster Fall EGZPO gestützt.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein:

Der Verstorbene habe bei der beklagten Partei keine auf seinen Namen lautende Depots oder Konten geführt, sodaß auch der Verstorbene keinen Anspruch auf Rechnungslegung oder Vermögensangabe gehabt habe. Sollte es sich bei den angegebenen Konten tatsächlich um Konten bei der beklagten Partei handeln, wären dies Konten anonymer Überbringersparbücher. Gemäß § 31 BWG sei ausschließlich derjenige über solche Konten verfügungsberechtigt, der das Sparbuch vorlege und das Losungswort angebe, sofern ein solches vereinbart sei. Demzufolge sei auch jegliche Auskunft nur gegenüber demjenigen zu erteilen, der diese Bedingungen erfülle.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Die beklagte Partei könne sich gegenüber dem Kläger als Rechtsnachfolger des Horst Günther H*****, der ein Kunde der beklagten Partei gewesen sei, nicht auf das Bankgeheimnis berufen, weil eine Offenbarung des Bankgeheimnisses nach § 38 BWG begrifflich nur gegenüber Dritten möglich sei und die Bank gegenüber ihren Kunden jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten aus der Geschäftsbeziehung vertraglich verpflichtet sei. Da nach deutschem Recht der Erbe lediglich mit einem Erbschein ausgewiesen werde und selbst die Aufgabe habe, das Nachlaßvermögen zu ermitteln, ohne daß das Abhandlungsgericht einschreite, könne der mit einem Erbschein ausgewiesene Erbe ebenso wie ein österreichisches Abhandlungsgericht Aufklärung über Vermögenswerte der Verlassenschaft verlangen, wie sich aus § 38 Abs. 2 Z 3 BWG ergebe.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil seine Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auskunftspflicht der Kreditunternehmungen gegenüber dem Verlassenschaftsgericht oder Erben abweiche. Obgleich der Oberste Gerichtshof in einigen Entscheidungen den Standpunkt vertreten habe, daß ein Kreditinstitut dem Abhandlungsgericht oder dem erbserkärten Erben nur dann Auskunft über den Kontostand eines Sparbuches zu geben habe, wenn dieses ausreichend individualisiert worden sei und sich am Todestag des Erblassers in dessen Besitz oder Eigentum befunden habe, sei die Rechtsansicht des Erstgerichtes zu billigen. Bei anonymen Sparbüchern oder anonymen Wertpapieren könnte der Erbe den Beweis dafür, daß sich die betreffenden Sparbücher und Depotscheine im Zeitpunkt des Todes des Erblassers in dessen Besitz oder Eigentum befanden, dann nicht erbringen, wenn sich die Sparbücher und Depotscheine in einem anonymen Schließfach der Bank befänden, zu welchem er keinen Zugang habe, weil er nicht im Besitz des Schlüssels sei und ihm auch das Kennwort nicht bekannt sei. Es müsse daher in solchen Fällen möglich sein, daß das Verlassenschaftsgericht oder, wie hier, der durch Erbschein ausgewiesene Erbe von der Bank, mit welcher der Erblasser nach den vorhandenen Unterlagen in Geschäftsverbindung gestanden sei, Auskunft darüber erhalten, ob der Erblasser bestimmte Konten oder Sparbücher bei dieser Bank gehabt habe, weil ansonsten der Zweck der Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 2 Z 2 KWG, nunmehr § 38 Abs. 2 Z 3 BWG, nämlich die Prüfung der Zugehörigkeit zur Verlassenschaft, nicht erreicht werden könne. Nach Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz bestehe daher eine Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem ausgewiesenen Erben dann, wenn anonyme Sparbücher oder Wertpapierkonten ausreichend individualisiert werden könnten und wie im gegenständlichen Fall feststehe, daß die sich aus den Unterlagen des Verstorbenen ergebenden Sparbuchnummern auf von der betreffenden Bank ausgegebenen Sparbücher beziehen. Die Vermögensanlagen des Verstorbenen seien im vorliegenden Fall ausreichend individualisiert worden, weshalb die beklagte Partei nicht berechtigt sei, dem Kläger als Rechtsnachfolger ihres Kunden die Auskünfte über diese Vermögensanlagen zu verweigern.

Die Revision der beklagten Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 38 Abs. 1 IPRG haben die Vorinstanzen zu Recht österreichisches Recht angewendet.

Gemäß § 38 Abs. 1 BWG dürfen Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigten sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich aufgrund der Geschäftsverbindungen mit Kunden ... anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Abs. 2 dieser Vorschrift bestimmt die Ausnahmen von der Wahrung des Bankgeheimnisses, darunter in Z 3 im Fall des Todes des Kunden gegenüber dem Abhandlungsgericht und dem Gerichtskommissär.

§ 38 BWG, der seit in Kraft steht (§ 107 BWG), stellt im wesentlichen eine Fortschreibung des § 23 KWG dar (Fremuth, Laurer, Linc, Pötzelberger, Ruess, Rz 2 zu § 38 BWG), sodaß die von der Rechtsprechung zu letzterer Bestimmung entwickelten Grundsätze auch weiterhin aufrecht erhalten werden können.

Ob die Einschränkung der Auskunftspflicht der Bank bei Anfrage des Gerichtes oder Gerichtskommissärs auf den Zustand des Vermögens zum Todestag des Kunden (BankArch 1993/353; BankArch 1994/452; RZ 1980/27) auch aufgrund der nunmehrigen Bestimmung, die anders als § 23 KWG nicht mehr ausdrücklich auf § 98 AußStrG verweist, auch weiterhin aufrecht zu erhalten ist, kann hier dahingestellt bleiben. Die Auskunftspflicht der Bank gegenüber dem Gericht oder Gerichtskommissär kann jedenfalls nicht weiter gehen als jene gegenüber dem Kunden selbst. Nach ständiger Rechtsprechung kommt dem ruhenden Nachlaß sowie dem eingeantworteten Erben die Eigenschaft eines Kunden ebenso zu wie dem Verstorbenen selbst (EvBl 1985/152; NZ 1986, 35; BankArch 1993/293; BankArch 1994/452). Der Erbe hat schon kraft seiner Erbenstellung selbst alle jene Auskunftsrechte, die auch der Erblasser gehabt hat (Jabornegg-Strasser-Floretta, Das Bankgeheimnis, 127). Es stellt sich daher hier primär nicht die Frage, ob sich der Kläger mangels der Durchführung eines Verlassenschaftsverfahrens auf die Ausnahmebestimmung des § 38 Abs. 2 Z 3 BWG berufen kann, sondern ob der von ihm beerbte Verstorbene als Bankkunde ein dem Klagebegehren entsprechendes Auskunftsrecht gehabt hätte (EvBl 1985/152).

Wie insoweit schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, ist § 38 BWG - wie vormals § 23 KWG - nur im Verhältnis zu einem Dritten anwendbar, weil die Offenbarung eines Bankgeheimnisses schon begrifflich nur gegenüber Dritten möglich ist. Dem Kunden gegenüber ist die Bank jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten und die Einzelheiten der Geschäftsbeziehung nach bürgerlichem Recht verpflichtet (BankArch 1993/393; BankArch 1994/452 mwN).

Wie sich allein schon aus dem Sinn und Zweck des verfassungsrechtlich geschützten (§ 38 Abs. 5 BWG) Bankgeheimnisses ergibt, obliegt der Beweis der Kundeneigenschaft demjenigen, der sich darauf gegenüber der Bank beruft und Auskunft erhalten will (vgl. auch EvBl 1985/152). Beim Erben, der sich nicht selbst als Bankkunde ausweisen kann, ist entscheidend, daß der Verstorbene noch im Todeszeitpunkt Kunde der Bank war, weil andernfalls der Erbe auch nicht in die Position des Verstorbenen als Kunde eintreten konnte. Der Kläger hätte demnach beweisen müssen, daß sein verstorbener Bruder auch noch im Zeitpunkt des Todes Kunde der beklagten Partei und als solcher insbesondere über jene Konten und Wertpapierdepots verfügungsberechtigt war, auf die sich das Klagebegehren ausdrücklich bezieht. Ein solcher Beweis ist dem Kläger aber nicht gelungen.

Daß für den Kläger bei der beklagten Partei eine ihn als Sparer deklarierende Spareinlage oder ein sonstiges ihn eindeutig als Verfügungsberechtigten ausweisendes Konto geführt worden wäre, wurde nicht einmal behauptet. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich zwar, daß der verstorbene Bruder des Klägers ehemals in Geschäftsbeziehungen zur beklagten Partei stand. Er legte dort zwei anonyme Überbringersparbücher mit den festgestellten, später unter Umständen veränderten Nummern an. Es spricht auch alles dafür, daß er "in den Achtzigerjahren" ein anonymes Wertpapierdepot einrichtete, demnach der beklagten Partei den Auftrag zur Durchführung von Effektengeschäften erteilte und auch auf diese Weise vertragliche Beziehungen zur beklagten Partei unterhielt (vgl BankArch 1994/438), wobei aufgrund der vorgefundenen Aufzeichnungen des Verstorbenen die Vermutung naheliegt, daß die Erträge aus den Wertpapieren den anonymen Sparbüchern zuflossen. Mangels des Nachweises, daß der Verstorbene auch noch im Todeszeitpunkt Eigentümer der allenfalls noch vorhandenen Wertpapiere und Spareinlagen war und über das Depot und die Spareinlagen verfügungsberechtigt war, ist auch ungewiß, ob er im Todeszeitpunkt überhaupt noch Bankkunde war.

Spareinlagen werden, wenn sie in Inhabersparurkunden verbrieft sind, durch Übereignung der Urkunde nach den für die Übereignung beweglicher körperlicher Sachen geltenden Regeln übertragen. Zu einem auf Eigentumsbeschaffung gerichteten Titel muß eine Übergabe der Sparurkunde hinzutreten (Avancini-Iro-Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht, 482, Fremuth, Laurer, Linc, Pötzelberger, Ruess, BWG, Rz 12 zu §§ 31, 32 BWG, die insoweit mit der alten Rechtslage nach dem KWG durchaus vergleichbar sind). Der Verstorbene hätte sich daher jederzeit durch Übergabe der Sparbücher (und der allenfalls ausgestellten Depotscheine) anläßlich einer Schenkung oder eines anderen, das Eigentum übertragenden Rechtsgeschäftes seines Eigentums und seines Verfügungsrechtes über die Sparguthaben und Wertpapiere begeben können, ohne daß die beklagte Partei hievon Kenntnis erhalten hätte. Selbst wenn daher alles dafür spricht, daß der Verstorbene ursprünglich die Spareinlagen und Wertpapierdepots für sich selbst anlegte, ist völlig ungewiß, ob ihm seine ursprüngliche Stellung als Kunde der Bank und Verfügungsberechtigter über die betreffenden Vermögenswerte auch noch im Todeszeitpunkt zukam.

Bei Inhabersparurkunden kann sich als Gläubiger nur deren Präsentant ausweisen. Daher ist auch eine Auskunftserteilung an die Vorlage der Urkunde gebunden (Avancini-Iro-Koziol aaO, 488; SZ 43/67). Ist daher der Erbe nicht ohnehin im Besitz der Sparbücher und Depotscheine, müßte er nachweisen, daß sich diese im Todeszeitpunkt im Besitz des Erblassers befanden. Deshalb könnte selbst eine dem Klagebegehren entsprechende Anfrage des Abhandlungsgerichtes oder des Gerichtskommissärs kein Ergebnis bringen, weil auch die Ausnahmebestimmung des § 38 Abs. 2 Z 3 BWG die Kundeneigenschaft des Erblassers voraussetzt. Dementsprechend fordert die Rechtsprechung auch bei Auskünften an Dritte (Gericht und Gerichtskommissär) über den Stand von anonymen Sparkonten im Verlassenschaftsverfahren den Nachweis, daß sich das Sparbuch im Todeszeitpunkt im Besitz des Erblassers befand (HS 10.722; RZ 1980/27; NZ 1984, 129). Da diese Voraussetzung der Auskunftserteilung - sei es an Dritte aufgrund der Ausnahmebestimmung des § 38 Abs. 2 Z 3 BWG, sei es an den Kunden selbst oder an den Rechtsnachfolger des Kunden - , im Fall anonymer Geldanlagen zur Wahrung des Bankgeheimnisses unumgänglich erscheint (vgl. RZ 1980/27), besteht trotz der Kritik in Jabornegg-Strasser-Floretta, Das Bankgeheimnis, 127 (die sich im übrigen auf den Fall bezieht, daß ein Sparkonto auf den Namen des Erblassers lautet), kein Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Den Bedenken des Gerichtes zweiter Instanz, daß der Erbe von Vermögenswerten des Erblassers nichts erfahren könne, wenn dessen anonyme Sparbücher und Depotscheine in einem anonymen Schließfach der Bank verwahrt würden, hält die beklagte Partei zu Recht entgegen, daß die Möglichkeit der Kraftloserklärung derartiger Urkunden besteht, wodurch die Legitimation wiederbeschafft werden kann.

Die in der Revisionsbeantwortung getroffene Unterscheidung nach Sparbüchern, die ohne Identitätspreisgabe gegenüber der Bank angelegt wurden und solchen, bei denen der Sparer seine Identität bei Eröffnung des Sparbuches dargetan hat sowie nach Sparbüchern mit und ohne Vereinbarung eines Losungswortes, ist für die Frage der Auskunftspflicht der Bank nicht entscheidend. Denn es gilt für alle Varianten des Inhabersparbuches, daß als aktuell Verfügungsberechtigter seitens der Bank nur derjenige anzusehen ist, der die Sparurkunde innehat. Die Ansicht, daß beim "absolut anonymen" Sparbuch bei Auskünften über das betreffende Konto ohnehin keine schutzwürdigen Interessen eines Dritten verletzt werden könnten, weil ja nicht feststehe, wer tatsächlich Kunde sei, würde dazu führen, daß die Bank demnach jede Anfrage jeder beliebigen Person über den Stand jedes anonymen Kontos beantworten könnte, ohne das Bankgeheimnis zu verletzen.Es wird hiebei übersehen, daß der Kunde derjenige ist, der das Sparbuch besitzt und dessen Person ohneweiteres feststellbar ist, wenn er unter Vorlage des Sparbuches eine Disposition über das Konto trifft.

Ebensowenig trifft die in der Revisionsbeantwortung vertretene Ansicht zu, daß das Losungswort lediglich ein Substitut der materiellen Verfügungsberechtigung darstelle und der Kläger infolge Nennung des Losungswortes in der Lage sei, seine Eigenschaft als Vertragspartner der klagenden Partei nachzuweisen.

Die Regelung des § 18 Abs. 6 Satz 3 KWG bzw. § 31 Abs. 3 BWG, daß die Bank an den Präsentanten einer Sparurkunde, der das vereinbarte Losungswort nicht nennen kann, dennoch leisten muß, wenn er seine materielle Berechtigung an der Spareinlage nachweist, mag sich zwar auch auf sonstige Ausweise nur formaler Legitimationsakte ausdehnen lassen, nicht aber auf die Sparurkunde selbst, die ja bei Verlust über eine Kraftloserklärung "wiederbeschafft" werden kann (Avancini/Iro/Koziol aaO, 480).

Der erste Anwendungsfall des Art.XLII Abs. 1 EGZPO schafft keinen neuen bürgerlich-rechtlichen Tatbestand für Rechnungslegung oder Vermögensbekanntgabe. Besteht ein Anspruch auf Angabe des Vermögens nach bürgerlichem Recht nicht, dann kann diese Vorschrift nicht zur Anwendung kommen. Der zweite Fall des Art. 42 Abs. 1 EGZPO setzt eine bewußte absichtliche Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens und daher eine Tätigkeit der beklagten Partei voraus, die die Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bezweckt. In der bloßen Verweigerung einer Auskunft über ein Vermögen kann eine solche Vorgangsweise aber nicht erblickt werden (EvBl 1985/152). Das Klagebegehren ist daher nach keinem der im Art.XLII EGZPO vorgesehenen Fälle berechtigt.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 41 ZPO, die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die §§ 41 und 50 ZPO.