VfGH vom 16.03.2000, B1297/99

VfGH vom 16.03.2000, B1297/99

Sammlungsnummer

15784

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Annahme der Haftung von Wohnungseigentümern für eine Ausgleichsabgabe wegen Nichterfüllung der Stellplatzverpflichtung für neu zu errichtende, mit dem Wohnungseigentum der Beschwerdeführer in keinem sachlichen Zusammenhang stehende Wohnungen

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Die Gemeinde Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters je die mit S 12.500,-, daher insgesamt mit S 25.000,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde der ESTA HandelsgesmbH als Bauwerberin und Mehrheitseigentümerin die Baubewilligung zur Errichtung von drei Wohnungen im Dachgeschoss und zwei Wohnungen im Erdgeschoss erteilt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass das Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß gemäß §§36 Abs 1 und 36a Abs 1 Wiener Garagengesetz (im Folgenden WGG) zurückbleibt. In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, dass gemäß § 40 WGG eine Ausgleichsabgabe zu entrichten sei, die zur Zeit S 120.000,- pro Stellplatz betrage. Der Baubewilligungsbescheid erging auch an die Beschwerdeführer als Wohnungseigentümer. Beide Beschwerdeführer sind je 41/941-stel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 4772 des Grundbuchs 01657 Leopoldstadt, mit welchem Wohnungseigentum an der Wohnung 6 bzw. 15 verbunden ist. Der Haftungsbescheid vom für die Ausgleichsabgabe erging zunächst nur an die Bauwerberin. Da über das Vermögen der Bauwerberin am das Konkursverfahren eröffnet worden war und auf Grund des Schuldenstandes mit keiner Befriedigung der Konkursforderung gerechnet wurde, erließ der Magistrat den Haftungsbescheid gegen die Beschwerdeführer.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurden die Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs 1 WGG für den Rückstand der der ESTA HandelsgesmbH vorgeschriebenen Ausgleichsabgabe nach dem WGG in der Höhe von S 489.800,- (inkl. Nebengebühren) für den Bau in Wien 2, Stuwerstraße 18 haftbar gemacht und aufgefordert, gemäß § 171 der Wiener Abgabenordnung, LGBl. für Wien Nr. 21/1962 idgF (im Folgenden WAO) den aushaftenden Betrag binnen einem Monat zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Eintreibung veranlasst werde.

Die dagegen erhobenen Berufungen wurden mit dem angefochtenen Bescheid der Abgabenberufungskommission vom abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die in § 41 Abs 1 WGG verankerte Haftungspflicht lediglich an die Eigenschaft als Grundeigentümer anknüpfe. Gemäß § 5 Abs 1 WAO würden Personen, die nach den Abgabenvorschriften haften, durch Geltendmachung dieser Haftung (§171 WAO) zu Gesamtschuldnern. Wenn somit mehrere Grundeigentümer vorhanden seien, so könne jeder einzelne Grundeigentümer für den gesamten Rückstand zur Haftung herangezogen werden. Gemäß § 896 ABGB bestünde ein Rückgriffsrecht des zur Haftung Herangezogenen gegenüber den übrigen Mitschuldnern.

2. Gegen diesen Bescheid richten sich die auf Art 144 Abs 1 B-VG gestützten Beschwerden, in denen die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (§41 Abs 1 WGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Die Beschwerdeführer bringen vor, dass bereits die grammatikalische Interpretation des § 41 Abs 1 WGG ergebe, dass nur der Bauwerber abgabenpflichtig sei. Damit würde klargestellt, dass jener Grundeigentümer, welcher die Bauführung anstrebe, der sie zu verantworten habe und dem sie wirtschaftlich zugute komme, die wirtschaftliche Last der Ausgleichsabgabe tragen solle. Nur wenn die weitere Prämisse: "Ist er nicht der Grundeigentümer ...", erfüllt sei, hätten die im weiteren genannten Rechtsfolgen zu gelten. Im gegebenen Fall sei die Prämisse, dass der Bauwerber kein Grundeigentümer sei, nicht gegeben. Vielmehr sei die Bauwerberin ESTA HandelsgesmbH im Zeitpunkt des Bauansuchens und im Zeitpunkt der Bescheiderlassung Grundstücksmiteigentümerin gewesen. Somit habe die Haftung des Wohnungseigentümers mangels Vorliegens der im Gesetz genannten Voraussetzungen nicht eintreten können. Die Bauführung, die außerhalb des Einflussbereiches der sozial schwachen Minderheitseigentümer liege, sei im alleinigen Interesse der Bauwerberin erfolgt. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ließe auch die Wortinterpretation keinen anderen Schluss zu, als dass die Rechtsfolgen des § 41 Abs 1 zweiter Satz WGG nur für den Fall eintreten sollten, dass der Bauwerber nicht - und nicht nur "nicht der alleinige" - Grundeigentümer sei. Der Gesetzgeber hätte diese von der Behörde angenommenen Rechtsfolgen im Fall des Miteigentums in der Regelung selbst klarlegen müssen.

Die Behörde habe somit § 41 Abs 1 des WGG in denkunmöglicher Weise angewendet, indem dieser Bestimmung in verfassungswidrigerweise ein dem Schutz des Eigentums, aber auch dem Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz widersprechender Inhalt unterstellt worden sei (vgl. VfSlg. 13.587/1993, 14.489/1995). Es liege auf der Hand, dass der Baubewilligungsbescheid mangels rechtlicher Beschwer für die Beschwerdeführer unbekämpft geblieben sei. Der Eingriff in die Rechte der Beschwerdeführer habe sich erst aus der Haftbarmachung der bei der Bauwerberin uneinbringlichen Garagenausgleichsabgabe ergeben. Die Beschwerdeführer hätten zum Zeitpunkt der Erlassung des Baubewilligungsbescheides ihre rechtliche Beschwer noch gar nicht erkennen können. Die Ausgleichsabgabe sei der Bauwerberin erst mit Bescheid vom vorgeschrieben worden, der den Beschwerdeführern mangels rechtlicher Beschwer nicht zugestellt worden sei. Die Bauführung habe überdies noch nicht einmal begonnen, somit werde möglicherweise die Ausgleichsabgabe für die vier nicht möglichen Stellplätze hinfällig sein. Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof die Interpretation der belangten Behörde zulasse, werden in eventu Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 41 Abs 1 WGG geäußert im Hinblick auf einen möglichen Widerspruch zu Art 18 Abs 1 B-VG (Determinierungsgebot).

3. Die Abgabenberufungskommission legte die Verwaltungsakten vor und erstattete je eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerden beantragt. Sie hält den Beschwerdenvorbringen entgegen, dass das Bauansuchen des Bauwerbers gemäß § 63 Abs 1 litc der Bauordnung für Wien der Zustimmung des Eigentümers (aller Miteigentümer) bedürfe, wenn der Bauwerber nur Miteigentümer der Liegenschaft sei. Der Nachweis der Zustimmung stelle nur einen Beleg des Bauansuchens dar und müsse spätestens im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung vorliegen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Zl. 1567/60). Durch diese Zustimmungs- bzw. Verweigerungsmöglichkeit liege das Bauvorhaben nicht außerhalb des Einflussbereiches der Beschwerdeführer, da sie die Erteilung der Baubewilligung hätten verhindern können. Dem Baubewilligungsbescheid vom , der auch an die Beschwerdeführer ergangen sei, sei hinreichend zu entnehmen, dass auf Grund der Nichterfüllung der Stellplatzverpflichtung in weiterer Folge eine Ausgleichsabgabe in Höhe von S 120.000,- pro Stellplatz mit gesondertem Bescheid vorgeschrieben werden würde. Der Baubewilligungsbescheid sei von den Beschwerdeführern nicht bekämpft worden. Die Abgabepflicht sei mit Rechtskraft des Baubewilligungsbescheids entstanden. Die Beschwerdeführer treffe eine Erkundigungspflicht, welche rechtlichen Auswirkungen mit der rechtskräftigen Erteilung der Baubewilligung und dem von ihrer Zustimmung getragenen Bauvorhaben verbunden sind. Gemäß § 41 Abs 1 WGG knüpfe die Abgabenpflicht lediglich an die Grundeigentümereigenschaft an. Bei mehreren Grundeigentümern könne jeder einzelne Grundeigentümer gemäß § 5 Abs 1 WAO für den gesamten Rückstand zur Haftung herangezogen werden. Gemäß § 896 ABGB bestehe im Fall der Leistungserbringung ein Rückgriffsrecht. Der Gesetzgeber erfasse mit dem Begriff "Grundeigentümer" im Falle des Vorliegens von Miteigentum zweifelsfrei jeden einzelnen Miteigentümer, da diese zusammen erst der "Grundeigentümer" sind. Anlässlich der Novellierung derartiger Bestimmungen sei der Gesetzgeber aber dazu übergegangen, auch den miterfassten Miteigentümer explizit anzuführen. Wenn man der Argumentation der Beschwerdeführer folgt, käme es zu der unsachlichen Konsequenz, dass sämtliche Miteigentümer für die Ausgleichsabgabe haften würden, wenn der Bauwerber kein Miteigentümer dieser Liegenschaft ist, hingegen wäre eine solche Haftung der Miteigentümer ausgeschlossen, wenn der Bauwerber - womöglich nur mit einem geringen Anteil - selbst ein Miteigentümer der Liegenschaft wäre. Darüber hinaus vertrete auch der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht der belangten Behörde (vgl. Zl. 89/17/0050).

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 Abs 2 ZPO iVm § 35 Abs 1 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - zulässigen Beschwerden erwogen:

1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

2. Die für die Beschwerdefälle relevanten Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes LGBl. Nr. 22/1957 idF LGBl. Nr. 10/1999 lauten:

"Inhalt der Verpflichtung; Stellplatzregulativ

§36. (1) Bei Neu- und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung entsteht eine Stellplatzverpflichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen; diese ist entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen.

...

Umfang der Verpflichtung

§36a. (1) Für jede Wohnung ist ein Stellplatz zu schaffen. Bei Gebäuden für Beherbergungsbetriebe ist für je 5 Zimmereinheiten oder Appartements ein Stellplatz oder für je 30 Zimmereinheiten oder Appartements ein Busstellplatz zu schaffen. Bei Heimen, bei welchen Wohneinheiten bestehen oder vorgesehen sind, ist für je 10 Wohneinheiten ein Stellplatz zu schaffen.

...

Nichterfüllung der Verpflichtung

§40. (1) Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der nachvollziehbaren Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, ist dies, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien anzuwenden ist, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Berufung erhoben, kann das bewilligte Vorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Berufung stattgegeben, ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten.

...

Gegenstand der Ausgleichsabgabe, Abgabepflicht und Haftung

§41. (1) Abgabepflichtig ist der Bauwerber. Ist er nicht der Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

...

Höhe der Ausgleichsabgabe

§ 42. Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§40 Abs 1) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt.

...

Bemessung der Ausgleichsabgabe

§ 43. Die Ausgleichsabgabe wird mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Berufung nach § 40 Abs 1 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.

Fälligkeit und Erstattung der Ausgleichsabgabe

§44. (1) Die Ausgleichsabgabe ist binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.

(2) Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu. Dieser Anspruch geht unter, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des 3. Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Jahr folgt, in dem die Baubewilligung erloschen ist. Anspruchsberechtigt ist, wer die Abgabe entrichtet hat; andere Personen, die die Erstattung beantragen, müssen den Übergang des Anspruches auf sich nachweisen.

(3) Wird zunächst die Ausgleichsabgabe gemäß § 40 Abs 3 entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch zur Gänze oder teilweise geschaffen oder vertraglich sichergestellt, steht der Anspruch auf Erstattung des bereits entrichteten Abgabenbetrages ab dem Erlag der Ausgleichsabgabe bis drei Jahre nach dem Einlangen der Fertigstellungsanzeige zu. Anspruchsberechtigt sind die Grundeigentümer im Zeitpunkt der Antragstellung auf Rückerstattung. Ist ein Baurecht bestellt, so treten an die Stelle der Grundeigentümer die Baurechtseigentümer."

3. In der mit VfSlg. 2896/1955 beginnenden Judikatur zur Haftbarmachung von Personen für Abgaben- und Steuerschulden hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz bei der Umschreibung des Personenkreises, der zur Haftung herangezogen werden kann, sachlichen Schranken unterworfen ist.

Im Erkenntnis VfSlg. 13.583/1993 hat der Gerichtshof zur Haftung des Herausgebers neben dem Medieninhaber zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Anzeigenabgaben ausgesprochen:

"Der Verfassungsgerichtshof hat auch in seiner jüngeren Rechtsprechung (s. VfSlg. 11.771/1988) an seiner - im Antrag des Verwaltungsgerichtshofs zitierten - Entscheidung VfSlg. 2896/1955 ausdrücklich festgehalten, wonach dem Gesetzgeber bei der Umschreibung der für die Steuer haftenden Personen durch den Gleichheitsgrundsatz insofern eine Grenze gezogen ist, als er nur solche Personen für haftpflichtig erklären kann, bei denen eine Haftung sachlich begründet ist. Hiebei ist der Gerichtshof in seiner Judikatur grundsätzlich davon ausgegangen, daß sich die sachliche Rechtfertigung für die Haftung als solche einerseits aus dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Einbringlichkeit der Abgabe und andererseits aus einem durch eine Rechtsbeziehung begründeten sachlichen Zusammenhang zwischen der Person des Abgabepflichtigen und der des Haftungspflichtigen ergibt (VfSlg. 11.942/1988); den gleichen Standpunkt hat der Verfassungsgerichtshof auch bezüglich der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge eingenommen (VfSlg. 12.008/1989). In diesem Sinn hat der Gerichtshof grundsätzlich (was im folgenden also unter Außerachtlassung anderer verfassungsrechtlich relevanter weiterer (allenfalls sogar zur Gesetzesaufhebung führender) Umstände, wie etwa die Ausgestaltung der Haftung im einzelnen oder deren Umfang, festgehalten wird) die Haftung des Geschäftsführers einer GesmbH für von dieser geschuldete Sozialversicherungsbeiträge, die aus Verschulden des Geschäftsführers nicht bezahlt wurden, als sachlich begründet befunden (VfSlg. 12.008/1989), die Haftung des Verpächters für Getränkesteuerschulden (oder für geschuldete Vergnügungssteuer) des früheren Pächters (VfSlg. 2896/1955, 11.921/1988, 12.572/1990), die Haftung des Grundeigentümers für Abwassergebühren von Personen, die auf seinem Grundstück Wasser entnehmen und in einen öffentlichen Kanal einleiten (VfSlg. 11.942/1988), die Haftung des Wasserabnehmers für Wassergebühren des früheren (auch eines mit ihm in keinem Vertragsverhältnis stehenden) Wasserabnehmers (VfSlg. 6903/1972) oder des neuen Hauseigentümers als Wasserabnehmer für die Wassergebühren des früheren Hauseigentümers (VfSlg. 11.478/1987) oder die allgemeine Haftung des Erwerbers eines Unternehmens für die bestehenden Abgabenschulden (VfSlg. 12.764/1991, 12.844/1991), nicht dagegen die Haftung des Pächters für Getränkesteuerschulden des früheren Pächters (VfSlg. 11.771/1988). Geht man von diesen Wertungen im Rahmen des vorhin dargestellten Grundgedankens der Rechtsprechung aus, so läßt sich eine adäquate, die Haftung sachlich begründende rechtliche Beziehung zwischen dem Herausgeber und dem Medieninhaber (Verleger) in der Tat nicht finden. Der Verwaltungsgerichtshof hebt zu Recht hervor, daß der Herausgeber lediglich die sog. Richtlinienkompetenz hat, ihm aber weder (wie der antragstellende Gerichtshof unter Bezugnahme auf die Lage im Anlaßfall ausführt) ein Einfluß auf die wirtschaftliche Gestion des Medienunternehmens noch Vorteile aus den Anzeigeneinnahmen zukommen."

Der Verfassungsgerichtshof hat es in seinem Erkenntnis zur Haushaltsbesteuerung, VfSlg. 5318/1966, als unsachlich angesehen, wenn jemand verhalten wird, "für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbindet", also "für Umstände, die außerhalb seiner Interessen- und Einflusssphäre liegen".

Im Erkenntnis VfSlg. 12.776/1991 zum Tir VergnügungssteuerG 1982 hat der Verfassungsgerichtshof zur subsidiären Haftung des Eigentümers eines vermieteten Veranstaltungslokals für rückständige Vergnügungssteuer ausgesprochen:

"Der Eigentümer oder Pächter eines Gastgewerbebetriebes wird der Aufstellung von Spielapparaten aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen wohl nur dann zustimmen, wenn er sich selbst davon Vorteile erwartet. Diese werden sich in der Praxis vorwiegend aus dem vom Spielapparateaufsteller zu entrichtenden Entgelt und aus einer Steigerung des Konsums der Gäste ergeben. Der unmittelbare Zusammenhang mit der Interessen- und Einflußsphäre des Gastgewerbetreibenden liegt damit auf der Hand.

Die Interessen- und Einflußsphäre des Eigentümers dürfte tatsächlich dann nicht mehr berührt sein, wenn ihm die unmittelbare Verfügungsgewalt über die Räumlichkeiten nicht mehr zukommt."

Im Erkenntnis VfSlg. 15.047/1997 kam der Verfassungsgerichtshof durch verfassungskonforme Auslegung des § 129 Abs 10 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 idF LGBl. 18/1976 zu einer differenzierten Behandlung von Wohnungseigentümern und sonstigen Miteigentümern:

"Gemäß § 1 WEG ist das Wohnungseigentum das dem Miteigentümer einer Liegenschaft eingeräumte dingliche Recht, eine selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen. Nach § 12 Abs 1 WEG wird das Wohnungseigentum durch die Einverleibung im Grundbuch erworben; es ist im Eigentumsblatt auf dem Mindestanteil einzutragen; in der Aufschrift des Gutsbestandsblattes ist das Wort 'Wohnungseigentum' einzutragen.

Im Hinblick darauf erschiene es aber aus der Sicht des Gleichheitssatzes des Art 7 Abs 1 B-VG unzulässig, hinsichtlich der Verpflichtung, einem baupolizeilichen Beseitigungsauftrag Rechnung zu tragen, den Wohnungseigentümer wie einen sonstigen (Allein- oder Mit-)Eigentümer zu behandeln, der einer derartigen Beschränkung seiner Nutzungs- und Verfügungsbefugnis auf eine bestimmte 'selbständige Wohnung oder eine sonstige selbständige Räumlichkeit' nicht unterliegt, sondern - jedenfalls von Gesetzes wegen - über die Sache insgesamt (sei es auch im Falle des Miteigentums iSd § 825 ABGB gemeinsam mit anderen) verfügen und sie 'nach Willkür' benützen kann (§362 ABGB). Es ist nämlich evident, daß es einem solchen Eigentümer allein schon vermöge dieser Sachherrschaft möglich ist, einem behördlichen Auftrag der hier in Rede stehenden Art zu entsprechen, während der Wohnungseigentümer außerhalb des Objektes, auf das sich sein Wohnungseigentum bezieht, diese Möglichkeit nicht hat. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß diesem rechtliche Instrumente zur Verfügung stehen, ggf. den oder die anderen Wohnungs- bzw. Miteigentümer zu veranlassen, dem Beseitigungsauftrag zu entsprechen, und er in dieser Hinsicht nicht schlechter gestellt ist als ein sonstiger Miteigentümer (vgl. insbes. § 13 Abs 2 Z 1 iVm § 26 Abs 1 Z 2 sowie § 22 WEG)."

Der Verfassungsgerichtshof sah andererseits keinen Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot durch die in § 1 Abs 2 Sbg. Anliegerleistungsgesetz normierte Gesamtschuldnerschaft mehrerer Grundstückseigentümer, insbesondere Eigentümer geringer Liegenschaftsanteile, für Anliegerleistungen - u.a. für die Errichtung von Hauptkanälen (VfSlg. 9954/1984). In diesem Erkenntnis wird jedoch der innere Zusammenhang zwischen Miteigentum und Gesamthaftung durch die Art der Anliegerleistung als offenkundig gegeben angesehen. Die Angelegenheit betreffe die gemeinschaftliche Sache selbst, deren Verwaltung - auch beim Bestehen von Wohnungseigentum - allen "Teilhabern insgesamt" zukomme (§833 ABGB, § 14 WohnungseigentumsG).

4. Gemäß § 36 Abs 1 WGG entsteht die Stellplatzverpflichtung bei Neu- und Zubauten und bei Änderung der Raumwidmung, wobei gemäß § 36a Abs 1 leg. cit. für jede Wohnung ein Stellplatz zu schaffen ist. Gemäß § 40 Abs 1 leg. cit. ist im Baubewilligungsbescheid u.a. auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt. Die Höhe der Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt (§42 leg. cit.). Abgabepflichtig ist gemäß § 41 Abs 1 leg. cit. der Bauwerber. Ist er nicht Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. § 41 Abs 1 leg. cit. entbehrt einer expliziten Regelung der Haftung für den Fall des Miteigentums.

Eine ausdrückliche Regelung für den Fall des Miteigentums an dem zu bebauenden Grundstück fehlt. Die belangte Behörde schließt diese Lücke und misst der Bestimmung folgenden Inhalt bei:

Ist der Bauwerber nicht Grundeigentümer, so haftet der Grundeigentümer für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. Ist der Bauwerber nicht Alleineigentümer, so haften alle Miteigentümer, so auch die Wohnungseigentümer, für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

Die belangte Behörde übersieht bei dieser Interpretation des § 41 Abs 1 leg. cit., dass die Verpflichtung eine bestimmte Zahl von Stellplätzen zu errichten, die im Fall der Nichteinhaltung zur Ausgleichsabgabenvorschreibung führt, gemäß § 36a Abs 1 WGG an die Errichtung von Wohnungen anknüpft. Auch wenn zum Zeitpunkt des Baubewilligungsbescheides bzw. des Haftungsbescheides noch kein eingetragenes Wohnungseigentum an den erst neu zu errichtenden Wohnungen, an die die gegenständliche Stellplatzverpflichtung knüpft, bestand, steht fest, dass die Beschwerdeführer Wohnungseigentümer im Bezug auf andere, bereits im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentumsobjekte, mit denen auch eine Stellplatzverpflichtung verbunden war, sind. Es besteht kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Wohnungseigentum der Beschwerdeführer und den neu zu errichtenden Wohnungen, an denen - wie anzunehmen ist - Wohnungseigentum und damit ein ausschließliches Nutzungsrecht begründet werden soll. Die Errichtung neuer Wohnungen im Dachgeschoss und im Erdgeschoss betrifft auch nicht die gemeinschaftliche Sache selbst. Die Beschwerdeführer haben jedenfalls an den zu errichtenden Wohnungen weder vor noch nach der Errichtung des Wohnungseigentums ein Nutzungsrecht bzw. einen sonstigen Vorteil zu erwarten.

Auch die Einflussmöglichkeiten des Wohnungseigentümers im Bauverfahren vermögen seine Haftung für die Stellplatz-ausgleichsabgabe nicht zu rechtfertigen:

Weder zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Wohnungseigentümergemeinschaft über einen allfälligen Zubau noch zum Zeitpunkt der Zustimmung zur Bauführung war die Zahlungsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit der Bauwerberin und Miteigentümerin absehbar. Die Zustimmung zur Bauführung ist eine einseitige Willenserklärung, die gegenüber der Baubehörde abgegeben werden muss, ohne dass gegenüber der Behörde die Möglichkeit besteht, durch "vertragliche Gestaltung" Bedingungen, etwa den Haftungsausschluss betreffend eine Ausgleichsabgabe, daran zu knüpfen. Insofern ist der Einfluss der Beschwerdeführer auf die Zustimmung als solche beschränkt. Die Abgabenverpflichtung steht außerdem erst im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung, also nach der Zustimmung zur Bauführung, die im Zeitpunkt des Endes der mündlichen Bauverhandlung vorliegen muss, fest. Zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung konnten die Beschwerdeführer davon ausgehen, dass die Bauwerberin die Ausgleichsabgabe bezahlt. Somit waren die Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt rechtlich noch nicht beschwert, da der Haftungsbescheid gesondert ergeht. Darüber hinaus dient die Bauführung - eine Errichtung von Wohnungen, die nicht im Wohnungseigentum der Beschwerdeführer stehen - nicht den Interessen der Beschwerdeführer. Es ist auch jeder wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den Beschwerdeführern und der Bauwerberin und eine geplante gemeinsame Umgehung der Abgabenvorschriften auszuschließen. Der sachliche Zusammenhang für eine Solidarhaftung ist somit auf die Rechtsgemeinschaft des Miteigentums der Bauwerberin und der Beschwerdeführer an der Liegenschaft beschränkt, ohne dass die Bauführung, an die die Abgabenverpflichtung knüpft, ihnen auch nur teilweise zum Nutzen gereicht oder Vorteile irgendwelcher Art mit sich bringt, wie etwa im Fall der Leistung von Gemeindeabgaben bei der Errichtung von Hauptkanälen, die den gesamten Miteigentümern dienen (VfSlg. 9954/1984).

Erlaubt eine Regelung mehrere Interpretationen, dann ist jener Interpretation der Vorzug zu geben, die die Bestimmung als verfassungskonform erscheinen lässt (vgl. VfSlg. 11.466/1987, 12.776/1991, 14.986/1997). Die Bestimmung des § 41 Abs 1 WGG ("Abgabepflichtig ist der Bauwerber. Ist er nicht Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.") ist in Zusammenschau mit der Bestimmung des § 36a Abs 1 WGG ("Für jede Wohnung ist ein Stellplatz zu schaffen.") und der zitierten Judikatur zum Sachlichkeitsgebot im Falle der Haftbarmachung für Abgaben- oder Steuerschulden so auszulegen, dass der Grundeigentümer bzw. die Grundmiteigentümer zwar prinzipiell für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand haften. Mangels sachlichen Zusammenhangs und bedingt durch die Wohnung als Anknüpfungspunkt für eine Stellplatzverpflichtung haftet jedoch nicht der Wohnungseigentümer für eine Stellplatzverpflichtung, die nicht an eine in seinem Eigentum befindliche Wohnung anknüpft.

Da § 41 Abs 1 WGG einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich ist, hegt der Verfassungsgerichtshof gegen diese Bestimmung keine Bedenken.

5. Da die belangte Behörde im vorliegenden Fall § 41 Abs 1 WGG einen verfassungs-, nämlich gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, hat sie die Beschwerdeführer in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt. Der Bescheid war daher aufzuheben.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VerfGG 1953. Darüber hinaus wurde kein Kostenzuspruch beantragt.

7. Die Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.