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OGH vom 09.10.2007, 10ObS118/07m

OGH vom 09.10.2007, 10ObS118/07m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Wolfgang Höfle (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Georg Eberl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. Rainer G*****, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, wegen Kinderbetreuungsgeld, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 97/07x, 7 Rs 105/07y-11, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am wurde Franziska G***** als erstes Kind des Klägers und seiner Gattin geboren. Über Antrag des Klägers, der mit seinem Dienstgeber für die Zeit vom bis Karenz vereinbart hatte, wurde ihm von der beklagten Partei für diesen Zeitraum zunächst Kinderbetreuungsgeld zuerkannt.

Am wurde der gemeinsame Sohn Florian geboren. Die beklagte Partei stellte daraufhin mit die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes an den Kläger für die Tochter Franziska ein. Die Gattin des Klägers bezog aus Anlass der Geburt ihres Sohnes Florian am unter anderem auch für den Zeitraum vom bis Wochengeld von ihrem Dienstgeber und ab Kinderbetreuungsgeld von der beklagten Partei. Der Kläger betreute auch während des hier strittigen Zeitraumes vom bis überwiegend die gemeinsame Tochter. Für diesen Zeitraum haben weder der Kläger noch dessen Gattin Kinderbetreuungsgeld für eines ihrer beiden Kinder von der beklagten Partei bezogen.

Mit Bescheid vom hat die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für seine Tochter Franziska für die Zeit vom bis abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Klage mit dem Begehren, die beklagte Partei zur Zahlung von Kinderbetreuungsgeld an den Kläger (für dessen Tochter Franziska) für den Zeitraum vom bis zum im gesetzlichen Ausmaß zu verpflichten. Die Vorinstanzen wiesen dieses Klagebegehren im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für die Tochter Franziska gemäß § 5 Abs 5 KBGG jedenfalls mit dem der Geburt des Sohnes Florian am vorangehenden Tag geendet habe. Gegen dieses Ergebnis bestünden, wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 10 ObS 8/07h bereits ausgesprochen habe, unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 43/06-6, auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zu den vom Revisionswerber als rechtserheblich relevierten Rechtsfragen bereits in den beiden nach Befassung des Verfassungsgerichtshofes ergangenen Entscheidungen 10 ObS 9/07g vom und 10 ObS 8/07k vom abschließend Stellung genommen hat und die Entscheidungen der Vorinstanzen im Einklang mit dieser zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stehen.

Den Revisionsausführungen ist noch folgendes entgegenzuhalten:

1. Nach § 4 Abs 1 KBGG gebührt das Kinderbetreuungsgeld auf Antrag, frühestens ab dem Tag der Geburt des Kindes. Anspruchsbeginn ist somit der Tag der Geburt des Kindes. Es besteht jedoch eine Ruhensbestimmung: Das Kinderbetreuungsgeld ruht bis zum Ende des Wochengeldbezuges (§ 162 ASVG) oder des Bezuges von Betriebshilfe (§ 102a GSVG oder § 98 BSVG) bis zur Höhe des tatsächlich ausgezahlten Wochengeldes (§ 6 Abs 1 KBGG). Wenn das Wochengeld betragsmäßig geringer als das Kinderbetreuungsgeld ist, so gebührt somit das Kinderbetreuungsgeld ab der Geburt des Kindes in der Höhe des Differenzbetrages, der sich aus Wochengeld und Kinderbetreuungsgeld ergibt. Diese Rechtslage zeigt eindeutig, dass die Rechtsansicht des Revisionswerbers, der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld entstehe erst nach dem Ende des Bezuges des Wochengeldes, nicht zutrifft. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, das auch der gar nicht verfahrensgegenständliche Bescheid der beklagten Partei vom (Beilage B) daher durchaus zutreffend vom Beginn des Leistungsanspruches der Gattin des Klägers auf Kinderbetreuungsgeld für das zweitgeborene Kind ab (= Ende des Wochengeldbezuges) ausgeht, weil der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld selbst zwar bereits mit dem Tag der Geburt dieses Kindes () entstanden ist, der Leistungsanspruch aber gemäß § 6 Abs 1 KBGG bis zum Ende des Wochengeldbezuges geruht hat.

2. Nach der hier maßgebenden Bestimmung des § 5 Abs 5 KBGG endet der Anspruch auf das Kinderbetreuungsgeld spätestens mit einem neuen Anspruch für ein weiteres Kind. Dies bedeutet, dass bei nachfolgenden Geburten während des Kinderbetreuungsgeldbezugzeitraumes der Anspruch für das zuerst geborene Kind spätestens mit dem Tag, welcher der Geburt des nachfolgenden Kindes vorangeht, endet. Ab dem Tag der Geburt des nachfolgenden Kindes beginnt ein neuer Anspruch für dieses weitere Kind. Der Gesetzgeber ging daher bei der Regelung des § 5 Abs 5 KBGG davon aus, dass das Kinderbetreuungsgeld für das jeweils jüngste Kind, also für das Kind, das den höchsten Betreuungsaufwand verursacht, gebühren soll. Im vorliegenden Fall endete somit der Anspruch des Klägers auf Kinderbetreuungsgeld für den (älteren) Sohn nach der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen mit dem der Geburt der (jüngeren) Tochter vorangehenden Tag ( - vgl auch 10 ObS 9/07g; 10 ObS 8/07k).

3. Soweit der Revisionswerber aus der Bestimmung des § 6 KBGG ein anderes Ergebnis abzuleiten versucht, kann ihm ebenfalls nicht gefolgt werden. Nach der bereits zitierten Bestimmung des § 6 Abs 1 KBGG ruht der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld, sofern ein Anspruch auf Wochengeld oder eine andere gleichartige Leistung besteht. Diese Bestimmung hätte man nun dahin verstehen können, dass auch bei einem Anspruch auf Wochengeld anlässlich der Geburt eines weiteren (jüngeren) Kindes ein Ruhen des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld für das ältere Kind eintreten soll. Eine solche Auslegung hätte im Falle des Klägers dazu geführt, dass ihm auch für die Zeit des Wochengeldbezuges seiner Gattin vor der Geburt des (jüngeren) Sohnes kein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für die (ältere) Tochter zugestanden wäre. Da jedoch sowohl bei den Berechnungen zum Kinderbetreuungsgeld als auch in der Intention des Gesetzgebers immer davon ausgegangen wurde, dass ein Ruhen des Kinderbetreuungsgeldes nur im Zusammenhang mit der Geburt des Kindes, für welches Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld besteht, zu erfolgen hat (vgl RV 828 BlgNR XXI. GP 4) erfolgte durch die Bestimmung des § 6 Abs 1 letzter Satz KBGG idF BGBl I 2002/20 (nunmehr § 6 Abs 2 KBGG idF BGBl I 2005/100) eine Klarstellung dahingehend, dass „der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld für ein Kind nicht ruht, sofern ein Anspruch gemäß Abs 1 anlässlich der Geburt eines weiteren Kindes besteht". Diese Ausnahme vom Ruhen des Anspruches auf Kinderbetreuungsgeld (für das ältere Kind) kann sich allerdings zweifelsfrei nur auf Wochengeldansprüche vor der Geburt des jüngeren Kindes beziehen, da gemäß § 5 Abs 5 KBGG der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld (für das ältere Kind) ohnedies spätestens mit dem der Geburt des weiteren Kindes vorangehenden Tag endet (10 ObS 9/07g; 10 ObS 8/07k). Es lässt sich daher für den Rechtsstandpunkt des Revisionswerbers auch aus der Bestimmung des § 6 KBGG nichts gewinnen.

4. Der Oberste Gerichtshof hat in den beiden bereits mehrfach zitierten Entscheidungen ausgeführt, dass gegen dieses Ergebnis unter Berücksichtigung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 43/06-6, G 44/06-6, und des grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung von Familienleistungen keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. An dieser Beurteilung vermag auch das inzwischen ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 81/06 ua, nichts zu ändern, da darin vom Verfassungsgerichtshof eine Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs 5 KBGG nur im Hinblick auf die Regelung für Mehrlingskinder (§ 3a KBGG) festgestellt wurde. Die außerordentliche Revision des Klägers war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.