OGH vom 03.09.1992, 7Ob589/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Egermann, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Inge B*****, vertreten durch Dr.Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Varda B*****, vertreten durch Dr.Karl und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung und Abgabe einer Willenserklärung (Streitwert S 100.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 41 R 116/92-16 , womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 48 C 30/91b-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit S 5.094,-- (darin S 849,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte räumte Michael R***** bei der Vermietung des Geschäftslokales im Hause Wien 1, F*****platz 3 top 2 die Berechtigung ein, sein Mietrecht zu den selben Konditionen, jedoch ohne das Weitergaberecht bis an einen Nachfolger im Mietrecht weiterzugeben, der eine physische Person sein muß und gegen den keine gegründeten wirtschaftlichen oder moralischen Bedenken bestehen dürfen. "Der Vermieter ist von einem derartigen Mietrechtsübergang durch rekommandiertes Schreiben zu verständigen". Weitergehende Abreden wurden nicht festgestellt. Michael R***** übertrug am sein Bestandrecht an den gegenständlichen Geschäftsräumlichkeiten der Klägerin und teilte dies mit eingeschriebenem Brief vom gleichen Tag dem Hausverwalter der Beklagten mit. Diese wurde schon vorher von ihm persönlich hievon informiert. Sie zeigte sich aber mit der Mietrechtsnachfolgerin nicht einverstanden und äußerte die Befürchtung, die Klägerin könne ihre Mietrechte in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung einbringen. Sie lehnte die Klägerin mit Schreiben vom als Neumieterin ab (Beilage C). Die Beklagte schreibt den Hauptmietzins nach wie vor Michael R***** vor.
Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Feststellungsklage die Anerkennung ihrer Hauptmietrechte; gleichzeitig erhebt sie ein Begehren auf Zustimmung zu Umbauten.
Die Beklagte wendete, soweit dies im Revisionsverfahren gegenständlich ist, ein, sie habe Michael R***** kein unbeschränktes Weitergaberecht eingeräumt. Dieser hätte die Beklagte vorerst auf Abgabe einer Zustimmungserklärung klagen müssen. Die Klägerin verfüge mangels Rechtserwerbes noch über kein Klagerecht, sie sei daher nicht aktiv klagslegitimiert. Als Ablehnungsgrund machte sie geltend, die Klägerin habe sich eigenmächtig in den Besitz des Objektes gesetzt und eigenmächtig erhebliche Arbeiten in Angriff genommen, die eine grundsätzliche Änderung des bestehenden Zustandes herbeigeführt habe und die somit dem ausdrücklichen Verbot der Hausverwaltung, bauliche Veränderungen durchzuführen, zuwiderliefen.
Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Anerkennungsbegehren statt. Es folgerte rechtlich, daß es der Beklagten nicht gelungen sei, begründete Bedenken im Sinne der getroffenen Vereinbarung gegen die Klägerin unter Beweis zu stellen. Die Tatsache, daß die Klägerin Gesellschafterin einer (mit dem Lokal in keinem Zusammenhang stehenden) juristischen Person sei, könne ihr nicht zum Nachteil gereichen. Daß die Klägerin möglicherweise nicht das Unternehmen ihres Mietrechtsvorgängers weiter führe (dieser betrieb einen Antiquitätenhandel, sie einen mit modernen Gemälden), falle bei Ausübung eines vertraglich eingeräumten Weitergaberechts nicht ins Gewicht, weil eine derartige Beschränkung des Weitergaberechts nicht vereinbart worden sei. Auch die Anmeldung (möglicherweise) unberechtigter Forderungen durch die Klägerin stehe einem Mietrechtsübergang nicht entgegen, weil bei Haltlosigkeit der Behauptungen ohnedies nicht in die Rechtssphäre der Beklagten eingegriffen werde.
Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Teilurteil. Es bewertete den Streitgegenstand als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte die Revision für zulässig. Es trat im wesentlichen der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei.
Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Hat der Bestandgeber dem Bestandnehmer das Recht eingeräumt, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten mit der Wirkung zu übertrgen, daß dieser an seiner Stelle Bestandnehmer wird, ohne daß es einer (weiteren) Erklärung des Bestandgebers bedarf, und hat er auf diese Weise im voraus seine Zustimmung zur Auswahl des Nachmieters erteilt (unbeschränktes Weitergaberecht), dann liegt darin ein Fall der Vertragsübernahme; der Nachmieter tritt in den Bestandvertrag ein, sobald er dem Bestandgeber bekannt gegeben worden ist, ohne daß es des Abschlusses eines neuen Mietvertrages bedurfte. Wurde dagegen das Auswahlrecht des Mieters dadurch eingeschränkt, daß der Vermieter den Eintritt des namhaft gemachten Mieters ablehnen darf, wenn gegen desse Person als Mieter sachlich begründete Bedenken bestehen (beschränktes Weitergaberecht), dann hat der Vermieter innerhalb einer angemessenen
Frist nach Bekanntgabe des vorgesehenen Nachmieters zu erklären, ob er in den Mietrechtsübergang einwilligt oder nicht. Gleich wie im ähnlich gelagerten Fall der Entscheidung 4 Ob 548/90 (= WoBl 1991,
57) wurde im Mietvertrag zwischen R***** und der Beklagten kein Abschluß eines neuen Mietvertrages mit dem namhaft zu machenden Dritten vorgesehen. Vielmehr hat die Beklagte ihre Zustimmung zur Mietrechtsübertragung schon im voraus im Rahmen des Mietvertrages mit Michael R***** erteilt, dieses Weitergaberecht wurde nur auf Personen eingeschränkt gegen die im Rahmen der vertraglichen Umschreibung Bedenken erhoben werden können. Bei einem solchen beschränkten Weitergabrecht hat die ältere Rechtsprechung bisher eine Klage des ersten Mieters auf Erteilung der Zustimmung zum Mieterwechsel für erforderlich gehalten, wenn sich der Vermieter weigerte, den Dritten als neuen Mieter anzuerkennen. Dagegen hat allerdings Würth in Rummel ABGB2 § 1098 Rz 14) mit Recht eingewendet, daß im Falle eines nach der Art einer Option konstruierten Weitergaberechtes der Mietrechtsübergang bereits durch das Zugehen der Erklärung des Mieters an den Vermieter geschehe; daran könne auch eine Einschränkung dieses Rechtes auf einen bestimmten Personenkreis nichts ändern: habe der namhaft gemachte Nachmieter dem zulässigen Personenkreis angehört - weil etwa gegen ihn keine objektiven Bedenken bestanden -, dann sei die Erklärung vom Anfang an wirksam, andernfalls unwirksam gewesen. Eine Klage des Mieters auf "Zustimmung" des Vermieters sei verfehlt, weil diese Zustimmung nicht rechtsgestaltend zu ersetzen, sondern lediglich die Rechtswirksamkeit der Erklärung des Mieters, das Weitergaberecht auszuüben, festzustellen sei. Auch der erkennende Senat schließt sich gleich dem vierten Senat dieser richtigen Überlegung schon deshalb an, weil ein - wenngleich beschränktes - Recht des Mieters, seine Mietrechte weiterzugeben, also durch bloße Erklärung, einen Mieterwechsel herbeizuführen, begrifflich voraussetzt, daß der Vermieter einem solchen Mieterwechsel schon im voraus zugestimmt hat. Hat er aber seine Zustimmung bereits im voraus erteilt, dann bedarf es keiner weiteren Rechtsgestaltungsklage mehr, vielmehr ist dann noch in einem Feststellungsprozeß zu prüfen, ob die Weitergabe durch den Mieter der Vereinbarung entsprochen hat. Auch die Entscheidung EvBl 1992/113 enthält keine Argumente gegen diese Auffassung. Im vorliegenden Fall gehört die Klägerin, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben (§ 510 Abs 3 ZPO), dem Personenkreis an, aus dem der neue Mieter stammen muß. Die erstmals in der Revision erhobene Einwendung, unter Zugrundelegung des § 863 ABGB der Vereinbarung wäre zu entnehmen gewesen, daß sich die Beklagte ihren endgültigen Abschlußwillen mit dem Nachfolgemieter vorbehalten habe, ist schon allein deshalb verfehlt, weil die Beklagte gar nicht einmal behauptete, über die schriftlich getroffene Vereinbarung hinaus durch irgendwelche Äußerungen oder durch andere Handlungen, denen rechtserhebliche Bedeutung zukäme, Michael R***** mit ausreichender Deutlichkeit zur Kenntnis gebracht zu haben, daß sie sich in jedem Fall die Zustimmung nach Bekanntgabe des vorgesehenen Mietrechtsnachfolgers vorbehalten wolle. Der Einwand, ihr würde das vertraglich eingeräumte Prüfrecht genommen, ist mit dem bereits dargelegten Hinweis, daß ihr dieses im Feststellungsverfahren uneingeschränkt offenstand, bereits widerlegt worden. Durch die getroffene Entscheidung entsteht auch keine unsichere Rechtslage, weil bei Abweisung des von einem Nachfolgemieter gestellten Feststellungsbegehrens das Räumungsbegehren zwingend gegen den ersten Mieter zu richten wäre, hätte sich doch ergeben, daß es eben zu keiner rechtswirksamen Weitergabe des Bestandrechtes gekommen ist.
Auch der Hinweis auf § 1080 ABGB geht ins Leere. Gerade bei diesem Rechtsinstitut kommt der Charakter der Option noch deutlicher als bei der vorliegenden Vereinbarung hervor, weil der Verkäufer mit der Vereinbarung sofort und unbedingt gebunden wird und einzig allein durch die Nichtgenehmigung seinen Vertragspartner aus dem Vertrag entlassen werden kann. Dem Verkäufer steht nicht einmal mehr die Geltendmachung einer aufschiebenden Bedingung offen (MGA ABGB33 § 1080/1 ff). Erweist sich aber eine vertragliche Vereinbarung als zulässig und rechtswirksam, so kann nicht, wie die Revisionswerberin vermeint, von verbotener Eigenmacht und unzulässiger Selbsthilfe gesprochen werden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.