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OGH vom 26.06.2012, 10Ob23/12y

OGH vom 26.06.2012, 10Ob23/12y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch Saxinger Chalupsky Partner Rechtsanwälte GmbH in Wels, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch SMP Schweiger Mohr Partner Rechtsanwälte in Linz, wegen 36.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 36/12k 34, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 5 Cg 78/10f 30, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil, das im Übrigen bestätigt wird, wird in seinem Punkt 2. dahin abgeändert, dass es insoweit zu lauten hat:

„2. Die Gegenforderung besteht bis zu einem Betrag von 31.763,32 EUR nicht zu Recht.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.961,60 EUR (darin enthalten 326,90 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und die Beklagte waren Gesellschafter der im Handelsregister eines deutschen Amtsgerichts registrierten A***** GmbH. Der Kläger war auch Geschäftsführer sowohl der A***** GmbH als auch der Beklagten. Mit Abtretungsvertrag vom trat der Kläger seinen Geschäftsanteil an der A***** GmbH an die Beklagte ab. Mit Vereinbarungen vom und wurden die zwischen dem Kläger und der A***** GmbH sowie dem Kläger und der Beklagten bestehenden Dienstleistungsverträge aufgelöst und dem Kläger ein Abfindungsbetrag von 30.000 EUR zuzüglich USt zuerkannt. Vereinbart war eine Zahlung dieses Betrags in fünf Raten zu jeweils 6.000 EUR netto mit Fälligkeit vom , , , und .

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Zahlung dieses zur Gänze aushaftenden Abfindungsbetrags von 30.000 EUR zuzüglich USt. Die Beklagte und die A***** GmbH hafteten gemäß § 348 UGB solidarisch für diesen Betrag. Die eingewendete Gegenforderung aus dem Titel der Lohnsteuervorschreibung sei unberechtigt und nicht fällig. Auch unrichtige Spesenabrechnungen, die eine weitere Gegenforderung begründen könnten, lägen nicht vor.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei zwar gemeinsam mit der A***** GmbH zur Zahlung des Abfindungsbetrags verpflichtet. Da aber keine Solidarhaftung der beiden Gesellschaften vorliege, könne der Kläger von der Beklagten maximal die Hälfte des vereinbarten Betrags fordern. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags mit dem Kläger sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sich der Kläger in schlechten Vermögensverhältnissen befinde. Er sei offenbar nicht in der Lage, seine Verbindlichkeiten gegenüber dem deutschen Finanzamt zu erfüllen. Die Beklagte hafte gegenüber dem Finanzamt und werde daher die Verbindlichkeiten des Klägers zu erfüllen haben. Es sei zu befürchten, dass der Kläger im Fälligkeitszeitpunkt den Regressanspruch der Beklagten nicht erfüllen könne. Aus diesem Grund werde die Unsicherheitseinrede gemäß § 1052 Satz 2 ABGB erhoben. Der Kläger habe der A***** GmbH im Rahmen seiner Tätigkeit als Geschäftsführer Schaden zugefügt, und zwar aufgrund unrichtiger Spesenabrechnung einen Schaden von 4.236,68 EUR und aus einer Einkommenssteuernachzahlungsverpflichtung der A***** GmbH einen Schaden in Höhe von 155.192 EUR. Die A***** GmbH habe ihre diesbezüglichen Forderungen im Umfang von 40.000 EUR sowie zukünftige Forderungen gegen den Kläger aufgrund der Haftungsverpflichtung gegenüber dem Finanzamt an die Beklagte abgetreten. Diese Forderungen werden kompensando gegen die Klagsforderung eingewendet.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 36.000 EUR als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 36.000 EUR samt Stufenzinsen. Es stellte über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch fest, dass die ursprüngliche Auflösungsvereinbarung vom einen Abfindungsanspruch des Klägers von 50.000 EUR zuzüglich USt enthielt. Diese Abfindungsvereinbarung wurde mit Nachtrag vom geändert und auf 30.000 EUR zuzüglich USt reduziert. Die Regelung über den Abfindungsbetrag erhielt dabei folgende Neufassung:

„Die Forderungen des Herrn R***** (Kläger) gegen die P***** GmbH (Beklagte) sowie die A***** GmbH zum betragen zusammen 14.180 EUR. Diese werden binnen drei Werktagen von den jeweiligen Firmen an Herrn H***** (Kläger) beglichen. Die in Abs 3 vereinbarte Zahlung von 30.000 EUR erfolge in Raten zu jeweils 6.000 EUR … .“

Aufgrund der Tätigkeit des Klägers für die A***** GmbH besteht eine Einkommenssteuernachzahlungsverpflichtung von mindestens 117.000 EUR. Es besteht dabei eine Solidarverpflichtung des Klägers und der A***** GmbH. Eine Lohnsteuerhaftung der Beklagten besteht nicht. Der Kläger erhielt vom Finanzamt Stuttgart einen Einkommenssteuerbescheid über einen Betrag von 163.309,08 EUR. Dieser ist aufgrund eines vom Kläger erhobenen Rechtsmittels noch nicht rechtskräftig. Der Kläger leistete bisher keine Steuernachzahlungen. Das Finanzamt Stuttgart erließ gegen die A***** GmbH am eine Pfändungs und Einziehungsverfügung über einen dem Kläger zustehenden Forderungsbetrag von 72.803,62 EUR.

Sämtliche Spesen des Klägers (Reisekosten, Tankkosten, Konsumation, Übernachtungskosten etc) wurden von der A***** GmbH beglichen. Die Beklagte hatte mit Spesen des Klägers nichts zu tun.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, dem Kläger stehe aufgrund der schriftlichen Vereinbarung vom ein Anspruch auf den Abfindungsbetrag von 30.000 EUR netto zu. Eine Gegenforderung der Beklagten gegen den Kläger bestehe nicht. Die Spesenabrechnung des Klägers sei durch die A***** GmbH erfolgt. Allfällige Unrichtigkeiten dieser Abrechnung würden daher keine Forderung der Beklagten gegenüber dem Kläger begründen. Die Einkommenssteuernachzahlungsverpflichtung richte sich ebenfalls ausschließlich gegen den Kläger und die A***** GmbH als Solidarschuldner. Damit bestehe keine Gegenforderung der Beklagten.

Die Unsicherheitseinrede gemäß § 1052 Satz 2 ABGB beziehe sich ausschließlich auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung einer vertraglichen Vereinbarung, falls eine Vorleistungspflicht eines der Vertragspartner vereinbart sei. Diese Unsicherheitseinrede stehe dem Vorleistungspflichtigen als Zurückbehaltungsrecht bis zur Erbringung der Gegenleistung zu. Eine derartige Konstellation sei nicht gegeben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte mit Teilurteil das Ersturteil insoweit, als es die Klagsforderung mit 36.000 EUR als zu Recht und die eingewendete Gegenforderung von 40.000 EUR mit einem Teilbetrag von 35.763,32 EUR als nicht zu Recht bestehend erkannte. Im Übrigen, also hinsichtlich der Entscheidung über eine Gegenforderung von 4.236,68 EUR und der Kostenentscheidung, hob es das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.

In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Berufungsgericht auf die Bestimmung des § 348 UGB, wonach mehrere Unternehmer, die sich gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung verpflichten, im Zweifel als Gesamtschuldner haften. Von dieser Regelung über eine Solidarhaftung könne ausdrücklich abgewichen werden oder es könne sich eine Abweichung auch aus den Umständen ergeben. Verpflichte sich etwa eine Personenmehrheit zu einer teilbaren Leistung, hafteten ihre Mitglieder nicht als Gesamtschuldner, sondern nur anteilig, wenn die Vereinbarungen, die sie im Innenverhältnis geschlossen haben, klar erkennen ließen, dass sie für Verbindlichkeiten nur anteilig haften wollen, und ihr Vertragspartner vernünftigerweise nicht der Meinung sein konnte, das einzelne Mitglied habe die gesamtschuldnerische Haftung übernehmen wollen. Die Absicht, nur eine Anteilshaftung eingehen zu wollen, könne allerdings bei wenigen (hier bloß zwei) Mitschuldnern nicht von vornherein unterstellt werden. Abzustellen sei somit darauf, ob die eine Anteilshaftung vorsehende Vereinbarung im Innenverhältnis der Schuldner dem Vertragspartner (Gläubiger) bei Vertragsabschluss klar erkennbar gewesen sei. Die Behauptungs und Beweislast für eine anteilige Haftung treffe aufgrund der Zweifelsregel den bzw die Schuldner.

In der Vereinbarung vom samt Nachtrag vom finde sich keine ausdrückliche Vereinbarung einer bloß anteiligen Haftung für den Abfindungsbetrag, zumal sich der Passus, die Forderungen des Klägers gegen die Beklagte sowie die A***** GmbH von insgesamt 14.180 EUR werden von den jeweiligen Firmen beglichen, ausdrücklich nur auf diese Forderung von 14.180 EUR beziehe, während bezüglich der vereinbarten Zahlung von 30.000 EUR an Abfindungsbetrag eine derartige Regelung nicht erfolgt sei. Das von der Beklagten erstmals in ihrer Berufung erhobene Vorbringen, sie hafte entsprechend dem Verhältnis der Honorarzahlungsverpflichtungen in den beiden aufgelösten Dienstleistungsverträgen für den Abfindungsbetrag (mit einer rechnerischen Quote von 25 %) nur anteilig, verstoße gegen das Neuerungsverbot und stehe auch im Widerspruch zu ihrem Prozessvorbringen in erster Instanz, wonach sie aufgrund der fehlenden Solidarverpflichtung maximal für die Hälfte des Klagsbetrags hafte. Das Vorliegen einer Anteilshaftung im Innenverhältnis, welche dem Kläger bei Vertragsabschluss auch erkennbar gewesen wäre, sei von der Beklagten im Verfahren erster Instanz nicht behauptet worden. Die Beklagte habe daher aufgrund ihrer Solidarverpflichtung auf Zahlung des Klagsbetrags in Anspruch genommen werden können.

Die von der Beklagten erhobene Unsicherheitseinrede nach § 1052 Satz 2 ABGB sei ebenfalls nicht berechtigt. Sie setze nämlich ein Austauschverhältnis voraus und könne nur von einem Vorausleistungspflichtigen gegenüber einem Nachleistungspflichtigen in Anspruch genommen werden. Die Vereinbarung vom samt Nachtrag vom stelle kein Austauschverhältnis her und sehe außerdem keine Vorausleistungspflicht der Beklagten vor. Soweit die Beklagte in ihrer Berufung in diesem Zusammenhang noch geltend mache, die Erhebung eines Leistungsbegehrens durch den Kläger sei rechtsmissbräuchlich, da die Inanspruchnahme der A***** GmbH für Lohnsteuernachzahlungen im Raum stehe, verstoße ihr Vorbringen ebenfalls gegen das Neuerungsverbot.

Bezüglich der eingewendeten Gegenforderungen aus Spesenabrechnung und Lohnsteuernachzahlung komme die Berufungswerberin nur mehr auf die Gegenforderung aus unrichtiger Spesenabrechnung zurück, zumal die eingewendete Gegenforderung aus einer drohenden Lohnsteuernachzahlung schon an deren (fehlender) Fälligkeit scheitere. Das Erstgericht habe die von der Beklagten behauptete und vom Kläger inhaltlich gar nicht bestrittene Forderungsabtretung aus einer unrichtigen Spesenabrechnung nicht berücksichtigt. Es werde daher im fortzusetzenden Verfahren zu dieser Gegenforderung ergänzende Feststellungen zu treffen haben.

Da die Klagsforderung und die eingewendeten Gegenforderungen im Gesamtbetrag von 40.000 EUR nicht im rechtlichen Zusammenhang stünden, könne gemäß § 391 Abs 3 ZPO ein Teilurteil gefällt werden. Da die mangelnde Berechtigung der Gegenforderung aus Lohnsteuernachzahlung feststehe und lediglich die Gegenforderung aus unrichtiger Spesenabrechnung in Höhe von 4.236,68 EUR noch einer Klärung bedürfe, habe im Teilurteil bereits ein negativer Ausspruch über die Gegenforderung aus Lohnsteuernachzahlung getroffen werden können.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision und der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig seien. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete es damit, dass zur Frage, ob ein negativer Ausspruch über eine von mehreren Gegenforderungen in einem Teilurteil gemäß § 391 Abs 3 ZPO zulässig sei, keine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Da der erkennende Senat die Revisionsausführungen für nicht stichhältig, die damit bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hingegen in allen in der Revision relevierten Fragen für zutreffend erachtet, reicht es grundsätzlich aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Revisionsausführungen ist ergänzend noch Folgendes entgegenzuhalten:

1. Die Vermutung des Vorliegens einer Solidarhaftung nach § 348 UGB ist widerlegt, wenn nach den allgemeinen Auslegungsregeln (§ 914f ABGB;§ 346 UGB) der Parteiwille einer bloßen Anteilshaftung feststellbar ist. Verpflichtet sich eine Personenmehrheit zu einer teilbaren Leistung, haften ihre Mitglieder nicht als Gesamtschuldner, sondern nur anteilig, wenn die eine Anteilshaftung vorsehende Vereinbarung im Innenverhältnis der Schuldner dem Vertragspartner (Gläubiger) bei Vertragsabschluss klar erkennbar war und er vernünftigerweise nicht annehmen durfte, dass jeder seiner Schuldner solidarisch haften wolle (vgl Kerschner in Jabornegg/Artmann , UGB 2 § 348 Rz 14; Kramer/Rauter in Straube , UGB 4 § 348 Rz 24 f mwN; RIS Justiz RS0017368).

1.1 Aus den getroffenen Feststellungen lässt sich eine dem Kläger erkennbare Parteiabsicht der Schuldner, hinsichtlich des vereinbarten pauschalen Abfindungsbetrags von 30.000 EUR nur eine anteilige Haftung eingehen zu wollen, nicht ableiten, zumal eine anteilige Haftung der Schuldner nur hinsichtlich der weiteren Forderung von 14.180 EUR ausdrücklich vorgesehen war, während bezüglich der vereinbarten Zahlung des Abfindungsbetrags von 30.000 EUR eine solche Regelung nicht getroffen wurde. Dieser Umstand lässt aber nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts mangels gegenteiliger Anhaltspunkte nur den Schluss zu, dass der Abfindungsbetrag von 30.000 EUR von der Beklagten und der A***** GmbH gemeinsam zu leisten ist und eine allfällige Aufteilung ausschließlich im Innenverhältnis dieser beiden Gesellschaften vorzunehmen ist.

1.2 Bei dem Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufung, der vereinbarte Abfindungsbetrag von 36.000 EUR stelle eine Abgeltung des Honorars für weitere fünf Monate dar, bei der keine Solidarhaftung geschaffen werden sollte, sondern eine Anteilshaftung entsprechend dem Verhältnis der Honorarzahlungsverpflichtungen nach den beiden Dienstleistungsverträgen, sodass die Beklagte maximal für 25 % des Klagsbetrags hafte, handelt es sich um ein neues Prozessvorbringen, welches teilweise mit dem erstinstanzlichen Prozessvorbringen der Beklagten im Widerspruch steht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dieses neue Prozessvorbringen verstoße gegen das Neuerungsverbot, steht daher weder mit dem Akteninhalt im Widerspruch noch stellt sie eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens dar.

2. Gemäß § 1052 Satz 2 ABGB kann der aufgrund der Vereinbarung oder ex lege (vgl Apathy in KBB 3 § 1052 Rz 4) zur Vorausleistung Verpflichtete seine Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teils gefährdet ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mussten. Der Oberste Gerichtshof hat zwar bereits ausgesprochen, dass die Gleichheit der Rechtsgründe die analoge Anwendung des Rechtsgedankens dieser Bestimmung auf jene Fälle verlangt, in denen der Nachleistungspflichtige ein Verhalten an den Tag legt, aus dem zu schließen ist, dass er sich der Erfüllung seiner Verbindlichkeit entziehen will. Dies gilt auch für den Fall, in dem der Nachleistungspflichtige zur Gegenleistung nicht fähig erscheint. Voraussetzung für die Anwendung des Rechtsgedankens des § 1052 ABGB muss aber immer sein, dass derjenige, der die Unsicherheitseinrede erhebt, im Rahmen eines Austauschverhältnisses überhaupt vorleistungspflichtig ist (vgl 1 Ob 695/88 mwN ua).

2.1 Die von der Beklagten begehrte analoge Anwendung der Unsicherheitseinrede gemäß § 1052 Satz 2 ABGB kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil die Beklagte nicht vorleistungspflichtig ist. Dass die A***** GmbH allenfalls zukünftig aus ihrer Solidarverpflichtung mit dem Kläger zu einer Lohnsteuernachzahlung verpflichtet werden und ihr daraus eine an die Beklagte abgetretene Regressforderung gegen den Kläger erwachsen könnte, steht, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, mit der Verpflichtung zur Zahlung des Abfindungsbetrags in keinerlei Austauschverhältnis, welches die Erhebung der Unsicherheitseinrede rechtfertigen könnte. Für eine analoge Anwendung des § 1052 zweiter Satz ABGB fehlt es damit an deren wesentlicher Voraussetzung (vgl 1 Ob 695/88; 2 Ob 146/97b ua).

3. Schließlich macht die Beklagte unter Berufung auf die Entscheidung 1 Ob 617/91 noch geltend, ein negativer Ausspruch über eingewendete Gegenforderungen in einem Teilurteil sei erst dann möglich, wenn alle Gegenforderungen geprüft worden seien und das Verfahren über alle Gegenforderungen spruchreif sei. Nach dem Wortlaut des § 391 Abs 3 ZPO könne in einem Teilurteil nur über den Klagsanspruch und nicht auch über einen Teil der Gegenforderungen erkannt werden.

3.1 Zweck der Erlassung eines Teilurteils ist es, durch die endgültige Erledigung eines Anspruchsteils den gesamten Rechtsstreit beschleunigt und konzentriert beenden zu können. Die dem Gericht im Rahmen der Prozessleitungsbefugnis eingeräumte Möglichkeit, den Entscheidungsstoff auch quantitativ durch Trennung und abgesonderte Verhandlung einzelner Ansprüche und Streitpunkte zu gliedern, bliebe ohne die Möglichkeit der Erlassung eines Teilurteils ergebnis und zwecklos. Prozessökonomische Erwägungen stehen dabei im Vordergrund. Durch ein Teilurteil kann das Verfahren insofern übersichtlich gestaltet werden, als ein Teil des Anspruchs möglichst rasch und kostengünstig endgültig abgeschlossen wird. Ob die Voraussetzungen für eine solche Verfahrensbeschleunigung gegeben sind, ist nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens hängt die Entscheidung, ob ein Teilurteil gefällt werden soll, vom pflichtgebundenen Ermessen des Richters ab. Liegt Entscheidungsreife vor, so muss das Gericht grundsätzlich ein Teilurteil fällen ( Deixler Hübner in Fasching/Konecny 2 § 391 ZPO Rz 10 f mwN).

3.2 Hat der Beklagte mittels Einrede eine Gegenforderung geltend gemacht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht im rechtlichen Zusammenhang steht, so kann, wenn nur die Verhandlung über den Klagsanspruch zur Entscheidung reif ist, über denselben durch Teilurteil erkannt werden. Die Verhandlung über die Gegenforderung ist ohne Unterbrechung fortzusetzen (§ 391 Abs 3 ZPO).

3.3 Der Beklagte kann auch mehrere Gegenforderungen zur eventuellen Aufrechnung einwenden, ohne die Reihenfolge der Aufrechnung bestimmen zu müssen (1 Ob 617/91, SZ 64/160). In dieser von der Revisionswerberin für ihren Rechtsstandpunkt ins Treffen geführten Entscheidung wurde weiters darauf hingewiesen, dass nach § 188 ZPO eine getrennte Verhandlung auch über die vom Beklagten geltend gemachten Gegenforderungen angeordnet werden kann. Das Gericht habe dabei zu beachten, dass im Fall der Trennung der Verhandlung über mehrere Gegenforderungen bei Feststehen der Klagsforderung nur dann über die Gegenforderungen entschieden werden dürfe, wenn eine oder mehrere Gegenforderungen bis zur Höhe der Klagsforderung als zutreffend festgestellt werden. Ein negativer Ausspruch sei erst dann möglich, wenn alle Gegenforderungen geprüft und das Verfahren über alle Gegenforderungen spruchreif sei.

3.4 Diese in der zitierten Entscheidung 1 Ob 617/91 dargelegten Grundsätze können entgegen der Ansicht der Revisionswerberin schon deshalb nicht unmittelbar auf den vorliegenden Fall übertragen werden, weil im gegenständlichen Verfahren eine getrennte Verhandlung über die beiden von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen nicht angeordnet wurde. Es bildeten vielmehr die Klagsforderung und die beiden von der Beklagten eingewendeten Gegenforderungen den gemeinsamen Verhandlungsgegenstand. Es ist im vorliegenden Fall weiters unbestritten, dass gemäß § 391 Abs 3 ZPO über die Klagsforderung ein Teilurteil gefällt werden konnte, weil die von der Beklagten aufrechnungsweise eingewendeten Gegenforderungen in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Klagsforderung stehen. Weiters stand im Berufungsverfahren die mangelnde Berechtigung der von der Beklagten eingewendeten Gegenforderung aus Lohnsteuernachzahlung unstrittig fest, während die Gegenforderung aus unrichtiger Spesenabrechnung in Höhe von 4.236,68 EUR noch einer näheren Klärung bedarf. Da somit im Berufungsverfahren die Klagsforderung und die in keinem rechtlichen Zusammenhang iSd § 391 Abs 3 ZPO mit der Klagsforderung stehende Gegenforderung aus dem Titel der Lohnsteuernachzahlung spruchreif waren, hat das Berufungsgericht zutreffend mit Teilurteil über die Klagsforderung sowie über die aus dem Titel der Lohnsteuernachzahlung gestützte Gegenforderung der Beklagten abgesprochen und lediglich die Entscheidung des Erstgerichts über die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung aus unrichtiger Spesenabrechnung der Beklagten mangels Spruchreife aufgehoben. Diese Vorgangsweise des Berufungsgerichts steht nicht nur im Einklang mit dem oben zu Punkt 3.1 dargelegten Zweck der Erlassung eines Teilurteils (Verfahrensökonomie), sondern auch mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen (9 ObA 215/92; 9 ObA 132/08i; 4 Ob 137/11t ua).

3.5 Im Rahmen der allseitigen rechtlichen Prüfungspflicht war allerdings wahrzunehmen, dass über die Gegenforderung nur bis zur Höhe der Klagsforderung abzusprechen ist (vgl Deixler / Hübner in Fasching/Konecny 2 § 391 ZPO Rz 39 f und 52 mwN). Es war daher der Ausspruch über das Nichtzurechtbestehen der Gegenforderung auf den Differenzbetrag zur Klagsforderung unter Berücksichtigung der noch zu prüfenden Gegenforderung zu beschränken (vgl 9 ObA 343/89).

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren gründet sich auf §§ 43 Abs 2, 50 Abs 1 ZPO. Dem Teil, mit dem die Beklagte im Ergebnis obsiegt hat, kommt im Hinblick auf den gesamten Verfahrensgegenstand keine Bedeutung zu; auch Mehrkosten waren dadurch nicht bedingt. Ein ERV Zuschlag von 3,60 EUR gebührt nach § 23a RATG nur für „das Verfahren einleitende“ Schriftsätze. Dem Kläger ist daher für seinen Rechtsmittelschriftsatz nur ein Zuschlag von 1,80 EUR zuzusprechen.