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OGH vom 26.06.2008, 10Ob23/08t

OGH vom 26.06.2008, 10Ob23/08t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Magomed M*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses des Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 5/08s-G13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 1 P 227/06k-S9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschluss erster Instanz zu lauten hat:

„Die Anträge des Minderjährigen auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der selbständigen Anträge auf einen Entschädigungsbetrag gemäß §§ 6, 7, 7a und 7b MedG vom und gegen die K*****-Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, die K***** Zeitungsverlag und Druckerei GmbH und die „Ö*****"-Zeitungsverlag GmbH werden zurückgewiesen.

Der Antrag vom auf Bestellung eines Kollisionskurators wird abgewiesen."

Text

Begründung:

Der am geborene Magomed M***** ist der Sohn von Malika M*****; der Vater ist verstorben. Mutter und Sohn haben als (aus Tschetschenien stammende) Konventionsflüchtlinge Aufenthaltsrecht in Österreich.

Am und am brachte der „Antragsteller Magomed M*****, ..., vertreten durch Kindesmutter Malika M*****, ..., diese vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser, ..." drei Anträge auf Genehmigung von selbständigen Anträgen auf einen Entschädigungsbetrag von jeweils 20.000 EUR gemäß §§ 6, 7, 7a und 7b MedienG ein (ON S 1, S 3 und S 4).

In diesen bereits vor den Genehmigungsanträgen beim Landesgericht für Strafsachen Wien gegen die K*****-Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, die K***** Zeitungsverlag und Druckerei GesmbH und die „Ö*****"-Zeitungsverlag GmbH eingebrachten drei Anträgen auf Zuerkennung einer Entschädigung wurde geltend gemacht, dass der Antragsteller am in den Sonntagsausgaben der periodischen Druckschriften „K*****-Zeitung", „K*****" und „Ö*****" in Text und Porträtbild mit ausgeschriebenem Vornamen und abgekürztem Familiennamen mit Altersangabe als Mitglied einer achtköpfigen tschetschenischen Jugendbande dargestellt worden sei, die in Wien - mit Spezialisierung auf Handyraub - auf Raubzug gegangen sei. In den Berichten werde entgegen der gesetzlichen Unschuldsvermutung kein Zweifel gelassen, dass die Mitglieder der Bande die erwähnten Straftaten begangen hätten und schuldig seien.

In der vorliegenden Pflegschaftssache hat das Erstgericht die Mutter Malika M***** am zur Abgabe einer Erklärung aufgefordert, wonach sie bereit sei, ihren Sohn im Entschädigungsverfahren schad- und klaglos zu halten (ON S 5). Mit einem am beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz zog sie ihre Genehmigung der drei Entschädigungsanträge ausdrücklich zurück (ON S 6). Auch in weiterer Folge gab sie gegenüber dem Erstgericht die geforderte Erklärung nicht ab und war auch nicht bereit, zugunsten ihres Sohnes Kosten zu übernehmen (Protokoll vom , ON S 8).

Der rechtsfreundliche Vertreter des Minderjährigen beantragte weiters die Bestellung eines Kollisionskurators für den Minderjährigen, wobei er sich bereit erklärte, diese Aufgabe zu übernehmen (ON S 6). Im Hinblick auf den möglichen wirtschaftlichen Nachteil, den die Mutter, gäbe sie die vom Pflegschaftsgericht geforderte Erklärung ab, im Fall eines Prozessverlustes erleiden könnte, sei eine Kollision zwischen den Interessen des Minderjährigen auf den medienrechtlichen Entschädigungsanspruch und den Interessen der Mutter an der Vermeidung eines wirtschaftlichen Nachteils gegeben. Die Erfolgsaussichten im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren seien als gut bis sehr gut zu bewerten, auch wenn ein positiver Verfahrensausgang nicht garantiert werden könne.

Das Erstgericht wies die Anträge auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der drei selbständigen Anträge auf einen Entschädigungsbetrag gemäß §§ 6, 7, 7a und 7b MedienG gegen die drei genannten Medienunternehmen sowie den Antrag auf Bestellung eines Kollisionskurators für den Minderjährigen zurück. Voraussetzung für die Bestellung eines Kollisionskurators gemäß § 271 ABGB sei eine Kollision im formellen und im materiellen Sinn. Im vorliegenden Fall liege im Hinblick auf den Interessenkonflikt zwischen Mutter und Sohn nur eine Kollision im materiellen Sinn vor, nicht aber auch eine (für die Bestellung eines Kollisionskurators notwendige) Kollision im formellen Sinn, zumal die Mutter als gesetzliche Vertreterin in dieser Angelegenheit nicht auch im eigenen Namen oder im Namen eines anderen zu handeln habe. Die Weigerung der Mutter, die Anträge im selbständigen Entschädigungsverfahren aufgrund des Prozesskostenrisikos nicht zu genehmigen, sei kein Handeln im eigenen Namen, sondern der Vertretungssphäre zuzuordnen. Es liege allein in ihrem Verantwortungsbereich, im Rahmen des Sorgfaltsmaßstabs des § 149 ABGB iVm § 154 ABGB Entscheidungen im Namen des Kindes zu treffen. Mangels einer Zustimmung der Mutter zu den Entschädigungsanträgen könne keine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt werden.

Im Übrigen seien die Anträge auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erst nach Ablauf der Sechs-Monats-Frist des § 8a MedienG gestellt worden.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Minderjährigen nicht Folge. Aufgrund seines Flüchtlingsstatus sei „österreichisches Recht anzuwenden". Antragstellungen nach §§ 6, 7, 7a und 7b MedienG bedürften neben der Zustimmung der Eltern auch der Genehmigung durch das Gericht. Da die Mutter ihre zunächst erteilte Zustimmung zu den medienrechtlichen Antragstellungen inhaltlich zurückgezogen habe, gelange § 154 Abs 3 ABGB nicht zur Anwendung, zumal die fehlende Willensbildung des gesetzlichen Vertreters nicht durch eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung ersetzt werden könne. Außerdem sei die Zurücknahme der Zustimmung der Mutter inhaltlich als Zurückziehung des Genehmigungsantrags zu deuten, weshalb dem gerichtlichen Genehmigungsverfahren die Grundlage entzogen sei.

Auch der Antrag auf Bestellung eines Kollisionskurators sei zutreffend zurückgewiesen worden, weil der Minderjährige in diesem Verfahren kein Recht zur selbständigen Antragstellung habe.

Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 20.000 EUR und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der selbständigen Verfahrensfähigkeit eines Minderjährigen in einem gemäß § 132 AußStrG iVm § 154 Abs 3 ABGB geführten Genehmigungsverfahren vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Feststellung, dass für das medienrechtliche Entschädigungsverfahren keine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich sei, in eventu des Ausspruchs, dass die Entschädigungsanträge pflegschaftsgerichtlich genehmigt werden. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung, ob die Antragstellung auf Entschädigung in einem medienrechtlichen Entschädigungsverfahren der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedarf, zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

1. Der Revisionsrekurswerber bringt in seinem Rechtsmittel zusammengefasst Folgendes vor:

a) Im Genehmigungsverfahren habe der Minderjährige selbst Parteistellung und - als mündiger Minderjähriger (wie ein Betroffener im Sachwalterschaftsverfahren nach § 127 AußStrG) - ein eigenständiges Rekursrecht.

b) Da es in den zu genehmigenden Verfahren um den Schutz von Persönlichkeitsrechten nach § 16 ABGB und Art 8 EMRK gehe und nicht um Vermögensangelegenheiten im Sinne des § 154 Abs 3 ABGB, wäre vom Gericht gemäß § 132 Satz 1 AußStrG auszusprechen gewesen, dass die Geltendmachung der Entschädigungsansprüche keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedürfe; der Minderjährige sei in diesem Verfahren selbst handlungsfähig. Andernfalls hätte er keine Möglichkeit, seine Parteistellung wahrzunehmen, wenn der gesetzliche Vertreter nicht aktiv werde, was gegen Art 6 und Art 13 EMRK verstoße.

c) Wenn eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung doch notwendig sei, wäre im Hinblick auf die Interessenkollision zwischen Mutter und Sohn zur Wahrnehmung von dessen Rechten ein Kollisionskurator zu bestellen, der die fehlende Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin zu ersetzen habe.

d) Weitere Revisionsrekursausführungen beziehen sich ganz offensichtlich nicht auf den angefochtenen Beschluss.

Dazu hat der Senat erwogen:

2. Vorweg ist klarzustellen, dass das Erstgericht, das sowohl den Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Antrags auf medienrechtliche Entschädigung als auch den Antrag auf Bestellung eines Kollisionskurators zurückgewiesen hat, nur im ersten Punkt keine Sachentscheidung getroffen hat: Der Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass es aufgrund des Fehlens einer Zustimmung der Mutter zur Geltendmachung medienrechtlicher Entschädigungsansprüche an einem der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung unterliegenden Rechtshandlung fehle. Im zweiten Punkt wurde dagegen in der Sache entschieden, dass mangels Kollision kein Kollisionskurator zu bestellen sei. Insoweit stellt sich der erstgerichtliche Zurückweisungsbeschluss in Wirklichkeit als antragsabweisende Entscheidung dar.

3. Zum Erfordernis einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der Anträge auf medienrechtliche Entschädigung:

3.1. In einem gerichtlichen Genehmigungsverfahren kommt (nur) dem betroffenen Pflegebefohlenen Parteistellung zu (siehe zuletzt 6 Ob 286/05k mwN; RIS-Justiz RS0006210); er allein ist auch rechtsmittellegitimiert (Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 132 Rz 4). Nach dem Inhalt des Antrags und der Rechtsmittel hat im konkreten Fall der Pflegebefohlene, vertreten durch die Mutter, diese vertreten durch einen Rechtsanwalt, einen Genehmigungsantrag gestellt und gegen die Zurückweisung des Genehmigungsantrags Rechtsmittel erhoben. Schon allein aus diesem Grund kommt es auf die Frage der selbständigen Verfahrensfähigkeit des mündigen Minderjährigen im Genehmigungsverfahren gar nicht an, weil der Pflegebefohlene im konkreten Verfahren über den Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung jedenfalls durch seine Mutter vertreten ist.

3.2. § 154 Abs 3 ABGB regelt nach seinem Wortlaut die Vertretung des Kindes in Vermögensangelegenheiten: Sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, bedürfen Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils - neben der Zustimmung des anderen Elternteils - auch der Genehmigung des Gerichts.

3.2.1. Der Begriff des Vermögens deckt sich mit jenem nach § 149 ABGB (Nademleinsky in Schwimann, ABGB3 I § 154 Rz 14). Es handelt sich um den Inbegriff der geldwerten Rechte und Verbindlichkeiten einer Person, wozu auch die Wahrung vermögensrechtlicher Ansprüche gehört (RIS-Justiz RS0048053). Auch wenn medienrechtliche Entschädigungsansprüche ihre Wurzel im Schutz von Persönlichkeitsrechten (Ehre, Privatsphäre und Unschuldsvermutung) vor Eingriffen durch massenmediale Berichterstattung haben (Berka in Berka/Höhne/Noll/Polley, Mediengesetz2 [2005] Vor §§ 6 - 8a Rz 2, 3), macht der Minderjährige doch Geldersatz und damit einen vermögensrechtlichen Anspruch geltend; außerdem wird durch die Verfahrensführung naheliegenderweise seine Vermögenslage betroffen (in diesem Sinn bereits KH 1334 zur Erhebung einer Privatanklage).

3.2.2. Eine Klagsführung ist, wie alle beispielsweise in § 154 Abs 3 ABGB aufgezählten Handlungen, nur zustimmungs- und genehmigungspflichtig, wenn ihr Gegenstand nicht in den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb fällt (7 Ob 508/85 = SZ 58/18; Stabentheiner in Rummel3 ErgBd §§ 154, 154a Rz 14, 15). Die Ausschlagung einer Erbschaft geringen Werts und die Erhebung einer Klage in einer „Bagatellangelegenheit" hat die Rechtsprechung zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gezählt (RIS-Justiz RS0048151). Bei einer Klage auf Schadenersatz wird in aller Regel angenommen, dass sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört (siehe Nademleinsky in Schwimann, ABGB3 I § 154 Rz 25 mwN aus der zweit- und drittinstanzlichen Rechtsprechung).

3.2.3. Die von der Rechtsprechung für die Klageerhebung aufgestellten Grundsätze können auch auf die Geltendmachung medienrechtlicher Entschädigungsansprüche übertragen werden. Schon angesichts der in § 390 Abs 1 StPO vorgesehenen Regel, wonach der unterliegende Privatankläger (hier: der Antragsteller auf einen Entschädigungsbetrag) die Kosten des obsiegenden Angeklagten (bzw Antragsgegners) zu ersetzen hat, kann nicht angenommen werden, dass eine Angelegenheit des ordentlichen Wirtschaftsbetriebs vorliegt (das Erfordernis einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung in Vermögensangelegenheiten bejahend auch Korn/Zöchbauer, WK-StPO § 46 Rz 9).

3.2.4. Daraus folgt für die hier vorliegenden Anträge auf medienrechtliche Entschädigung das zwingende Erfordernis einer Vertretungshandlung der Mutter und deren Genehmigung durch das Pflegschaftsgericht. Nach dem Inhalt des Aktes muss ungeachtet der Formulierung in dem am eingebrachten Schriftsatz (ON S 6) angenommen werden, dass eine die Einbringung der Entschädigungsanträge genehmigende Vertretungshandlung nicht gesetzt wurde. Eine solche Handlung ist aber zwingende Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit (10 Ob 117/07i = Zak 2008/230, 132; RIS-Justiz RS0049030).

3.3. Mangels Vorliegens einer genehmigungsfähigen Handlung haben die Vorinstanzen in der Frage der pflegschaftsgerichtsgerichtlichen Genehmigung zutreffend keine Sachentscheidung getroffen, sondern im Sinne einer Zurückweisung des Genehmigungsantrags entschieden.

4. Zur Bestellung eines „Kollisionskurators":

4.1. Die Bestellung eines Kollisionskurators wurde vom Minderjährigen für die Vertretung im medienrechtlichen Entschädigungsverfahren beantragt. Nach der im Revisionsrekurs vertretenen Ansicht wäre die Bestellung im Hinblick auf die Interessenkollision zwischen Mutter und Sohn zur Wahrnehmung von dessen Rechten erforderlich; er habe die fehlende Zustimmung der gesetzlichen Vertreterin zur Geltendmachung der medienrechtlichen Entschädigungsansprüche zu ersetzen.

4.2. Zutreffend haben die Vorinstanzen darauf hingewiesen, dass ein Kollisionsfall im Sinne des § 271 ABGB voraussetzt, dass eine materielle Kollision, nämlich eine konkrete Gefährdung der Interessen des minderjährigen Kindes vorliegt (Stabentheiner in Rummel3 ErgBd §§ 271, 272 ABGB Rz 2). Maßgeblich für das Erfordernis der Bestellung eines Kollisionskurators ist daher, dass aufgrund des objektiven Sachverhalts eine gesetzmäßige Vertretung des Minderjährigen wegen eines zu befürchtenden Widerstreits an Interessen nicht zu erwarten ist (1 Ob 2410/96k mwN); der Interessenwiderspruch muss sich auf die konkrete Angelegenheit auswirken (Schwarzl in Ferrari/Hopf, Reform des Kindschaftsrechts [2001] 19 [31]).

Den Vorinstanzen ist auch zuzustimmen, dass ein Interessenwiderstreit im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, da ein unmittelbares „eigenes" Interesse der Mutter nicht zu erkennen ist. Sie tritt im vorliegenden Fall allein als Vertreterin des Antragstellers auf, ohne selbst in die Angelegenheit involviert zu sein. Die vom Erstgericht geforderte Schad- und Klagsloshaltungserklärung hat sie nicht abgegeben. Belastet werden könnte sie allenfalls mittelbar über ihre Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Sohn (vgl auch 1 Ob 2410/96k). Daraus kann aber noch kein unmittelbares Eigeninteresse der Mutter abgeleitet werden.

4.3. Eine unterschiedliche Ansicht zwischen dem Minderjährigen und dem gesetzlichen Vertreter begründet noch keine Kollision iSd § 271 ABGB. Die gesetzliche Vertretung des Kindes liegt eben nach §§ 144, 145 ABGB bei den Eltern bzw bei einem Elternteil. Dem Pflegschaftsgericht kommt nicht die Rolle eines Oberaufsehers zu, der bei unterschiedlichen Auffassungen zwischen dem Kind und dem gesetzlichen Vertreter im Einzelfall schlichtend eingreifen müsste (siehe zuletzt zur Vermögensverwaltung 7 Ob 38/08a). Das Gesetz weist dem Pflegschaftsgericht Kompetenzen etwa bei Meinungsunterschieden zur Ausbildung (§ 147 ABGB), bei der Vertretung in bestimmten Vermögensangelegenheiten (§ 154 Abs 3 ABGB) oder bei Gefährdung des Kindeswohls zu (§ 176 Abs 1 ABGB). Lediglich im letzteren Fall könnte die (teilweise) Entziehung der Obsorge angebracht sein (§ 176 Abs 1 ABGB; näher Schwarzl in Ferrari/Hopf 28 ff).

5. Auch wenn das Erstgericht in Bezug auf die Frage des Erfordernisses der Bestellung eines Kollisionskurators in der Sache entschieden und das Rekursgericht die den Genehmigungsantrag zurückweisende Entscheidung erster Instanz mit der (insoweit) unrichtigen Begründung bestätigt hat, der Minderjährige habe in diesem Verfahren „kein Recht, selbständig Anträge zu stellen", ist es nicht notwendig, dem Rekursgericht eine Entscheidung über den Rekurs in der Sache aufzutragen. Die §§ 57, 58 AußStrG normieren den Grundsatz der Sacherledigung durch das Rechtsmittelgericht; diese Bestimmungen sind über § 71 Abs 4 AußStrG auch im Revisionsrekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof sinngemäß anzuwenden (siehe 10 Ob 60/08h). Selbst wenn einer der Gründe des § 57 Z 1 - 6 AußStrG vorliegt (in Betracht käme im vorliegenden Fall wohl nur der Fall der Z 1), steht es dem Rechtsmittelgericht frei, selbst meritorisch zu entscheiden (Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] § 57 Rz 1). Da der maßgebliche Sachverhalt bereits festgestellt ist und die potentiell rechtsmittellegitimierten Personen in das Verfahren einbezogen wurden (insoweit unterscheidet sich der Fall von dem zu 10 Ob 60/08t entschiedenen), kann im vorliegenden Fall eine Entscheidung in der Sache getroffen werden.

Nach den unter 4. angeführten Grundsätzen kommt die Bestellung eines Kollisionskurators nicht in Betracht, weshalb dem diesbezüglichen Antrag des Minderjährigen kein Erfolg beschieden sein kann. Durch die von den Vorinstanzen gewählte Erledigungsvariante ist daher der Minderjährige im Ergebnis nicht beschwert.

6. Demnach ist die angefochtene Entscheidung mit einer Maßgabe zu bestätigen.

Die Durchführung einer Revisionsrekursverhandlung vor dem Obersten Gerichtshof kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nur über Rechtsfragen zu entscheiden hat und daher Beweisaufnahmen oder -ergänzungen nicht in Betracht kommen. Der Revisionsrekurswerber hatte in seinem Rechtsmittel ausreichend Gelegenheit zur Darlegung seines Rechtsstandpunktes (vgl 6 Ob 126/00y uva; RIS-Justiz RS0043689).