OGH vom 28.06.1984, 7Ob578/84
Norm
Kopf
SZ 57/124
Spruch
Eine verfahrensleitende Verfügung im Außerstreitverfahren ist jedenfalls nach Fällung der Sachentscheidung, deren Vorbereitung sie dienen sollte, nicht mehr anfechtbar
(KG St. Pölten R 178/84; BG Scheibbs P 127/81)
Text
Der am geborene Erwin R stammt aus der Ehe der Anna R und des Erwin R sen., die diese nachträglich am miteinander geschlossen haben. Die Ehe wurde am rechtskräftig geschieden. Mit Beschluß vom wurden der Mutter die elterlichen Rechte und Pflichten zuerkannt, doch verblieb der Minderjährige bisher bei seinem Vater. Mehrere Versuche, das Kind zu seiner Mutter zu bringen, sind gescheitert.
Auf Grund eines Antrages des Vaters, die elterlichen Rechte ihm zuzuerkennen, bestellte das Erstgericht einen Sachverständigen mit dem Auftrag, ein Gutachten über die Eignung der beiden Elternteile zur Pflege und Erziehung unter Berücksichtigung der Gesamtsituation der betreffenden Familien zu erstatten.
Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Rekursgericht den erwähnten Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos mit der Begründung auf, die Zuerkennung der elterlichen Rechte und Pflichten iS des § 144 ABGB an die Mutter sei in Rechtskraft erwachsen. Nur Gründe iS des § 176 Abs. 1 ABGB könnten eine Änderung bezüglich dieser Rechte rechtfertigen. Solche Gründe lägen nicht vor, weshalb sich die Bestellung eines Sachverständigen zwecks Prüfung des Antrages des Vaters erübrige.
Noch vor Rechtskraft des rekursgerichtlichen Beschlusses wies das Erstgericht unter Hinweis auf die Begründung dieses Beschlusses den Antrag des Vaters auf Zuerkennung der Rechte nach § 144 ABGB mit Entscheidung vom ab. Diesen Beschluß hat der Vater mit Rekurs bekämpft, doch wurde über dieses Rechtsmittel noch nicht entschieden.
Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluß über die Bestellung des Sachverständigen zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der OGH hat zwar in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen, daß im Verfahren außer Streitsachen auch verfahrensleitende Verfügungen gesondert anfechtbar sind, doch erscheint es fraglich, ob man tatsächlich so weit gehen kann wie in der Entscheidung SZ 28/262, die auch einen abgesonderten Rechtszug gegen die Bestellung eines Sachverständigen zugelassen hat. Abgesehen davon, daß das Außerstreitverfahren einen formellen Beweisbeschluß nicht vorsieht, weshalb die Frage, ob die Anordnung von Beweisaufnahmen abgesondert anfechtbar ist oder nicht, praktisch dem Zufall überlassen bliebe, ob der Richter die Anordnung einzelner Beweisaufnahmen den Parteien vorher kundtut oder nicht, herrscht vor allem auch im Außerstreitverfahren der Grundsatz, daß Verfahren möglichst zweckmäßig und rasch abgeschlossen werden sollen. Diesem Grundsatz würde es zuwiderlaufen, könnte jede einzelne Beweisanordnung durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden. Es scheint daher die Rechtsansicht vertretbar, daß bloß der Sammlung des Entscheidungsstoffes dienende Schritte des Gerichtes, die nicht darüber hinaus in Rechte von Personen eingreifen, nicht abgesondert anfechtbar sind.
Im vorliegenden Fall muß jedoch diese Frage nicht abschließend geprüft werden, weil das Erstgericht bereits jene Sachentscheidung gefällt hat, deren Vorbereitung die nunmehr angefochtene Verfahrensentscheidung dienen sollte. Hat aber ein Gericht bereits eine Sachentscheidung gefällt, so sind die dieser Entscheidung vorangegangenen und sie vorbereitenden verfahrensleitenden Schritte nicht mehr gesondert, sondern nur mehr im Rahmen der Anfechtung der Sachentscheidung bekämpfbar. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels gegen eine derartige verfahrensleitende Verfügung richtet sich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung jener Rechtsmittelinstanz, die über dieses Rechtsmittel entscheiden soll (6 Ob 749/79).
Fundstelle(n):
UAAAD-80317