OGH 11.01.2005, 10ObS106/04t
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter (Senat nach § 11a ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria E*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer und Mag. Kurt Schick, Rechtsanwälte in Laa an der Thaya, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Pflegegeld, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 174/03x-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 8 Cgs 139/02f-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Klagevertreter wird der Auftrag erteilt, in einem binnen 4 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses direkt an den Obersten Gerichtshof zu richtenden Schriftsatz eine Stellungnahme der Sachwalterin Christine S***** darüber vorzulegen, ob sie das bisherige Verfahren nachträglich genehmigt, und im Falle einer solchen Erklärung der Sachwalterin einen Beschluss des Pflegschaftsgerichtes über die Genehmigung der bisherigen Prozessführung vorzulegen.
Text
Begründung:
Mit Bescheid der beklagten Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom wurde der Antrag der Klägerin vom auf Erhöhung des gemäß § 4 BPGG zuerkannten Pflegegeldes der Stufe 5 mangels wesentlicher Änderung der Anspruchsvoraussetzungen zurückgewiesen.
In der von Christine S*****, der Tochter der Klägerin, namens ihrer Mutter am beim Erstgericht eingebrachten Klage wird die Gewährung eines höheren Pflegegeldes als das der Stufe 5 begehrt. Die Klägerin war im weiteren Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten.
Das Erstgericht erkannte mit Urteil vom die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab Pflegegeld der Stufe 6 in Höhe von monatlich EUR 1.148,70 zu zahlen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Bevor über die von der beklagten Partei dagegen erhobene und auf den Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision - gerichtet auf Abweisung des Klagebegehrens, in eventu Aufhebung - inhaltlich eingegangen werden kann, hat der Oberste Gerichtshof die bisher von den Vorinstanzen unbeachtet gebliebene Prozessunfähigkeit der Klägerin aufzugreifen. Nach den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen besteht bei der Klägerin eine generalisierte Gefäßaufbrauchserscheinung sowie eine deutliche senile Demenz, die es ihr unmöglich macht, die täglichen Verrichtungen selbständig durchzuführen. Aufgrund der vom Obersten Gerichtshof vorgenommenen Erhebungen steht weiters fest, dass mit Beschluss des Bezirksgerichtes Laa an der Thaya vom , AZ 2 P 35/03x, Christine S***** zur Sachwalterin der Klägerin für alle Angelegenheiten bestellt wurde.
Gemäß § 6a ZPO ist das Prozessgericht an die Bestellung eines (einstweiligen) Sachwalters durch das Pflegschaftsgericht gebunden. Es ist daher (jedenfalls) ab dem Zeitpunkt der Bestellung eines (einstweiligen) Sachwalters davon auszugehen, dass die Partei prozessunfähig ist. Gemäß § 6 Abs 1 ZPO ist zwar der Mangel der Prozessfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung oder der etwa erforderlichen besonderen Ermächtigung zur Prozessführung in jeder Lage des Rechtsstreites von Amts wegen zu berücksichtigen, doch hat das Gericht nach § 6 Abs 2 ZPO, wenn dieser Mangel beseitigt werden kann, die hiezu erforderlichen Aufträge zu erteilen und zu ihrer Erfüllung von Amts wegen eine angemessene Frist zu bestimmen, bis zu deren fruchtlosem Ablauf der Ausspruch über die Rechtsfolgen des Mangels aufgeschoben bleibt.
Gemäß § 477 Abs 1 Z 5 ZPO ist das Urteil und das diesem vorausgegangene Verfahren nichtig, wenn eine Partei gar nicht oder falls sie eines gesetzlichen Vertreters bedarf, nicht durch einen solchen vertreten war, sofern die Prozessführung nicht nachträglich genehmigt wurde.
Die bestellte Sachwalterin ist daher zu einer Erklärung aufzufordern, ob sie die von der Klägerin gesetzten bisherigen Prozessschritte einschließlich der Rechtsmittel genehmigt. Eine solche Genehmigung der Prozessführung durch die Sachwalterin bedarf überdies gemäß §§ 282 Abs 1, 154 Abs 3 ABGB der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung (10 ObS 214/02x mwN; RIS-Justiz RS0048203; RS0048207). Vor Erledigung der Revision der beklagten Partei ist daher ein Sanierungsversuch vorzunehmen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter (Senat nach § 11a ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria E*****, Pensionistin, zuletzt wohnhaft in *****, vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer und Mag. Kurt Schick, Rechtsanwälte in Laa an der Thaya, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Pflegegeld, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 174/03x-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 8 Cgs 139/02f-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Das Verfahren wurde durch den Tod der Klägerin am unterbrochen.
2. Zur Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens sind die in § 19 BPGG genannten Personen in der dort festgelegten Rangordnung und unter den dort geregelten Voraussetzungen berechtigt.
3. Die Akten werden den Vorinstanzen zurückgestellt.
Text
Begründung:
Nach der von der beklagten Partei mit Schriftsatz vom vorgelegten Verständigung des Standesamtsverbandes Laa an der Thaya ist die Klägerin am verstorben.
Rechtliche Beurteilung
In einer Rechtsstreitigkeit nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG wird das Verfahren durch den Tod des Klägers in jeder Lage des Verfahrens gemäß § 76 Abs 1 ASGG auch dann unterbrochen, wenn der Verstorbene durch einen Rechtsanwalt oder eine andere mit Prozessvollmacht ausgestattete Person vertreten war (SSV-NF 8/78 mwN). § 76 Abs 2 ASGG regelt, wer zur Aufnahme eines durch den Tod des Klägers unterbrochenen Verfahrens berechtigt ist. Handelt es sich - wie hier - um Ansprüche nach dem BPGG, so sind § 76 Abs 1 und 2 ASGG nach dessen Abs 4 mit der Maßgabe des § 19 Abs 3 BPGG sinngemäß anzuwenden (10 ObS 210/02h mwN). Hinsichtlich der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens wird auf die nach § 2 Abs 1 ASGG auch in Sozialrechtssachen anzuwendenden §§ 164 ff ZPO hingewiesen. Zur Zeit des Eintritts des Unterbrechungsgrundes () war die Rechtssache beim Obersten Gerichtshof anhängig. Der zur Erwirkung der Aufnahme des Verfahrens erforderliche Antrag ist daher nach § 165 Abs 1 ZPO beim Obersten Gerichtshof zu stellen. Dann werden die Vorinstanzen um Wiedervorlage der vorläufig zurückgestellten Akten ersucht werden.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2005:010OBS00106.04T.0111.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAD-79199