OGH vom 15.12.2009, 9Ob18/09a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Kärnten, Arnulfplatz 1, 9020 Klagenfurt, vertreten durch Mag. Georg Luckmann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Renate K*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Hermann Fina, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 4.800 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 365/08f-23, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom , GZ 21 C 1079/07p-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Das Land Kärnten bezahlt für Unterbringungen im Rahmen der Sozialhilfe (bzw jetzt: „Mindestsicherung") für alle Pflegeheime in Kärnten denselben Tarif. Herta E*****, die Mutter der Beklagten und dreier weiterer erwachsener Töchter, befand sich in der Zeit vom bis im Pflegeheim L*****, einer vom Land genehmigten Pflegeeinrichtung. Die Heimunterbringungskosten betrugen im Jahr 2005 10.420,07 EUR, im Jahr 2006 27.777,98 EUR und im Jahr 2007 24.101,71 EUR. Herta E***** bezog zusätzlich zu ihrer Pension seit Juni 2005 Pflegegeld nach Pflegestufe 4 und ab Dezember 2005 nach Pflegestufe 5. Trotz Einbeziehung von 80 % der Pension (20 % verblieben Herta E***** als Taschengeld) und der Pflegegeldbeträge blieben im Monatsdurchschnitt ca 788 EUR ungedeckt. Die Schwestern der Beklagten tragen - entsprechend ihren Einkommensverhältnissen - mit monatlichen Zahlungen von 90 EUR, 50 EUR und 79 EUR zur teilweisen Abdeckung der nicht gedeckten Heimunterbringungskosten bei. Unstrittig ist, dass der Beklagten mit Schreiben des Amts der Kärntner Landesregierung vom mitgeteilt wurde, dass sich ihre Mutter Herta E***** seit als Pflegefall im „L*****" Pflegeheim in Betreuung befinde, zur Deckung der anfallenden Pflegegebühren Mittel der Sozialhilfe aufgewendet werden, dass gemäß § 43 des Kärntner Sozialhilfegesetzes unterhaltspflichtige Angehörige im Rahmen des Zumutbaren für Pflegekosten zu Ersatzleistungen heranzuziehen seien und eine Überprüfung der Einkommens- und Vermögenslage der Beklagten ergeben habe, dass dieser ein monatlicher Kostenbeitrag von 200 EUR vorgeschrieben werden müsse, der Zahlungsbeginn mit August 2005 festgesetzt werde und dass Ersatzforderungen der Sozialhilfe erforderlichenfalls im Klageweg eingebracht werden können (Beilage ./1).
Die Beklagte ist zu derartigen Zahlungen nicht bereit. Sie bezieht seit 2005 einschließlich Sonderzahlungen ein monatliches Nettoeinkommen von durchschnittlich 1.834 EUR.
Mit Notariatsakt vom hatte der Vater der Beklagten einer anderen Tochter die Liegenschaft EZ ***** KG *****, Bezirksgericht Villach übergeben. Als Gegenleistung hatte sich die Übernehmerin insbesondere verpflichtet, dem Übergeber und dessen Ehegattin Herta E***** „auf deren Lebenszeit und ohne weiteres Entgelt" ... c) im Falle der Krankheit und bei Altersgebrechen eine liebevolle Wartung und Pflege, wie dies im Familienleben üblich und im Rahmen der Berufstätigkeit der Übernehmerin möglich ist, zu erbringen, dies jedoch nur, soweit es im Haus A*****, möglich ist.
Gestützt auf die Bestimmungen des Kärntner Sozialhilfegesetzes bzw (für die Zeit ab ) des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes begehrt das klagende Land als Sozialhilfeträger von der Beklagten den Ersatz von 200 EUR monatlich für die Zeit vom bis einschließlich , insgesamt sohin 4.800 EUR. Das Land habe durch Finanzierung des Pflegeheims für Herta E***** Sozialhilfeleistungen erbracht, die durch das Eigeneinkommen und die Pflegegeldzahlungen nicht gedeckt seien, sodass monatlich zumindest 788,58 EUR pro Monat offen geblieben seien. Aufgrund der Notwendigkeit einer Heimunterbringung der Herta E***** sei diese nicht selbsterhaltungsfähig gewesen, sodass eine Unterhaltspflicht der Beklagten und ihrer Geschwister im Sinn des § 143 ABGB bestanden habe. Ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen (einschließlich Sonderzahlungen) der Beklagten in Höhe von 1.834,83 EUR und einem anerkannten Abzug für notwendige Ausgaben ergebe sich eine monatliche Bemessungsgrundlage von 1.320,94 EUR. Davon beanspruche die klagende Partei aufgrund der eingetretenen Legalzession 16 %, somit abgerundet 200 EUR monatlich.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich, wendete sie ein: Die Mutter der Beklagten sei ausreichend selbsterhaltungsfähig gewesen, weil sie in der Lage gewesen sei, mit dem ihr angewiesenen Pflegegeld den durch eine teilweise Pflegebedürftigkeit erwachsenen Mehraufwand zu decken. Insbesondere sei es nicht notwendig gewesen, die Unterbringung in einem Pflegeheim in Anspruch zu nehmen, vielmehr wäre die Mutter der Beklagten in der Lage gewesen, stundenweise bei sich zu Hause Fremdpflege in Form einer Heimhilfe in Anspruch zu nehmen, wobei maximal 1.600 EUR im Monat angefallen wären. Darüber hinaus habe es das klagende Land unterlassen, die für eine Legalzession erforderliche Anzeige gegenüber der Beklagten zu tätigen. Das Schreiben vom (Beilage ./1) erfülle diese Voraussetzungen nicht.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren Folge. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die Beklagte aufgrund § 43 des Kärntner Sozialhilfegesetzes bzw § 48 des (nachfolgenden) Kärntner Mindestsicherungsgesetzes verhalten sei, im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zum teilweisen Ersatz der aufgelaufenen Pflegekosten beizutragen. Der vom klagenden Land begehrte Betrag entspreche sowohl im Hinblick auf das Vorhandensein weiterer Kinder einer anteiligen Berücksichtigung von Unterhaltspflichten als auch der Leistungsfähigkeit der Beklagten. Es bejahte die mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit der Mutter der Beklagten, weil durch deren Einkommen und Pflegegeldbezug die Kosten der Heimunterbringung nicht gedeckt seien.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es vertrat wie das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass die Beklagte mangels Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Mutter zum Teilersatz der Kosten des Pflegeheimaufenthalts verpflichtet sei. Was die angeblich unzureichende Anzeige der Legalzession durch den Sozialhilfeträger anlange, so sei dies bei der Beklagten überhaupt nicht notwendig gewesen, weil diese gemäß § 43 Abs 1 Kärntner Sozialhilfegesetz bzw gemäß der inhaltlich identen Nachfolgebestimmung des § 48 Abs 1 des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes als unterhaltspflichtige Angehörige auch ohne Anzeige hafte. Die Bestimmungen der Absätze 2 bis 4 betreffen jeweils andere Ansprüche gegenüber Dritten. Auf die Frage, dass die Klägerin kostengünstiger woanders untergebracht hätte werden können, sei nicht einzugehen, da die Unterbringung im Pflegeheim mit Wissen und Zustimmung der Angehörigen erfolgt sei. Es wäre an der Beklagten gelegen, sich um andere geeignete, kostengünstigere Betreuungsmöglichkeiten ihrer Mutter zu bemühen. Unrichtig sei ferner, dass der individuelle Pflegebedarf ohnehin durch das Pflegegeld abgedeckt sei und deshalb ein darüber hinausgehender Bedarf nicht bestehen könne. Die Beklagte sei daher fähig und verpflichtet, den ihren Lebensverhältnissen angemessenen Unterhaltsbeitrag von 200 EUR monatlich zu zahlen und demzufolge in diesem Umfang die Heimkosten an die klagende Partei zu zahlen.
Das Berufungsgericht erklärte aufgrund eines Antrags der Beklagten nach § 508 Abs 1 ZPO die Revision für zulässig, weil der Auslegung des § 43 Kärntner Sozialhilfegesetz (K-SHG) bzw § 48 Kärntner Mindestsicherungsgesetz (K-MSG) eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, hilfsweise wird ein Antrag auf Abänderung im Sinne einer Klagsabweisung gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist im Umfang des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Der erstmals im Berufungsverfahren erhobene Einwand, es fehle schon an der gesetzlichen Grundlage für einen Regress, weil die Sozialhilfeempfängerin ihrer Unterbringung in einem Heim nicht zugestimmt habe (§ 13 K-SHG), ist als unzulässige Neuerung unbeachtlich.
§ 43 („Ersatz durch Dritte") des K-SHG 1996 lautet:
„Abs 1: Personen, die gesetzlich zum Unterhalt des Hilfeempfängers verpflichtet sind, haben die Kosten der Sozialhilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu ersetzen. Eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht nicht, wenn dieser wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sittlich nicht gerechtfertigt wäre oder wenn er eine soziale Härte bedeuten würde. Eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht weiters nicht für Großeltern hinsichtlich ihrer Enkel und für Enkel hinsichtlich ihrer Großeltern.
Abs 2: Hat ein Hilfeempfänger für die Zeit, für die Hilfe gewährt wird, Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs gegen einen Dritten, so kann die Behörde (§ 55) - sofern sich aus § 71 nichts anderes ergibt - durch schriftliche Anzeige an den Dritten bewirken, dass der Anspruch bis zur Höhe der Aufwendungen auf das Land übergeht.
Abs 3: Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des Verpflichteten die Sozialhilfe nicht oder nicht im geleisteten Umfang gewährt worden wäre.
Abs 4: Die schriftliche Anzeige bewirkt bei ihrem Einlangen beim Dritten den Übergang des Anspruchs für die Aufwendungen, die in der Zeit zwischen dem Einsatz der Sozialhilfe, höchstens aber 6 Monate vor Erstattung der Anzeige, und der Beendigung der Sozialhilfe entstanden sind bzw entstehen."
§ 48 („Ersatz durch Dritte") des am in Kraft getretenen K-MSG lautet:
„Abs 1: Personen, die gesetzlich zum Unterhalt des Mindestsicherungsempfängers verpflichtet sind, haben die Kosten der Mindestsicherung im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu ersetzen. Eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht nicht: a) wenn dieser wegen des Verhaltens des Mindestsicherungsempfängers gegenüber dem Ersatzpflichtigen sittlich nicht gerechtfertigt wäre; b) wenn dieser eine soziale Härte bedeuten würde; c) für Großeltern hinsichtlich ihrer Enkel und für Enkel hinsichtlich ihrer Großeltern; d) bei einmaligen Leistungen (§ 9 Abs 3); e) für die im § 6 Abs 8 angeführten Leistungen der sozialen Mindestsicherung.
Abs 2: Hat ein Mindestsicherungsempfänger für die Zeit, für die Mindestsicherung gewährt wird, Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs gegen einen Dritten, so kann die Behörde (§ 60) - sofern sich aus § 80 nichts anderes ergibt, durch schriftliche Anzeige an den Dritten bewirken, dass der Anspruch bis zur Höhe der Aufwendungen auf das Land übergeht.
Abs 3: Der Übergang des Anspruchs darf nur insoweit bewirkt werden, als bei rechtzeitiger Leistung des Verpflichteten die Mindestsicherung nicht oder nicht im geleisteten Umfang gewährt worden wäre.
Abs 4: Die schriftliche Anzeige bewirkt mit ihrem Einlangen beim Dritten den Übergang des Anspruchs für die Aufwendungen, die in der Zeit zwischen dem Einsatz der Mindestsicherung, höchstens aber 6 Monate vor Erstattung der Anzeige und der Beendigung der Mindestsicherung entstanden sind bzw entstehen ...".
Das Argument der Revisionswerberin, der Sozialhilfeträger hätte den Rechtsübergang auf ihn durch eine schriftliche Anzeige an die Beklagte bewirken müssen, ist aufgrund der oben zitierten Gesetzeslage schon im Ansatz verfehlt. Aus der Entscheidung 2 Ob 84/05z ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen. Unter Zitierung anderer - im Einzelnen hinsichtlich der Einbringung und des Ersatzes der Kosten durchaus unterschiedlicher - Sozialhilfegesetze der Länder hat der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung darauf verwiesen, dass „Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs gegen einen Dritten" keineswegs nur Unterhaltsforderungen gegen Angehörige, sondern auch Schadenersatzansprüche gegen Dritte sein können. Wie schon in der Vorentscheidung 3 Ob 603/86 (zur identen Bestimmung des § 38 K-HSG alt) hat der Oberste Gerichtshof aber ausdrücklich auch darauf hingewiesen, dass Abs 1 des § 43 K-HSG 1996 den „eigenen" Ersatzanspruch des Trägers der Sozialhilfe gegen die dem Hilfeempfänger gesetzlich zum Unterhalt verpflichteten Personen betrifft, während die Abs 2 bis 4 die anzeigeabhängige Legalzession in jenem Fall regeln, dass ein Hilfeempfänger für die Zeit der Hilfegewährung Rechtsansprüche zur Deckung des Lebensbedarfs gegen einen Dritten, der nicht ohnehin gesetzlich unterhaltspflichtig ist, hat. Diese Erwägungen sind auch auf die idente Bestimmung des § 48 K-MSG anzuwenden. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass es einer Anzeige an die Beklagte gar nicht bedurft hätte, um den Ersatzanspruch des Sozialhilfeträgers zu begründen, ist daher frei von Rechtsirrtum. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass das Schreiben des Landes Kärnten vom ohnehin eine solche Anzeige enthält, zumal sich daraus Rechtsgrund, Forderung und beabsichtigter Übergang der Forderung auf das Land unschwer ergeben.
Nicht nachvollziehbar sind weiters die Erwägungen der Revisionswerberin dazu, dass generell ein Regress betreffend Sozialhilfe-(Mindest- sicherungs-)leistungen nicht zulässig sei, weil hier unterschiedliche Landesregelungen bestünden. Dabei wird übersehen, dass der Verfassungsgesetzgeber den Ländern die Kompetenz eingeräumt hat, derartige Regelungen auch unterschiedlich zu gestalten.
Den weiteren Ausführungen ist daher voranzustellen, dass der klageweise geltend gemachte Ersatzanspruch des Sozialhilfe-(Mindestsicherungs-)trägers gegenüber der Beklagten bestehen kann, wenn diese mangels Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Mutter im Sinn des § 143 Abs 1 ABGB unterhaltspflichtig war. Unterhaltsansprüche gegen Nachkommen stellen nach der Wertung des § 143 ABGB eher einen Ausnahmefall dar (1 Ob 156/07s = SZ 70/146 ua). Die (mangelnde) Selbsterhaltungsfähigkeit des Aszendenten ist in jedem einzelnen Fall zu prüfen; die Unterhaltsberechtigung wird aber nicht schon durch den Bezug eines über der Höhe der Ausgleichszulage liegenden Einkommens ausgeschlossen (1 Ob 156/97s mwN). Fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit ist auch bei unzureichender Altersversorgung oder Pflegebedürftigkeit gegeben. Ist daher der Aufenthalt in einem Heim notwendig und kann der Unterhaltsberechtigte die Kosten nicht oder nicht zur Gänze selbst tragen, so hat der Unterhaltsberechtigte nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit auch dafür einzustehen (1 Ob 156/97s; 4 Ob 192/06y; ebenso die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, zuletzt etwa GZ 2002/10/0119, 2003/10/0021, 2002/10/0177 ua). Bei entsprechender Leistungsfähigkeit der Nachkommen ist daher jedenfalls der zur Ergänzung auf das notwendige Ausmaß erforderliche Unterhalt zu erbringen, dh die Bedarfslücke ist zu füllen. Wie bindend feststeht, reichten das Eigeneinkommen (Pension) der verstorbenen Mutter der Beklagten sowie die ausbezahlten Pflegegeldbeträge nicht aus, um die durch die Heimunterbringung anfallenden Gesamtkosten zu decken. Die Beklagte stellt nicht in Frage, dass bei ihrer Mutter die materiellen Voraussetzungen zum Bezug des Pflegegelds nach § 4 Abs 2 Stufe 4 bzw dann Stufe 5 BPGG vorlagen. Ihr Einwand, dass mit den Pflegegeldbeträgen der gesamte Aufwand, der durch Fremdpflege anfallen kann, gedeckt sein müsse, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Vielmehr hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass das Pflegegeld den Zweck hat, in Form eines Beitrags pflegebedingte Mehraufwendungen pauschaliert abzugelten (§ 1 BPGG). Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass im konkreten Einzelfall auch höhere Kosten anwachsen können. Maßgeblich ist vielmehr, ob Selbsterhaltungsfähigkeit deshalb nicht gegeben ist, weil der Aufenthalt des Aszendenten in einem Heim notwendig war und der Unterhaltsberechtigte die Kosten nicht oder nicht zur Gänze selbst tragen kann (4 Ob 192/06y). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es daher nicht nur auf die tatsächliche Unterbringung der Mutter der Beklagten im Pflegeheim an, sondern darauf, ob dieser Aufenthalt notwendig und damit ihre Selbsterhaltungsfähigkeit nicht zur Gänze gegeben war. Die Gewährung des Pflegegelds allein indiziert diese Notwendigkeit noch nicht zwingend, weil der Bezug des Pflegegelds nicht vom Heimaufenthalt abhängig ist. Wesentlich ist nach § 4 Abs 2 Stufe 4 BPGG vielmehr, dass der Pflegebedarf durchschnittlich mehr als 160 Stunden monatlich beträgt bzw nach Stufe 5 durchschnittlich mehr als 180 Stunden, wenn überdies ein außergewöhnlicher Pflegeaufwand erforderlich ist. Unter einem solchen außergewöhnlichen Pflegeaufwand ist beispielsweise - wenn auch nicht die dauernde Anwesenheit - so doch die dauernde Bereitschaft einer Pflegeperson zu verstehen (RIS-Justiz RS0106361). Ausgehend von ihrer Rechtsansicht haben die Vorinstanzen aber zur Möglichkeit einer alternativen, kostengünstigeren und der Sozialhilfeempfängerin zumutbaren Unterbringung keine Feststellungen getroffen. Wenngleich - insbesondere bei Pflegestufe 5 - die Möglichkeit der Pflege durch einen berufstätigen Angehörigen eher zu bezweifeln ist, kann diese Frage aber aufgrund der vorhandenen Feststellungen konkret noch nicht mit der notwendigen Sicherheit beantwortet werden. Im Rahmen der Beurteilung, ob ein Belassen der Mutter der Beklagten in ihrer Wohnung lediglich unter Inanspruchnahme von Heimhilfe möglich und zumutbar gewesen wäre, wird auch zu berücksichtigen sein, dass der Übergabsvertrag zugunsten einer Schwester der Beklagten nur eine mehrfach eingeschränkte Pflegeverpflichtung vorsieht: So ist nur eine Wartung und Pflege vorgesehen, wie sie im Familienbereich üblich ist und dies nur soweit, als diese Betreuung der Übernehmerin im Rahmen ihrer Berufstätigkeit und auch im Hause A***** möglich gewesen wäre.
Das Erstgericht wird daher durch Beiziehung eines medizinischen Sachverständigen zu klären haben, ob bei der festgestellten Pflegebedürftigkeit für die Mutter der Beklagten grundsätzlich eine zumutbare Möglichkeit bestanden hatte, diese zu Hause zu belassen und ihr nur stundenweise eine Heimhilfe zukommen zu lassen. Nur wenn dies bejaht werden sollte, wird festzustellen sein, ob die konkreten örtlichen und persönlichen Verhältnisse eine solche Unterbringung überhaupt erlaubt hätten.
Zur Beseitigung dieses sekundären Feststellungsmangels war daher die angefochtene Entscheidung aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.