OGH vom 26.11.1997, 8Ob372/97g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Steinbauer, Dr.Spenling und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm.Dr.Kurt H*****, Konsulent, ***** vertreten durch Dr.Ingrid Huber, Rechtsanwältin in Graz, wider die beklagten Parteien 1) G***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Arthur Wolff, Rechtsanwalt in Wien, 2) E***** - Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Alfred Strommer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 268.000,- sA (Revisionsinteresse S 168.000,- sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 13 R 233/96x-46, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, kann der Geschädigte nach der (hier analog anwendbaren) Bestimmung des § 364a ABGB nur den Ersatz jenes Schadens begehren, der durch die über das nach § 364 Abs 2 ABGB zu duldende Maß hinausgehenden Immissionen verursacht wird (SZ 61/273; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 9 zu § 364 a mwN). Nach der zuletzt genannten Bestimmung sind Immissionen nur soweit unzulässig, als sie "das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die örtsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen". Soweit der Revisionswerber meint, aus der (unstrittigen) Wesentlichkeit der von ihm erduldeten Beeinträchtigung der ortsüblichen Benutzung des Grundstückes sei zwangsläufig die Ortsunüblichkeit des Maßes der Immission - und damit deren Unzulässigkeit - zu schließen, vermengt er diese beiden Voraussetzungen in unzulässiger Weise. Da beide Voraussetzungen gegeben sein müssen, ist es ebenso denkbar, daß übermäßige Immissionen zu dulden sind, weil sie die ortsübliche Nutzung des Grundstückes nicht beeinträchtigen, wie es möglich ist, daß Immissionen, deren Maß das ortsübliche Maß nicht übersteigen, zu dulden sind, obwohl sie die ortsübliche Nutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen (Ris-Justiz RS0010577; Spielbüchler a.a.O. Rz 13 zu § 364).
Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Ortsüblichkeit der Begriff "Ort" nicht im Sinn einer politischen Gemeinde auszulegen; je nach Lage des Falles können auch bestimmte Teile einer Gemeinde darunter verstanden werden; es ist insbesondere auf die Lage des beeinträchtigten Grundstückes zu jenem, von dem die Störung ausgeht, sowie auf die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften abzustellen (SZ 65/145 uva). Ob man im vorliegenden Fall auf die Wiener Innenstadt abstellt oder den maßgebenden Bereich enger einschränkt, ist einerlei: In jeden Fall ist für die Beurteilung der Ortsüblichkeit davon auszugehen, daß die betroffenen Liegenschaften im dichtest verbauten, geschlossenen großstädtischen Siedlungsgebiet gelegen sind. In einem geschlossenen Siedlungsgebiet, in dem auch bei gleichbleibendem Charakter mit gelegentlichen baulichen Maßnahmen (Schließung von Baulücken, Umbauten, Erweiterungen, Reparaturen usw) gerechnet werden muß, sind aber - wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach erkannt hat - die von solchen baulichen Maßnahmen ausgehenden Immissionen grundsätzlich als ortsüblich anzusehen und - soweit sie auch bei schonungsvoller, die Interessen der Anrainer berücksichtigender Bauführung unvermeidbar sind - von jedem Nachbarn hinzunehmen (SZ 56/158; SZ 65/38; vgl auch JBl 1971, 571). Daß im hier zu beurteilenden Fall die von der Bauführung ausgehenden Immissionen durch entsprechende Sorgfalt vermeidbar gewesen wären, wurde aber vom Kläger nicht einmal behauptet. Im Gegenteil: In der Revision gesteht er ausdrücklich zu, daß die Intensität der auf seine Büroräumlichkeiten einwirkenden Immissionen unvermeidlich war. Die Entscheidungen der Vorinstanzen entsprechen daher der dargelegten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.