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OGH vom 18.05.2022, 13Os126/21k

OGH vom 18.05.2022, 13Os126/21k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Gsellmann in der Finanzstrafsache gegen * R* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG aF und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ 12 Hv 7/20i324, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde, teils aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im * R* betreffenden Schuldspruch wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (A I 2), wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (A II) und wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB (A IV), demzufolge auch in den diesen Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen nach dem FinStrG und nach dem StGB (einschließlich der Vorhaftanrechnung), aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte R* und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung der Strafaussprüche verwiesen.

Dem Angeklagten R* fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * R* jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG „idF BGBl I 2019/62“ (A I 1) und „idF BGBl I 2013/14“ (A I 3 a) sowie nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG „idF BGBl I 2019/62“ (A I 2), eines „Finanzvergehens“ (siehe aber § 1 Abs 3 FinStrG) des Abgabenbetrugs nach „§ 39 Abs 1 lit a, Abs 3 lit c“ FinStrG „idF BGBl I 2015/118“ (I 3 b), ferner jeweils eines Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (A II) und des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 (gemeint) Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (A III) sowie jeweils eines Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 und 4 erster Fall StGB (A IV) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (A V) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er (soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde und für die amtswegige Maßnahme von Bedeutung)

(A I) im Zuständigkeitsbereich „der Finanzstrafbehörde Wien“ (gemeint des [ehemaligen] Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg [§ 58 Abs 1 lit f und g FinStrG idF vor BGBl I 2019/104]) vorsätzlich

(1) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten als Einzelunternehmer teils durch Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen binnen der gesetzlichen Erklärungsfrist, teils durch Abgabe unrichtiger Jahressteuererklärungen eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben bewirkt, und zwar

(a) an Einkommensteuer um (im Ersturteil nach Veranlagungsjahren aufgegliedert) zusammen 586.266 Euro für die Jahre 2008, 2009 und 2011 bis 2014 sowie

(b) an Umsatzsteuer um (im Ersturteil nach Veranlagungsjahren aufgegliedert) zusammen 276.277,36 Euro für die Jahre 2008 bis 2014, weiters

(2) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen als Einzelunternehmer eine Verkürzung an Umsatzsteuer, und zwar um (im Ersturteil nach Entrichtungszeiträumen aufgegliedert) zusammen 34.162,97 Euro, für jeden einzelnen der Kalendermonate des Jahres 2015 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, ferner

(3) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten „der von ihm vertretenen Abgabepflichtigen“ eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben, nämlich an Einkommensteuer, bewirkt, indem er für zahlreiche Personen (in deren Auftrag) unrichtige Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung via „FinanzOnline“ einbrachte, und zwar

(a) in den Jahren 2007 bis 2016 für insgesamt 2.404 „Kunden“ um (im Ersturteil nach Veranlagungsjahren aufgegliedert) zusammen 2.161.694,28 Euro für die Jahre 2006 bis 2015 und

(b) in den Jahren 2011 bis 2016 für insgesamt 1.028 „Kunden“, wobei er die Finanzvergehen unter Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden, Daten oder anderer solcher Beweismittel beging, um (im Ersturteil nach Veranlagungsjahren aufgegliedert) zusammen 2.534.174,72 Euro für die Jahre 2006 bis 2014, weiters

(A II) vom Jahr 2008 bis zum Februar 2015 in einer Vielzahl von Angriffen die ihm eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und dadurch die jeweiligen Vollmachtgeber am Vermögen geschädigt, wobei er durch die Tat einen 5.000 Euro übersteigenden Schaden von zusammen 150.708,08 Euro herbeiführte, indem er einem Teil seiner „Kunden“, in deren Namen er Arbeitnehmerveranlagungen via „FinanzOnline“ beantragt hatte, weniger als den vereinbarten Anteil der von den Finanzämtern (auf seiner Verfügungsmacht unterliegende Konten [US 135]) überwiesenen Abgabengutschriften ausbezahlte (und sich die jeweilige Differenz selbst zueignete), sowie

(A IV) vom bis zum in einer Vielzahl von Angriffen Vermögensbestandteile, die aus „den mit Strafe bedrohten Handlungen laut Punkt A./I., A./II. und A./III.“ herrührten, nämlich von Finanzämtern als Abgabengutschriften (ungerechtfertigt) ausbezahlte Geldbeträge von zusammen 178.467,21 Euro, durch deren Überweisung auf Sparbücher und „umgehende Barbehebung“ von selbigen „verborgen“, wobei er die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert beging.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten.

Zum zutreffenden Beschwerdeeinwand:

[4] Deutlich genug bekämpft die Mängelrüge (Z 5) die „Feststellungen hinsichtlich der Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2015 und der Nichtabgabe der Jahresumsatzsteuererklärung für das Jahr 2015“, also den Schuldspruch A I 2 tragende Urteilsfeststellungen (US 128 f).

[5] Wie sie zutreffend aufzeigt, hat das Schöffengericht seine Feststellungen „zur objektiven Tatseite“ insoweit (ausschließlich) auf „d[ie] Erhebungen der Finanzbehörden“ gestützt (US 142), obwohl Ergebnisse derartiger „Erhebungen“ in der Hauptverhandlung – nach dem unbedenklichen Inhalt des darüber aufgenommenen Protokolls – nicht vorgekommen (§ 258 Abs 1 StPO) sind (Z 5 vierter Fall).

Zur amtswegigen Maßnahme:

[6] Des Weiteren überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das angefochtene Urteil mit – nicht geltend gemachter – materieller Nichtigkeit behaftet ist, die zum Nachteil des Angeklagten R* wirkt und daher von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

1. Zur Untreue (Schuldspruch A II):

[7] Nach den Urteilsfeststellungen (US 134 bis 136) haben zahlreiche Abgabepflichtige R* jeweils (rechtsgeschäftlich) mit Prozesshandlungen in deren Abgabenverfahren (Antragstellung auf Arbeitnehmerveranlagung) beauftragt und ihm solcherart die Befugnis eingeräumt, über ihr Vermögen zu verfügen oder sie zu verpflichten (vgl Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 153 Rz 21).

[8] Ein (nach § 153 StGB tatbestandsmäßiger) Vermögensschaden entstand den Machtgebern (RIS-Justiz RS0106192) aber – auf der Basis des Urteilssachverhalts – nicht unmittelbar (RIS-Justiz RS0130418) durch einen Fehlgebrauch dieser Befugnis.

[9] Die Subsumtion des konstatierten Verhaltens des Beschwerdeführers als Untreue (§ 153 Abs 1 StGB) ist auf dieser Grundlage verfehlt:

[10] Untreue könnte dann vorliegen, wenn dem Beschwerdeführer hinsichtlich der (aufgrund seiner Interventionen) von den Finanzämtern ausbezahlten (und von ihm inkassierten) Gelder eine Verfügungsmacht, also ein rechtliches Pouvoir, eingeräumt worden wäre (Kirchbacher/Sadoghi in WK2 § 153 Rz 48). Diesbezügliche Feststellungen enthält das Ersturteil aber nicht.

[11] War der an ihn gerichtete Auftrag hingegen (insoweit) darauf beschränkt, die erstatteten Beträge (abzüglich einer anteiligen „Provision“) an seine „Kunden“ weiterzuleiten, könnte die jeweilige Zueignungshandlung als Veruntreuung nach § 133 StGB tatbildlich sein (Salimi in WK2 § 133 Rz 139 ff). Ob dieser Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt ist, wurde ebenso wenig durch Feststellungen geklärt.

[12] Aus diesen Gründen kann die Frage nach gerichtlicher Strafbarkeit des vom Schuldspruch A II erfassten Verhaltens des Angeklagten auf der Basis der Feststellungen des Erstgerichts nicht abschließend beantwortet werden.

2. Zur Geldwäscherei (Schuldspruch A IV):

[13] Als Vortaten, aus denen die tatverfangenen (vom bis zum manipulierten) Vermögensbestandteile stammten, sah das Erstgericht einen (nicht näher konkretisierten) Teil jener – von R* selbst begangenen – Taten an, die vom Schuldspruch „A./I., A./II. und A./III.“ umfasst sind (US 7 und 137 f).

[14] Wer (wie nach dem Ersturteil R*) selbst Vortäter ist, kann sich seit BGBl I 2010/38 (Inkrafttreten am ) zwar der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB strafbar machen („Eigengeldwäscherei“). Das Feststellungssubstrat des Ersturteils trägt aber in objektiver Hinsicht bloß die rechtliche Annahme für den Vortäter straflosen „Ansichbringens“ der betreffenden Vermögensbestandteile (§ 165 Abs 2 StGB; dazu RIS-Justiz RS0129616). Die Urteilsaussage, es sei R* „darauf an[gekommen]“, die „Erlöse aus seiner Delinquenz“ „zu verbergen“ (US 138), bleibt insoweit ohne Sachverhaltsbezug (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO [RIS-Justiz RS0119090]):

[15] Giralgeld-Überweisungen, die R* nach dem Urteilssachverhalt entgegennahm (US 137 f), sind Vorgänge des gewöhnlichen Wirtschaftslebens, die ohne Hinzutreten besonderer Begleitumstände nicht als „Verbergen“ im Sinn des § 165 Abs 1 erster Fall StGB (idF vor BGBl I 2021/159) tatbildlich sind (RIS-Justiz RS0129616 [T1]). Gleiches gilt für das bloße Beheben von Bargeld (RIS-Justiz RS0094983 [T2]). Verdächtige Umstände – etwa, dass R* das (von Sparbüchern behobene) Bargeld (US 138) an einem ungewöhnlichen Ort versteckt hätte (vgl Glaser, Anmerkung zu 11 Os 11/20g, JBl 2020, 650) – wurden im Ersturteil nicht festgestellt. Ob jene „exklusiv in seiner Sphäre befindlichen“ Sparbücher, auf die überwiesen und von denen behoben wurde, (vinkulierte) „Losungswortsparbücher“ oder (auf seine Mutter als legitimierte Inhaberin lautende) „Namenssparbücher“ waren (vgl US 137 f), spielt insoweit keine Rolle.

[16] Hinzu kommt, dass (in die Zuständigkeit der Gerichte fallende) Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung (Schuldspruch A I 1, 2 und 3a) zwar zum Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz (§ 165 Abs 1 StGB idF BGBl I 2017/117: „mit mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedrohten Handlung“), aber nicht zum Zeitpunkt der Begehung der (als Geldwäscherei beurteilten) Taten (§ 165 Abs 1 StGB teils idF BGBl I 2010/38, teils idF BGBl I 2013/116) vom Katalog des § 165 Abs 1 StGB erfasst waren. In Bezug auf derartige Finanzvergehen als – allfällige (vgl die insoweit unklar bleibenden Feststellungen US 137 f) – „Vortat“ scheidet Geldwäscherei-Strafbarkeit hier schon aus diesem Grund aus (§§ 1 Abs 1, 61 zweiter Satz StGB).

[17] Der vom Beschwerdeführer (zu Schuldspruch A I 2) aufgezeigte Begründungsmangel (Z 5) und die (zu Schuldspruch A II und IV) vorliegenden Rechtsfehler mangels Feststellungen (Z 9 lit a) führten zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).

[18] Das (weitere) gegen die damit beseitigten Urteilsaussprüche gerichtete Beschwerdevorbringen hat demnach auf sich zu beruhen.

[19] Die übrigen Einwände verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen:

[20] Welche konkreten, den Schuldspruch wegen Finanzvergehen (A I) „betr[effenden]“ Feststellungen – über die den Schuldspruch A I 2 tragenden, „insbesondere“ (und mit Erfolg) bekämpften hinaus – „lediglich“ auf (in der Hauptverhandlung nicht vorgekommene) „Erhebungen der Finanzbehörden“ gestützt worden sein sollen, macht die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht deutlich (siehe aber RIS-Justiz RS0130729). Im Übrigen hat das Erstgericht seine den Schuldspruch A I 1 und 3 tragenden Feststellungen – von der Rüge prozessordnungswidrig missachtet (RISJustiz RS0119370) – auch aus der geständigen Verantwortung des Beschwerdeführers abgeleitet (US 140 ff).

[21] Eine Gegenäußerung des Verteidigers zur Anklage ist – ohne Unterschied, ob sie schriftlich eingebracht (§ 222 Abs 3 StPO) oder in der Hauptverhandlung erstattet (§ 244 Abs 3 StPO) wurde – kein Beweismittel (RIS-Justiz RS0119221 [insbesondere T1]; Danek/Mann, WK-StPO § 244 Rz 7 und § 255 Rz 26).

[22] Soweit die Beschwerde – mit der Behauptung von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) der Urteilsbegründung zum Schuldspruch A I – unterbliebene Erörterung der schriftlich eingebrachten (ON 316) und in der Hauptverhandlung „mündlich vorgetragen[en]“ „Gegenausführung zur Anklageschrift“ reklamiert, geht sie schon deshalb ins Leere.

[23] Da sich die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall iVm Z 5) – mit dem Vorbringen, die „von dieser Nichtigkeit betroffenen Feststellungen“ würden „den strafbestimmenden Wertbetrag“ betreffen – in bloßer Verweisung auf die (zuvor) aus Z 5 erhobene Beschwerdekritik erschöpft, wird sie auf deren Erledigung verwiesen.

[24] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher im angeführten Umfang gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[25] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sowie für den zweiten Rechtsgang sei hinzugefügt:

1. Zu § 33 Abs 1 FinStrG (bestandskräftiger Schuldspruch A I 1):

[26] Nach den Urteilsfeststellungen (US 129) erfüllen die vom Schuldspruch A I 1 umfassten Taten – neben jenen des § 33 Abs 1 FinStrG – jeweils auch die Tatbestandselemente des (mit BGBl I 2019/62 aufgehobenen) § 38 FinStrG in der zur jeweiligen Tatzeit geltenden Fassung. Bei einem (wie hier) 500.000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag ist die Strafdrohung des § 33 Abs 5 FinStrG idgF für den Täter günstiger als jene des § 38 FinStrG idF BGBl I 2005/103, BGBl I 2010/104 und BGBl I 2012/112, weil Letztere eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, Erstere hingegen eine solche bis zu vier Jahren vorsieht (vgl RIS-Justiz RS0132910 [insbesondere T1]). Daher richtet sich insoweit die Strafe – wie vom Erstgericht zutreffend erkannt (US 144) – gemäß § 4 Abs 2 FinStrG nach dem zum Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz geltenden Recht. Die Subsumtion der betreffenden Taten wurde (richtig) nach § 33 Abs 1 FinStrG (in der – ungeachtet wiederholter Änderungen des gesetzlichen Umfelds dieser Bestimmung – weiterhin geltenden Fassung BGBl 1975/335) vorgenommen (vgl 13 Os 129/18x, 13 Os 20/20w).

2. Zu § 33 Abs 2 lit a FinStrG (aufgehobener Schuldspruch A I 2):

[27] Im Bereich der Umsatzsteuer – somit auch hier – wird das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG von jenem nach § 33 Abs 1 FinStrG konsumiert, wenn Letzteres nach Verwirklichung des Ersteren in der Folge mit Beziehung auf den gleichen Umsatzsteuer-Verkürzungsbetrag und denselben Steuerzeitraum zumindest versucht (§ 13 FinStrG) wird (scheinbare Realkonkurrenz; RIS-Justiz RS0086719; Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 18 mwN). Obwohl das angefochtene Urteil entsprechende Feststellungen enthält (US 129), hat das Erstgericht im ersten Rechtsgang – demnach auf jener Feststellungsgrundlage zu Unrecht – § 33 Abs 2 lit a FinStrG als begründet erachtet (US 147).

3. Zu § 39 FinStrG (bestandskräftiger Schuldspruch A I 3 b):

[28] Soweit ab dem (Inkrafttreten des mit BGBl I 2010/104 neu geschaffenen Tatbestands des Abgabenbetrugs) begangene Finanzvergehen nach § 33 Abs 1 FinStrG auf der Feststellungsbasis des Ersturteils die Tatbestandselemente des § 39 Abs 1 lit a FinStrG erfüllen, hat sie das Erstgericht zutreffend zu einer Subsumtionseinheit (RIS-Justiz RS0130035) nach dieser Bestimmung zusammengefasst. Da insoweit die Normenlage zum Urteilszeitpunkt – in ihrer fallkonkreten Gesamtauswirkung – nicht günstiger war als das (jeweilige) Tatzeitrecht, hat es sie dabei zu Recht (§ 4 Abs 2 FinStrG) Letzterem unterstellt. Diese Tatzeitfassung ist, weil (zwar nicht § 39 Abs 1 lit a FinStrG, aber) die hier aktuelle Qualifikationsnorm des § 39 Abs 3 lit c FinStrG seither (nur) mit BGBl I 2019/62 geändert wurde (vgl nunmehr § 39 Abs 3 lit b FinStrG idgF), die der letzteren (zum Urteilszeitpunkt geltenden) Fassung vorangehende. Schuldig erkannt wurde R* daher – richtig (vgl Lässig in WK2 FinStrG § 39 Rz 4) – eines Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG idF vor BGBl I 2019/62.

4. Zur Geldwäscherei (aufgehobener Schuldspruch A IV):

[29] Ein neuerlicher Schuldspruch wegen Geldwäscherei im zweiten Rechtsgang würde Tatbestandsmäßigkeit (nicht nur nach § 165 Abs 1 StGB in der zur jeweiligen Tatzeit geltenden Fassung, sondern auch) nach der (mit , somit nach der Fällung des Ersturteils in Kraft getretenen) des § 165 Abs 1 StGB (BGBl I 2021/159) erfordern. Ist danach Strafbarkeit zu bejahen, wäre bei Erfüllung der des (unverändert gebliebenen) § 165 Abs 4 erster Fall StGB das Urteilszeitgesetz dem Tatzeitgesetz gleichgünstig (und somit gemäß § 61 zweiter Satz StGB anzuwenden). Bei Erfüllung (bloß) des hingegen wären – infolge der gegenüber § 165 Abs 1 StGB idgF milderen Strafdrohung des § 165 Abs 1 StGB aF – die Strafgesetze zur Tatzeit in ihrer fallkonkreten Gesamtauswirkung günstiger (und somit gemäß § 61 zweiter Satz StGB anzuwenden).

[30] Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte R* und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung der diesen betreffenden Strafaussprüche zu verweisen.

[31] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00126.21K.0518.000

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