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OGH vom 11.12.1980, 7Ob529/80

OGH vom 11.12.1980, 7Ob529/80

Norm

ABGB § 305 Abs 1;

ABGB § 728;

ABGB § 761;

ABGB § 784;

ABGB § 935;

ABGB § 938;

ABGB § 951;

ABGB § 1284;

Kopf

SZ 53/167

Spruch

Bei Ermittlung des Pflichtteiles durch Anrechnung einer Schenkung ist der Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" des Hofübernehmers außerhalb des Geltungsbereiches des Höfe- und Anerbenrechtes nicht anzuwenden, wenn die Erträgnisse der Landwirtschaft gegenüber einem anderen Einkommen in den Hintergrund treten. Bei einem auffallenden Mißverhältnis zwischen Verkehrswert und Ertragswert einer Landwirtschaft kann nach den Umständen des Einzelfalles ein Mittel dieser Werte als Schätzwert angemessen sein. Auch bäuerliche Antiquitäten (hier: Krippen) sind bei der Pflichtteilsberechnung mit dem Verkehrswert in Anschlag zu bringen

Aus dem krassen Mißverhältnis der beiderseitigen Leistungen kann besonders bei Verträgen zwischen Angehörigen auf die Absicht einer gemischten Schenkung geschlossen werden Übergabsverträge, die eine Verpflichtung des Übernehmers zu wiederkehrenden Leistungen auf Lebenszeit des Übergebers oder eines Dritten enthalten und insoweit als Glücksverträge zu betrachten sind, können eine gemischte Schenkung darstellen

(OLG Innsbruck 1 R 191/79; LG Innsbruck 10 Cg 156/77)

Text

Der am im 87. Lebensjahr verstorbene Romedius F hinterließ vier Kinder: Mathilde E (Klägerin), Romed F (Beklagter), Anna K und Paula F. Mit Übergabsvertrag vom übergab Romedius F seinen Liegenschaftsbesitz EZ 735, 738, 739, 741 und 742 II KG T, samt Zubehör dem Beklagten. Er behielt sich als Ausgedinge das lebenslängliche unentgeltliche Wohnrecht an einem im ersten Stock des Hauses gelegenen Zimmer (unter Bereitstellung von Licht, Strom und Beheizung), die volle standesgemäße Verpflegung und die notwendige Pflege und Betreuung im Haushalt seines Sohnes vor, der sich auch zur Tragung der Todfallskosten und der Kosten eines ortsüblichen standesgemäßen Begräbnisses seines Vaters verpflichtete. An die weichenden Geschwister hatte der Beklagte folgende Leistungen zu erbringen: An die Klägerin zur gänzlichen Abstattung ihres Pflichtteilsanspruches 10 000 S; an Anna K zur gänzlichen Abstattung ihres Pflichtteilsanspruches 20 000 S; an die arbeitsunfähige Paula F auf deren Lebenszeit die Einräumung eines unentgeltlichen Wohnrechtes im Hause T, L-Gasse 6. Durch diese Leistungen sollten die Pflichtteilsansprüche der Schwestern des Beklagten zur Gänze abgegolten sein. Die Übergabsliegenschaft ist 2.9881 ha groß. Hievon entfallen 1.3169 ha auf landwirtschaftliche Nutzflächen (davon 1.2526 ha Ackerflächen), 1.4610 ha auf Waldflächen, 15.44 a auf Gartenflächen und 5.58 a auf Bauflächen.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten nach Klagseinschränkung die Zahlung von 350 000 S samt Anhang. Ihr Vater habe dem Beklagten sein ganzes Vermögen übergeben. Der Wert des vom Beklagten übernommenen Liegenschaftsbesitzes einschließlich der im Haus vorhandenen beiden Krippen betrage mindestens 4 500 000 S. Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und behauptet, daß bei der Bewertung der Übergabsliegenschaften von deren Ertragswert unter Berücksichtigung des Grundsatzes des "Wohlbestehenkönnens" des Übernehmers auszugehen sei. Der Wert der Übergabsliegenschaften bei Vertragsabschluß sei mit 180 000 S bis 200 000 S zu veranschlagen. Die beiden vom Beklagten übernommenen Krippen hätten überhaupt keinen Verkehrswert, sondern höchstens einen Liebhaberwert. Sie dienten der Pflege des übernommenen Väterglaubens und hätten daher keinen Handelswert. Bereits bei ihrer Verehelichung im Jahre 1945 habe die Klägerin eine Küchen- und eine Schlafzimmereinrichtung samt Bettzeug bekommen. Der innere Kaufwert dieser Leistungen sei mit 30 000 S anzusetzen. Von ihrem Vater habe die Klägerin außerdem am 3000 S und vom Beklagten am einen weiteren Betrag von 5000 S in Anrechnung auf den Pflichtteil erhalten. Am habe der Beklagte für die Klägerin weitere 10 000 S bei der Raiffeisenkasse T hinterlegt. Deren Pflichtteilsansprüche seien daher zur Gänze befriedigt worden.

Das Erstgericht sprach den Beklagten schuldig, der Klägerin 236 774.37 S samt Anhang zu bezahlen, und wies das Mehrbegehren von 113 225.63 S samt Anhang ab.

Nach seinen Feststellungen verehelichte sich der Beklagte im Jahre 1957 und bewirtschaftete mit seiner Gattin und seinen Eltern deren Landwirtschaft. Nach dem Tode seiner Mutter im Jahre 1966 half auch sein Vater kaum mehr in der Landwirtschaft mit, die von da an der Beklagte allein führte. Der Beklagte ist bei den Österreichischen Bundesbahnen bedienstet. Für ihn bildet daher die Landwirtschaft nur einen Nebenerwerb. Sie wird von ihm unter Mithilfe seiner Gattin und teilweise auch seiner Kinder in seiner Freizeit bewirtschaftet. Bereits im Jahre 1958 erwarb der Beklagte einen Traktor um 27 000 S. Von seinem Vater erhielt er zu dessen Ankauf nur einen Zuschuß von 1000 S. In den Jahren 1960 und 1961 errichtete der Beklagte mit eigenen Mitteln im Hofraum eine Garage mit einer darüber befindlichen Werkstatt. Von den am Hof vorhandenen landwirtschaftlichen Geräten stammt nur mehr der Häcksler vom Vater des Beklagten. Der Beklagte war von Anfang an als Hofübernehmer ausersehen und erbrachte daher seine Arbeitsleistungen unentgeltlich. Auch ein von Romedius F im Jahre 1963 errichtetes Testament sah den Beklagten als Erben vor, der seinen Geschwistern je 10 000 S auszahlen sollte. Daß die Klägerin jemals darauf verzichtet hätte, mehr als 10 000 S zu fordern, vermochte das Erstgericht nicht festzustellen. Am erhielt die Klägerin vom Beklagten einen Teilbetrag von 5000 S in Anrechnung auf ihr "väterliches Vermögen". Darunter war zu verstehen, was die Klägerin nach dem Tode ihres Vaters zu bekommen hatte. Noch im Jahre 1972 bot der Beklagte der Klägerin den im Übergabsvertrag festgelegten Betrag von 10 000 S zur Abgeltung ihrer Pflichtteilsansprüche an. Die Annahme dieses Betrages lehnte die Klägerin ab, weil er ihr zu gering erschien. Der Beklagte zahlte hierauf die 10 000 S bei der Raiffeisenkasse T ein. Ob die Einzahlung auf ein Konto der Klägerin erfolgte, konnte nicht geklärt werden.

Als tatsächlichen Wert der Landwirtschaft im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung nahm das Erstgericht eine zwischen dem Verkehrswert (3 891 439, unrichtig 3 777 053 S) und dem Ertragswert (157 639 S) gelegenen Mittelwert von 1 809 707 S an (richtig 2 024 539 S). Den Wert der beiden Krippen im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung stellte das Erstgericht mit 222 000 S fest. Am erhielt die Klägerin von ihrem Vater einen auf ihren Pflichtteil anzurechnenden Betrag von 3000 S und im September 1965 vom Beklagten 5000 S. Den valorisierten Wert dieser Beträge im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung stellte das Erstgericht mit 7209 S bzw. 9980 S, insgesamt daher mit 17 189 S, fest. Nach dem Willen seines Vaters sollte der Beklagte die Landwirtschaft ohne Abverkauf von Gründen weiterführen. Diesem Wunsch seines Vaters hat der Beklagte bisher entsprochen. Die Fortführung der Landwirtschaft ist vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt nicht vertretbar, weil die Ertragslage derart ungünstig ist, daß nicht einmal eine Refinanzierung der notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen aus den Erträgnissen möglich ist. Außerdem stehen Arbeitseinsatz und Ertrag in einem äußerst ungünstigen Verhältnis (nur bei Bewertung der 1500 jährlichen Arbeitsstunden - Unternehmerlohn - mit bloß 9000 S verbleibt ein Nettoertrag von 10 000 S). Trotzdem wird dieser landwirtschaftliche Betrieb als förderungswürdig angesehen. Im Jahre 1972 und auch heute noch finden in T Käufe von landwirtschaftlichen Liegenschaften statt. Das Kaufinteresse war allerdings im Jahre 1972 größer als heute. In den sechziger und siebziger Jahren herrschte sogar ein reges Kaufinteresse, weil zum damaligen Zeitpunkt Grundablösen anläßlich des Baues der I-Autobahn und seitens der Österreichischen Bundesbahnen erfolgten.

Nach Ansicht des Erstgerichtes bestunde zwischen dem Wert des vom Beklagten auf Grund des Übergabsvertrages vom übernommenen Vermögens und der von ihm übernommenen Gegenleistungen ein auffallendes Mißverhältnis. Hinsichtlich der Differenz der beiden Werte liege daher eine Schenkung vor. Die Klägerin begehre daher die Ergänzung ihres Schenkungspflichtteils. Bei der Bewertung der vom Beklagten übernommenen Landwirtschaft müsse wohl vom Ertragswert ausgegangen werden. In Zeiten einer starken Nachfrage nach Grundstücken könne aber der Ertragswert erheblich vom Verkehrswert abweichen. Es müsse daher auch der Verkehrswert angemessen berücksichtigt werden, und zwar um so mehr, je größer der Verkehr mit derartigen Liegenschaften im Zeitpunkte der Übergabe gewesen sei. Bei der übernommenen Landwirtschaft handle es sich um einen Nebenerwerbsbetrieb, von dessen Ertrag der Beklagte und seine Familie nicht annähernd leben könnten. Der Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" sei daher bei Ermittlung des Pflichtteils der Klägerin nicht anwendbar. Es müßten vielmehr der Verkehrs- und der Ertragswert der Landwirtschaft in gleicher Weise berücksichtigt werden. Der tatsächliche Wert (Schätzwert) der übernommenen Liegenschaft bestehe daher im arithmetischen Mittel der beiden Werte im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung, von dem die Belastungen abzuziehen seien. Auch die beiden Krippen seien verkäuflich. Deren Handelswert sei daher bei der Berechnung des Pflichtteils der Klägerin in Anschlag zu bringen. Bei der Ermittlung ihres Pflichtteils sei sohin von einem Gesamtwert des vom Beklagten übernommenen Vermögens von 2 031 707 S 1 809 707 S plus 222 000 S) auszugehen. Hievon betrage der Pflichtteil der Klägerin (1/8) 253

963.37 S. Nach Abzug der von der Klägerin bereits erhaltenen Zahlungen im Werte von 17 189 S verbleibe ein Pflichtteilsanspruch von 236 774.37 S. Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Es übernahm den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt mit Ausnahme der Feststellungen über den Ertragswert der Landwirtschaft und den Verkehrswert der Bauflächen mit den darauf errichteten Gebäude als unbedenklich. Zur Ermittlung des Reinertrages der Landwirtschaft des Beklagten erachtete das Berufungsgericht ergänzende Feststellung über die für deren Bewirtschaftung erforderlichen Kosten und über den Nutzwert der Wohngebäude, soweit diese zur Unterbringung des Beklagten und seiner Familie benützt werden unter Berücksichtigung der Verwertbarkeit des frei gewordenen Zimmers des Übergebers für erforderlich. Zur Feststellung des Verkehrswertes seien hingegen die Gebäude und der Umgebungsgrund (Bauflächen) einer einheitlichen Schätzung zu unterziehen. Das Berufungsgericht war gleich dem Erstgericht der Ansicht, daß die Klägerin die Ergänzung ihres Schenkungspflichtteiles begehre, der ihr auch dann gebühre, wenn der Erblasser zu Lebzeiten alles verschenkt habe und dann vermögenslos gestorben sei. Zur Beurteilung der Frage, ob der Übergabsvertrag vom eine gemischte Schenkung darstelle, müsse der Wert des übergebenen Gutes und der vom Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen ermittelt werden. Die vom Erstgericht vorgenommene Ermittlung des Schätzwertes des übergebenen Hofes aus dem Durchschnitt (arithmetisches Mittel) seines Verkehrswertes und seines Ertragswertes würde die Übergabe eines Großteiles der in Tirol sehr zahlreichen landwirtschaftlichen Kleinbetriebe unmöglich machen, weil die Erfüllung der Pflichtteilsansprüche der weichenden Geschwister die Zerstückelung des Besitzstandes erfordern würde. Die vom Erstgericht vorgenommene Berechnung der Pflichtteilsansprüche der Klägerin werde daher der Eigenart der bäuerlichen Erbfolge und der vom Gesetzgeber erklärten Zielvorstellung, nach der die Verschuldung des Bauernstandes auf ein erträgliches Maß beschränkt und die die Masse der landwirtschaftlichen Betriebe darstellenden kleinen Familienanwesen erhalten werden sollen, nicht gerecht. Ob der Übergangsvertrag vom eine gemischte Schenkung darstelle, könne daher erst beurteilt werden, wenn ein Vergleich mit den sonst üblichen, der bäuerlichen Lebensordnung entsprechenden Gegenleistungen ergeben würde, daß der Wert der vom Vater der Streitteile bestimmten Abfertigungsleistungen an die Klägerin auffallend weit unter dem Wert der sonst üblichen Abfindungen gelegen sein sollte und dies dem Übergeber auch bewußt gewesen sein mußte. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren diese Überlegungen zu beachten haben. Richtig habe hingegen das Erstgericht bei der Berechnung des Wertes des übergebenen Gutes auf den Zeitpunkt der endgültigen Festsetzung des Pflichtteils der Klägerin (Schluß der Verhandlung in erster Instanz) abgestellt. Ob der Klägerin ein Schenkungspflichtteil gebühre, könne daher derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Zu beachten werde auch sein, daß das Klagebegehren richtig auf Zahlung des Schenkungspflichtteils bei Exekution in die geschenkte Sache zu lauten hätte.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Mit Recht bekämpft allerdings die Klägerin die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß erst nach Ermittlung eines üblichen, der bäuerlichen Lebensordnung entsprechenden Übernahmspreises der Landwirtschaft des Beklagten beurteilt werden könne, ob der Übergabsvertrag vom auch Elemente eines Schenkungsvertrages enthalte. Die Ansicht des Berufungsgerichtes läuft darauf hinaus, daß auch für die strittige Übergabe der Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" des Hofübernehmers, allerdings mit gewissen Einschränkungen, zu gelten habe. Der OGH hat wohl wiederholt ausgesprochen, daß es sich bei diesem Grundsatz um bäuerliches Gewohnheitsrecht handelt, auf das bei der Übergabe von Bauerngütern auch außerhalb des Anwendungsbereiches des Kärntner und Tiroler Höferechtes sowie des Anerbengesetzes Bedacht zu nehmen ist (SZ 26/64; SZ 38/47; SZ 44/30; EvBl. 1964/426; 6 Ob 54/63). Alle diese Entscheidungen hatten aber die Übergabe lebensfähiger Landwirtschaften zum Gegenstand. Bereits in seiner Entscheidung EvBl. 1977/97 hat überdies der OGH den vorerwähnten Rechtssatz insofern wieder eingeschränkt, als in den dem Kärntner und Tiroler Höferecht und dem Anerbengesetz ähnlich gelagerten Fällen der Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" nicht uneingeschränkt anzuwenden ist, zumal durch die Beschränkung der weichenden Geschwister auf den Pflichtteil bereits dem Gedanken Rechnung getragen wird, daß der Hofübernehmer nicht zu sehr belastet werden soll. Bei der vom Beklagten übernommenen Landwirtschaft handelt es sich aber um einen bäuerlichen Kleinbetrieb, dessen Ertragslage so ungünstig ist, daß aus seinen Einkünften nicht einmal eine Refinanzierung der notwendigen landwirtschaftlichen Maschinen möglich und daher die Weiterführung dieser Landwirtschaft vom betriebswirtschaftlichen Standpunkt nicht vertretbar ist. Die Erträgnisse aus der Landwirtschaft treten daher gegenüber dem Einkommen des Beklagten als Bediensteten der ÖBB völlig in den Hintergrund. In einem solchen Fall kann aber vom Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" schon deshalb keine Rede mehr sein, weil der Hofübernehmer zum überwiegenden Teil von seinen Einkünften aus seinem Nebenerwerb und nicht aus den Erträgnissen seiner Landwirtschaft lebt (vgl. SZ 45/40 und 89). Dagegen spricht auch nicht, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Landwirtschaft des Beklagten als förderungswürdig zu betrachten ist. Diesen agrarpolitischen Tendenzen kommt nämlich für die Beurteilung der Frage, ob auch hinsichtlich der vorliegenden Landwirtschaft der Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" des Gutsübernehmers anzuwenden ist, keine entscheidende Bedeutung zu. Außerdem ist die von den Vorinstanzen festgestellte Förderungswürdigkeit des Betriebes des Beklagten mit den Zielsetzungen des Landwirtschaftsgesetzes 1976 (BGBl. 299), durch das ein wirtschaftlich gesunder und leistungsfähiger Bauernstand in einem funktionsfähigen ländlichen Raum erhalten werden soll, nicht ganz vereinbar (§ 2 Abs. 1 lit. a LWG 1976). Die vom Berufungsgericht angeordnete Ermittlung eines angemessenen Übernahmspreises für die Landwirtschaft des Beklagten ist somit entbehrlich.

Der Ansicht der Klägerin, für die Ermittlung des ihr gebührenden Schenkungspflichtteiles sei der Verkehrswert der vom Beklagten übernommenen Landwirtschaft heranzuziehen, kann allerdings nicht gefolgt werden. Der Umstand, daß der Grundsatz des "Wohlbestehenkönnens" nicht anzuwenden ist, sagt entgegen den Ausführungen der Klägerin noch nichts darüber aus, nach welchen Gesichtspunkten die im § 784 ABGB angeordnete Schätzung zum Zwecke der richtigen Bemessung des Pflichtteils zu erfolgen hat. Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die Schätzung zum Zwecke der Pflichtteilsberechnung. Es ist daher, wie der OGH in seiner grundlegenden Entscheidung EvBl. 1977/97 ausgesprochen hat, von der Bestimmung des § 305 ABGB über den gemeinen (ordentlichen) Wert auszugehen. Darunter ist aber der Nutzen zu verstehen, den eine Sache mit Rücksicht auf die Zeit und den Ort gewöhnlich und allgemein leistet. Der gemeine Wert einer Sache kann durch Kapitalisierung ihres Ertrages ermittelt werden (Ertragswert). Bei marktgängigen Waren richtet sich hingegen der gemeine Wert nach ihrem von Angebot und Nachfrage abhängigen Preis (Verkehrswert). Der Wert einer Landwirtschaft liegt nun in erster Linie in ihrem Nutzen (Ertrag), den sie ihrem Besitzer bringt. Der Ertragswert der in der Nähe von Großstädten gelegenen bäuerlichen Betrieben weicht aber erfahrungsgemäß von deren Verkehrswert erheblich ab. Derartige Landwirtschaften weisen vielfach überhaupt keinen Ertragswert auf. In einem solchen - hier sehr krassen - Fall liegt aber der Nutzen der Landwirtschaft für den Besitzer nicht mehr so sehr in ihrem Ertrag, sondern auch in der Möglichkeit ihrer gänzlichen oder teilweisen Veräußerung (EvBl. 1977/97). Bei der Ermittlung des gemeinen Wertes derartiger Landwirtschaften ist daher auch der Verkehrswert angemessen zu berücksichtigen, und zwar um so stärker, je größer der Grundverkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken im Zeitpunkte des Abschlusses des zu beurteilenden Vertrages war (SZ 44/30; SZ 45/40 und 89; EvBl. 1977/97). Im Gebiete der Gemeinde T herrschte aber im Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages (1972) ein reges Interesse am Erwerb landwirtschaftlich genutzter Liegenschaften, das mittlerweile allerdings wieder etwas zurückgegangen ist. Da im vorliegenden Fall ein auffallendes Mißverhältnis zwischen dem in Millionenhöhe gelegenen Verkehrswert und dem vom Erstgericht mit 157 639 S ermittelten Ertragswert besteht, erscheint dem OGH die für die Pflichtteilsberechnung erforderliche Ermittlung des Schätzwertes der Landwirtschaft des Beklagten durch Errechnung des arithmetischen Mittels aus Ertrags- und Schätzwert unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles angemessen. Sollte sich bei der für die abschließende Ertragswertermittlung erforderlichen Verfahrensergänzung ergeben, daß der Landwirtschaft des Beklagten überhaupt kein Ertragswert zukommt, so wird dieser bei der Berechnung des arithmetischen Mittels mit Null einzusetzen sein.

Beizupflichten ist der Rechtsansicht der Klägerin, daß es sich bei dem Übergabsvertrag vom um eine teilweise (gemischte) Schenkung handelt. Gewiß ist bei der Beurteilung, ob ein bäuerlicher Übergabsvertrag als teilweise unentgeltlich zu betrachten ist, nicht der strenge Maßstab anzulegen, daß der Wert der übergebenen Liegenschaften genau dem Wert der Gegenleistungen entsprechen muß (Stanzl in Klang[2] IV/1, 593; SZ 19/128; SZ 23/232). Eine gemischte Schenkung ist auch nur dann anzunehmen, wenn bei Vertragsabschluß der Parteiwille dahin ging, daß ein Teil der zu erbringenden Leistungen als Geschenk anzusehen ist (Stanzl in Klang[2] IV/1, 590 f.; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[5] I, 171; SZ 27/222; SZ 49/43; JBl. 1967, 257, u.a.m). Allerdings läßt sich aus den Umständen des Einzelfalles, zu welchen das Vorliegen eines krassen Mißverhältnisses der beiderseitigen Leistungen gehört, der Schenkungswille erschließen (SZ 44/30; SZ 49/43; SZ 50/101; RZ 1969, 14). Dies gilt besonders bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen, bei welchen eine Verschleierung der teilweisen Schenkungsabsicht möglich ist (Stanzl in Klang[2] IV/1, 590 f.; SZ 44/30). Auch im vorliegenden Fall muß im Hinblick auf das krasse Mißverhältnis zwischen dem Wert der übergebenen Landwirtschaft und der vom Beklagten übernommenen Leistungen den Vertragsparteien die teilweise Unentgeltlichkeit des Übergabsvertrages vom bewußt gewesen sein. Auch das Erstgericht geht von einer teilweisen Schenkungsabsicht aus. Hinsichtlich der Differenz zwischen dem Wert der übernommenen Liegenschaft und dem Wert der vom Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen ist daher der Übergabsvertrag vom als unentgeltlich (Schenkung) zu betrachten (vgl. SZ 44/30).

Der Beklagte beharrt zunächst auf seiner Ansicht, daß es sich bei den beiden von ihm übernommenen Krippen um keine Wertsachen handle. Der Wert dieser Krippen wäre daher nur mit ihrem Materialwert zu veranschlagen gewesen. Dem Beklagten ist jedoch entgegenzuhalten, daß der Verkehrswert der beiden Krippen ermittelt und vom Erstgericht mit 222 000 S im Zeitpunkte des Schlusses der Verhandlung festgestellt wurde. Die Krippen haben daher sehr wohl einen Verkehrswert. Im übrigen hebt der Beklagte selbst hervor, daß derzeit ein besonders reges Interesse am Erwerb bäuerlicher Antiquitäten besteht. Auch der Verkehrswert der beiden Krippen ist daher bei der Ermittlung des Schenkungspflichtteiles der Klägerin in Anschlag zu bringen.

Auch der Ansicht des Beklagten, eine gemischte Schenkung liege schon deshalb nicht vor, weil der Übergabsvertrag vom im Hinblick auf das vom Übergeber ausbedungene Ausgedinge und das der Aloisia F eingeräumte Wohnrecht als Glücksvertrag zu betrachten sei, kann nicht gefolgt werden. Die Ausführungen des Rekurswerbers laufen darauf hinaus, daß sich bei einem Übergabsvertrag von vornherein niemals abschätzen lasse, ob die Leistungen des Übergebers und des Übernehmers übereinstimmen. Richtig ist allerdings, daß Übergabsverträge, die eine Verpflichtung des Übernehmers zu wiederkehrenden Leistungen auf Lebenszeit des Übergebers oder einer dritten Person enthalten, als Glücksverträge zu betrachten sind (SZ 24/306). Dies bedeutet jedoch noch keineswegs, daß der Wert der vom Übernehmer zu erbringenden wiederkehrenden Leistungen nicht geschätzt werden kann. Im Hinblick auf die Entwicklung des Versicherungswesens, insbesondere auf dem Gebiete der Lebensversicherung, kann nämlich mit Hilfe von Sterbetafeln der Wert der wiederkehrenden Leistungen nach den Grundsätzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung genau ermittelt werden (SZ 27/222; SZ 50/101; 6 Ob 530/78; 4 Ob 569/78). Nach § 1267 ABGB können außerdem Glücksverträge entgeltlich und unentgeltlich abgeschlossen werden. Es ist daher auch der Abschluß gemischter - Elemente eines Schenkungsvertrages enthaltender - Verträge möglich (SZ 27/222).

Der Beklagte ist ferner der Ansicht, daß das Grundstück Nr. 17 zur Gänze als eine der landwirtschaftlichen Nutzung unterliegende Fläche, allenfalls mit einem Zuschlag im Hinblick auf ihre Lage im Baugebiet, zu bewerten gewesen wäre. Sofern sich der Beklagte durch die Unterteilung dieses Grundstücks in eine bebaubare und eine nicht bebaubare Fläche deshalb beschwert erachtet, weil er das ganze Grundstück zur Bewirtschaftung seiner Hoffläche dringend benötige, bekämpft er in unzulässiger Weise die gegenteiligen Feststellungen der Vorinstanzen. Wäre aber die Bebauung eines Teiles dieses Grundstückes ohne Behinderung des landwirtschaftlichen Betriebes des Beklagten möglich, dann ist auch diese Verwertungschance bei der Schätzung zu berücksichtigen (SZ 35/40 u.a.). Voraussetzung hiefür ist allerdings, daß der Abtrennung des für die landwirtschaftliche Nutzung nicht benötigten Teiles des Grundstückes vom Besitz des Beklagten nicht die Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1970 entgegenstehen und dessen Verbauung nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz und der Tiroler Bauordnung zulässig ist. Die in dieser Richtung vom Beklagten geäußerten Bedenken werden daher vom Erstgericht im zweiten Rechtsgang zu prüfen sein.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß sich der für die Ermittlung des Ertragswertes maßgebende jährliche Reinertrag aus der Differenz zwischen dem Rohertrag und dem Betriebsaufwand des Beklagten unter Annahme einer nachhaltigen und zeitgemäßen Wirtschaftsführung errechnet. Als Betriebsaufwand ist aber auch der Wert der vom Beklagten geleisteten eigenen Arbeit selbst dann in Anschlag zu bringen, wenn dies dazu führt, daß ein Reinertrag nicht vorhanden ist. Dem Berufungsgericht ist aber auch darin zu folgen, daß im vorliegenden Fall ein Ertrag der Wohngebäude der Landwirtschaft des Beklagten deshalb nicht vernachlässigt werden kann, weil andererseits deren Instandhaltung und Abschreibung als Betriebsaufwand berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung eines Ertrages der Wohngebäude ist hier auch deshalb gerechtfertigt, weil sich der nicht überwiegend in seiner Landwirtschaft tätige Beklagte durch deren Benützung mit seiner Familie einen sonst von ihm zu tragenden Mietaufwand erspart. Wenn das Berufungsgericht zur Klärung des Betriebsaufwandes der Landwirtschaft des Beklagten und eines allfälligen Ertrages der Wohngebäude eine Verfahrensergänzung für erforderlich erachtet, so kann dem der OGH, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegentreten (Fasching IV, 414; SZ 38/29; JBl. 1963, 166 u.a.m.).

Zu billigen ist schließlich auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Betriebsgebäude und der Umgebungsgrund von bäuerlichen Gütern eine wirtschaftliche Einheit darstellen und daher auch einheitlich und nicht gesondert zu schätzen sind. Zur Fassung des Begehrens einer Klage auf Zahlung des Ausfalles am Schenkungspflichtteil wird auf die in dieser Richtung zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen.