OGH vom 23.10.1996, 7Ob2263/96m

OGH vom 23.10.1996, 7Ob2263/96m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, ***** vertreten durch Dr.Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei V***** AG, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Zandl und Dr.Andreas Grundei, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 2 Mio sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 149/95-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 16 Cg 281/93k-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 120.820,-- bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten S 11.298,50 USt und S 53.030,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen der Beklagten und dem mittlerweile aus dem Stand der Rechtsanwälte ausgeschiedenen Dr.Eberhard M***** als Versichertem bestand eine Vermögens-Haftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von S 2 Mio. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (AVBV 1951) zugrunde, deren hier wesentliche Bestimmungen wie folgt lauten:

Art 1 (Gegenstand der Versicherung)

I. (1) Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz für den Fall, daß er wegen eines bei der Ausübung der in der Polizze angegebenen beruflichen Tätigkeit von ihm selbst oder einer Person, für die er nach dem Gesetz einzutreten hat, begangenen Verstoßes von einem anderen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhaltes für einen Vermögensschaden (2) verantwortlich gemacht wird.

(2) Vermögensschäden im Sinne dieses Versicherungsvertrages sind solche Schäden, die weder Personenschäden (Tötung, Verletzung oder Gesundheitsschädigung von Menschen) noch Sachschäden (Beschädigung, Verderben, Vernichtung oder Abhandenkommen körperlicher Sachen) sind, noch sich aus solchen Schäden herleiten. Als körperlichen Sachen gelten insbesondere auch Geld, geldwerte Zeichen (so zB Brief- und Stempelmarken), Inhaberpapiere und in bianko indossierte Orderpapiere sowie Wertsachen.

(3) Die gesetzliche Haftpflicht aus Schäden an sonstigen Schriftstücken und für die Sachbearbeitung in Betracht kommenden Akten sowie aus dem Abhandenkommen von Wechseln ist in die Versicherung eingeschlossen.

Art 4 (Ausschlüsse)

I. Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf

Haftpflichtansprüche: ......

3. wegen Schadensstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz,

Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten)

oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung ......

Die Klägerin gewährte der A***** GmbH einen mit S 3,250.000,-- ausgenützten Kontokorrentkredit und einen Einmalkredit in der Höhe von S 5,465.000,--. Zwischen der Klägerin und der für diese Kredite als Bürgin haftenden Anneliese W***** war die Eintragung von Pfandrechten auf einer Anneliese W***** gehörenden Liegenschaft vereinbart, und zwar die Eintragung einer Höchstbetragshypothek über S 4,9 Mio im ersten Rang aufgrund der Rangordnung TZ 5930/1989 (Einmalkredit) und einer Höchstbetragshypothek über S 2,5 Mio im zweiten Rang aufgrund des weiteren Rang- ordnungsbeschlusses TZ 5931/1989 (Kontokorrentkredit).

Dr.Eberhard M***** verpflichtete sich gegenüber der Klägerin zur treuhändigen Abwicklung der Kredite und zur rangrichtigen Eintragung der Pfandrechte. Dementsprechend übernahm er die Verwahrung der beiden Rangordnungsbeschlüsse. Den an ihn als Treuhänder ausgezahlten Einmalkredit im Betrag von S 5,465.000,-- leitete er nicht - wie vereinbart - an die Kreditnehmerin weiter, sondern verwendete ihn dadurch widmungswidrig, daß er ihn an einen nichtberechtigten Dritten auszahlte. Dr.Eberhard M***** wurde deshalb auch strafgerichtlich verurteilt.

Zwei Tage vor Ablauf der genannten Rangordnungsbeschlüsse teilte Dr.Eberhard M***** der Klägerin mit, die bezughabenden Rangordnungen verlegt zu haben und trotz energischer Suche nicht finden zu können; dadurch sei er nicht in der Lage, die Rangordnungen beim Grundbuchsgericht vorzulegen und die rangrichtigen Eintragungen vorzunehmen.

Noch vor Ablauf der Rangordnungsbeschlüsse hatte Anneliese W***** Rangordnungen für die beabsichtigte Veräußerung und für die beabsichtigte Verpfändung bis zum Höchstbetrag von S 20 Mio erwirkt. Ferner wurde zugunsten der K***** Sparkasse ein Pfandrecht von S 4,9 Mio eingetragen. Gerichtliche und außergerichtliche Versuche der Klägerin, die von Anneliese W***** erwirkten Rangordnungsbeschlüsse zu erhalten oder deren Ausnützung zu verhindern, schlugen fehl. Im Rang der von Anneliese W***** erwirkten Anmerkung der Veräußerung wurde das Eigentumsrecht der F***** GmbH einverleibt und alle diesem Rang nachfolgenden Grundbuchseintragungen gelöscht.

Die Klägerin erreichte in der Folge im Rang nach der von Anneliese W***** erwirkten Anmerkung der Verpfändung die Vormerkung von Afterpfandrechten. Danach wurden jedoch im Rang dieses vorgehenden Rangordnungsbeschlusses Pfandrechte für andere Gläubiger im Höchstbetrag von insgesamt S 20 Mio einverleibt. Diese den Wert der Liegenschaft übersteigenden Pfandrechte gehen den für die Klägerin vorgemerkten Afterpfandrechten vor.

Am wurde über das Vermögen Dr.Eberhard M***** der Konkurs eröffnet. Die von der Klägerin angemeldete Schadenersatzforderung von S 8,235.283,08 wurde vom Masseverwalter zur Gänze anerkannt. Am gab der Masseverwalter dem Konkursgericht die Erklärung ab, den Anspruch der Klägerin auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung des Gemeinschuldners aus der mit der Beklagten abgeschlossenen Haftpflichtversicherung gemäß § 157 VersVG anzuerkennen. Mit einer vom Konkursgericht genehmigten Zessionsvereinbarung vom trat der Masseverwalter die Forderung des Gemeinschuldners gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungssumme von S 2 Mio der Klägerin zur direkten Geltendmachung der abgesonderten Befriedigung aus der Entschädigungsforderung ab.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Auszahlung der Versicherungssumme. Aufgrund der Erklärungen des Masseverwalters sei sie aktiv zur Klage legitimiert. Ihre Forderungen gegen ihre Kreditnehmerin und gegen die Bürgin seien uneinbringlich. Durch das Verhalten des Treuhänders sei die Liegenschaft dem Zugriff der Klägerin entzogen worden. Daher sei ihr ein Schaden von mindestens S 8,235.283,08 entstanden. Dieser Schaden sei durch den von Dr.Eberhard M***** zu vertretenden Verlust der Rangordnungsbeschlüsse verursacht worden. Insofern liege ein Organisationsverschulden vor, für das die Beklagte als Haftpflichtversicherer Deckung zu gewähren habe.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Die mit dem Masseverwalter getroffene Zessionsvereinbarung verstoße gegen das absolut wirkende Zessionsverbot in Art 7 Abs 3 AVBV 1951 und sei daher unwirksam. Mit dem Anerkenntnis der Forderung der Klägerin habe der Masseverwalter die Obliegenheit im Sinne des Art 5 Z 3 lit c AVBV 1951 verletzt, so daß die Beklagte leistungsfrei sei. Der Versicherungsschutz erstrecke sich gemäß Art 4 I Z 3 AVBV nicht auf Haftpflichtansprüche, die ua wegen Schadensstiftung durch wissentliches Abweichen von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten) oder sonstige wissentliche Pflichtverletzung erhoben werden. Das treuwidrige Aneignen des an Dr.Eberhard M***** ausgezahlten Kreditbetrags sei weisungswidrig und führe daher zum Ausschluß von der Versicherung. Schließlich seien gemäß Art 1 I AVBV 1951 nur Vermögensschäden von der Versicherung gedeckt, nicht aber Personen- oder Sachschäden und Schäden, die sich aus solchen Schäden herleiteteten. Das Abhandenkommen der Rangordnungsbeschlüsse sei als Sachschaden zu qualifizieren. Der der Klägerin daraus entstandene Schaden sei eine Folge des Sachschadens und falle damit nicht unter den Versicherungsschutz. Überdies sei der Schadenersatzanspruch gegen den Treuhänder verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin, weil die geltend gemachte Forderung aus dem Konkurs ausgeschieden und der Klägerin zur Eintreibung überlassen worden sei. Die Klägerin sei durch das Verhalten des Versicherungsnehmers der Beklagten geschädigt worden. Ein Zusammenhang zwischen dem Verlegen der Rangordnungsbescheide und der Zueignung der Kreditvaluta durch diesen könne nicht hergestellt werden. Das Verlegen der Bescheide sei vielmehr fahrlässig geschehen. Daher bestehe keine Leistungsfreiheit wegen vorsätzlicher Schadenszufügung. Daß der Treuhänder Obliegenheitsverletzungen anerkannt habe, stelle im Hinblick auf seine Eigenschaft als (ehemaliger) Rechtsanwalt keine die Leistungspflicht der Beklagten ausschließende Obliegenheitsverletzung dar. Auch das Anerkenntnis durch den Masseverwalter führe nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten. Die Berufung der Beklagten auf Art 1 I AVBV 1951 gehe ins Leere. Rangordnungsbescheide gehörten zu den in Art 1 I Abs 3 AVBV 1951 genannten sonstigen Schriftstücken, deren Abhandenkommen durch die Versicherung gedeckt sei. Verjährung sei nicht eingetreten, weil die Verjährungsfrist durch die Konkurseröffnung unterbrochen worden sei.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Auch das Berufungsgericht bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin, allerdings nur aufgrund der zwischen der Klägerin und dem Masseverwalter geschlossenen Abtretungsvereinbarung. Diese Abtretung führe hier nicht zur Leistungsfreiheit der Beklagten, weil sich diese mangels eines schutzwürdigen Interesses nicht mit Erfolg auf das Zessionsverbot in Art 7 Abs 3 AVBV 1951 berufen könne. Die gegen den Versicherten bestehende Schadenersatzforderung der Klägerin sei durch das Anerkenntnis des Masseverwalters im Konkurs rechtswirksam festgestellt worden. Dieses Anerkenntnis sei auch für die Beklagte verbindlich. Ein Interesse der Beklagten, die Klägerin zur Ermöglichung des hier geführten Rechtsstreites auf eine vorherige - völlig sinnlose - Klage gegen den Masseverwalter und die daran anschließende Exekution zu verweisen, bestehe nicht.

Das Anerkenntnis einer Forderung im Konkurs durch den Masseverwalter sei zwar auch ein Anerkenntnis im Sinne des Verbots in Art 5 Z 3 lit c AVBV 1951. Dieses Verbot sei hier aber gemäß § 154 Abs 2 VersVG in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der VersVG-Novelle 1991 unwirksam, weil der Masseverwalter die Anerkennung nicht ohne offenbare Unbilligkeit habe verweigern können. Der Schadenersatzanspruch gegen den Versicherten sei offensichtlich begründet. Die Verweigerung eines Anerkenntnisses wäre aber im Hinblick auf die Eigenschaft des Haftpflichtigen als (ehemaliger) Rechtsanwalt, den eine besondere Pflicht zur Treue und Gewissenhaftigkeit gegenüber den Klienten getroffen habe, unbillig. Gleiches müsse aber auch für den hier anerkennenden Masseverwalter gelten, der an die Stelle des Gemeinschuldners getreten sei. Es wäre auch mit der Stellung des Masseverwalters unvereinbar und damit unbillig, offensichtlich begründete Ersatzansprüche gegen die Masse zu bestreiten.

Dennoch könne der Klage kein Erfolg beschieden sein, weil der hier zu beurteilende Schaden nicht unter das versicherte Risiko falle. Wenn auch das Verlegen der Rangordnungsbeschlüsse nur als Fahrlässigkeit qualifiziert werden könne, komme eine Haftung der Beklagten für den aus der Abwicklung des Einmalkredits enstandenen Schaden nicht in Betracht, weil der Versicherte als Treuhänder diesen Betrag veruntreut habe. Da Dr.Eberhard M***** als Treuhänder der Klägerin eingeschritten sei, habe die Klägerin das Unterbleiben der Auszahlung der Kreditsumme an die Kreditnehmerin selbst zu tragen. Sie habe daher in diesem Umfang gar keinen Anspruch auf Eintragung eines Pfandrechts erworben. Insoweit sei der Klägerin auch durch den Verlust des diesbezüglichen Rangordnungsbeschlusses kein Schaden entstanden. Der Kontokorrentkredit hingegen sei dem Kreditnehmer zugekommen. Die Klägerin habe deshalb Anspruch auf Eintragung eines Pfandrechts zur Sicherung des Kontokorrentkredits erworben, welcher durch das Verlegen des Rangordnungsbescheides vereitelt worden sei. Dieser Schaden sei daher nicht durch wissentliches Abweichen des Versicherten von Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers verursacht worden. Insoweit greife der Ausschluß gemäß Art 4 I Z 3 AVBV 1951 nicht Platz.

Gemäß Art 1 I AVBV 1951 sei vom Versicherungsschutz aber nur die Haftpflicht für Vermögensschäden umfaßt, nicht aber für Personen- und Sachschäden, noch für solche Schäden, die sich aus Personen- oder Sachschäden herleiten. Zu den Sachschäden gehöre auch das Abhandenkommen körperlicher Sachen. Da der Vermögensschaden der Klägerin durch das Abhandenkommen des Rangordnungsbescheides, also einer körperlichen Sache, verursacht worden sei, sei kein Versicherungsschutz gegeben. Daran ändere auch Art 1 I Abs 3 AVBV 1951 nichts. Danach sei zwar die gesetzliche Haftpflicht aus Schäden an sonstigen Schriftstücken und für die Sachbearbeitung in Betracht kommenden Akten sowie aus dem Abhandenkommen von Wechseln in den Versicherungsschutz eingeschlossen. Für das Abhandenkommen eines Schriftstücks aber bestehe kein Versicherungsschutz. Nur für das Abhandenkommen von Wechseln enthalte dieser Artikel eine Ausnahmebestimmung; diese könne auf sonstige Schriftstücke nicht angewendet werden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Klägerin erhobenen Revision ist berechtigt.

Die Revisionsausführungen wenden sich im wesentlichen gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, daß sich der geltend gemachte Schaden aus dem Abhandenkommen einer körperlichen Sache herleite und somit Versicherungsschutz gemäß Art 1 I Abs 2 AVBV nicht gegeben sei. Urkunden, die dem Nachweis eines Rechts dienten, das der Berechtigte allenfalls ohne Urkunde ausüben könne und die keinen Tausch- oder Marktwert hätten, seien keine körperlichen Sachen. Der Rangordnungsbeschluß sei ein Hoheitsakt und berechtige zur Eintragung eines grundbücherlichen Rechts in einem bestimmten Rang, schaffe aber das Recht keineswegs selbst. Der Rangordnungsbeschluß sei aber auch nicht als "abhandengekommen" zu qualifizieren. Er sei nur verlegt worden, sodaß an sich noch immer die Gewahrsame daran bestehe. Zumindest aber falle er unter den Begriff der "sonstigen Schriftstücke" im Sinne des Art 1 I Abs 3 AVBV 1951. Schließlich repräsentiere der Rangordnungsbeschluß keinen Verkehrswert, so daß durch sein Abhandenkommen kein Schaden denkbar sei, demgemäß aber auch keine Herleitung aus einem Abhandenkommen.

Der Senat hat dazu erwogen:

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist zwischen dem aus der Veruntreuung und dem aus dem "Verlegen" der Rangordnungsbeschlüsse entstandenen Schaden zu unterscheiden. Das eigenmächtige Verwenden der an den Treuhänder der Klägerin ausgezahlten Kreditsumme aus dem Einmalkredit widersprach dem StGB und der Anweisung des Machtgebers, fällt demnach unter den Ausschluß des Art 4 Z 3 AVBV 1951. Wurde dieser Kredit dem Kreditnehmer nicht ausgezahlt, erwarb die Klägerin aber inswoweit keinen Anspruch auf Einverleibung eines Pfandrechts zur Sicherstellung dieser Forderung. Daß Gegenteiliges vereinbart worden wäre, hat die dafür beweispflichtige Klägerin nicht behauptet. Insoweit entstand daher durch das bloße Verlegen der Rangordnungsbescheide kein Schaden.

Dem Berufungsgericht kann aber darin nicht beigepflichtet werden, daß

die Haftpflicht für den aus dem Verlegen der Rangordnungsbescheide

hinsichtlich des Kontokorrentkredites entspringenden Schaden in der

primären Risikoumschreibung des Art 1 AVBV 1951 nicht enthalten sei:

Die Risikoumschreibung einer

Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung, wie hier in Art 1 I Abs 2

AVBV 1951, umfaßt Haftpflichtansprüche aus reinen Vermögensschäden, die nicht adäquat kausal auf einen Personenschaden oder einen Sachschaden zurückzuführen sind (Späte, Haftpflichtversicherung 147 Rz 87 zu § 1 AHB). Zu den nicht versicherten Schäden gehört auch das Abhandenkommen körperlicher Sachen. Ein - nicht versicherter - Folgeschaden aus einem Sachschaden liegt nur dann vor, wenn er sich aus dem gänzlichen Verlust oder der Verminderung des reinen Sachwertes ableitet. Der Verlust der Rangordnungsbeschlüsse hat zwar auch zu einem geringfügigen nur im Materialwert liegenden Sachschaden geführt. Nicht daraus aber, sondern aus dem Verlust des darauf verbrieften Rechts, eine bestimmte Grundbuchseintragung in einem bestimmten Rang zu erlangen, ist im vorliegenden Fall der Vermögensschaden der Klägerin entstanden, nicht im vorgesehenen Grundbuchsrang sichergestellt worden zu sein und damit eine dingliche Sicherung verloren zu haben. Der Vermögensschaden der Klägerin ist somit auf den Verlust eines Rechts, nicht aber auf den Verlust einer körperlichen Sache zurückzuführen. Rechte aber gehören typischerweise zu den unkörperlichen Sachen (Koziol/Welser10 II 6). Der geringfügige Sachwert der Rangordnungsbeschlüsse ist dabei schon deshalb zu vernachlässigen, weil es einen Wertungswiderspruch bedeuten würde, den Versicherungsschutz verneinen zu müssen, wenn die nicht rangrichtige Eintragung (auch) auf den Verlust von Rangordnungsbeschlüssen zurückzuführen ist, ihn aber bejahen zu können, wenn der Treuhänder zwar nicht den Aufbewahrungsort der Urkunde, aber die zeitgerechte Eintragung mit Hilfe der Urkunde vergessen hat.

Daß der Klägerin durch das Verhalten des Versicherten ein die Versicherungssumme übersteigender Schaden entstanden ist, bestreitet die Beklagte nicht.

Die vorliegenden Feststellungen reichen - entgegen den Ausführungen der Beklagten in der Berufung - auch aus, um den Verjährungseinwand zu behandeln. Die Rangordnungsbeschlüsse stammen aus dem Jahr 1989. Die die Schadenersatzpflicht auslösenden Verstöße des Versicherten wurden im Jahr 1990 mit dem Ablauf der in den Rangordnungsbeschlüssen bestimmten Zeit verwirklicht. Am wurde über das Vermögen des Versicherten der Konkurs eröffnet. Die Anmeldung der Schadenersatzforderung durch die Klägerin im Konkurs hat die Verjährungsfrist gemäß § 9 KO unterbrochen. Diese konnte zum Zeitpunkt der Einbringung der Klage am noch nicht abgelaufen sein.

Ausschlüsse wegen Obliegenheitsverletzungen (Zession, Anerkenntnis) hat bereits das Berufungsgericht verneint. Auf dessen zutreffenden Rechtsausführungen kann daher verwiesen werden (§ 510 Abs 3 Satz ZPO).

Daher war das Urteil des Erstgerichts wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.