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OGH vom 12.09.1996, 8Ob2035/96i

OGH vom 12.09.1996, 8Ob2035/96i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Floßmann Dr.Rohrer und Dr.Baumann als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Gertrude R*****, und 2. Josef M*****, beide vertreten durch Dr.Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr.Eckart Fussenegger, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Mirabellplatz 6, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der W***** Gesellschaft mbH & Co KG Serie VI (S 34/90 des Landesgerichtes Salzburg), wegen Feststellung von Konkursforderungen von S 96.000 und S 98.114,52, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 131, 132/93-26, mit dem infolge Berufung der erstklagenden Partei und der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom , GZ 4 Cg 107/91-18, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit je S 5.445 (einschließlich je S 907,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Kläger haben jeweils eine von einer Treuhandgesellschaft treuhändig für sie gehaltene Kommanditbeteiligung an der späteren Gemeinschuldnerin, einer Geselschaft mbH & Co KG, erworben und diese zulässigerweise knapp vor Konkurseröffnung aufgekündigt.

Am wurde über das Vermögen der Serie VI das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Die Kläger haben unter den Nummern 1743 und 1742 im Konkurs Forderungen von S 96.000 bzw S 98.114,52 als garantierten Rückkaufwert nach Ablauf der Vertragsdauer angemeldet, doch wurden beide Forderungen vom Masseverwalter bestritten. Mit den jeweils am beim Erstgericht eingelangten Klagen begehren die Kläger die Feststellung dieser Forderungen als Konkursforderungen aus dem in der Forderungsanmeldung genannten Grund.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren der Erstklägerin ab, weil diese die Rückkaufsgarantie nur vom persönlich haftenden Gesellschafter der beklagten Partei, aber nicht von dieser selbst erhalten habe, gab aber dem Feststellungsbegehren des Zweitklägers statt, weil dieser nur den nach dem Vertrag vorgesehenen Abschichtungsbetrag begehre und ein vom echten Beteiligungswert unabhängiger Abschichtungsbetrag zulässigerweise vereinbart werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Erstklägerin nicht, der des beklagten Masseverwalters jedoch Folge und wies auch das Feststellungsbegehren des Zweitklägers mit ausführlicher Begründung ab. Die Revision erklärte es für zulässig, weil es meinte, daß selbst dann, wenn man die nach der Berufungsverhandlung ergangene oberstgerichtliche Judikatur (8 Ob 16/94 und 8 Ob 7/95) mitberücksichtige, noch nicht alle im vorliegenden Rechtsstreit relevanten Rechtsfragen abschließend beantwortet seien; insbesondere bedürfe es nach seiner Ansicht einer Abklärung, ob für die Annahme der Sittenwidrigkeit der Garantiezusage bestrittene Konkursforderungen von Konkursgläubigern ausreichten, wenn letztere in einer gewissen Nahebeziehung zur Gemeinschuldnerin stünden.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Der beklagte Masseverwalter beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zurückzuweisen, weil alle wesentlichen Rechtsfragen durch oberstgerichtliche Judikatur aus der letzten Zeit hinreichend geklärt sind.

Der Oberste Gerichtshof hat sich in mehreren Entscheidungen, die

meist Schadenersatzansprüche der Anleger betreffen, ausführlich mit

den hier relevanten Rechtsfragen auseinandergesetzt. Relevant sind im

vorliegenden Fall insbesondere die Ansprüche aus Abfindungsklauseln

betreffenden E vom , 8 Ob 16/94 (SZ 68/28 = ecolex 1995, 415

- ZIK 1995, 200 = RdW 1995, 217 = GesRZ 1995, 265) und vom ,

8 Ob 4, 5/95, (ecolex 1996, 459 - ZIK 1996, 71 = RdW 1996, 113).

Erstere betrifft den Anspruch eines ausgeschiedenen Kommanditisten derselben Serie (VI) und ist insoweit weitestgehend einschlägig; letztere übernimmt die dort entwickelten Grundsätze für einen gleichartigen Anspruch eines atypischen stillen Gesellschafters der Serie 22. In beiden Fällen wurde das Klagebegehren auf Feststellung einer Konkursforderung abgewiesen.

Wie in dem der E 8 Ob 16/94 zugrunde liegenden Fall haben die Kläger eine Kommanditbeteiligung an der Hausanteilscheinserie VI erworben, welche von einem Treuhänder für sie gehalten wurde. In einem solchen Fall ist grundsätzlich nur der Treuhänder Kommanditist und zur Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Gesellschaft oder Dritten legitimiert. Der Treugeber ist nur dann berechtigt, den Abfindungsanspruch geltend zu machen, wenn ihm ein solcher Anspruch vom Treuhandkommanditisten abgetreten wurde. Eine solche Abtretung seitens des Treuhänders an die Kläger wurde in dem gegenständlichen Verfahren als erwiesen angenommen. Die Kläger haben daher die Stellung eines Kommanditisten. Sie sind keine Fremdgläubiger, wie die Revisionswerber behaupten, weil die Dazwischenschaltung eines Treuhänders nicht zu weitergehenden Rechten aus dem Beteiligungsverhältnis führen kann als sie der Treuhänder hätte. Es gibt keinen Grund, den über einen Treuhandkommanditisten an einer Publikumsgesellschaft Beteiligten besser zu stellen als wenn er unmittelbar beteiligt wäre. Die Regelungen, auf die sich die Kläger stützen, sind vertragliche Abschichtungsvereinbarungen für Kommanditisten und unterliegen daher allein unter diesem Blickwinkel der rechtlichen Beurteilung.

Der Oberste Gerichtshof hat in der genannten E 8 Ob 16/94, der die E 8 Ob 4, 5/95 hinsichtlich des atypischen stillen Gesellschafters folgt, ausführlich begründet, daß Abfindungsansprüche eines Kommanditisten, die ihm für den Fall seines Ausscheidens zugesichert wurden, unwirksam sind, soweit die Zusage zu einer Abschichtung führen würde, welche den wahren Wert der Beteiligung überschreitet.

Die Zusicherung eines über den Betrag der Einlage liegenden Abfindungsguthabens, das unabhängig von den Vermögensverhältnissen der Gesellschaft gewährt wird, führt im Regelfall dazu, daß die ausscheidenden Gesellschafter zu Lasten der noch verbleibenden Gesellschafter und der Gesellschaftsgläubiger abgefunden werden, wenn die Zusage, wie hier, über einen langen Zeitraum (im Falle der Kläger: zehn Jahre) gegeben wird, sodaß eine seriöse Voraussage unmöglich ist, ob das Vermögen der Gesellschaft zu jenem Zeitpunkt einen Abfindungsanspruch in der zugesagten Höhe rechtfertigen wird. Eine solche Abfindungsklausel verstößt sowohl gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter als auch gegen Gläubigerschutzinteressen und ist demnach sittenwidrig im Sinne des § 879 ABGB.

Auch einen Anspruch auf ein Abschichtungsguthaben in Höhe der geleisteten Einlage hat der Kommanditist nicht, soweit deren Wert nicht mehr vorhanden ist, weil es dadurch zu einer unzulässigen Rückzahlung der Einlage gemäß § 172 HGB käme, die ihrerseits innerhalb der 5-Jahresfrist des § 159 HGB die Haftung des Kommanditisten für die bei Eintrag seines Ausscheidens bestehenden Gesellschaftsschulden auslösen würde. Jeder Gesellschaftsgläubiger darf sich darauf verlassen, daß ein ausscheidender Gesellschafter nur einen Abschichtungsbetrag erhält, wenn seine (des Gesellschaftsgläubigers) im Zeitpunkt des Ausscheidens entstandene Forderung zur Gänze im Gesellschaftsvermögen gedeckt ist und voll befriedigt wird. Eine Abschichtung über den Beteiligungswert hinaus würde zu dem nicht zu billigenden Ergebnis führen, daß der Gesellschaftsgläubiger und der ausgeschiedene Gesellschafter gleichrangig in bezug auf das Haftungskapital konkurrieren, demnach der Fremdgläubiger umsoweniger seiner Forderung erhielte, je mehr Gesellschafter durch Kündigung ihre Beteiligung beendeten.

Daraus folgt, daß nur dann, wenn die bis zum Ausscheiden der Kläger als Kommanditisten bestehenden Gesellschaftsschulden (dh die Forderungen der Altgläubiger) voll befriedigt wären, die Kommanditsten ihren Abfindungsanspruch im Konkurs geltend machen könnten, weil diese jenen Forderungen im Rang nachgehen, die im Zeitpunkt ihres Ausscheidens bestanden haben und noch nicht befriedigt oder verjährt sind.

Nur dann, wenn die bis zum Ausscheiden der Kläger bestehenden Gesellschaftsschulden voll befriedigt worden wären, könnten die Kläger daher ihren Abfindungsanspruch als ausgeschiedene Kommanditisten neben den Forderungen der sogenannten Neugläubiger, dh derjenigen Gläubiger, deren Forderungen erst nach ihrem Ausscheiden entstanden sind, im Konkurs der Gesellschaft geltend machen.

Auch hinsichtlich des Bestehens von Forderungen von Fremdgläubigern ist die Entscheidung des Berufungsgerichtes von den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen ausgegangen und bedarf keiner grundlegenden Vertiefung. Die Kläger sind kurz vor Konkurseröffnung ausgeschieden. Die Konkurseröffnung läßt mangels anderer Behauptungen und Beweise jedenfalls vermuten, daß das Vermögen der Gemeinschuldnerin nicht einmal ausreicht, um die Forderungen der Altgläubiger zu befriedigen. Neben den Anlegern haben noch andere Personen, insbesondere zwei Seriengesellschaften, die ebenfalls Hausanteilsscheinbeteiligungen vertrieben, Forderungen angemeldet. Wenn diese auch vom Masseverwalter bestritten sind, kann, bevor rechtskräftig feststeht, ob diese zu Recht bestehen oder nicht, nicht davon ausgegangen werden, daß Drittforderungen von Altgläubigern nicht vorhanden sind. Nach dem derzeitigen Stand des Konkursverfahrens ist daher davon auszugehen, daß durch die Befriedigung der Ansprüche der Kläger im vertraglich zugesagten Umfang Ansprüche der Altgesellschaftsgläubiger geschmälert würden, sodaß derzeit eine Forderungsfeststellung für die Kläger jedenfalls ausscheidet.

Unter diesen Gesichtspunkten sind die in der Revision von der Erstklägerin aufgeworfenen Fragen, ob die Beteiligungsgesellschaft selbst eine Verpflichtungserklärung oder eine "Garantie" abgegeben hat, bzw ob ein konstitutives Anerkenntnis vorliegt, ohne Bedeutung, weil ein diesbezüglicher Anspruch sittenwidrig und daher rechtsunwirksam wäre und nicht zu einer Konkursgläubigerstellung führen würde.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.