OGH vom 18.02.2019, 10Nc8/19m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Faber als weitere Richter (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei W*****, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Berufsunfähigkeitspension, über die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Wien den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Ablehnung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte von der Beklagten im Verfahren AZ 26 Cgs 154/17b des Arbeits und Sozialgerichts Wien die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension. Das Verfahren endete mit Klagezurückziehung vom .
In diesem Verfahren wurde M***** zum Sachverständigen bestellt. Der Sachverständige beanspruchte die Zuerkennung von Gebühren für die Erstellung eines Gutachtens in Höhe von 859 EUR (inkl USt). Mit Beschluss vom (ON 16) bestimmte das Erstgericht die Gebühren des Sachverständigen für die Erstattung des Gutachtens in Höhe von 480 EUR und wies das Mehrbegehren von 379 EUR ab. Gegen diesen Beschluss erhob der Sachverständige am einen Rekurs, mit dem er die Zuerkennung der Gebühren in der von ihm beantragten Höhe anstrebt.
Mit Eingabe vom lehnte der Sachverständige alle Richter des Oberlandesgerichts Wien ab. Zur Begründung führt er aus, dass bei diesem Gericht als Rekursgericht mehrere Rekursverfahren mit ähnlichem Inhalt anhängig seien, weil eine Richterin des Arbeits und Sozialgerichts Wien ihm seine Gebühren nicht nach dem GebAG zuspreche. Der Sachverständige habe bereits zwei Rekursentscheidungen erhalten, die über weite Strecken wortident und in der rechtlichen Begründung grob unrichtig seien. In der unkritischen Übernahme von Entscheidungstexten innerhalb des Rekursgerichts samt Denk- und Zitierfehlern sei entweder unkritisches „Abschreiben“ oder eine von der Prozessordnung nicht vorgesehene Abstimmung über die Entscheidungstexte zu sehen. Für den Rekurswerber sei weder in Erfahrung zu bringen, noch lasse sich aus der Geschäftsverteilung des Rekursgerichts entnehmen, welcher Richter des Rekursgerichts zuständig sei. Doch sei die Ablehnung des ganzen Gerichts geboten: Es sei davon auszugehen, dass sich beim Rekursgericht bereits ein Gruppendruck gebildet habe, den Rekurswerber mit „dem Formular“ abzuspeisen, dies auch in Anbetracht der Tatsache, dass eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs wegen § 528 Abs 2 Z 5 ZPO ausgeschlossen sei. Ein Abweichen vom „Formular“ könne soziale Nachteile unter Kollegen nach sich ziehen. Es gehe darum, sich nicht „dem fremden Präjudiz“ unterzuordnen. Durch das „Auffliegen der seitenweise identen Beschlüsse“ entstehe beim objektiven Beurteiler der Anschein der Voreingenommenheit. Dies betreffe gleichermaßen alle Richter des Rekursgerichts, welche zum selben Gericht gehören und somit derselben sozialen Dynamik unterliegen.
Rechtliche Beurteilung
Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Wien ist zurückzuweisen.
1. Wird ein Gerichtshof durch eine Ablehnung beschlussunfähig, so entscheidet über diese Ablehnung nach § 23 JN der zunächst übergeordnete Gerichtshof, sodass der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über die Ablehnung zuständig ist (RISJustiz RS0109137).
2. Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe konkreter Ablehnungsgründe möglich (RISJustiz RS0045983 [T6]; RS0046005 [T1]). Dazu fehlt im vorliegenden Fall ein konkretes Vorbringen. Weder aus einer behaupteten „sozialen Dynamik“, der Richterinnen und Richter eines Gerichtshofs ganz allgemein unterliegen würden, noch aus der Begründung bisheriger Entscheidungen kann die Befangenheit aller Richter dieses Gerichts abgeleitet werden.
3. Da die Ablehnungserklärung nicht ausreichend substantiiert ist, bedarf es keiner Äußerung der abgelehnten Richter; auch eine Anhörung der Gegenseite ist nicht erforderlich (2 Nc 34/18z mzwH).
4. Die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Wien ist daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0100NC00008.19M.0218.000 |
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