OGH vom 30.07.1996, 10Ob1519/96
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Sigmund G*****, geboren am , infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der einstweiligen Sachwalterin Erika G*****, vertreten durch Dr.Barbara Pesce-Cihlar, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom , GZ 44 R 836/95-17, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Es trifft zwar zu, daß nach § 273 Abs 2 erster Satz ABGB die Bestellung eines Sachwalters dann unzulässig ist, "wenn der Betreffende [nämlich die nach Abs 1 an einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung leidende Person] durch andere Hilfe, besonders im Rahmen seiner Familie oder von Einrichtungen der öffentlichen oder privaten Behindertenhilfe, in die Lage versetzt werden kann, seine Angelegenheiten im erforderlichen Ausmaß zu besorgen". Dies darf jedoch nicht zur völligen Verdrängung des dem Sachwalterrecht innewohnenden Schutzgedankens führen (SZ 58/61). Hilfe im Sinne dieser Gesetzesstelle kann nur ein Tätigwerden bedeuten, das dazu beiträgt, eine bestimmte Willensbildung des Kuranden zu verwirklichen; sie setzt voraus, daß die behinderte Person noch zu eigenem Handeln fähig ist, also noch ein bestimmtes Maß an Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorhanden ist (SZ 58/61, EvBl 1988/85). Nur dann, wenn sich der Betroffene der Hilfe anderer in rechtlich einwandfreier Weise bedienen kann (etwa durch Vollmachtserteilung, Genehmigung einer vorangegangenen Geschäftsführung udgl), wäre also die Bestellung eines Sachwalters unzulässig (EvBl 1992/12; vgl auch 8 Ob 503/93).
Von einer derartigen Restfähigkeit an Willensbildungsmöglichkeit kann (jedenfalls nach der für die Beurteilung derzeit maßgeblichen Aktenlage) beim Betroffenen keineswegs gesprochen werden, wie sich aus dem von zwei Fachärzten des Unterbringungskrankenhauses unterfertigten Antrags- und Verfahrenseinleitungsschriftsatz (ON 1) einerseits und dem Protokoll über die Erstanhörung am samt Aktenvermerk andererseits (ON 6) ergibt. Auch aus dem seinerzeitigen Einstellungsbeschluß im Verfahren 1 SW 38/92 kann in diesem Zusammenhang nichts abgeleitet werden, da das Erstgericht damals die Bestellungsvoraussetzungen für einen Sachwalter ausdrücklich bloß als "zur Zeit nicht notwendig" erachtet hat (ON 6 des bezogenen Aktes).
Die Beurteilung der Frage, ob genügend und welche Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Bestellung (vorerst ohnedies nur eines einstweiligen) Sachwalters vorliegen, ist immer eine solche des Einzelfalls, aus den dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Grundlagen zu lösen und nach den konkreten Tatumständen jeweils individuell zu beurteilen. Wenn das Rekursgericht diese Maßnahme der Rechtsfürsorge als Schutz des Betroffenen (der immerhin über Liegenschaftsvermögen und nicht unbeträchtliches Pensionseinkommen verfügt und auch Kreditrückzahlungen zu leisten hat) für erforderlich erachtete, so ist diese Rechtsauffassung nicht zu beanstanden; eine erhebliche Rechtsfragenverletzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG (die im Revisionsrekurs hiezu zitierte Bestimmung des "§ 502 Abs 4 lit 1 ZPO" ist unverständlich, zumal diese nur die Revisionsbeschränkungen gegen Berufungsurteile betrifft und bereits durch die WGN 1989 BGBl 343 zur Gänze neu gefaßt wurde, wobei ein Abs 4 seither überhaupt nicht mehr besteht) wird nicht aufgezeigt.
Fundstelle(n):
YAAAD-76653