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OGH vom 04.09.2001, 5Ob98/01z

OGH vom 04.09.2001, 5Ob98/01z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. Gertrude D*****, 2. Josua E*****, 3. Ing. Walter G*****, 4. Thomas R*****, 5. Beate S 6. Dipl.-Ing. Wolfgang D*****, 7. Johanna G*****, 8. Dr. Elisabeth Maria M*****, und 9. Robert S*****, sämtliche vertreten durch Dr. Georg Buder, Rechtsanwalt in Linz, und der weiteren Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ *****, GB *****, gegen die Antragsgegnerin Dr. Ulla U*****, vertreten durch Dr. Ulrike Christine Walter, Rechtsanwältin in Wien, wegen § 26 Abs 1 Z 7 WEG (§ 18 Abs 1 Z 7 WEG), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 41 R 254/00g-27, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom , GZ 5 Msch 103/99y-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird, soweit damit Nichtigkeit geltend gemacht wird, zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, die angefochtenen Sachbeschlüsse werden dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten haben wie folgt:

"Der Antrag, die anlässlich der Versammlung der Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumsanlage ***** (EZ *****, GB *****) mehrheitlich beschlossene Aufkündigung der Verwaltung durch die Antragsgegnerin vom sei rechtswirksam, wird abgewiesen."

Text

Begründung:

Im Jahr 1998 wurde an der Liegenschaft EZ *****, GB ***** Wohnungseigentum begründet. Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer. In den Kaufverträgen der heutigen Wohnungseigentümer mit dem Wohnungseigentumsorganisator N***** GmbH, die vor dem Juni 1996 geschlossen wurden, ist vereinbart, dass die Käufer der Verkäuferin Auftrag und Vollmacht zur Verwaltung der Wohnhausanlage für einen Zeitraum von 5 Jahren ab Rechtskraft der Benützungsbewilligung erteilen. Die Verkäuferin werde hiefür das nach den Richtlinien der Immoblienverwalter festgesetzte Honorar verrechnen. Die Verkäuferin könne die Verwaltung zu gleichen Bedingungen an einen befugten Verwalter weitergeben. Im Juni 1996 beauftragte der Wohnungseigentumsorganisator die Antragsgegnerin mit der Verwaltung der Hausanlage auf die Dauer von fünf Jahren. In den später abgeschlossenen Kaufverträgen nehmen die Käufer zur Kenntnis, dass die Antragsgegnerin mit der Verwaltung beauftragt worden ist.

Am fand eine Hausversammlung statt, wobei als Tagesordnungspunkte angeführt waren: 1. die Abberufung der Antragsgegnerin als Hausverwalterin und 2. die Bestellung der Hausverwaltung "I*****" als neue Hausverwaltung. In der Hausversammlung, bei der 73,7 % der Miteigentumsanteile vertreten waren, wurde von 81 % der Beschluss gefasst, der Antragsgegnerin die Verwaltungsvollmacht unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum zu kündigen. Gleichzeitig wurde einer anderen Gesellschaft Verwaltervollmacht erteilt. Für die Kündigung stimmten daher die Mehrheit der Miteigentümer gerechnet nach Miteigentumsanteilen, in absoluten Zahlen 59,7 %. Nach der Hausversammlung erteilten noch weitere Wohnungseigentümer ihre Zustimmung, sodass sich der Prozentsatz auf 67,4 erhöhte. Dieser Beschluss wurde der Antragsgegnerin am übermittelt.

Die Antragsteller begehren nun die Feststellung, dass die anlässlich der Versammlung der Wohnungseigentümer mehrheitlich beschlossene Aufkündigung der Verwaltung durch die Antragsgegnerin zum rechtswirksam sei. Sie führten aus, dass die Antragsgegnerin auf dem Standpunkt stehe, dass sie nach wie vor rechtmäßig die Verwaltung des Hauses innehabe, da sie einen fünf Jahre befristeten Vertrag abgeschlossen habe. Dies sei aber nicht richtig, da der Vertrag mit dem Wohnungseigentumsorganisator gemäß § 24 WEG nichtig sei.

Die Antragsgegnerin stützt sich darauf, dass der Vertrag auf fünf Jahre befristet abgeschlossen sei und daher erst am ende. Der Rechtsweg sei unzulässig, da die Nichtigkeit eines Vertrages gemäß § 24 WEG nur im Klagewege geltend gemacht werden könne.

Das Erstgericht sprach aus, dass die beschlossene Aufkündigung der Verwaltung zum rechtswirksam sei. In rechtlicher Hinsicht gelangte es zu dem Ergebnis, dass die Vereinbarung über die Bestellung des Wohnungseigentumsorganisators zum Hausverwalter gemäß § 24 WEG nichtig sei, da die Rechte der Wohnungseigentümer wenn auch nur zeitlich begrenzt beschränkt werden, zumal sie einen ihnen nicht bekannten vom Wohnungseigentumsorganisator präsentierten Verwalter akzeptieren müssten. Da die Antragsgegnerin über Jahre hinweg die Hausverwaltung unwidersprochen geführt habe, sei jedoch ein konkludenter Vertrag zwischen den Wohnungseigentümern und der Antragsgegnerin zustandegekommen. Dies beziehe sich jedoch nicht auf eine wie immer geartete Befristung, sodass von einem unbefristeten Verwaltungsvertrag auszugehen sei, der gemäß § 18 Abs 1 Z 1 WEG von der Mehrheit der Wohnungseigentümer unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum letzten eines jeden Kalendermonats gekündigt werden könne. Die Kündigung des Hausverwaltervertrages mit der Antragsgegnerin durch die Mehrheit sei rechtswirksam.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der Antragsgegnerin gab das Rekursgericht nicht Folge. Es vertrat die Ansicht, dass der Mangel, dass einzelne Antragsteller als bloße Ehegattenwohnungseigentümer ohne Zustimmung des Ehegatten zur Verfahrensführung in der Hauptsache nicht legitimiert wären, zwischenzeitig durch den Beitritt der Sechst- bis Neuntantragsteller zum Verfahren bzw der Antragsrückziehung des ehemaligen Sechstantragstellers Heinrich T***** saniert sei. Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass jedenfalls eine Vereinbarung, wodurch die Wohnungseigentümer für einen Zeitraum von fünf Jahren an eine (größtenteils namentlich noch gar nicht bekannte) nur vom Wohnungseigentumsorganisator auszuwählende Verwaltung gebunden werde, unter § 24 Abs 1 WEG falle. Es verwies auf die Interessenskollission zwischen den einzelnen Wohnungseigentümern und dem Wohnungseigentumsorganisator bzw Verkäufer im Zusammenhang mit diversen Gewährleistungsansprüchen in den ersten Jahren nach Bezug einer fertiggestellten Wohnhausanlage. Schon aus praktischen und organisatorischen Gründen komme hiebei dem Hausverwalter eine erhebliche Bedeutung zu. Im vorliegenden Fall sei noch hervorzuheben, dass die Antragsteller sich zur Bezahlung eines Honorars nach den Richtlinien der Immobilienverwalter verpflichtet haben. Dabei könne es als notorisch angesehen werden, dass die dort genannten Höchstsätze aufgrund der zwischenzeitig eingetretenen Konkurrenzsituation in vielen Fällen für Hausverwalter anlässlich des Abschlusses eines Verwaltungsvertrages praktisch nicht mehr zu erzielen seien. Die Nichtigkeit der Vertragsklausel sei im außerstreitigen Verfahren als Vorfrage zu prüfen. Die Antragsgegnerin habe jedoch über einige Jahre unbeanstandet die Hausverwaltung geführt und die Wohnungseigentümer bezahlten ihr das von ihr begehrte Honorar. Dadurch sei der Verwaltungsvertrag schlüssig zwischen den Wohnungseigentümern und der Antragsgegnerin zustandegekommen. Hingegen haben die Wohnungseigentümer kein Verhalten gesetzt, aus dem die Antragstellerin als redliche Erklärungsempfängerin hätte schließen dürfen, die Wohnungseigentümer wären mit einer Befristung auf fünf Jahre einverstanden. Die Vertragsbestimmungen in den Kaufverträgen seien rechtsunwirksam, weshalb die fünfjährige Befristung für das tatsächlich begründete Vertragsverhältnis nicht aus dieser Vereinbarung entnommen werden könne. Dass den Wohnungseigentümern das Annahmeschreiben der Antragsgegnerin, in dem eine Befristung zum Ausdruck gebracht worden sei, zur Kenntnis gekommen sei, sei nicht festgestellt. Es sei daher davon auszugehen, dass der Verwaltungsvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei und daher eine Kündigung gemäß § 18 Abs 1 Z 1 WEG rechtswirksam erfolgt sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,-- übersteige und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Vereinbarung, in der sich der Wohnungseigentumsorganisator maßgeblichen Einfluss auf die zukünftige Verwaltung der Liegenschaft sichere, § 24 Abs 1 WEG widerspreche.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig aufzuheben, in eventu dahingehend abzuändern, dass der Antrag abgewiesen werde, in eventu die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Rekursgericht, allenfalls an das Erstgericht, zurückzuverweisen.

Die Antragsteller beantragen, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wird, nicht berechtigt, im Übrigen kommt ihm Berechtigung zu.

Die Revisionsrekurswerberin macht als Nichtigkeit des Rekursverfahrens geltend, dass über die Nichtigkeit der Vertragsklausel als Vorfrage im außerstreitigen Verfahren entschieden wurde. Die Nichtigkeit von Klauseln sei im Klageweg geltend zu machen. Weiters stützt sie sich darauf, der Antrag wäre deshalb ab "initio" abzuweisen gewesen, da die dem Verfahren zugrundeliegenden Anträge bei Ehegattenwohnungseigentum nicht von beiden Ehegatten gemeinsam gestellt worden seien. Eine Sanierung durch nachträglichen Beitritt sei bei einer notwendigen Streitgenossenschaft denkunmöglich. Zuletzt bestreitet die Antragsgegnerin, dass die Vereinbarung zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator und den Wohnungseigentümern unter § 24 Abs 1 WEG falle. Der Wohnungseigentumsorganisator habe sukzessive 82 Wohnungen in vier Blöcken abverkauft, weshalb seine Bestellung zum Hausverwalter unumgänglich sei. Es liege keine Interessenskollission vor. Dass ihre - bei Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen - verrechneten Honorare höher seien, könne nicht die Nichtigkeit nach § 24 WEG herbeiführen.

Es ist zwar richtig, dass die Anteile der Ehegatten untrennbare Anteile am ideellen Liegenschaftsanteil, mit dem das Wohnungseigentum verbunden ist, sind, und dass daraus abgeleitet wird, dass sie Verfügungen über das Wohnungseigentum nur gemeinsam treffen können und auch die Individualrechte des WEG nur beiden Ehegatten gemeinsam zustehen (WoBl 1991/15, WoBl 1998/180; 5 Ob 90/90, 5 Ob 79/90 je mwN), doch ist daraus für die Antragsgegnerin nichts zu gewinnen.

Gemäß § 26 Abs 2 Z 2 WEG kommt in Verfahren nach Abs 1 leg cit den Miteigentümern und dem Verwalter insoweit Parteistellung zu, als ihre Interessen durch die Entscheidung über den Antrag unmittelbar berührt werden können. Durch die Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung des Verwalters werden unzweifelhaft Interessen aller Miteigentümer betroffen (5 Ob 1029/92). Da also allen Miteigentümern Parteistellung zukommt und diese auch von Amts wegen, selbst wenn sie nicht im Antrag namentlich genannt sind, Gelegenheit zum Sachvorbringen erhalten müssen (§ 26 Abs 2 Z 4 WEG) steht es den Ehegatten der Antragsteller zu, noch während des erstinstanzlichen Verfahrens ihre Zustimmung zur Antragstellung abzugeben und dem Verfahren beizutreten.

Richtig ist, dass die Rechtsunwirksamkeit von Vereinbarungen iSd § 24 WEG im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen ist (vgl. Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, § 26 WEG, Rz 5 u 7). Im vorliegenden Fall wird aber die Feststellung der Rechtswirksamkeit der Kündigung des Verwalters geltend gemacht, was zufolge der ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung des § 26 Abs 1 Z 7 WEG ins außerstreitige Verfahren verwiesen wird. Die Frage der Nichtigkeit der Vereinbarung nach § 24 WEG ist daher im vorliegenden Verfahren - worauf schon die Vorinstanzen zutreffend verwiesen haben - eine Vorfrage. Ist aber über den Antrag nach § 26 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 MRG im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden, so ist nach § 37 Abs 3 Z 20 MRG eine Verweisung der Parteien auf den Rechtsweg zwecks Klärung von strittigen Vorfragen ausgeschlossen (5 Ob 178/00p, 5 Ob 7/95). Der Außerstreitrichter ist daher nicht nur befugt eine derartige Vorfrage selbst zu lösen, sondern auch verpflichtet (5 Ob 393/97y, 5 Ob 93/99h, 5 Ob 116/98i).

Die Bestellung und Abberufung eines gemeinsamen Verwalters ist eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung, worüber die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer entscheidet (§ 14 Abs 1 Z 5 WEG). Nach der Generalklausel von § 24 Abs 1 WEG sind Vereinbarungen rechtsunwirksam, die geeignet sind, die dem Wohnungseigentumsbewerber oder Wohnungseigentümer zustehenden Nutzungs- oder Verfügungsrechte aufzuheben oder zu beschränken. Die Rechtsunwirksamkeit erstreckt sich auch auf den hieraus begünstigten Dritten (§ 24 Abs 3 WEG). Die Rechtsprechung reduziert § 24 Abs 1 WEG aber dahingehend teleologisch, dass nur unbillige, einer vernünftigen Interessensabwägung widersprechende Beschränkungen der den Wohnungseigentumswerbern oder Wohnungseigentümern nach dem Gesetz zustehenden Nutzungs- und Verfügungsrechte rechtsunwirksam sind, nicht aber solche, die ein Wohnungseigentumswerber bei Gleichgewicht der Vertragslage auf sich nehmen würde (5 Ob 103/99g, 5 Ob 263/99h, RIS-Justiz RS0083359, RS0075734, RS0083371).

In § 18 Abs 1 Z 2 WEG ist geregelt, dass die fünf Jahresfrist mit dem erstmaligen Bezug der Baulichkeit beginnt. Es kommt daher nicht auf das Vorliegen der Benützungsbewilligung, sondern auf das faktische Beziehen an, wobei der Einzug des ersten Benützers die Frist in Lauf setzt (Würth/Zingher, § 18 WEG Rz 10, Würth in Rummel2, § 18 WEG, Rz 3). Daraus ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber die Bestellung des Wohnungseigentumsorganisators zum Verwalter offenbar bedacht hat und nicht als unbillig wertet. In der Regel besteht ein Bedarf nach sofortiger Verwaltung, der vom (abverkaufenden) Wohnungseigentumsorganisator gedeckt werden kann. Der Nachteil, dass die Wohnungseigentümer in den ersten fünf Jahren die Person des Verwalters nicht selbst bestimmen können, ist auch dadurch entschärft, dass sie dem Verwalter Weisungen erteilen und einen pflichtwidrig handelnden Verwalter jederzeit abberufen können (§ 18 Abs 1 Z 3 WEG). Davon ausgehend kann daher die Bestellung des Wohnungseigentumsorganisators zum Verwalter, auch wenn diese bereits in den Kaufverträgen vorgesehen ist, nicht als unbillig im Sinne des § 24 Abs 1 WEG gewertet werden. Ausgehend vom Vorbringen der Antragsteller erfolgte der Erstbezug im Jahr 1994. Die Kündigung zum ist daher gemäß § 18 Abs 1 Z 2 WEG nicht rechtswirksam.

Ob die in die Kaufverträge aufgenommene Vereinbarung der Honorierung des zum Verwalter bestellten Wohnungseigentumsorganisators nach den Richtlinien der Immobilienverwalter (vgl dazu 5 Ob 152/98h) eine Unbilligkeit im Sinne der Rechtsprechung des § 24 WEG darstellen könnte, kann auf sich beruhen, weil sich dadurch nur eine Teilnichtigkeit in Bezug auf die vereinbarte Honorierung ergeben könnte.