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OGH vom 27.06.2017, 5Ob96/17d

OGH vom 27.06.2017, 5Ob96/17d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. G*****, geboren am *****, und 2. Ö***** Gemeinnützige Wohnungs AG, *****, beide vertreten durch Mag. Florian Kuch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , AZ 46 R 79/17h, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom , TZ 5683/2016, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch von Revisionsrekurskosten wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Unter Vorlage des Kaufvertrags vom 1. 12./, des Staatsbürgerschaftsnachweises des Erstantragstellers und einer Auskunft zur Selbstberechnung vom beantragten die weder durch einen Rechtsanwalt noch durch einen Notar vertretenen Antragsteller die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Erstantragsteller ob der Miteigentumsanteile der Zweitantragstellerin verbunden mit Wohnungseigentum an einem Stellplatz. Sie gaben die Vorgangsnummer zur Selbstberechnung wie folgt bekannt:

Einschreiter:

1. G

Das Erstgericht bewilligte nur die Vormerkung des Eigentumsrechts und wies das Begehren auf Einverleibung ab. Für diese müsse im Antrag durch Bekanntgabe der Vorgangsnummer nachgewiesen werden, dass die Grunderwerbssteuer und Grundbuchs-eintragungsgebühr bezahlt bzw berechnet und abgeführt werde. Das sei hier nicht erfolgt.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Der Kaufvertrag sei von Dr. T***** OG, öffentliche Notare, im FinanzOnline eingegeben und zur Selbstberechnung angemeldet worden. Ihren im Postweg eingebrachten Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts hätten die Antragsteller nicht durch einen Notar oder Rechtsanwalt eingebracht, weshalb die Erleichterungen des § 160 Abs 1 Satz 2 BAO hier nicht zum Tragen kommen könnten. Weder die Antragsteller noch deren Vertreter seien zur Abgabe einer Selbstberechnungserklärung berechtigt, weshalb sie die in § 160 BAO genannte Unbedenklichkeitsbescheinigung vorzulegen hätten, um die Einverleibung des Eigentumsrechts zu erreichen.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle, ob in einem nicht von einem Parteienvertreter (Rechtsanwalt oder Notar) eingebrachten Grundbuchsgesuch auf die vorher von einem solchen Parteienvertreter elektronisch vorgenommene Selbstberechnung samt Vorgangsnummer verwiesen werden könne und ob bei unvertretenen Antragstellern eine derartige Selbstberechnungserklärung für die Einverleibung ausreiche.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1.1 Nach § 160 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ist für Eintragungen in das Grundbuch, denen Rechtsvorgänge über den Erwerb von Grundstücken zugrundeliegen, mit Ausnahme von Vormerkungen und Eintragungen nach den §§ 13, 15 und 16 LiegTeilG eine Bescheinigung des Finanzamts erforderlich, dass der Eintragung (unter anderem) hinsichtlich der Grunderwerbssteuer keine Bedenken entgegenstehen (Unbedenklichkeitsbescheinigung). Die Unbedenklichkeits-bescheinigung kann durch eine Selbstberechnungserklärung des Notars oder Rechtsanwalts im Sinn der §§ 11 ff Grunderwerbssteuergesetz 1987 (GrEStG) ersetzt werden.

1.2 Nach § 11 GrEStG sind Rechtsanwälte und Notare (Parteienvertreter) nach Maßgabe der §§ 12, 13 und 15 GrEStG befugt, die Steuer für Erwerbsvorgänge, die diesem Gesetz unterliegen, als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung (§ 10 GrEStG) erfolgt.

1.3 § 12 GrEStG idF BGBl I 2014/36 berechtigt den Parteienvertreter, gegenüber dem Grundbuchsgericht je Erwerbsvorgang elektronisch zu erklären, dass eine Selbstberechnung gemäß § 11 GrEStG vorgenommen worden ist und die Grunderwerbssteuer sowie die Eintragungsgebühr nach dem Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl Nr 501/1984 in der jeweils geltenden Fassung, soweit das GGG die gemeinsame Entrichtung mit der Grunderwerbssteuer vorsieht, gemäß § 13 GrEStG abgeführt werden. Eine solche Selbstberechnungserklärung des Notars oder Rechtsanwalts ersetzt die nach § 160 Abs 1 BAO für Eintragungen in das Grundbuch erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (5 Ob 223/15b; 5 Ob 169/16p).

1.4 Die Selbstberechnungserklärung im Sinn der §§ 11 ff GrEStG hat betreffend die Form, den Inhalt und den elektronischen Übermittlungsweg den Vorgaben der GrunderwerbssteuerSelbstberechnungsverordnung (GrESt-SBV BGBl II 2015/156) zu entsprechen. Danach erfolgt die Selbstberechnungserklärung im Elektronischen Rechtsverkehr durch Bekanntgabe einer Vorgangsnummer durch den Parteienvertreter (§ 6 GrEStSBV). Diese Vorgangsnummer ist nach § 1 Abs 2 GrEStSBV bei jedem im Zug einer Selbstberechnung über Finanzonline erfassten Erwerbsvorgang pro Erwerber als Schlüssel für die nach § 1 Abs 1 GrEStSBV der Justiz zu übermittelnden Daten zu generieren und dem Parteienvertreter ersichtlich zu machen.

1.5 Sollte die in der Selbstberechnungserklärung nach § 12 GrEStG durch den Parteienvertreter gemäß § 6 GrEStSBV bekanntgegebene Vorgangsnummer keinen Zugriff auf die Daten ermöglichen, so ist die Selbstberechnungserklärung (Berufung auf die Vorgangsnummer) unwirksam. Der Mangel ist nach § 82a GBG so wie im Vorschreibungsverfahren einer Verbesserung zugänglich (§ 10a Abs 2 Grundbuchsgebührenverordnung [GGV BGBl 2015/157]).

1.6 § 12 GrEStG räumt nach seinem klaren Wortlaut lediglich dem „Parteienvertreter“ die Möglichkeit einer Selbstberechnungserklärung gegenüber dem Grundbuchsgericht ein. Dies hat nach § 6 GrEStSBV im Elektronischen Rechtsverkehr durch Bekanntgabe der Vorgangsnummer durch den Parteienvertreter zu erfolgen. § 11 GrEStG definiert als „Parteienvertreter“ nur „Rechtsanwälte und Notare“.

1.7 Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers sollten mit der Einführung des Selbstberechnungsmodells der Verwaltungsaufwand bei gleichzeitiger Sicherung des Abgabenaufkommens reduziert werden und Grundbuchseintragungen rascher möglich sein, wenn sich der Steuerpflichtige eines sowohl bei den Abgabenbehörden als auch beim Grundbuchsgericht vertretungsbefugten Parteienvertreters, eines Notars oder Rechtsanwalts, bedient. Nur in diesen Fällen sollte das Erfordernis einer Unbedenklichkeitsbescheinigung entfallen (ErläutRV 1625 BlgNR 18. GP 5).

1.8 Dieser Entfall setzt daher sowohl die Selbstberechnung durch den Parteienvertreter gegenüber der Abgabenbehörde (über Finanz-Online) als auch die Erklärung der Selbstberechnung gegenüber dem Grundbuchsgericht voraus. Diese hat – wie § 6 GrEStSBV unmissverständlich anordnet – jedenfalls durch einen Parteienvertreter, demnach einen Rechtsanwalt oder Notar, zu erfolgen.

1.9 Der Gesetzestext und die Materialien lassen keinen Raum für das im Revisionsrekurs gewünschte Ergebnis, dass es ausreicht, wenn ein Parteienvertreter im Sinn des § 11 GrEStG die Selbstberechnung über Finanz-Online vornimmt und ein nicht durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertretener Antragsteller die bei der Selbstberechnung generierte Vorgangsnummer in sein Grundbuchsgesuch aufnimmt.

2. Ob dieser Mangel einer nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Selbstberechnungserklärung (§ 12 GrEStG iVm § 6 GrEStSBV) einer Verbesserung nach § 82a GBG zugänglich wäre, muss nicht beantwortet werden, weil die Antragsteller eine solche Verbesserung entgegen § 82 Abs 5 GBG weder im Rekurs noch im Revisionsrekurs vorgenommen haben (5 Ob 169/16p mwN).

3. Das Grundbuchsverfahren kennt – von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich keinen Kostenersatz (RISJustiz RS0035961). Der Antrag auf Zuspruch von Kosten für den Revisionsrekurs ist daher schon deshalb zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00096.17D.0627.000

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