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OGH vom 21.12.2017, 4Ob97/17v

OGH vom 21.12.2017, 4Ob97/17v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers S***** S*****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die Beklagten 1. M***** GmbH, 2. o***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Zahlung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert gegenüber der Erstbeklagten 33.344 EUR, gegenüber der Zweitbeklagten 11.308 EUR), über die außerordentliche Revision der Erstbeklagten (Revisionsinteresse 32.000 EUR) und die Revision der Zweitbeklagten (Revisionsinteresse 11.200 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 70/16k-14, ergänzt mit Beschluss vom , GZ 3 R 70/16k-18, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 30 Cg 13/16p-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beide Revisionen werden mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die Zweitbeklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit 860,58 EUR (darin 143,43 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der klagende Fotograf fertigte eine Serie von rund 70 Fotos von E***** R***** an und erteilte ihm die Erlaubnis, Bearbeitungen eines bestimmten Fotos aus dieser Serie für sein privates Twitter- bzw Facebook-Profil zu verwenden.

Die erstbeklagte Medieninhaberin der Gratiszeitung „Ö*****“ und die zweitbeklagte Medieninhaberin des Online-Portals dieser Zeitung veröffentlichten das genannte Foto in der Printausgabe der Gratiszeitung sowie auf deren Website und auf anderen Websites ohne bzw mit falscher Urheberbezeichnung und ohne Genehmigung des Klägers.

Die Vorinstanzen untersagten den Beklagten zusammengefasst, vom Kläger aufgenommene Fotos (zeigend E***** R*****) im Original oder in Bearbeitungen durch den Kläger, insbesondere abgebildete Versionen des klagsgegenständlichen Fotos, ohne Zustimmung des Klägers und ohne ihn als Urheber zu bezeichnen, in der Tageszeitung der Erstbeklagten oder auf der Website der Zweitbeklagten zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder sonst zu verwerten. Weiters wurde dem Begehren auf Urteilsveröffentlichung stattgegeben.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen dieses Urteil erhoben beide Beklagte außerordentliche Revision mit dem Antrag, die Klage abzuweisen.

Über Auftrag des Senats berichtigte das Berufungsgericht seinen Bewertungsausspruch dahingehend, dass es den Wert des Entscheidungsgegenstands in Ansehung der Erstbeklagten mit 30.000 EUR übersteigend und in Ansehung der Zweitbeklagten mit 5.000 EUR, nicht jedoch mit 30.000 EUR übersteigend bemaß.

Daraufhin beantragte die Zweitbeklagte beim Berufungsgericht gemäß § 508 ZPO, die Revision nachträglich zuzulassen und erhob gleichzeitig ordentliche Revision. Diesem Zulassungsantrag gab das Berufungsgericht mit der Begründung statt, dass seine Entscheidung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Fassung des Unterlassungsgebots bei Urheberrechtsverletzungen und zum Wegfall der Wiederholungsgefahr infolge Angebots eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs „abweichen könnte“.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.

Beide Revisionen sind – hinsichtlich der Zweitbeklagten ungeachtet des nachträglichen Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist – in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Einwand der Klägerin, der Zulassungsantrag nach § 508 ZPO und die ordentliche Revision der Zweitbeklagten seien verspätet, weil das Berufungsgericht nur seinen Bewertungsausspruch zu ergänzen gehabt habe und über die Revisionszulässigkeit bereits im Urteilsspruch in der ursprünglichen Fassung abgesprochen habe, ist unbegründet. Die Zweitbeklagte hatte nämlich erst aufgrund der Berichtigung (bzw Ergänzung oder Präzisierung) des Berufungsurteils Veranlassung zu einem Antrag nach § 508 ZPO. Hat das Berufungsgericht hier nicht – wie auch möglich (vgl 1 Ob 78/16a) – die gegen das Berufungsurteil gerichtete Eingabe der Zweitbeklagten („außerordentliche Revision“) als Antrag nach § 508 ZPO gewertet und darüber (zweckmäßigerweise uno actu mit der Urteilsberichtigung) abgesprochen, steht der Zweitbeklagten die vierwöchige Frist des § 508 Abs 2 ZPO ab Zustellung des berichtigten Berufungsurteils zu, da sie erst durch die Berichtigung volle Klarheit über die Revisionszulässigkeit erlangen konnte (vgl RIS-Justiz RS0041797 [T52]). Da die Zweitbeklagte diese Frist auch einhielt, liegt keine Fristversäumung vor.

2.1. Die Beklagten machen in ihren im Wesentlichen gleichlautenden Revisionen zunächst geltend, das Berufungsgericht habe die Wiederholungsgefahr in Abweichung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejaht; sie hätten dem Kläger ein Anbot auf Abschluss eines Unterlassungsvergleichs gemacht, das alles umfasst habe, was dieser in einem Urteil zu Recht hätte erlangen können.

2.2. Die Fassung des Unterlassungsgebots bei Urheberrechtsverletzungen hat in erster Linie auf jenes Verwertungsrecht abzustellen, das durch die konkrete Verletzungshandlung berührt wird (RIS-Justiz RS0037645 [T10]). Allerdings ist bei Unterlassungsansprüchen eine gewisse allgemeine Fassung des Begehrens in Verbindung mit Einzelverboten meist schon deshalb erforderlich, um nicht die Umgehung des erwähnten Verbots allzu leicht zu machen. Ein Unterlassungsgebot umfasst auch gleichartige oder ähnliche Handlungsweisen. Deshalb ist es auch zulässig, dem Beklagten nicht nur eine konkret beschriebene Handlung zu verbieten, sondern auch ähnliche. Die an sich wegen der Gefahr von Umgehungen gerechtfertigte weite Fassung von Unterlassungsgeboten darf nur so weit gehen, als die Befürchtung gerechtfertigt ist, der Beklagte werde auch jene Verletzungshandlungen begehen, die unter das weit gefasste Unterlassungsgebot fallen. Das Unterlassungsgebot ist auf den konkreten Sachverhalt sowie auf ähnliche Fälle einzuengen (stRsp, zuletzt 4 Ob 59/17f mwN). Ein angebotener Unterlassungsvergleich muss dem Kläger einen Titel in jenem Umfang verschaffen können, den er auch mit seiner Klage erreicht hätte (vgl RIS-Justiz RS0079899 [T19, T 33]).

2.3. Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass die Beklagten (die dem selben Medienkonzern angehören) das gegenständliche Foto ua in der Printversion einer Tageszeitung sowie auf mehreren Websites veröffentlicht haben. Berücksichtigt man, dass die Zweitbeklagte ein bei der RTR Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH gemeldeter Rundfunkveranstalter ist und seit Herbst 2014 ein lineares Fernsehprogramm ausstrahlt (vgl 4 Ob 96/17x), hält sich die Auffassung des Berufungsgerichts, das Vergleichsanbot der Beklagten ohne den Zusatz „und/oder sonst zu verwerten“ sei nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, im Rahmen der zuvor referierten Rechtsprechung; ohne diesen Zusatz wären nämlich zB künftige Verstöße gegen das Senderecht gemäß § 17 UrhG nicht vom Unterlassungsgebot umfasst.

3.1. Die Beklagten bestreiten weiters ein Veröffentlichungsinteresse des Klägers mit dem Argument, ein solches fehle im Falle einer bloßen Information der Öffentlichkeit über die Widerrechtlichkeit der Veröffentlichung.

3.2. Die Revisionswerber beziehen sich damit auf eine Rechtsprechung, die im Zusammenhang mit Bildnisschutzverletzungen entwickelt wurde und ein Veröffentlichungsinteresse des konsenslos Abgebildeten dann verneint, wenn die bloße Information der Öffentlichkeit über die Widerrechtlichkeit der Veröffentlichung eines Bildnisses nicht die Wirkung des nachteiligen Zusammenhangs, in dem das Bildnis des Klägers veröffentlicht wurde, beseitigen kann (RIS-Justiz RS0077343).

3.3. Diese Rechtsprechung ist hier allerdings nicht einschlägig, liegt doch im Anlassfall ein Eingriff in Rechte des Fotoherstellers am von ihm hergestellten Lichtbild sowie in sein Urheberpersönlichkeitsrecht (fehlende bzw unrichtige Herstellerangabe) vor.

3.4. Das Berufungsgericht hat das Aufklärungsinteresse des Publikums über die unzulässige Bildverwendung schon wegen des konkreten Zusammenhangs zwischen dem Eingriff in Rechte des Lichtbildherstellers, verbunden mit einer persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung bejaht. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung, wonach die Berechtigung des Begehrens nach Urteilsveröffentlichung davon abhängt, ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Aufklärung des Publikums im begehrten Ausmaß besteht (RIS-Justiz RS0079737). Der Kläger hat nicht nur ein Interesse daran, dass ihn die Öffentlichkeit nicht mit der persönlichkeitsrechtsverletzenden Berichterstattung der Beklagten unter Verwendung seines Lichtbildes in Verbindung bringt, sondern auch daran, dass eine Aufklärung über die fehlende bzw unrichtige Herstellerbezeichnung erfolgt.

3.5. Im Übrigen kommt der Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, abgesehen von einer – hier nicht gegebenen – Fehlbeurteilung keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zu (RIS-Justiz RS0042967 [T8]; vgl auch RS0079820 [T20]).

4. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision der Zweitbeklagten hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00097.17V.1221.000
Schlagworte:
E.R‑Fotoserie,

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