OGH vom 21.12.2006, 6Ob93/06d

OGH vom 21.12.2006, 6Ob93/06d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Handelsgerichts Wien zu FN ***** eingetragenen B ***** Privatstiftung mit dem Sitz in Wien, vertreten durch Grohs Hofer Rechtsanwälte GmbH in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Mag. Dr. Wilhelm R*****, vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 318/05y-21, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Rechtsmittelwerber gehört zum Kreis der Letztbegünstigten einer Privatstiftung, die von zwei Bank-Aktiengesellschaften gestiftet wurde.

Das Rekursgericht verneinte die Parteistellung des Rechtsmittelwerbers in Bezug auf dessen Antrag auf amtswegige Löschung der Privatstiftung, der damit begründet wurde, dass die Stiftung eine unzulässige Selbstzweckstiftung sei und überdies eine nach § 1 Abs 2 PSG verbotene Tätigkeit ausübe. Es verneinte auch die Rechtsmittelbefugnis des Antragstellers.

Entgegen den Revisionsausführungen steht die Auffassung des Rekursgerichts im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs:

Rechtliche Beurteilung

Der Antragsteller behauptete Verstöße der Privatstiftung gegen § 1 Abs 2 PSG, die gemäß § 35 Abs 3 zweiter Satz PSG mit der Sanktion der amtswegigen Auflösung der Privatstiftung bedroht sind. In der Entscheidung des erkennenden Senats vom , 6 Ob 180/04w (= GesRZ 2005, 140 = GeS 2005, 154 = RdW 2005/317 = wbl 2005/179 = AnwBl 2006, 369), wurde bereits ausgesprochen, dass ein Antragsrecht, die Privatstiftung aus den in § 1 Abs 2 PSG angeführten Gründen auflösen zu lassen, im Gesetz nicht vorgesehen ist. Der Umstand, dass es niemandem unbenommen ist, ein amtswegiges Verfahren des Außerstreitgerichts zu einem bestimmten amtswegigen Vorgehen anzuregen, verschafft derjenigen Person, die solches anregt, aber keine Partei- oder Beteiligtenstellung und auch keine Rechtsmittellegitimation (s § 2 Abs 2 AußStrG; Fucik/Kloiber, AußStrG § 2 Rz 4).

Nach § 6 PSG ist Letztbegünstigter derjenige, dem ein nach Abwicklung der Privatstiftung verbleibendes Vermögen zukommen soll. Sein Anspruch entsteht damit grundsätzlich erst nach Beendigung der Liquidation der Stiftung. Daraus folgt, dass ihm Rechte vor diesem Zeitpunkt nur insoweit zukommen, als sie ihm vom Stifter oder vom Gesetz eingeräumt werden; zu letzteren gehören etwa die Anträge nach § 35 Abs 3 und 4 PSG (6 Ob 19/06x = GesRZ 2006, 201 = NZ 2006, 284 = ecolex 2006, 765 [Reich-Rohrwig] = ZfS 2006, 115 = wbl 2006, 487 = RdW 2006, 632). Der Stiftungsvorstand hat gemäß § 35 Abs 2 PSG einen

einstimmigen Auflösungsbeschluss zu fassen, sobald .... „2. der Stiftungszweck erreicht oder nicht mehr erreichbar ist" .... Kommt

ein Beschluss nach dieser Gesetzesstelle trotz Vorliegens eines Auflösungsgrundes nicht zustande, so kann jedes Mitglied eines Stiftungsorgans, jeder Begünstigte oder Letztbegünstigte, der Stifter und jede in der Stiftungserklärung dazu ermächtigte Person die Auflösung durch das Gericht beantragen (§ 35 Abs 3 erster Satz PSG). Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, der vom Antragsteller ins Treffen geführte Auflösungsgrund des Vorliegens einer unzulässigen Selbstzweckstiftung sei keinem der in § 35 Abs 2 PSG aufgezählten Tatbestände zuzuordnen. Im Falle einer unzulässigen Selbstzweckstiftung könne die Auflösung - analog § 35 Abs 3 zweiter Satz PSG - ausschließlich von Amts wegen durch das Gericht erfolgen. Der Rechtsmittelwerber meint hingegen, handle es sich um eine unzulässige Selbstzweckstiftung, dann sei der Stiftungszweck „nicht mehr erreichbar"; ein scheinbarer Zweck sei einem Nichtzweck gleichzusetzen, und ein Nichtzweck sei auch kein erreichbarer Zweck. Der Auflösungsgrund nach § 35 Abs 2 Z 2 PSG sei daher gegeben. Diese Argumentation ist unzutreffend. Geht man mit dem Rechtsmittelwerber von einem Verbot reiner „Selbstzweck"-Stiftungen aus (siehe dazu nur N. Arnold, Privatstiftungsgesetz § 1 Rz 13 mwN, § 5 Rz 4 und 17; OLG Wien, 28 R 274/04a = GeS 2005, 282 [N. Arnold]; OLG Innsbruck 3 R 110/96 = RdW 1996, 406), so verwirklicht die Tatsache einer solchen Stiftung doch nicht den Auflösungsgrund nach § 35 Abs 2 Z 2 PSG, hängt es doch nicht von der Erlaubtheit oder Nichterlaubtheit des Stiftungszwecks ab, ob er „erreicht oder nicht mehr erreichbar ist" (s auch ErlRV 1132 BlgNR 18. GP zu § 35 Abs 2 Z 2 PSG, abgedruckt bei N. Arnold, Privatstiftungsgesetz 547). Zur weiteren Ansicht des Rekursgerichts, im Fall einer Selbstzweckstiftung bestehe eine gerichtliche Auflösungsbefugnis analog zu § 35 Abs 3 zweiter Satz PSG (vgl G. Nowotny, Kann das Gericht eine Selbstzweckstiftung auflösen? GeS 2005, 228) muss hier nicht Stellung genommen werden. Denn nach der referierten Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt dem Antragsteller in diesem Fall eine Parteistellung im Hinblick auf die offensichtlich nur angeregte amtswegige Tätigkeit des Gerichts nicht zu.