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OGH vom 20.01.2021, 3Ob98/20p

OGH vom 20.01.2021, 3Ob98/20p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende sowie den Hofrat Hon.-Prof. PD Dr. Rassi, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Dr. Britta Schönhart-Loinig, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. A*****, vertreten durch Dr. Anika Loskot, Rechtsanwältin in Wien, als Kammerkommissärin gemäß § 34 RAO für Mag. Kurt Decker, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 42 R 396/19z-97, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 76 C 10/16g-89, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 504,31 EUR (hierin enthalten 84,05 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

[1] Dem Beklagten wurde aufgrund eines Vergleichs die Exekution zur Erwirkung der Gewährung des Zutritts zu seinen Fahrnissen in der Wohnung der Klägerin bewilligt.

[2] Die Vorinstanzen gaben der dagegen erhobenen exekutionsrechtlichen Klage der Klägerin statt und gingen davon aus, dass missbräuchliche (schikanöse) Exekutionsführung vorliege.

[3] Das Berufungsgericht ließ die Revision nach § 508 ZPO nachträglich zur Frage zu, ob im gegenständlichen Verfahren eine Bindungswirkung an die Rekursentscheidung im Exekutionsverfahren bestehe.

[4] Die vom Beklagten erhobene (und von der Klägerin beantwortete) Revision ist – ungeachtet des berufungsgerichtlichen Zulassungsausspruchs – in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig und somit zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Die Vorinstanzen haben der Klage wegen rechtsmissbräuchlicher bzw schikanöser Exekutionsführung stattgegeben. Die dazu vorgebrachten Argumente des Beklagten werfen keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[6] 1.1 Eine Exekutionsführung ist dann schikanös, wenn damit der Schädigungszweck im Verhältnis zu anderen Zielen der Rechtsausübung deutlich in den Vordergrund tritt (3 Ob 234/10y). Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage (RISJustiz RS0110900). Deren Würdigung im Lichte der Leitlinien der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs begründet nur dann eine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO, wenn dem angefochtenen Urteil insofern eine krasse Fehlbeurteilung anhaftet (RS0110900 [T2]).

[7] 1.2 Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die sich im Laufe der Zeit steigernden und sukzessive auf die ganze Wohnung ausgedehnten Zutrittswünsche und auch tatsächlich stattgefundenen zahlreichen Zutritte des Beklagten rechtsmissbräuchlich erfolgt seien, weil sie darauf abgezielt hätten, die Klägerin in ihrer Nutzung der Ehewohnung zu stören, die der Beklagte nicht zur dauerhaften Einlagerung seiner persönlichen Fahrnisse benötigte, ist jedenfalls vertretbar und bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

[8] 1.3 Die Revision bestreitet zwar das Vorliegen einer schikanösen Exekutionsführung, zielt aber die Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht in Zweifel, dass bei – hier vom Berufungsgericht ohne korrekturbedürftige Fehlbeurteilung bejahter – schikanöser Exekutionsführung der Anspruch des Beklagten auf Zutrittsgewährung endgültig erloschen ist. Ungeachtet der Bezugnahme auf einzelne Strafbeschlüsse in der Formulierung von Klagebegehren und Urteilsspruch ist daher nach der Entscheidung des Berufungsgerichts der Anspruch insgesamt erloschen.

[9] 2. Die Entscheidung hängt nicht von der Lösung der vom Beklagten aufgeworfenen „Bindungsfrage“ ab, sodass die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht darauf gestützt werden kann (RS0088931). Die Vorinstanzen begründeten die Klagestattgabe nämlich primär mit rechtsmissbräuchlicher Exekutionsführung. Es kommt nicht darauf an, ob sie mit ihrem zusätzlichen Argument, dass sich die Klägerin mit ihrem Verhalten auch nicht im Widerspruch zum Exekutionstitel gesetzt habe, gegen eine allfällige Bindungswirkung des im Exekutionsbewilligungsverfahren erzielten Auslegungsergebnisses verstoßen haben.

[10] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00098.20P.0120.000

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Fundstelle(n):
OAAAD-70275