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OGH vom 12.03.2008, 7Ob9/08m

OGH vom 12.03.2008, 7Ob9/08m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Margit S*****, vertreten durch Dr. Peter Döller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** KG, *****, vertreten durch Boesch & Vintschgau, Rechtsanwälte in Wien, wegen 671,04 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse: 335,52 EUR) gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 34 R 108/07w-13, womit aus Anlass der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom , GZ 8 C 3/07z-8, und das bisherige Verfahren im angefochtenen Umfang (Zuspruch von 335,52 EUR) als nichtig aufgehoben und die Klage insoweit zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 142,85 EUR (darin enthalten 23,81 EUR an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin leitete bei der Schlichtungsstelle ein Verfahren zur Überprüfung der Betriebskostenabrechnung ein und nannte als Antragsgegnerin die im Grundbuch eingetragene Liegenschaftseigentümerin, vertreten durch die Beklagte. Tatsächlich verwaltet zwar die Beklagte die Liegenschaft, jedoch nicht für die Liegenschaftseigentümerin, sondern für die im Grundbuch einverleibte Baurechtsberechtigte. Die hier Beklagte, vertreten durch die Beklagtenvertreter, stellte im Verfahren den Antrag, dem Verfahren „beizutreten" und erstattete konkretes Vorbringen zu den Betriebskostenabrechnungen. Sie ließ dabei offen, für wen sie einschritt. In einem weiteren Schriftsatz wies sie unter anderem darauf hin, dass die in ihrem „Antrag angegebene beklagte Partei nicht Vermieterin der beteiligten Parteien ist", nahm jedoch weiter inhaltlich Stellung und übersandte Mieterlisten an die Schlichtungsstelle. Die Beklagte gab nicht bekannt, dass sie die als Antragsgegnerin bezeichnete Partei nicht vertrete. Unter Vorlage der gegen die Antragsgegnerin ergangenen Entscheidung der Schlichtungsstelle rief die Beklagte das Gericht nach § 40 MRG an und erklärte, mit der Entscheidung nicht zufrieden zu sein. Die nunmehr anwaltlich vertretene Klägerin erstattete noch einen vorbereitenden Schriftsatz, bevor eine Tagsatzung abgehalten wurde. Die Rechtsvertreterin der Beklagten teilte in dieser Tagsatzung mit, dass sie lediglich die Beklagte vertrete, diese jedoch nicht die Antragsgegnerin. Für die Antragsgegnerin sei daher zur Tagsatzung niemand erschienen. Sie gab informativ befragt an, dass die Beklagte die Baurechtsberechtigte, nicht jedoch die Liegenschaftseigentümerin vertrete. Die Hausverwaltung habe sich nicht als Vertreterin ausgegeben. Vor Schluss der Verhandlung legte der Vertreter der Klägerin Kostennote für den vorbereitenden Schriftsatz und Teilnahme an der Tagsatzung in der Höhe von insgesamt 670,24 EUR. Mit Beschluss 30 Msch 53/04i-19 des Bezirksgerichts Leopoldstadt wurde der Antrag der Beklagten nach § 40 MRG als Einschreiterin zurückgewiesen. In der Begründung führte das Gericht aus, dass die Beklagte keine Vertretungsbefugnis für die Antragsgegnerin habe. Da diese nicht Verfahrenspartei sei und auch keine Vertretungsbefugnis habe, sei der Antrag mangels Aktivlegitimation zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin sei nicht zum Kostenersatz zu verhalten, weil sie den Abzug zum Gericht durch einen nicht vertretungsbefugten Einschreiter nicht veranlasst habe. Eine Kostenersatzpflicht der Einschreiterin (= Beklagte) selbst bestehe nach § 37 Abs 3 Z 19 MRG nicht, weil es sich bei dieser nicht um eine Partei des Verfahrens im Sinn dieser Bestimmung handle. Die Beklagte sei von der Antragstellerin (= Klägerin) lediglich als Vertreterin der Antragsgegnerin bezeichnet worden. Diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Die Klägerin begehrt nun den Ersatz der im Msch-Verfahren verzeichneten Kosten von der Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes. Da der Beklagten im Msch-Verfahren keine Parteistellung zugekommen sei, müsse sie ihren Kostenersatzanspruch im streitigen Rechtsweg durchsetzen. Die Beklagte habe durch ihre mutwillige Vorgangsweise der Klägerin unnötige Verfahrenskosten verursacht. Sie habe es unterlassen offenzulegen, dass sie für die Antragsgegnerin gar nicht vertretungsbefugt sei. Der Antrag nach § 40 MRG erwecke aber den objektiven Eindruck, dass dieser für die Antragsgegnerin gestellt worden sei.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Es bestehe nur zwischen ihr und der Baurechtsberechtigten ein Vertragsverhältnis. Sie habe lediglich aus Vorsicht an die Schlichtungsstelle mit Vollmacht des Baurechtsberechtigten eine Äußerung erstattet. Sie habe darin kein Vertretungs- oder Vollmachtsverhältnis zur Antragsgegnerin behauptet, sondern ausgeführt, dass die in ihrem Antrag angegebene „beklagte Partei" nicht die Vermieterin sei. Diese sei aber dem Verfahren gar nicht beigezogen worden. Die Beklagte habe aus Vorsicht und Sorge über eine allfällige Fristversäumnis den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht gestellt. Der Klägerin habe spätestens bei Vorliegen des Vergleichsanbots der Baurechtsberechtigten klar sein müssen, dass diese Vermieterin sei. Habe sie sich dennoch in das Verfahren eingelassen und einen Schriftsatz erstattet, so treffe sie ein Mitverschulden an den verursachten Kosten, das zumindest gleich schwer wiege.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren unter Berücksichtigung eines 50 %igen Mitverschuldens der Klägerin mit 335,52 EUR samt 4 % Zinsen seit statt und wies das Mehrbegehren ab. Die Beklagte habe in dem Verfahren zur Überprüfung von Betriebskostenabrechnungen durch ihre Eingaben und ihr Auftreten in den Verfahren vor der Schlichtungsstelle und dem Gericht als falsus procurator der Klägerin Verfahrenskosten verursacht und sei deshalb schadenersatzpflichtig, weil sie nicht Verfahrenspartei des Schlichtungsstellenverfahrens gewesen sei. Die Klägerin treffe ein Mitverschulden im Ausmaß von 50 %, da bei einer sorgfältigen Prozessführung die mangelnde Passivlegitimation des Antragsgegners und die fehlende Vertretungsvollmacht hätte erkannt werden müssen.

Das Berufungsgericht hob aus Anlass der Berufung der Beklagten das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies die Klage, soweit das Klagebegehren nicht bereits rechtskräftig abgewiesen wurde, zurück. Es vertrat die Rechtsansicht, dass das Handeln der Beklagten als eine Vertretung im gerichtlichen Verfahren ohne Vollmacht zu bewerten sei. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre bestehe eine Haftung des ohne Vollmacht handelnden Vertreters nicht nur in Fällen, in denen dieser einstweilig zugelassen worden sei, sondern per analogiam auch dann, wenn sich erst im Verlauf des Verfahrens seine mangelnde Bevollmächtigung herausstelle. Der Kostenersatzanspruch gegen den vollmachtlosen Vertreter müsse bei sonstigem Ausschluss im anhängigen Verfahren geltend gemacht werden. Eine gesonderte Klagsführung sei nicht zulässig und begründe Nichtigkeit. Die Klägerin hätte daher ihre anwaltlichen Vertretungskosten im Msch-Verfahren geltend machen müssen. Eine gesonderte Betreibung der anwaltlichen Vertretungskosten aus dem Titel des Schadenersatzes scheide aus.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung aufzutragen.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, auch wenn der Entscheidungsgegenstand 4.000 EUR nicht übersteigt und keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (RIS-Justiz RS0043882), weil das Berufungsgericht erstmals die Nichtigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens aufgreift und funktionell gleichsam als erste Instanz entscheidet (RIS-Justiz RS0043861, RS0116348, RS0102655). Er ist aber nicht berechtigt.

Für die in § 37 Abs 1 MRG genannten Verfahren gelten die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, soweit nicht in § 37 Abs 3 MRG Besonderheiten normiert sind (§ 37 Abs 3 MRG). § 37 Abs 3 Z 19 MRG bezieht sich auf den Kostenersatz zwischen den Parteien. Die Vertretungspflicht im Allgemeinen ist hingegen in § 6 AußStrG geregelt, dessen Abs 4 auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über Bevollmächtigte sinngemäß verweist, wenn nichts anderes angeordnet ist. Damit gelten die §§ 26 bis 39 ZPO sinngemäß im außerstreitigen Verfahren (Fucik/Kloiber, AußStrG, § 6 Rz 8, Rechberger, AußStrG, § 6 Rz 6). Daher ist § 38 ZPO auch im außerstreitigen Mietrechtsverfahren sinngemäß anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung ist wegen der vollkommen gleichen Interessenslage § 38 Abs 2 ZPO analog auf alle Fälle anzuwenden, in denen das Verfahren ausschließlich wegen mangelnder Bevollmächtigung für nichtig erklärt wird (2 Ob 2020/96i, 6 Ob 280/06d; RIS-Justiz RS0107742). In all diesen Fällen hat der Prozessgegner gegenüber dem ohne Vollmacht Handelnden Anspruch auf Ersatz seiner Kosten und Schäden, die durch das vollmachtlose Einschreiten entstanden sind. Dadurch steht dem Prozessgegner ein Verfahren zur Geltendmachung seiner Kosten und Schäden offen. Es handelt sich dabei um ein Kostenersatzverfahren im Rahmen des Verfahrens, in dem ohne Bevollmächtigung eingeschritten wurde. Eine weitere, gesonderte Klagsführung ist nicht gestattet (RIS-Justiz RS0107742; Zib in Fasching/Konecny2, § 38 ZPO Rz 32, Obermaier, Das Kostenhandbuch, Rz 388). Der Kostenersatzanspruch bleibt auch in diesem Fall ein solcher öffentlich-rechtlicher Natur und kann daher nicht selbständig im Klageweg geltend gemacht werden (vgl RIS-Justiz RS0035721). Die Klägerin hat zwar im Msch-Verfahren ihre Kostennote gelegt, das Bezirksgericht Leopoldstadt hat jedoch ihren Antrag auf Kostenzuspruch in der Begründung abgewiesen. Die Klägerin hätte diese Entscheidung im Rechtsmittelweg bekämpfen können, was sie jedoch unterließ.

Das Berufungsgericht hat die vorliegenden Rechtsfragen zutreffend gelöst.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.