OGH vom 27.01.2015, 5Ob80/14x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Verlassenschaft nach G***** R*****, zuletzt wohnhaft gewesen *****, 2. C***** S 3. P***** R*****, 4. R***** G*****, 5. A***** S 6. M***** A*****, 7. S***** G*****, 8. Z***** D*****, 9. P***** D*****, alle vertreten durch MMag. Peter Schweiger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. S***** K*****, 2. M***** D***** K*****, 3. A***** H*****, 4. T***** H*****, alle *****, alle vertreten durch Gabler Gibel Ortner Rechtsanwälte OG in Wien, wegen §§ 21, 37 Abs 1 Z 12 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 39 R 140/13x 19, mit dem infolge Rekurses der Antragsteller der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Meidling vom , GZ 9 Msch 8/12a 13, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren besteht nur eine eingeschränkte Amtswegigkeit (vgl dazu 5 Ob 48/13i; RIS Justiz RS0083783; RS0029344; RS0070480; RS0069653; vgl auch Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 16 Rz 36 ff, insb Rz 40), die sich besonders in Verfahren, in denen Abrechnungen oder Kostenpositionen zu überprüfen sind (vgl etwa zur Abrechnung im Wohnungseigentum RIS Justiz RS0069653), auf das von der Partei erhobene Sachvorbringen beschränkt (vgl 5 Ob 183/09m [Konkretisierungspflicht]), sieht doch § 16 Abs 2 AußStrG ausdrücklich neben der Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht auch eine Mitwirkungspflicht der Parteien vor (5 Ob 159/06b). Erst wenn im zuvor dargestellten Sinn konkrete Sacheinwendungen erhoben wurden oder ein bestimmter abgegrenzter Sachverhalt amtswegig klärungsbedürftig erscheint und danach Unklarheiten verbleiben, stellen sich Fragen der Beweislast, die etwa betreffend die Überwälzbarkeit von Versicherungsprämien zu Lasten des Vermieters gehen (5 Ob 237/09b).
1.2. Fehlt es an einem zureichenden Vorbringen in erster Instanz, steht diesem im Rechtsmittelverfahren das Neuerungsverbot entgegen. Dabei kommt der Frage der Auslegung des erstinstanzlichen Parteivorbringens auf seine Behauptungstauglichkeit in Bezug auf einen geltend gemachten Anspruch (Einwand) regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (RIS Justiz RS0042828 [insb T 6 und T 7]; 5 Ob 31/13i; 5 Ob 48/13i).
1.3. Schließlich ist eine Rechtsrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn darin bestimmt begründet wird, warum der festgestellte Sachverhalt rechtlich unrichtig beurteilt wurde oder dass infolge eines Rechtsirrtums eine entscheidungswesentliche Tatsache nicht festgestellt wurde (10 ObS 33/02d; 1 Ob 70/12v; 5 Ob 199/12v; vgl auch RIS Justiz RS0043605; RS0043603; RS0041719; Pimmer in Fasching/Konecny ² § 496 ZPO Rz 58).
2. Die Ausführungen der Antragsteller zum Holzgartenhaus im vermeintlich „nicht benutzten/unbenutzbaren“ Garten als zweitem Risiko (Punkt 2.1.), zu näher bezeichneten Versicherungsbedingungen und einem Kategorieabschlag (Punkt 2.2.) hat das Rekursgericht als unzulässige Neuerungen gewertet. Eine im Lichte der zu 1.2. dargestellten Grundsätze als unvertretbar aufzugreifende Beurteilung des Rekursgerichts ist darin jeweils nicht zu erkennen. Auch die Positionen „Katastrophenhilfe-Grunddeckungen“ und die in der LWS-Versicherung inkludierte Einbruchsdiebstahl-versicherung haben die Antragsteller vor dem Erstgericht nicht zumal nachvollziehbar konkret aufgegriffen, sodass auf diese Punkte im Rechtsmittelverfahren schon deshalb nicht mehr einzugehen war (Punkte 2.6., 3.3. und 3.5.).
3. Die Frage „der Anzahl der vermieteten Mietgegenstände“ (§ 21 Abs 1 Z 6 MRG) ist in gewissem Umfang Tatfrage und kann insoweit vor dem Obersten Gerichtshof nicht aufgegriffen werden. Im Übrigen beschränken sich die Antragsteller zu dieser und zur weiteren Frage, welche Bestandobjekte infolge Zusammenlegung als Einheit zu werten (vgl dazu etwa RIS Justiz RS0014368 und zur Einzelfallbezogenheit dieser Rechtsfrage vgl 5 Ob 144/08z) und zu zählen seien darauf, die von den Vorinstanzen dazu vertretene Rechtsansicht als unrichtig zu qualifizieren, ohne substanziell inhaltliche Gegenargumente vorzutragen und die konkrete Relevanz, die gegebenenfalls welche abweichende Zählweise im vorliegenden Fall haben könnte, aufzuzeigen.
4. Zur Frage der Betriebskosten als Hauptleistungspflicht des Mieters im Zusammenhang mit § 879 Abs 3 ABGB beschränken sich die Antragsteller ebenfalls darauf, die Unrichtigkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichts zu behaupten; substanzielle Gegenargumente werden aber nicht vorgetragen und es fehlt auch jede Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Lehre. Insoweit (Punkte 2.3., 2.4., 3.2. und 3.5.) ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt.
5. Die Regelung des § 6 Abs 3 KSchG findet zufolge § 41a Abs 4 Z 2 KSchG (nur) auf Verträge Anwendung, die ab abgeschlossen wurden (Punkt 2.5.).
6. Die von den Antragstellern aufgeworfene Frage einer angeblich „unzulässigen und exzessiven“ Deckungserweiterung in der LWS-Versicherung durch einen Rohrlängenersatz von 15 m (Punkt 2.7.) ist eine typisch einzelfallbezogene Beurteilung der Angemessenheit der Versicherung, der keine erkennbare über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Antragsteller haben vor dem Erstgericht auch keine Tatsachen vorgetragen, die in diesem Punkt eine als unvertretbare aufzugreifende Beurteilung der Vorinstanzen erweisen könnten.
7. Zu den Informationsmöglichkeiten des Mieters über den Inhalt abgeschlossener Versicherungen (Punkt 2.8., 3.1. und 3.6.) liegt bereits Rechtsprechung vor (5 Ob 35/09x), mit der sich die Antragsteller jedoch nicht auseinandersetzen.
8. Den (theoretisch-abstrakten) Ausführungen zur vermeintlichen „Rückdatierung“ der Versicherungsverträge und den von den Antragstellern daraus abgeleiteten Folgen (Punkt 2.9.) fehlt ein entsprechendes erstinstanzliches Tatsachensubstrat; deren konkrete Relevanz für die Beurteilung des vorliegenden Falls ist ebenfalls nicht erkennbar und wird auch nicht aufgezeigt.
9. Den nur sehr pauschal vorgetragenen Bedenken der Antragsteller in Richtung verdünnter Willensfreiheit und Verfassungsmäßigkeit der Bindung an eine gemäß § 21 Abs 1 Z 6 MRG erteilte Zustimmung (Punkte 2.10. und 2.11.) muss hier schon deshalb nicht näher nachgegangen werden, weil sie bestehende Informationsmöglichkeiten des Mieters (vgl 5 Ob 35/09x) und die jedenfalls mögliche gerichtliche Angemessenheitsprüfung gänzlich außer Acht lassen.
10. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs unzulässig und folglich zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00080.14X.0127.000