OGH vom 22.10.1991, 5Ob56/91
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Grundbuchssache der antragstellenden Pfandgläubigerin Raiffeisenkasse T*****, vertreten durch Dr.Manfred Opperer, Rechtsanwalt in Telfs, wegen der Einverleibung des Pfandrechts bis zum Höchstbetrag von 3,800.000 S für die Kreditforderung der Kreditunternehmung ob der Liegenschaft EZ ***** KG ***** Z*****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 3 b R 36/91-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom , TZ 985/82, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Rekurs des Roman N***** sen. gegen den erstgerichtlichen Beschluß zurückgewiesen wird.
Text
Begründung:
Nach dem Inhalt der Pfandbestellungsurkunde vom verpfändete Roman N*****, geboren am , die Liegenschaften EZ ***** KG Z***** und EZ ***** KG V*****, die in seinem Eigentum stünden, der Kreditunternehmung zur Sicherstellung der ihr gegen eine Kommdantigesellschaft "Fa. Sport N***** Ges.m.b.H. & Co KG" aus gewährten und zu gewährenden Krediten erwachsenen und erwachsenden Forderungen bis zum Höchstbetrag von S 3,800.000 und willigte in die Einverleibung des Höchstbetragspfandrechtes ob den beiden Liegenschaften ein. Die Echtheit der Unterschrift des Pfandbestellers Roman N*****, geboren am , Kaufmann, I*****straße 9, V*****, bestätigte das Bezirksgericht Innsbruck am . Die Unterschriften der für die Kreditunternehmung zur Vertretung berechtigten Geschäftsleiter wurde am notariell beglaubigt.
Das Erstgericht bewilligte auf Ansuchen der Kreditgeberin am auf Grund der Pfandbestellungsurkunde die Einverleibung des Höchstbetragspfandrechtes ob der "Roman N*****, geboren am ", gehörigen Liegenschaft EZ ***** KG Z***** als Haupteinlage mit der Anordnung, daß davon Roman N***** in ***** V***** zu verständigen sei.
Die Ausfertigung dieses Grundbuchsbeschlusses wurde, weil der Empfänger Roman N***** an der angegebenen Abgabestelle "Bahnhof - Umgebung 6, ***** V*****" beim ersten Zustellversuch am und auch beim zweiten Zustellversuch am nicht angetroffen worden war, am beim Postamt ***** V***** hinterlegt (§ 120 Abs 1 GBG und §§ 106 und 104 ZPO idF vor ZustG).
Die Einverleibung des Höchstbetragspfandrechtes ist in CLNR 1 erfolgt. Die Liegenschaft wurde zu E 2/89 des Bezirksgerichtes Telfs am versteigert. Die Erteilung des Zuschlages an die Raiffeisenkasse T***** regGenmbH ist in BLNR 1b angemerkt (TZ 2464/1989). Die bücherliche Einverleibung des mit dem Zuschlage erworbenen Eigentumsrechtes der Ersteherin iSd § 237 Abs 1 EO stand noch aus, als das Rekursgericht entschied.
Am erhob Roman N*****, geboren am , der die Liegenschaft am gekauft hatte und durch Einverleibung zu TZ 718/1961 Eigentümer der Liegenschaft geworden war (BLNR 1a), gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom , mit dem die Einverleibung des Höchstbetragspfandrechtes für die Kreditunternehmung (CLNR 1a) bewilligt worden war, Rekurs. Ihm sei der angefochtene Beschluß nie zugestellt worden. Die Verpfändung sei nicht durch ihn, sondern seinen Sohn mit gleichem Vornamen und Familiennamen erfolgt, der aber nie Eigentümer der Liegenschaft gewesen sei.
Das Rekursgericht änderte über diesen Rekurs den erstgerichtlichen Beschluß in die Abweisung des Einverleibungsgesuches der Kreditgeberin ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Rekurswerber sei entgegen der Vorschrift des § 119 Z 1 GBG dem Eigentümer der Liegenschaft Roman N***** sen., geboren am , nicht gesetzmäßig zugestellt worden. Die Anschrift sei unrichtig angegeben gewesen, im Haus I*****straße 9, ***** V*****, hätten jedoch sowohl der Rekurswerber als auch sein Sohn gleichen Namens gewohnt. Die Hinterlegung der Sendung habe keine wirksame Zustellung bewirken können. Eine Heilung des Zustellmangels sei nicht erwiesen.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich die Kreditunternehmung mit ihrem auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses auf Einverleibung ihres Pfandrechtes abzielenden Revisionsrekurs.
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Der Ausspruch des Rekursgerichtes über den Wert des Entscheidungsgegenstandes ist bei der nach § 126 Abs 2 GBG und § 13 Abs 2 AußStrG gebotenen sinngemäßen Anwendung des § 57 JN und des § 60 Abs 2 JN im Ergebnis zutreffend, weil der Einheitswert der Liegenschaft zur Zeit der Entscheidung des Rekursgerichtes S 50.000 übersteigt.
Soweit die Rechtsmittelwerberin darauf beharrt, der Rekurs des Roman N***** sen. gegen den Beschluß vom , TZ 985/82, sei verspätet erhoben, weil eine wirksame Zustellung schon mit der Hinterlegung am erfolgt, das Rechtsmittel aber erst am bei Gericht eingelangt sei, verkennt sie, daß eine nach den damals geltenden Zustellvorschriften erfolgte Zustellung nicht erwiesen ist. Die Sendung mit der Ausfertigung des zu eigenen Handen zuzustellenden Beschlusses war an einen "Roman N*****" mit der Anschrift "Bahnhof - Umgebung 6, ***** V*****" adressiert und wurde nach der in den Akten vorhandenen Beurkundung des Postamtes ***** V*****, nachdem der Empfänger am beim ersten Zustellversuch nicht angetroffen wurde und am Zustellort die Aufforderung zurückgelassen worden war, zur Annahme des Schriftstückes zu einer ihm bestimmten Zeit am Orte der Zustellung anwesend zu sein, am beim Zustellpostamt hinterlegt, weil der Empfänger auch beim zweiten Zustellversuch nicht angetroffen wurde (§ 120 Abs 1 GBG iVm § 106 ZPO idF vor dem erst am in Kraft getretenen ZustG BGBl 1982/200). Bei der Bezeichnung der Wohnung handelte es sich aber um die Grundstücksadresse in Z***** und nicht um die Wohnung des Liegenschaftseigentümers, der in V***** lebte. Nach den Unterlagen der Post ist in den Abgabepapieren nicht mehr feststellbar gewesen, was mit der am hinterlegten Sendung geschah, weil die gesetzliche Aufbewahrungsfrist längst abgelaufen und der Beleg dem Altpapier zugeführt worden war. Da auch nicht aktenkundig ist, daß der Sohn des Liegenschaftseigentümers zur Empfangnahme von Klagen iSd § 106 Abs 1 ZPO ermächtigter Vertreter war und im Haus I*****straße 9 in ***** V***** zwei Personen mit dem gleichen Namen wohnten, blieb die Zustellung durch Hinterlegung wirkungslos. Daß das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist und damit die Zustellung als vollzogen galt (§ 108 ZPO idF vor ZustG), läßt sich nicht beweisen. Die amtswegig zu bewirkende Zustellung ist aber nur dann gesetzmäßig erfolgt, wenn nachweisbar die maßgeblichen Zustellvorschriften eingehalten, also auch die Person des Empfängers zweifelsfrei bezeichnet worden war. Daran ändert der Umstand nichts, daß weder der Pfandgläubigerin noch den Organen des Grundbuchsgerichtes bekannt war, daß Vater und Sohn gleichen Namens im selben Haus wohnten und daß der Pfandbesteller nicht der Liegenschaftseigentümer war.
Im reinen Urkundsverfahren wäre nicht zu untersuchen, ob der Liegenschaftseigentümer, der selbst die Urkunde nicht beglaubigt unterfertigt hatte, seinen Sohn mit der Pfandbestellung beauftragt oder diese später gebilligt hätte. Entscheidend ist nur, daß mit dem erstrichterlichen Beschluß die Pfandrechtseinverleibung bewilligt wurde, obwohl die Einwilligung nicht vom Eigentümer, sondern von seinem gleichnamigen Sohn erteilt worden war, und daß ein Nachweis, daß der Grundbuchsbeschluß dem Eigentümer mehr als 30 Tage vor Einlangen seines Rekurses zugestellt wurde oder zugekommen ist, fehlt. Daß der Eigentümer früher von der verfügten bücherlichen Eintragung
erfahren hatte, setzte die Frist nicht in Lauf (SZ 45/74 =
EvBl 1973/19 = RPflSlg 1416). Auch der Verlauf von mehr als drei
Jahren stand der sachlichen Erledigung des Rekurses nicht entgegen, weil es nicht darum geht, daß gutgläubige Nachmänner auf die Eintragung vertrauen konnten. Das Rekursrecht ist hingegen nicht auf drei Jahre ab dem Einlangen des Grundbuchsantrages beschränkt und konnte innerhalb der zivilrechtlichen Verjährungsfrist von dreißig Jahren (§ 1479 ABGB) ausgeübt werden, weil die Kreditunternehmung durch die bekämpfte Einverleibung unmittelbar Pfandgläubigerin wurde (vgl JBl 1961, 369; SZ 35/91; SZ 61/256).
Die Zulässigkeit des Rekurses des Roman N***** sen. ist aber mangels Beschwer desselben (5 Ob 28/76 und 5 Ob 30/80) aus folgenden Gründen zu verneinen:
Rechtliche Beurteilung
Die Erteilung des Zuschlages wird wegen der Wortfolge im § 237 Abs 1 EO als Ausnahme vom Eintragungsgrundsatz anerkannt (Koziol-Welser8 II 85; Rechberger-Simotta, Exekutionsverfahren Rz 512; Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 431). Ab Erteilung des Zuschlages ist daher der im Grundbuch als Eigentümer Eingetragene nicht mehr Eigentümer der Liegenschaft, mag auch das Eigentum des Erstehers ein auflösend bedingtes sein (EvBl 1968/256). Dies ändert nämlich nichts daran, daß der Ersteher wirklicher Eigentümer der Liegenschaft geworden ist, und zwar unbeschadet des Umstandes, daß sein Eigentumsrecht noch nicht im Grundbuch einverleibt, sondern nur die Erteilung des Zuschlages angemerkt ist.
So wie der Verpflichtete vom Tag der Erteilung des Zuschlages an nicht mehr Hypothekenlöschung begehren oder sein Verfügungsrecht nach § 469 ABGB ausüben kann (EvBl 1968/256), ist ihm mangels Eigentümereigenschaft auch die Geltendmachung unrichtiger Eintragungen in der Grundbuchseinlage einer ihm nicht mehr gehörenden Liegenschaft verwehrt. Ihm fehlt jegliches Rechtsschutzinteresse daran, daß ein bestimmtes Pfandrecht - mag es auch vom Anfang an zu Unrecht eingetragen worden sein - nicht mehr in der Einlage einer ihm nicht mehr gehörenden Liegenschaft aufscheint. Betroffen kann er diesbezüglich nämlich nur insoweit sein, als im Rahmen der Meistbotsverteilung der betreffende Pfandgläubiger (entweder zu Lasten anderer Pfandgläubiger oder zu Lasten eines verbleibenden Überrestes zugunsten des Verpflichteten) zum Zug kommt. Dies ist aber vom Verpflichteten bzw den betroffenen anderen Pfandgläubigern im Rahmen des Meistbotsverteilungsverfahrens, gegebenenfalls im Rahmen eines sich daraus ergebenden Rechtsstreites geltend zu machen.
Es hat also auch bei der hier gegebenen besonderen Fallgestaltung dabei zu bleiben, daß nur der Eigentümer der Liegenschaft - nicht aber ein Dritter, also auch nicht der frühere Eigentümer - zum Rekurs gegen die Bewilligung grundbücherlicher Eintragungen legitimiert ist.
Dem steht auch nicht entgegen, daß sich der Kreis der Rekursberechtigten grundsätzlich nach dem Interessensstand zur Zeit der angefochtenen Eintragung richtet und daher der nachträgliche Eintritt in den Kreis der an der Liegenschaft Berechtigten nicht rückwirkend das Rekursrecht verschaffen kann (EvBl 1969/244), daß also dem neuen Eigentümer gleichfalls kein Rekursrecht gegen Grundbuchsbeschlüsse zusteht, deren maßgebender Beurteilungszeitpunkt noch in die Zeit des Eigentumsrechtes seines Vormannes fällt. Auch in diesem Fall ist der Nachmann auf den Klageweg verwiesen.
Das Rekursgericht hätte daher richtigerweise den Rekurs des Roman N***** sen. infolge Wegfalles seiner Rekurslegitimation durch Erteilung des Zuschlages an die Antragstellerin zurückweisen sollen. Der angefochtene rekursgerichtliche Beschluß war daher in diesem Sinn abzuändern.