OGH vom 13.05.2009, 7Ob5/09z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Herbert Z***** und 2. Mag. Andreas Z*****, beide vertreten durch Mag. Michael Stanzl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Sigrid N*****, vertreten durch Dr. Betram und Dr. Wolfgang Broesigke, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 39 R 282/08x-15, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichts Josefstadt vom , GZ 5 C 78/08b-9, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig der beklagten Partei die mit 999,29 EUR (darin 166,55 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulassung der Revision nicht gebunden. Entgegen diesem Ausspruch ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil - soweit überblickbar - keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob der Vermieter mittels Unterlassungsklage gegen das Betreiben einer PR-Agentur ohne Kundenfrequenz in einer ausschließlich zu Wohnzwecken zu benützenden Wohnung durch den Mieter vorgehen könne. Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO werden mit dieser Zulassungsbegründung, auf die sich auch die Revision beruft, nicht aufgezeigt, weil die Vorinstanzen die angesprochene Problemstellung im Einklang mit der bereits vorliegenden Judikatur gelöst haben:
Nach ständiger Rechtsprechung ändert nämlich der Umstand, dass in einer gemieteten Wohnung einzelne Räume etwa für eine ärztliche Praxis des Mieters verwendet werden, dann nichts an dem Charakter des Mietgegenstands als Wohnung, wenn auch weiterhin eine Verwendung zu Wohnzwecken vorliegt (5 Ob 738/78 = MietSlg XXXI/11 [31.192]). Für diese Beurteilung spricht - wie der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits dargelegt hat (3 Ob 523/90) - die für die Zulässigkeit der Vereinbarung über die Höhe des Hauptmietzinses geschaffene Regelung gemäß § 16 Abs 1 Z 1 MRG, wonach bei gemischter Verwendung eines Bestandobjekts nur der für Wohnungen zulässige Hauptmietzins angerechnet werden darf, wenn die Verwendung zu Geschäftszwecken die Verwendung zu Wohnzwecken nicht bedeutend überwiegt .
Ständiger Rechtsprechung entspricht es weiters, dass bei Berufen wie denen des Realitätenvermittlers, Rechtsanwalts oder Arztes, die - wie die PR-Agentur der Beklagten - üblicherweise in der Wohnung ausgeübt werden, (auch) die zur Berufsausübung erforderlichen Räume als Wohnraum und nicht als Geschäftsraum anzusehen sind, weil in solchen Fällen das Wohnbedürfnis und der Berufszweck einander mindestens die Waage halten (RIS-Justiz RS0068895; 7 Ob 245/01g mwN). Ist das gemischt genutzte Objekt die einzige Wohnung, so stellt sich (wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat) die Frage, ob der Wohn- oder der Geschäftszweck überwiegt, daher von vornherein nicht, weil selbst bei weitestgehender räumlicher Beschränkung (die hier gar nicht vorliegt) die Wohnverwendung im Vordergrund steht (RIS-Justiz RS0115015 = 1 Ob 177/00m mwN; 7 Ob 245/01g).
Richtig ist aber auch, dass der Oberste Gerichtshof schon ausgeführt hat, es möge zwar zulässig sein, in einer Wohnung den Rechtsanwaltsberuf auszuüben, ohne dass deshalb eine Widmungsänderung vorliegen müsse, davon könne aber nicht (mehr) gesprochen werden, wenn die Wohnung den Hauptmietern mit der Vereinbarung vermietet worden sei, den Mietgegenstand nur zu Wohnzwecken zu verwenden; am vertraglichen Ausschluss jeder anderen Verwendung der vermieteten Wohnung als zu Wohnzwecken könne nämlich ein besonderes anzuerkennendes Interesse des Vermieters bestehen. Diese Einschränkung sei in Ermangelung einer § 11 MRG vergleichbaren Vorschrift zulässig und bindend. Die Wohnung dürfe dann nur zu Wohnzwecken verwendet werden, weshalb etwa die Untervermietung von Teilen der Wohnung an einen Rechtsanwalt zu dessen Berufsausübung in der Wohnung einen Eingriff in durchsetzbar vertraglich begründete Rechte der Vermieterin darstelle und daher ihr Untersagungsanspruch insoweit zu Recht bestehe. Da diese Verwendung von Wohnungsteilen als Rechtsanwaltskanzlei einen Verstoß gegen die übernommene Verpflichtung, den Mietgegenstand nur zu Wohnzwecken zu verwenden, darstelle, müsse die (dortige) Klägerin auch nicht dulden, dass Kanzleischilder beim Hauseingang und beim Stiegenaufgang angebracht würden (RIS-Justiz RS0020522 [T2 und T 3] = 3 Ob 523/90).
Dieser Fall ist mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt jedoch nicht zu vergleichen; im vorliegenden Fall steht nämlich fest, dass die PR-Agentur der Beklagten nahezu keine Kundenfrequenz in ihrem Objekt hat (fünf Kunden im letzten Jahr), dass es keine Angestellten gibt (außer den Lebensgefährten der Beklagten, der mit ihr in dieser Wohnung zusammen wohnt), und dass die im 24 bis 25 m2 großen Arbeitszimmer erledigten geschäftlichen Tätigkeiten der Beklagten jenen entsprechen, die von Personen in einer 4-Zimmer-Wohnung (131,19 m2 Nutzfläche), in der ein Arbeitszimmer eingerichtet ist, auch sonst üblicherweise zu Hause verrichtet werden.
Nach den getroffenen Feststellungen kann somit gar nicht von einer gegen die Beschränkung auf Wohnzwecke verstoßenden Verwendung der Wohnung ausgegangen werden. Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu diesem ganz konkreten Sachverhalt fehlt, bedeutet keineswegs, dass die Entscheidung von der Lösung einer im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Frage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt (RIS-Justiz RS0102181; vgl RS0110702; 10 Ob 24/08i; 5 Ob 8/09a).
Die Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.