OGH vom 12.06.2018, 5Ob77/18m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.
Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Dr. K*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Hermann Aspöck, öffentlicher Notar in Salzburg, wegen Vormerkung des Eigentumsrechts ob Anteilen an der Liegenschaft EZ *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , AZ 53 R 275/17y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom , TZ 6294/2017, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung lautet:
„Urkunden
1 Kaufvertrag vom
2 Geburtsurkunde ***** *****
3 Geburtsurkunde ***** *****
4 Europäisches Nachlaßzeugnis vom
5 Bescheinigung (Gemeindeamt M***** ***** gemäß § 13d Abs 4 Z 2 SGVG 2001) vom
6 Bescheinigung (Gemeindeamt M***** gemäß § 2 Abs. 2 lit c) SGVG 2001) vom
Bewilligt wird
1in EZ *****
auf Anteil B-LNR *****
*****
E*****
GEB: ADR: ***** *****
a 695/1975 Wohnungseigentum an W *****
zu 487/54047 (hinsichtlich der Liegenschaft)
die Vormerkung des Eigentumsrechts
für Dr. K*****
Unbedenklichkeitsbescheinigungen fehlen
Verständigt werden
1 Dr. Hermann Aspöck, öffentlicher Notar,*****
2 Dr. K*****
*****
3 T*****
*****
4 Gemeindeamt M*****,
***** *****
5 Finanzamt St***** ***** *****“
Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Im Grundbuch der Liegenschaft EZ *****, ist zu B-LNR ***** E***** als Miteigentümer zu 487/54047-stel Anteilen eingetragen. Mit diesen Anteilen ist Wohnungseigentum an dem Objekt W ***** verbunden.
Unter Vorlage der im Spruch dieser Entscheidung angeführten Urkunden beantragte der Antragsteller, ihn als Eigentümer hinsichtlich des Mindestanteils des E***** zu B-LNR ***** vorzumerken. Aus dem vorgelegten Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) des Amtsgerichts München, ausgestellt am , ergibt sich, dass der am ***** geborene E***** am verstorben ist und seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in ***** hatte. In diesem Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) sind die Söhne des E*****, und zwar Dr. K*****, und T*****, als Erben je zur Hälfte der Verlassenschaft ausgewiesen. Dass der Mindestanteil des E***** zu B-LNR ***** der EZ ***** zur Verlassenschaft gehört, geht aus dem Europäischen Nachlasszeugnis nicht hervor. Mit Kaufvertrag vom hat T***** den vorbeschriebenen halben Mindestanteil an seinen Bruder Dr. K***** verkauft.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Vormerkung des Eigentumsrechts für den Antragsteller ab.
Es lägen zwei Abweisungsgründe vor. Es sei nicht möglich im Weg einer Sprungeintragung nach § 22 GBG nach einem (wegen Fehlens der Unbedenklichkeitsbescheinigung) nur vorgemerkten Eigentumsrecht des Zwischenerwerbers wiederum den weiteren Erwerber mangels Unbedenklichkeitsbescheinigung vorzumerken. Überdies sei die Einverleibung des Eigentumsrechts nach § 33 Abs 1 lit d GBG mit einem Europäischen Nachlasszeugnis nur dann möglich, wenn auch bestätigt werde, dass die Liegenschaft, auf die sich die Eintragung beziehe, zum Nachlass gehöre.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge.
Das Grundbuchsgesuch mit Auslandsbezug sei nach der EuErbVO zu beurteilen, weil der grundbücherliche Eigentümer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe und nach Inkrafttreten der Verordnung am , nämlich am verstorben sei. Das allgemeine Erbstatut iSd Art 23 Abs 1 EuErbVO richte sich nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes. Es regle den Übergang der zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte, Rechte und Pflichten auf die Erben (Art 23 Abs 2 lit e EuErbVO). Es sei damit – dem Hinweis im Europäischen Nachlasszeugnis entsprechend – materiell deutsches Recht anzuwenden. Aus dem Europäischen Nachlasszeugnis ergebe sich, dass die Kaufvertragsparteien je zur Hälfte gesetzliche Erben seien. Das anzuwendende materielle deutsche Recht sehe in § 1922 Abs 1 BGB eine Gesamtrechtsnachfolge vor. Die EuErbVO nehme vom Anwendungsbereich der Verordnung jede Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung sowie die Wirkung der Eintragung oder fehlenden Eintragung solcher Rechte in einem Register aus (Art 1 Abs 2 lit l EuErbVO). Im Spannungsverhältnis dazu lege Art 69 EuErbVO fest, dass ein Europäisches Nachlasszeugnis ein wirksames Schriftstück für die Eintragung des Nachlassvermögens in das einschlägige Register eines Mitgliedstaats sei. Ergänzend dazu habe der Gesetzgeber auch in § 33 Abs 1 GBG in lit d ausdrücklich Europäische Nachlasszeugnisse als öffentliche Urkunden aufgenommen, aufgrund deren Einverleibungen stattfinden könnten. Aufgrund der Bereichsausnahme nach Art 1 Abs 2 lit 1 EuErbVO blieben die nationalen Erfordernisse für die Eintragung im Register aufrecht. Der Erbe erwerbe in Durchbrechung des Intabulationsprinzips bereits mit Rechtskraft der Einantwortung Eigentum an den im Eigentum des Erblassers stehenden Liegenschaften, wobei aus dem Einantwortungsbeschluss hervorgehen müsse, welche Liegenschaften im Erbweg übergegangen seien. Von diesem Erfordernis sei auch bei einem Europäischen Nachlasszeugnis auszugehen. Art 68 lit l EuErbVO eröffne die Möglichkeit, im Verzeichnis auch jene Rechte und/oder Vermögenswerte anzuführen, die den Erben unter Bedachtnahme auf eine bestimmte Erbquote zukommen. Der Zweck der Verordnung, Verlassenschaftsabhandlungen zu vereinfachen, werde nicht dadurch behindert, dass nach österreichischem Recht für die Eintragung in das Register für unbewegliches Vermögen das Formalerfordernis nach § 33 Abs 1 lit d GBG verlangt werde, ausdrücklich jene Liegenschaften zu nennen, die im Erbweg übergegangen seien. Der vom Erstgericht genannte (zweite) Abweisungsgrund liege daher vor.
Soweit allerdings das Erstgericht es für unmöglich halte, auf eine beim Zwischenerwerber lediglich erfolgte Vormerkung des Eigentumsrechts nach Übertragung durch den Kaufvertrag auch beim Letzterwerber mangels Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung wiederum nur eine Vormerkung zu erwirken, sehe das Rekursgericht darin keinen weiteren Abweisungsgrund. Soweit die Eintragung des Zwischenberechtigten unterbleiben könne, handle es sich nur um den Entfall von überflüssigen Einverleibungen, die sogleich wieder durch eine Einverleibung ihrer Löschung gegenstandslos würden. Es sei bereits ausjudiziert, dass bei Weiterveräußerung durch einen vorgemerkten Eigentümer die Verbücherung auch so geschehen könne, dass die Vormerkung aufgrund des Verzichts des Vorgemerkten gelöscht und der neue Erwerber gemäß § 22 GBG als Eigentümer eingetragen werde. Aus der Aufsandungserklärung in der Weiterveräußerung ergebe sich eine Zustimmung zur Löschung der Vormerkung. Die Rechtfertigung wirke auf den Zeitpunkt der Vormerkung zurück. Daraus ergebe sich, dass keine gesetzlichen Hindernisse entgegenstünden, zunächst auf den nur vorgemerkten Zwischenerwerber auch einen nur vorgemerkten Letzterwerber folgen zu lassen, dem dann die Pflicht zukomme, zur Rechtfertigung der Vormerkungen zwei Unbedenklichkeitsbescheinigungen, nämlich eine für den Zwischenerwerber und eine für den Letzterwerber vorzulegen.
Grundverkehrsrechtliche Überlegungen sprächen nicht gegen die beantragte Vormerkung: §§ 23, 30 Abs 2 lit b Sbg GVG 2001 seien nach Inkrafttreten der EuErbVO in der Form zu ergänzen, dass neben einer Einantwortungsurkunde (nunmehr Einantwortungsbeschluss) und einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG (nunmehr § 182 AußStrG) auch ein Europäisches Nachlasszeugnis dem Nachweis diene, festzulegen, ob Personen zum Kreis der in § 22 Abs 2 Sbg GVG 2001 genannten Personen gehörten. Dies sei durch das vorgelegte Nachlasszeugnis hinreichend geschehen, weil dort das Eltern-Sohn Verhältnis festgehalten sei (§ 30 Abs 2 lit b Sbg GVG 2001). Damit sei der Zwischenerwerb zu einer (der später verkauften) Hälfte der Liegenschaft und der Letzterwerb zur weiteren (vom Käufer im Erbweg erworbenen) Hälfte hinreichend grundverkehrsrechtlich erfüllt. Für den Letzterwerb durch Kauf betreffend die weitere Hälfte sei eine Bescheinigung betreffend einen Bauplatz (§ 2 Abs 2 lit c iVm § 30 Abs 1 Z 2 lit a, lit aa Sbg GVG 2001), eine Bescheinigung nach § 13d Abs 4 Z 2 iVm § 13d Abs 1 Satz 2 Sbg GVG 2001 über eine Zweitwohnungsnutzung vor dem (§ 30 Abs 1a Sbg GVG 2001) und eine entsprechende Gleichstellungserklärung nach § 10 Abs 3 iVm § 30 Abs 1 Z 3 lit b, lit bb Sbg GVG 2001 beigebracht.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den behandelten Fragen fehle, ob in einem Europäischen Nachlasszeugnis eine Bezeichnung der in Österreich gelegenen Liegenschaften enthalten sein müsse, wie die §§ 23, 30 Abs 2 lit b Sbg GVG 2001 im Lichte des europäischen Nachlasszeugnisses nach der EuErbVO auszulegen seien und ob die Vormerkung des Eigentumsrechts nach einem vorgemerkten Eigentum im Zwischenerwerb zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist zulässig; er ist auch berechtigt.
1.1. Das Europäische Nachlasszeugnis wurde mit Art 62 der VO (EU) Nr 650/2012 vom (in Kraft seit ) eingeführt. Die Urschrift eines solchen Zeugnisses verbleibt bei der ausstellenden Behörde. Von ihr sind über Verlangen beglaubigte Abschriften herzustellen, die für einen begrenzten Zeitraum von sechs Monaten gültig sind, wobei das Ablaufdatum in der Abschrift anzugeben ist (Art 70 Abs 1 und 3 EuErbVO). Die vom Antragsteller vorgelegte Abschrift war bis gültig.
1.2. Nach § 93 GBG ist für die Beurteilung eines Grundbuchsgesuchs der Zeitpunkt des Einlangens beim Grundbuchsgericht maßgeblich. Dies gilt für alle Instanzen (RIS-Justiz RS0061117; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 93 GBG Rz 3 mwN) und auch für die Beurteilung der Urkunden (Kodek aaO Rz 9), sodass sich die Prüfung in dritter Instanz, ob das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden gedeckt ist, jedenfalls nach diesem Zeitpunkt richtet. Bei Einlangen seines Gesuchs am war die vom Antragsteller vorgelegte Abschrift des Zeugnisses noch gültig und diese ist daher der Beurteilung ihres Begehrens zugrunde zu legen.
2. Zur Rechtsfrage, ob in einem Europäischen Nachlasszeugnis eine Bezeichnung der in Österreich gelegenen Liegenschaft enthalten sein muss, hat der erkennende Senat erst jüngst in einem Fall, in dem ebenso materiell deutsches Erbrecht anzuwenden war (5 Ob 35/18k), Stellung genommen und ist zu folgendem Ergebnis gelangt:
2.1 Kommt kein anderer Zuständigkeitstatbestand der Verordnung zum Tragen, sind nach Art 4 EuErbVO die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes den gewöhnlichen Aufenthalt hatte, für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlass international zuständig. Den Gerichten dieses Mitgliedstaats obliegt, bestehen keine abweichenden innerstaatlichen Regelungen, dann auch die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses (Art 64 EuErbVO).
2.2 Das allgemeine Erbstatut (Art 23 Abs 1 EuErbVO) richtet sich primär ebenfalls nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes (Art 21 Abs 1 EuErbVO). Ihm unterliegen gemäß Art 23 Abs 2 lit a EuErbVO etwa die Gründe für den Eintritt des Erbfalls sowie dessen Zeitpunkt und Ort; darunter fällt auch die erbrechtliche Umschreibung des Nachlasses.
2.3 Das nach dem Erbstatut anzuwendende deutsche Recht kennt keine §§ 177 AußStrG ff vergleichbare Beschlussfassung über die Einantwortung. Nach § 2353 BGB ist dem Erben über Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht (Erbschein) auszustellen, in dem, wenn er nur zum Teil der Erbschaft berufen ist, die Größe des Erbteils auszuweisen ist. Bezeugt wird nur die Beerbung, also nur die unmittelbar vom Erblasser abgeleitete neue Rechtszuständigkeit.
2.4 In das Europäische Nachlasszeugnis sind die in Art 68 EuErbVO angeführten Angaben aufzunehmen, sofern dies für die Zwecke, zu denen es ausgestellt ist, erforderlich ist. Es handelt sich dabei um eine abschließende Aufzählung. Nach Art 68 EuErbVO lit l gehört dazu der Erbteil jedes Erben und gegebenenfalls das Verzeichnis der Rechte und/oder der Vermögenswerte, die einem bestimmten Erben zustehen (5 Ob 35/18k mwN).
2.5 Nach Art 69 Abs 1 der EuErbVO entfaltet das Zeugnis Wirkungen in allen Mitgliedstaaten, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf. Nach Abs 2 dieses Artikels wird vermutet, dass die Person, die im Zeugnis als Erbe oder Vermächtnisnehmer genannt ist, die in dem Zeugnis genannte Rechtsstellung und die in dem Zeugnis aufgeführten Rechte hat und dass diese Rechte keinen anderen als den im Zeugnis aufgeführten Bedingungen und/oder Beschränkungen unterliegen. Es ist gemäß Art 69 Abs 5 EuErbVO ein wirksames Schriftstück für die Eintragung des Nachlassvermögens in das einschlägige Register eines Mitgliedstaats, unbeschadet des Art 1 Abs 2 k und l.
2.6 Erwägungsgrund (ErwG) 69 der Verordnung stellt zur Wirkung des Europäischen Nachlasszeugnisses klar, dass eine Behörde oder Person, der ein in einem anderen Mitgliedstaat ausgestelltes Zeugnis vorgelegt wird, nicht verlangen können soll, dass statt des Zeugnisses eine Entscheidung, eine öffentliche Urkunde oder ein gerichtlicher Vergleich vorgelegt wird. Dem Zeugnis kommt daher gegenüber der Registerbehörde Legitimationswirkung zu (5 Ob 35/18k mwN).
2.7 Die Registerbehörde hat das Europäische Nachlasszeugnis daher grundsätzlich als Grundlage seiner Eintragung zu akzeptieren, ohne weitere Nachweise der Rechtsposition des Eintragungswerbers verlangen zu können. Der Gesetzgeber hat mit dem Erbrechtsänderungsgesetz, BGBl I 2015/87, das Europäische Nachlasszeugnis zur Klarstellung als Urkunde, aufgrund deren Einverleibungen erfolgen können, in den Katalog des § 33 Abs 1 lit d GBG aufgenommen (RV 688 BlgNR 25. GP 3, 46), sodass die Rechtslage auch nach nationalem Grundbuchsrecht insoweit eindeutig ist. Wurde daher ein Europäisches Nachlasszeugnis von der dazu zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats (Art 4 iVm Art 67 EuErbVO) ausgestellt, und eine Abschrift davon dem Grundbuchsgericht vorgelegt, kann aus nationaler Sicht nicht etwa auch ein Einantwortungsbeschluss verlangt werden (5 Ob 35/18k mwN).
2.8 An der Rechtsstellung der Antragsteller bestehen schon wegen der in Art 69 Abs 2 der EuErbVO normierten Vermutungswirkungen keine Bedenken. Dass der im Zeugnis genannte Verstorbene Eigentümer der vom Antrag erfassten Liegenschaft war, haben die Vorinstanzen nicht in Zweifel gezogen. Dafür besteht nach dem Grundbuchsstand und der Urkundenlage auch kein Anlass.
2.9 Zusammengefasst folgt, dass § 33 Abs 1 lit d GBG (mangels Verweises auf § 32 Abs 1 GBG) die genaue Angabe der Liegenschaft, in Betreff deren die Einverleibung erfolgen soll, nicht fordert, sodass nach dem formellen Registerrecht die konkrete Bezeichnung der Liegenschaft im Europäischen Nachlasszeugnis (bzw dessen Abschrift) keine zwingende Voraussetzung für eine Einverleibung ist. Der Inhalt eines solchen Zeugnisses richtet sich ausschließlich nach Art 68 EuErbVO, der die darin aufzunehmenden Angaben abschließend regelt und die Bezeichnung der Liegenschaft ebenfalls nicht fordert, sodass allein das Fehlen dieser Angabe die Bewilligung der Einverleibung auf der Grundlage eines solchen Zeugnisses nicht hindert. Der Inhalt des von den Antragstellern vorgelegten Zeugnisses ist damit in formaler Beziehung unbedenklich und lässt auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keine Zweifel aufkommen, weil damit die (widerlegliche) Vermutung verknüpft ist, dass ihre im Zeugnis ausgewiesene Rechtsstellung tatsächlich besteht (5 Ob 35/18k).
2.10 Daran ist auch im hier zu beurteilenden gleichgelagerten Fall festzuhalten (vgl auch 5 Ob 90/18y). Die von den Vorinstanzen vermisste Bezeichnung der Liegenschaftsanteile ist kein formales Erfordernis für die Eintragung aufgrund eines Europäischen Nachlasszeugnisses iSd § 33 Abs 1 lit d GBG, das Fehlen dieser Angaben macht dieses nicht unvollständig und steht der Eintragung nicht entgegen. Das vom Antragsteller vorgelegte Zeugnis ist damit nicht mangelhaft, sondern entspricht den Inhaltsvorgaben der Verordnung. In materiell-rechtlicher Hinsicht bestehen an der Erbenstellung des Antragstellers und seines Bruders schon wegen der in Art 69 Abs 2 der EuErbVO normierten Vermutungswirkungen keine Bedenken. Demnach haben sie je zur Hälfte Anspruch auf den gesamten Nachlass des im Zeugnis genannten Verstorbenen. Dass dieser Eigentümer der vom Antrag erfassten Liegenschaftsanteile war und der Anspruch der Erben daher auch diese erfasst, haben die Vorinstanzen nicht in Zweifel gezogen. Dafür besteht nach dem Grundbuchsstand und der Urkundenlage auch kein Anlass.
3.1. Das Erstgericht erblickte einen (weiteren) Abweisungsgrund darin, dass in Bezug auf den Anteil am Mindestanteil, den der weitere Erbe dem Antragsteller verkauft hat, das Eigentum dieses Ersterwerbers mangels Unbedenklichkeitsbescheinigung nur vorgemerkt werden könnte und die vom Antragsteller ebenfalls mangels Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung beantragte Vormerkung auf ein in diesem Sinne nur „vorgemerktes“ außerbücherliches Eigentumsrecht nicht zulässig sei. Das Rekursgericht teilte diese Ansicht zu Recht nicht.
3.2. Eine Sprungeintragung iSd § 22 GBG erfordert eine geschlossene Kette von Urkunden, aus welchen zu ersehen ist, dass der bücherliche Vormann (§ 21 GBG) seine Rechte an die Vormänner übertragen hat, von denen nunmehr der neue Erwerber seine Rechte ableitet. Diese Bestimmung weist somit nur darauf hin, dass es nicht notwendig ist, zuerst die Zwischenübertragungen bücherlich durchzuführen. Der letzte Übernehmer kann daher seine Rechte im Grundbuch eintragen lassen, wenngleich sein unmittelbarer Vormann im Grundbuch nicht aufscheint; dies aber immer nur dann, wenn der Rechtserwerb bis zum unmittelbaren bücherlichen Vormann durch eintragungsfähige Urkunden nachgewiesen ist (RIS-Justiz RS0060710). § 22 GBG hat bloß eine Vereinfachung grundbuchstechnischer Art im Auge: Es soll bei mehreren aufeinanderfolgenden außerbücherlichen Rechtsübergängen vermieden werden, diese Rechtsübergänge später einzeln bücherlich nachzutragen, ohne dass darauf verzichtet würde, hinsichtlich jedes einzelnen Erwerbsgeschäfts die Vorlage verbücherungsfähiger Urkunden und allenfalls erforderlicher Genehmigungen zu verlangen; der Sachverhalt darf nicht anders beurteilt werden, als wenn jedes einzelne Erwerbsgeschäft gesondert zur Verbücherung gelangt wäre (RIS-Justiz RS0060710 [T2]; vgl auch RS0107463). Jeder Zwischenerwerber muss daher das einzutragende Recht in verbücherungsfähiger Art und Weise erworben haben: Geschlossen iSd § 22 GBG ist daher die Kette von Übertragungsakten zwischen bücherlichem Vormann und Eintragungswerber nur dann, wenn jeder der „Vormänner“ des Einzutragenden über alle Eintragungsunterlagen verfügt, die das Gesetz für die Einverleibung fordert (RIS-Justiz RS0060662). Das gilt auch für allenfalls erforderliche Genehmigungen. Daher ist auch für jeden einzelnen Zwischenerwerb eine Entscheidung der Grundverkehrsbehörde erforderlich (RIS-Justiz RS0060710 [T3]). Auch die Unbedenklichkeitsbescheinigungen zu jedem einzelnen Rechtsgeschäft müssen vorliegen (RIS-Justiz RS0060662 [T2]).
3.3. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, die Möglichkeit einer Sprungeintragung zu versagen, wenn der Zwischenerwerb zwar (noch) nicht zu einer unbedingten Eintragung des Rechts, aber zu dessen Vormerkung iSd § 35 GBG berechtigt, und auch der Letzterwerber lediglich die Vormerkung des einzutragenden Rechts beantragt, besteht nicht. Vielmehr spricht für die Zulässigkeit einer solchen Eintragung, dass § 22 GBG auch dann anzuwenden ist, wenn das Recht eines Zwischenerwerbers bloß vorgemerkt war (5 Ob 310/01a; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 22 GBG Rz 5; Verweijen in Kodek, Grundbuchsrecht² § 40 GBG Rz 5). So kann nach der vom Rekursgericht zitierten Rechtsprechung das Eigentumsrecht des Letzterwerbers so verbüchert werden, dass die Vormerkung aufgrund eines Verzichts des Vorgemerkten gelöscht und der neue Erwerber gemäß § 22 GBG als Eigentümer eingetragen wird (5 Ob 57/95; RIS-Justiz RS0107464). In der Entscheidung 5 Ob 57/95 hat der Oberste Gerichtshof dazu ausgeführt, es sei rechtlich unerheblich, dass das Eigentum der „zwischenberechtigten“ Käuferin vor der Weiterübertragung bloß vorgemerkt gewesen sei und noch der Rechtfertigung iSd § 40 GBG bedurft habe. An der durch § 22 GBG gewährten Begünstigung könne somit auch der „nur“ vorgemerkte Käufer teilhaben. Es wäre ein unnötiger Formalismus, die Rechtfertigung der Vormerkung zu verlangen, wenn gleichzeitig dieser Erwerbsvorgang nicht einmal für „eine juristische Sekunde“ Bestand hätte und eine weitere Übertragung erfolge. Nach 5 Ob 310/01a kann über den Zwischenschritt einer zum Teil bloß fiktiven Rechtfertigung ein Rechtserwerb vom vorgemerkten Eigentümer, also mit den ihn betreffenden bücherlichen Lasten verbüchert werden (vgl RIS-Justiz RS0107463 [T2], RS0107464 [T1], RS0060732 [T1]; vgl Verweijen aaO § 40 GBG Rz 5). Die Vorlage der die Anmerkung rechtfertigenden Urkunden kann dabei im Fall einer Kette verbücherungsfähiger Rechtsübertragungen auch durch den Letzterwerber geschehen, der ja durch die Aufsandungserklärung seines Rechtsvorgängers dazu befähigt wird. Die Rechtfertigung wird bei einer Sprungeintragung nach § 22 GBG nur deshalb nicht angemerkt, weil diese Anmerkung mit der Einverleibung des Rechts des Letzterwerbers sofort wieder zu löschen wäre (Kodek aaO § 22 GBG Rz 5 mwN).
3.4. Die Vormerkung des Eigentumsrechts des Antragstellers ist daher auch in Bezug auf den Anteil am Mindestanteil, den er vom weiteren Erben rechtsgeschäftlich erworben hat und dessen Eigentum ebenfalls mangels Unbedenklichkeitsbescheinigung nur vorgemerkt werden könnte, grundsätzlich zulässig. Zur Anmerkung der Rechtfertigung iSd § 40 GBG sind die Unbedenklichkeitsbescheinigungen zu allen Erwerbsvorgängen vorzulegen.
4.1. Gegenstand des Verfahrens ist eine Eigentumswohnung im Land Salzburg. Das Salzburger Grundverkehrsgesetz Sbg GVG 2001, LGBl 9/2002 idgF, normiert Beschränkungen des rechtsgeschäftlichen Verkehrs mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken (1. Abschnitt), für Ausländer (2. Abschnitt) und hinsichtlich Baugrundstücken (2a. Abschnitt). Die daraus resultierenden Erfordernisse für grundbücherliche Eintragung des rechtsgeschäftlichen Erwerbs des halben Mindestanteils durch den Antragsteller sind im Hinblick auf die beigebrachten Bescheinigungen der Gemeinde erfüllt. Insoweit kann auf die zutreffende Begründung des Rekursgerichts verwiesen werden (§ 71 Abs 3 AußStrG). Zu prüfen bleiben die Erfordernisse für grundbücherliche Eintragung des Rechtserwerbs von Todes wegen.
4.2. Das Sbg GVG 2001 enthält eigene Bestimmungen über den Rechtserwerb von Todes wegen. Einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf dieser nur in Bezug auf land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke (§ 22 Abs 1 Sbg GVG), hinsichtlich Baugrundstücken müssten Rechtserwerbe von Todes wegen dem Bürgermeister angezeigt werden (§ 22 Abs 1 Sbg GVG), der aufgrund der Anzeige eine Bescheinigung iSd § 13b Abs 2 bzw § 13d Abs 4 Sbg GVG auszustellen hat, ohne die das Recht des Erwerbers nicht im Grundbuch eingetragen werden dürfte (§ 30 Abs 1 Sbg GVG). Sowohl die Genehmigungs- als auch die Anzeigepflicht entfallen bei Erwerben von Todes wegen durch die im Gesetz genannten nahen Angehörigen, ua Kinder und Geschwister (§ 22 Abs 1a und 2 Sbg GVG). Gemäß § 30 Abs 2 lit b Sbg GVG dürfen Rechte an Grundstücken im Grundbuch (ua) dann eingetragen werden, wenn der Verbücherung eine Einantwortungsurkunde oder eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG zugrunde liegt, in der festgehalten ist, dass der Erbe bzw der Vermächtnisnehmer zum Kreis der in § 22 Abs 2 Sbg GVG genannten Personen gehört.
4.3. Die Auffassung des Rekursgerichts, nach Inkrafttreten der EuErbVO sei diese Bestimmung dahingehend auszulegen, dass eine entsprechende Bestätigung in einem europäischen Nachlasszeugnis ausreichen müsse, ist zu teilen (so auch 5 Ob 90/18y). Das Zeugnis muss jedem Erben, Vermächtnisnehmer oder darin genannten Rechtsnachfolger ermöglichen, in einem anderen Mitgliedstaat sein Recht nachzuweisen, es ersetzt somit den aus nationaler österreichischer Sicht erforderlichen Einantwortungsbeschluss (im Salzburger Landesrecht noch Einantwortungsurkunde genannt). Auch aus landesrechtlich-grundverkehrsbehördlicher Sicht kann somit nicht zusätzlich zu einem Europäischen Nachlasszeugnis etwa ein Einantwortungsbeschluss verlangt werden, für dessen Erlassung hier gar keine internationale Zuständigkeit österreichischer Gerichte besteht. Nach Sinn und Zweck der Bestimmung (urkundlicher Nachweis des Verhältnisses des Erben zum Verstorbenen durch die zur Ausstellung befugte Behörde) kann § 30 Abs 1a und Abs 2 Sbg GVG vielmehr nur dahin ausgelegt werden, dass der Hinweis auf das Verwandtschaftsverhältnis, den das Europäische Nachlasszeugnis gemäß Art 68 lit e EuErbVO jedenfalls zu enthalten hat, ausreichen soll. Dies ist hier der Fall, wies doch das europäische Nachlasszeugnis den Antragsteller und dessen Bruder ausdrücklich als Söhne des Erblassers aus. Damit sind die Verwandtschaftsverhältnisse – unabhängig von der Aussagekraft der vorgelegten Geburtsurkunden der Erben – nachgewiesen. Für den Rechtserwerb von Todes wegen besteht demnach weder eine Genehmigungs- noch eine Anzeigepflicht nach dem Sbg GVG.
5. Insgesamt liegt somit kein Grund vor, der der beantragten Eintragung entgegenstünde, sodass das Gesuch in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen antragsgemäß zu bewilligen war.
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00077.18M.0612.000 |
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