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OGH vom 23.04.1958, 6Ob86/58

OGH vom 23.04.1958, 6Ob86/58

Norm

ABGB § 879 Abs 1;

EO § 113;

Reichsabgabenordnung § 107 Abs 8;

Kopf

SZ 31/66

Spruch

Zu der vom Exekutionsgericht nach § 113 EO. entlohnten Tätigkeit eines Zwangsverwalters gehören Interventionen beim Finanzamt wegen Ermäßigung von Steuerrückständen des zwangsverwalteten Unternehmens auch dann, wenn er Steuerberater ist.

Die Vereinbarung eines Anteiles an der vom Steuerberater zu erwirkenden Steuerermäßigung als Entgelt ist nach § 107 Abs. 8 AbgO. nichtig.

Entscheidung vom , 6 Ob 86/58.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kommanditgesellschaft Ing. P. & Co. gehörten Dipl.-Ing. Franz P. als Komplementär sowie Franz K. und Hans W. als Kommanditisten an. Der Kläger war der Steuerberater der Gesellschaft, die sich seit 1954 in finanziellen Schwierigkeiten befand und deren Steuerrückstände schließlich ungefähr zwei Millionen Schilling ausmachten. Am beauftragte die Firma den Kläger, mit den Finanzbehörden wegen eines größeren Steuernachlasses zu verhandeln. Der Kläger sollte für seine Tätigkeit nach dem Tarif der Wirtschaftstreuhänder honoriert werden und darüber hinaus als besondere Anerkennung 10% des erreichten Abgabennachlasses erhalten. Im Jahre 1955 kam es infolge des Andringens mehrerer Gläubiger der Kommanditgesellschaft zur Zwangsverwaltung des Unternehmens. Der Kläger wurde zum Zwangsverwalter bestellt und am in sein Amt eingeführt. Diese Tätigkeit des Klägers dauerte bis , nachdem die Exekutionen eingestellt worden waren. Für die Tätigkeit als Zwangsverwalter erhielt der Kläger seinem Antrag entsprechend eine monatliche Belohnung von 3000 S (§ 113 EO.). In der Zwischenzeit war es dem Kläger gelungen, bei den Finanzbehörden einen Steuernachlaß bis auf 700.000 S auf die Weise zu erwirken, daß der bisherige Komplementär Dipl.-Ing. P. und die Kommanditisten Franz K. und Hans W. ihre Gesellschaftsanteile am an zahlungskräftige Interessenten, Dipl.-Ing. Karl H., Dipl.-Ing. Alois Sch. und Christiane Sch., übertrugen und diese die herabgesetzten Steuerrückstände dem Finanzamt bar bezahlten.

Der Kläger verlangt nun von der Kommanditgesellschaft unter der neuen Firmenbezeichnung P.-Werk Waagen- und Apparatefabrik H. und Co. und dem neuen Komplementär Dipl.-Ing. Karl H. die Zahlung von 144.428 S 18 g mit der Begründung, daß ihm für die Zeit vom bis als Entlohnung verschiedener Leistungen ein Betrag von 9710 S und gemäß der Vereinbarung vom für die Erwirkung des Steuernachlasses von 1.370.151 S 20 g ein Betrag von 137.015 S 12 g gebühre. Die Erstbeklagte, die die Firma P. & Co. mit Aktiven und Passiven übernommen habe, hafte ebenso wie deren Komplementär, der Zweitbeklagte, für seine Forderung.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Beim Abschluß der Entlohnungsvereinbarung vom sei von den Beteiligten das Ausscheiden eines der Gesellschafter nicht beabsichtigt gewesen. Dem Kläger sei es zunächst zwar gelungen, beim Finanzamt am einen Steuernachlaß durchzusetzen. Da dieser aber von der kurzfristigen Zahlung von 500.000 S abhängig gemacht worden sei, die Kommanditgesellschaft über diese Summe nicht verfügt habe und die späteren Übernehmer der Gesellschaftsanteile damals noch nicht eingetreten gewesen seien, habe der Steuernachlaß nicht erreicht werden können. Dadurch, daß der Kläger den ihm nach der Vereinbarung vom zustehenden 10%igen Anteil an der Steuerherabsetzung nicht geltend gemacht habe, sei sein Verzicht darauf zum Ausdruck gekommen. In der Folge sei eine der Vereinbarung vom entsprechende weitere Provisionsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Kommanditgesellschaft nicht getroffen worden. Dafür, daß der Kläger dann beim Finanzamt erwirkt habe, daß die Steuerrückstände am auf 700.000 S herabgesetzt wurden, könne er daher das 10%ige Honorar nicht begehren. Außerdem sei es die Pflicht des Klägers in seiner Eigenschaft als Zwangsverwalter gewesen, für die Reduzierung der schuldigen Steuern zu sorgen. Für diese Tätigkeit sei der Kläger durch das Exekutionsgericht entlohnt worden. Außerdem verstoße die Honorarforderung des Klägers gegen Treu und Glauben, weil er anläßlich der Übertragung der Geschäftsanteile an die neuen Interessenten und der Errichtung der Übernahmsbilanz seine angebliche Forderung nicht angeführt habe. Auch die weitere Forderung des Klägers auf Zahlung eines Entgeltes in der oben angeführten Höhe von 9710 S sei durch die Verwalterbelohnung abgegolten worden.

Infolge Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Die vom Kläger durchgesetzte Steuerermäßigung sei nicht unter den Bedingungen gewährt worden, unter denen dem Kläger von der Kommanditgesellschaft das Erfolgshonorar von 10% zugesagt worden sei, denn der Kläger sollte einen kapitalkräftigen Gesellschafter finden, durch den die restliche Steuerforderung prompt bezahlt werden sollte. Es sollte sich aber nur um den Beitritt eines neuen zahlungskräftigen Gesellschafters und nicht um das Ausscheiden aller bisherigen Gesellschafter handeln, zu dem es dann gekommen sei. Da der von der Kommanditgesellschaft am dem Kläger erteilte Auftrag unter abweichenden Bedingungen erfüllt worden sei, bestehe der Honoraranspruch des Klägers in der Höhe von 10% der Steuerreduktion nicht zu Recht. Abgesehen davon stehe nicht fest, ob der Steuernachlaß überhaupt auf eine verdienstvolle Tätigkeit des Klägers zurückgeführt werden könne. Dazu komme, daß sich die Geschäftsgrundlage wesentlich geändert habe, weil die bisherigen Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschieden seien. Weder Dipl.-Ing P. noch Dipl.-Ing H. hätten die Honorarforderung des Klägers anerkannt. Was den tarifmäßigen Honoraranspruch des Klägers betreffe, könne er seine Bemühungen wegen der Steuerstrafe des Dipl.-Ing P. nicht der Kommanditgesellschaft anlasten, weil es sich um eine persönliche Angelegenheit des Dipl.-Ing P. gehandelt habe. Außerdem sei der Kläger für die nach dem Kostenverzeichnis in Frage kommende restliche Zeit vom 9. April bis bereits auf Grund seiner Tätigkeit als Zwangsverwalter entlohnt worden. Das Vertragsverhältnis zwischen der Kommanditgesellschaft und dem Kläger sei durch dessen Bestellung zum Zwangsverwalter erloschen. Die Honorarvereinbarung vom habe daher für die angegebene Zeit keine Wirkung gehabt. Jedenfalls gehöre die Tätigkeit zur Erwirkung eines Steuernachlasses für das zwangsverwaltete Unternehmen zu den Obliegenheiten eines Zwangsverwalters. Besondere Fachkenntnisse, die etwa nur ein Steuerberater haben könnte, seien dazu nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe seinen Anspruch - wenn dieser bestunde - auch verwirkt, weil er die neuen Gesellschafter dadurch irregeführt habe, daß er ihnen seine Honorarforderung verschwiegen habe. Er habe gegen Treu und Glauben und arglistig gehandelt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger macht geltend, daß das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen habe, das Erstgericht habe das Unterbleiben eines Anerkenntnisses der Klagsforderung durch P. und H. als erwiesen angenommen. Eine solche Feststellung habe das Erstgericht nicht getroffen. Das Berufungsgericht habe vielmehr eine selbständige Beweiswürdigung der Aussagen der Zeugen P. und W. vorgenommen, was es ohne Wiederholung dieser Beweise nicht hätte tun dürfen. Dem Kläger ist zuzugeben, daß das Erstgericht nicht ausdrücklich festgestellt hat, Dipl.-Ing. P. und Dipl.-Ing. H. hätten die Forderung des Klägers nicht anerkannt. Was P. betrifft, hat das Erstgericht aber festgestellt, daß der Kläger seinen Honoraranspruch anläßlich des Steuernachlasses auf Grund des Bescheides des Finanzamtes vom wegen der damaligen ungünstigen Vermögensverhältnisse der Firma nicht geltend gemacht hat und daß P. auf dem Standpunkt gestanden ist, die Provisionsvereinbarung sei "im Hinblick auf die im März 1955 erreichte Steuerherabsetzung, die infolge Fehlens der hiefür erforderlichen Geldmittel nicht zum Tragen kam, hinfällig geworden". Aus diesen Feststellungen konnte das Berufungsgericht, ohne Beweise wiederholen zu müssen, den Schluß ziehen, daß P. die Forderung des Klägers nicht anerkannt habe. Denn wenn sie nicht geltend gemacht und vom angeblich Zahlungspflichtigen als hinfällig angesehen wurde, konnte P. ein Anerkenntnis der Forderung nicht abgegeben haben. Dasselbe gilt vom angeblichen Anerkenntnis des Dipl.-Ing H. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist nämlich dem Zweitbeklagten als Repräsentanten der Interessengruppe weder vom Kläger noch von den alten Gesellschaftern über die Vereinbarung des Erfolgshonorares Mitteilung gemacht worden; dem Zweitbeklagten ist vom Kläger nur angedeutet worden, daß eine Provisionsforderung aus dem Titel der Vermittlung des Verkaufes der Firma bestehe. Bei den Verkaufsverhandlungen und in der Übernahmsbilanz war von der Honorarforderung des Klägers keine Rede, und eine solche Forderung ist vom Kläger erstmalig im April oder Mai 1956 an den Zweitbeklagten gestellt worden. Auch die Schlußfolgerung des Berufungsgerichtes, der Zweitbeklagte habe die Forderung des Klägers nicht anerkannt, ergibt sich aus den angeführten Feststellungen des Erstgerichtes. Wenn nämlich der Zweitbeklagte von der Forderung bis April oder Mai 1956 nichts wußte - das Unterbleiben einer Mitteilung durch die Beteiligten berechtigt zu dieser Annahme -, konnte er sie nicht - wie der Kläger behauptet hat - im Sommer 1955 anläßlich einer Vorsprache im Finanzministerium anerkannt haben. Wenn es - wie der Kläger angibt - in der Ausfertigung des Berufungsurteils heißt, P. und H. hätten die Honorarforderung nicht anerkannt, Dipl.-Ing. H. habe von der Honorarforderung des Klägers Kenntnis gehabt, kann es sich nur um einen allen Beteiligten nach dem Inhalt der Urteilsbegründung offensichtlichen Schreibfehler handeln, durch den das Wörtchen "keine" vor "Kenntnis" ausgefallen ist. Im übrigen ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß das Erstgericht die Beweisergebnisse zwar ungenau wiedergegeben, aber richtig und aktenmäßig verwertet hat.

Was die vom Berufungsgericht vorgenommene Teilung des Klagsanspruches in einen tarifmäßigen Anspruch und ein Erfolgshonorar betrifft, hat das Berufungsgericht entgegen der Meinung des Klägers damit nicht neue, von den erstgerichtlichen abweichende Feststellungen getroffen. Ebenso wie der Kläger in seinem Kostenverzeichnis zwischen seinen tarifmäßigen Kosten von 9710 S und der "besonderen Anerkennung im Sinne des Auftragsschreibens vom " in der Höhe von 10% des erreichten Abgabennachlasses unterscheidet, hat das Berufungsgericht der besseren Übersicht wegen beide Anspruchsteile gesondert behandelt, ohne aber dadurch das Zurückgehen beider Forderungen auf einen gemeinsamen Rechtsgrund in Abrede zu stellen. Von Mangelhaftigkeit des Verfahrens kann daher auch hier nicht die Rede sein.

Die zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit gehörigen Ausführungen des Klägers über den vom Erstgericht angenommenen Verzicht des Klägers auf sein Honorar und die vom Berufungsgericht herangezogene Rechtsfigur der Verwirkung des Anspruches betreffen entgegen der Meinung des Klägers nicht Feststellungen, sondern die rechtliche Beurteilung der Sache. Von Mangelhaftigkeit des Verfahrens kann daher in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden. Abgesehen davon ist die rechtliche Konstruktion, wie das angebliche spätere Erlöschen der Klagsforderung rechtlich zu begrunden ist, ohne Bedeutung, weil die Forderung des Klägers überhaupt nicht entstanden ist.

n rechtlicher Hinsicht ist von der Feststellung der Untergerichte auszugehen, daß beim Abschluß der Vereinbarung vom nur der Eintritt eines über größere Geldbeträge verfügenden Gesellschafters, nicht aber das Ausscheiden aller Gesellschafter ins Auge gefaßt worden ist. Das 10%ige Erfolgshonorar wurde dem Kläger daher nicht für den Fall zugesichert, daß ihm der Steuernachlaß unter Bedingungen gewährt wurde, die das vollständige Ausscheiden der Gesellschafter erfordern würden. Gerade dieser Fall ist aber eingetreten. Der Kläger kann schon aus diesem Grund die 10% nicht verlangen. Der Einwand des Klägers, das Finanzamt habe das Ausscheiden der bisherigen Gesellschafter nicht verlangt und die diesbezügliche Annahme des Berufungsgerichtes sei aktenwidrig, ist unberechtigt. Das Berufungsgericht hat nämlich ein solches Verlangen des Finanzamtes keineswegs festgestellt. Das Ausscheiden der Gesellschafter ist auch nur dadurch notwendig geworden, daß das Finanzamt die Barzahlung des reduzierten Steuerrückstandes begehrt und der Kläger keinen anderen Weg der Finanzierung dieser Zahlung gefunden hat, als daß die Gesellschafter ihre Gesellschafterrechte im wesentlichen gegen die bloße Übernahme ihrer Geschäftsschulden durch die neuen Gesellschafter aufgegeben haben. Sicherlich mußten die bisherigen Gesellschafter mangels anderer Finanzierungsmöglichkeiten mit der vom Kläger angebahnten Lösung zufrieden sein, damit wegen des inzwischen beantragten Konkursverfahrens Weiterungen vermieden würden. Aus dieser Erwägung ergibt sich aber nicht, daß der Kläger seinen 10%igen Honoraranspruch auf jeden Fall stellen könnte, da ja die Voraussetzungen der Honorarzusage nicht eingetreten sind. Im übrigen könnte der Kläger auch dann, wenn die vereinbarten Bedingungen eingetreten wären, das Erfolgshonorar schon deshalb nicht begehren, weil nach § 107 Abs. 8 AbgO. "eine Vereinbarung, durch die als Entgelt für die Tätigkeit eines Vertreters oder Beistandes ein Teil an der von ihm zu erzielenden Steuerermäßigung oder Steuerersparung ausbedungen wird, nichtig" ist.

Was den tarifmäßigen Honoraranspruch des Klägers anlangt, ist von den Parteien außer Streit gestellt worden, daß der Kläger ein Honorar für die Tätigkeit als Steuerberater der Kommanditgesellschaft vom Herbst 1954 bis von Dipl.- Ing P. erhalten und in das vorliegende Kostenverzeichnis nicht aufgenommen hat. Die Klageforderung hat daher nur die Zeit ab zum Gegenstand, als der Kläger bereits zum Zwangsverwalter des Unternehmens bestellt, als solcher am eingeführt worden war und seine Belohnung als Zwangsverwalter in der Höhe von 3000 S monatlich erhalten hatte. Die Meinung des Klägers, seine Bemühungen bei den Finanzbehörden hätten eine dem Zwangsverwalter nicht obliegende Sondertätigkeit dargestellt, die durch die erwähnten 3000 S nicht abgegolten worden sei, ist unzutreffend. Diese Tätigkeit muß keineswegs gerade nur von einem Steuerberater ausgeübt werden. Sie ist nicht so schwierig und von besonderen Kenntnissen und Fertigkeiten abhängig, daß sie nicht von einem Zwangsverwalter ausgeübt werden könnte, der nicht gerade Steuerberater ist. Wenn der Zwangsverwalter zufälligerweise den Beruf eines Steuerberaters ausübt, kann er eine separate Entlohnung nicht verlangen, da der Zwangsverwalter die Pflicht hat, alles vorzukehren, um das Unternehmen ordentlich zu führen (§§ 109 Abs. 2, 334 Abs. 2, 343 EO.). Darauf haben die Untergerichte mit Recht hingewiesen. Soweit im Kostenverzeichnis für die Zeit nach der Beendigung des Zwangsverwaltungsverfahrens (16. - ) das Honorar für die Schritte des Klägers wegen Nachsicht der Steuerstrafe des Dipl.-Ing. P. enthalten ist, kann es der Kläger von den Beklagten nicht fordern, weil es sich um eine persönliche Angelegenheit des Dipl.-Ing. P. gehandelt hat, die die Kommanditgesellschaft und deren jetzigen Komplementär nichts angeht. Soweit im Kostenverzeichnis auch Leistungen zur Vermittlung der Veräußerung der Gesellschafteranteile enthalten sind, handelt es sich um eine allfällige Vermittlungstätigkeit des Klägers, die nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites ist.