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OGH vom 24.06.2020, 7Ob85/20f

OGH vom 24.06.2020, 7Ob85/20f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr.

Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** B*****, vertreten durch Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, und deren Nebenintervenientin R*****AG, *****, vertreten durch Singer Fössl Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei A***** SE *****, vertreten durch Themmer, Toth Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Revisionen der klagenden Partei und deren Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 161/19d22, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 10 Cg 27/19d14, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Den Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.465,54 EUR (darin enthalten 244,25 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Streitteilen bestand von bis ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die „Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2000)“, zugrunde liegen. Die ARB 2000 lauten auszugsweise:

Artikel 2:

Was gilt als Versicherungsfall und wann gilt er als eingetreten?

1. Im Schadenersatz-Rechtsschutz (Artikel 17.2.1., Artikel 18.2.1., Artikel 19.2.1.) und bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gemäß Artikel 24.2.3. gilt als Versicherungsfall das dem Anspruch zugrundeliegende Schadenereignis. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalles gilt der Eintritt dieses Schadenereignisses. …

[…]

3. In den übrigen Fällen gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers,

Bei mehreren Verstößen ist der erste adäquat ursächliche Verstoß maßgeblich, wobei Verstöße, die länger als ein Jahr vor Versicherungsbeginn zurückliegen, für die Feststellung des Versicherungsfalls außer Betracht bleiben …

Artikel 3

Für welchen Zeitraum gilt die Versicherung? (zeitlicher Geltungsbereich)

1. Die Versicherung erstreckt sich grundsätzlich auf Versicherungsfälle, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrages eintreten.

[…]

Artikel 19

S

[…]

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst

2.1 Schadenersatz-Rechtsschutz

für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens;

[…]

3. Was ist nicht versichert?

3.1 Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz-Bausteinen umfasst der Versicherungsschutz nicht

[…]

3.1.3

[…]

Artikel 23

Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz

[…]

2. Was ist versichert?

2.1 Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen sowie aus Reparatur- und sonstigen Werkverträgen des Versicherungsnehmers über unbewegliche Sachen.

Als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen gilt auch die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse

[…]“

Im Jahr 2010 beauftragte der Kläger als geschädigter Anleger im Konkurs der A***** AG und der Av***** AG mit RechtsschutzDeckung der Beklagten die L***** GmbH (in Hinkunft Rechtsvertretung) mit der Durchsetzung seiner Ansprüche in diesen Insolvenzverfahren.

Am unterfertigte der Kläger die entsprechende Vollmacht, die nachstehende Honorarvereinbarung enthält: „Der Mandant verpflichtet sich sämtliche gemäß den allgemeinen Honorar-Kriterien (AHK) in der jeweils geltenden Fassung berechneten Honorare und Auslagen der Rechtsanwaltskanzlei … zuzüglich Barauslagen und Umsatzsteuer (zu ungeteilter Hand) in ... zu berichtigen ...“.

Nach Abschluss ihrer Tätigkeit im Insolvenzverfahren rechnete die Rechtsvertretung im Jahr 2018 ihre Leistungen (Einzelleistungen nach RATG) im Ausmaß von 13.403,18 EUR ab und teilte dem Kläger mit, entgegenkommender Weise und unpräjudiziell bereit zu sein, nur einen Pauschalbetrag von 4.800 EUR „bei gemeinsamer Auszahlung der Insolvenzquoten“ in Abzug bringen zu wollen.

Die Deckungsanfrage des Klägers für ein Vorgehen gegen die Rechtsvertretung lehnte die Beklagte ab. Für einen Honorarprozess zwischen dem Kläger und seiner Rechtsvertretung werde wegen der bereits 2012 erfolgten Beendigung des Versicherungsverhältnisses keine Deckung gewährt.

Seit 2012 ist der Kläger bei der Nebenintervenientin rechtsschutzversichert.

Der Kläger begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag für die klageweise Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Rechtsvertretung im Zusammenhang mit ihrer Abrechnung vom . Die Honorarforderung der Rechtsvertretung sei unberechtigt. Die Honorarvereinbarung in der Vollmacht verstoße gegen § 6 Abs 3 KSchG und § 864a ABGB. Weiters sei der Kläger nicht darüber ordnungsgemäß aufgeklärt worden, dass aufgrund der getroffenen Honorarvereinbarung nicht alle Kosten von seiner Rechtsschutzversicherung gedeckt seien. Die Rechtsvertretung habe zu Unrecht Leistungen gegenüber dem Kläger abgerechnet, die während des bei der Beklagten versicherten Zeitraums erbracht worden seien. Der Versicherungsfall sei daher in der Laufzeit des Versicherungsvertrags der Beklagten eingetreten. Der Kläger beabsichtige zwischen sich und der Rechtsvertretung feststellen zu lassen, dass der in der Abrechnung vom angesprochene Honoraranspruch nicht zu Recht bestehe sowie den einbehaltenen Betrag zurückzufordern.

Die Nebenintervenientin schloss sich diesem Vorbringen im Wesentlichen an.

Die Beklagte beantragt die kostenpflichtige Klagsabweisung. Der Versicherungsfall sei nicht während der Laufzeit des gegenständlichen Versicherungsvertrags eingetreten. Die Unterfertigung der Anwaltsvollmacht durch den Kläger stelle keinen Verstoß gegen Rechtspflichten und Rechtsvorschriften dar. Der Versicherungsfall sei mit der Legung der behauptetermaßen unrichtigen Kostenaufstellung der Rechtsvertretung eingetreten.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Beklagte dem Kläger „für die klageweise Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Rechtsvertretung im Zusammenhang mit deren Abrechnung zum Auftrag des Klägers vom “ Deckung zu gewähren habe. Der Kläger beabsichtige Ansprüche gegen seine Rechtsvertretung wegen unzureichender Aufklärung darüber, dass alle Honoraransprüche vom Rechtsschutzversicherungsvertrag abgedeckt seien, geltend zu machen. Der Schadenfall sei mit Unterzeichnung der Vollmacht und der behaupteten falschen Aufklärung entstanden, weshalb die Beklage zur Deckung verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es das – tatsächlich erhobene – Klagebegehren, es werde festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger für die klageweise Geltendmachung von Ansprüchen gegen die Rechtsvertretung im Zusammenhang mit deren Abrechnung vom Deckung zu gewähren habe, abwies. Nach Art 2.1 ARB gelte in der Rechtsschutzdeckung als Zeitpunkt des Versicherungsfalls bei Schadenersatzansprüchen nicht der (behauptete) Verstoß, sondern der Eintritt des dem Anspruch zugrunde liegenden Schadenereignisses. Durch die Verletzung von Aufklärungspflichten (sei es bei Beauftragung oder während des Vollmachtsverhältnisses) sei beim Kläger (noch) kein Vermögensverlust unmittelbar in Erscheinung getreten; vielmehr sei es dazu erst durch die im Jahr 2018 erfolgte Abrechnung der Leistungen durch die Rechtsvertretung gekommen. Das relevante Schadenereignis liege daher außerhalb des Versicherungszeitraums.

Das Berufungsgericht änderte über Antrag des Klägers und der Nebenintervenientin seinen Ausspruch gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nachträglich dahin ab, dass die ordentlichen Revisionen gemäß § 502 Abs 1 ZPO doch zulässig seien, da eine Fehlbeurteilung im Einzelfall nicht auszuschließen sei.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen des Klägers und der Nebenintervenientin, jeweils mit einem Änderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte begehrt, die Revisionen zurückzuweisen; hilfsweise ihnen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.

1.1 Die Rechtsschutzversicherung als passive Schadensversicherung (RS0127808) schützt den Versicherungsnehmer gegen das Entstehen von Verbindlichkeiten (Passiva). Sie bietet Versicherungsschutz gegen die Belastung des Vermögens des Versicherungsnehmers mit Rechtskosten (7 Ob 15/15d). Die Hauptleistungspflicht des Versicherers in der Rechtsschutzversicherung besteht in der Kostentragung (RS0081895 [T1]).

1.2 Die Beauftragung des Rechtsanwalts durch den Versicherer erfolgt nach Art 10.6 ARB im Namen und im Auftrag des Versicherungsnehmers. Es entsteht daher durch diesen Beauftragungsakt kein direktes Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Rechtsvertreter, sondern nur zwischen Versicherungsnehmer und Rechtsvertreter. Der Rechtsvertreter erwirbt daher auch keinen direkten Kostenersatzanspruch gegen den Rechtsschutzversicherer, es sei denn, dieser hätte sich ausdrücklich oder schlüssig zu einer direkten Kostenübernahme verpflichtet (Kronsteiner in Fenyves/Schauer, VersVG § 158k Rz 30).

1.3 Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass es im vorliegenden Verfahren nicht um die allfällige Verpflichtung der Beklagten zur Rechtsschutzdeckung im Zusammenhang mit den Insolvenzverfahren geht, in denen die Rechtsvertretung des Klägers Leistungen erbrachte. Hier zu beurteilen ist ausschließlich die Frage der Rechtsschutzdeckung durch die Beklagte für die vom Kläger gegen die Rechtsvertretung konkret angestrebte Klagsführung.

2.1 Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insbesondere T 5, T 7, T 87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, dass heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]).

2.2 Die Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen sind einerseits in die „Gemeinsamen Bestimmungen“ (Art 1 bis 16 ARB) und andererseits in die „Besonderen Bestimmungen“ (Art 17 bis 25 ARB) unterteilt. Diese stellen die sogenannten „Rechtsschutzbausteine“ dar, die jeweils die Eigenschaften und Rechtsgebiete, für die Versicherungsschutz besteht, beschreiben (7 Ob 115/19s mwN).

2.3 Nach Art 2.1 ARB gilt im SchadenersatzRechtsschutz (Art 17.2.1, Art 18.2.1, Art 19.2.1) und bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gemäß Art 24.2.3 als Versicherungsfall, das dem Anspruch zugrunde liegende Schadenereignis. Gemäß Art 2.3 ARB gilt in den übrigen Fällen als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften.

2.4 Nach dem bereits insoweit klaren Wortlaut des Art 2.1 ARB bestimmt sich der Versicherungsfall – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nicht jedenfalls nach dem Schadenereignis. Dieses stellt nur in den konkret angeführten Fällen des SchadenersatzRechtsschutzes den Versicherungsfall dar.

2.5.1 Nach dem hier allein interessierenden Art 19.2.1 ARB umfasst der SchadenersatzRechtsschutz die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen, Sach oder Vermögensschaden. Art 19.3.1.3 ARB konkretisiert, dass, zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen RechtsschutzBausteinen, der Versicherungsschutz die Geltendmachung von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen sowie reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen, nicht erfasst.

2.5.2 Derartige Ansprüche sind vielmehr in Art 23.2.1 ARB geregelt.

3.1 Der Kläger beabsichtigt die klageweise Inanspruchnahme der Rechtsvertretung auf Feststellung des Nichtbestehens des Honoraranspruchs und auf Auszahlung des einbehaltenen Betrags. Dies begründet er damit, dass der Honoraranspruch infolge Nichtigkeit der Honorarvereinbarung, Verletzung der Aufklärungspflicht über den Honoraranspruch und unrichtige Abrechnung von Leistungen nicht bestehe. Damit strebt der Kläger aber die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus einem schuldrechtlichen Vertrag – über bewegliche Sachen – an, die dem Allgemeinen Vertragsrechtsschutz unterfällt. Die Beurteilung des Versicherungsfalls orientiert sich damit an Art 2.3 ARB.

3.2 Nach dieser Bestimmung liegt der Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung vor, wenn einer der Beteiligten begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Es bedarf daher eines gesetzwidrigen oder vertragswidrigen Verhaltens eines Beteiligten, das als solches nicht sofort oder nicht ohne weiteres nach außen zu dringen braucht. Ein Verstoß ist ein tatsächlich objektiv feststellbarer Vorgang, der immer dann, wenn er auch wirklich vorliegt oder ernsthaft behauptet wird, den Keim eines Rechtskonflikts in sich trägt, der zur Aufwendung von Rechtskosten führen kann. Damit beginnt sich die vom Rechtsschutzversicherer übernommene Gefahr konkret zu verwirklichen. Es kommt nicht darauf an, ob der Handelnde sich des Verstoßes bewusst oder infolge von Fahrlässigkeit oder unverschuldet nicht bewusst war, es soll sich um einen möglichst eindeutig bestimmbaren Vorgang handeln, der in seiner konfliktauslösenden Bedeutung für alle Beteiligten, wenn auch erst nachträglich, erkennbar ist. Es kommt weder auf den Zeitpunkt an, zu dem die Beteiligten von dem Verstoß Kenntnis erlangten, noch darauf, wann aufgrund des Verstoßes Ansprüche geltend gemacht oder abgewehrt werden (RS0114001). Ist kein einheitliches Verstoßverhalten des Schädigers erkennbar, handelt es sich bei den einzelnen schädigenden Verhaltensweisen jeweils um einen rechtlich selbständigen neuen Verstoß. War nach der Sachlage beim Erstverstoß mit weiteren gleichartigen Verstößen zu rechnen, liegen in der Regel nicht mehrere selbstständige Verstöße, sondern ein einheitlicher Verstoß im Rechtssinn vor (RS0111811). Es ist grundsätzlich auf den ersten Verstoß abzustellen (RS0114209), der den Keim des Rechtskonflikts in sich trägt, der zur Aufwendung von Rechtskosten führen kann, wenn dieser schon für sich allein betrachtet nach der Lebenserfahrung geeignet war, den Rechtskonflikt auszulösen, oder zumindest noch erkennbar nachwirkte und den endgültigen Ausbruch der Streitigkeit nach dem Vorliegen eines oder weiterer Verstöße noch mitauslöste, sohin „adäquat kausal“ war (7 Ob 32/18h mwN).

4.1.1 Für das Vorliegen eines Versicherungsfalls trifft nach der allgemeinen Risikoumschreibung den Versicherungsnehmer die Beweislast (RS0043438). Der Versicherungsnehmer, der eine Versicherungsleistung beansprucht, muss die anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Eintritts des Versicherungsfalls (RS0080003) während des versicherten Zeitraums beweisen.

4.2 Wie bereits ausgeführt, geht der Kläger vom Nichtbestehen eines Honoraranspruchs der Rechtsvertretung aus, was er klageweise festgestellt wissen und den bereits einbehaltenen Betrag zurückfordern will. Diesen Anspruch gründet er auf drei (selbständige) Verstöße und zwar: die Nichtigkeit der Honorarvereinbarung, die Verletzung der Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit dem Honoraranspruch und die unrichtige Abrechnung von Leistungen.

4.3. Die Ursächlichkeit des Wegfalls der – eine Abrechnung nach AHK vorsehende – Honorarvereinbarung für die tatsächlich nach RATG erfolgte Rechnungslegung ist nicht ersichtlich. Der Anspruch, den der Kläger gegen die Rechtsvertretung geltend zu machen beabsichtigt, resultiert nicht aus dem behaupteten Verstoß der Nichtigkeit der Honorarvereinbarung, womit er auch keinen Verstoß während des versicherten Zeitraums aufzeigt, der den Keim des Rechtskonflikts über die Richtigkeit der Abrechnung in sich trägt.

4.4.1 Der Rechtsanwalt ist nicht berechtigt, ein Honorar zu begehren, sofern seinem Entlohnungsanspruch die aufhebende Einrede des schuldhaft nicht erfüllten Vertrags entgegensteht, was nicht nur im Fall einer von vornherein aussichtslosen Prozessführung, sondern auch immer dann greift, wenn eine unvollständige Ausführung des Auftrags nach der Natur des Geschäfts auch den vorgenommenen Teil der Ausführung wertlos macht (RS0038710).

4.4.2 Davon zu unterscheiden sind aber die Folgen der Verletzung einer Aufklärungspflicht. Eine unrichtige (unterbliebene) Beratung (Aufklärung) des Rechtsanwalts oder Notars berechtigt nämlich nur zum Ersatz des verursachten Vertrauensschadens. Es ist die Vermögensdifferenz zu ersetzen, die bei pflichtgemäßer Beratung nicht eingetreten wäre (für den Rechtsanwalt RS0112203 [T7]). Auch die Verletzung von Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit Honoraransprüchen des Rechtsanwalts kann daher nur zu Schadenersatzansprüchen führen, nicht aber zum Verlust des Honoraranspruchs (1 Ob 70/17a, 7 Ob 164/18w).

4.4.3 Die allfällige Aufklärungspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Honoraranspruch führt daher nicht zur Unrichtigkeit der Abrechnung der erbrachten Leistungen, sondern allenfalls zu einem Schadenersatzanspruch, dessen Geltendmachung der Kläger gegenüber der Rechtsvertretung nach seinem Vorbringen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Klagebegehren aber nicht anstrebt. Der behauptete Anspruch des Klägers gründet somit nicht in dem von ihm herangezogenen Verstoß. Damit zeigt er auch mit der behaupteten Aufklärungspflichtverletzung keinen Verstoß während des bei der Beklagten versicherten Zeitraums auf, der den Keim für eine Streitigkeit die behauptete Unrichtigkeit der Abrechnung betreffend in sich trägt.

4.5.1 Der Kläger meint auch weiters, dass die Rechtsvertretung gegen ihre Rechtspflichten verstoßen habe, indem sie zu Unrecht – nicht näher konkretisierte – Leistungen gegenüber dem Kläger abgerechnet habe, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags mit der Beklagten erbracht worden seien.

4.5.2 Der Keim für spätere Auseinandersetzungen über eine unrichtige Rechnungslegung entsteht jedenfalls nicht durch die Erbringung der Leistung selbst, sondern erst durch die unrichtige Abrechnung dieser Leistungen; erst damit konkretisiert sich die Gefahr von Kosten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung. Soweit sich der Kläger daher darauf stützt, liegt der hier geltend gemachte Verstoß außerhalb der Versicherungszeit der Beklagten.

5. Zusammengefasst ist daher der Revision der Erfolg zu versagen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 41, 50 ZPO.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:0070OB00085.20F.0624.000

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