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OGH vom 20.03.1985, 3Ob595/84

OGH vom 20.03.1985, 3Ob595/84

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Warta, Dr. Huber, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****gesellschaft mbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Fritz Janetschek, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Agnes H*****, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 20.233,93 S samt Nebengebühren, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 320/84-19, womit das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom , GZ 4 C 905/83-13, aufgehoben wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil der ersten Instanz wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei binnen 14 Tagen auch die mit 1.967,68 S (darin keine Barauslagen und 178,88 S USt) bestimmten Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz und die mit 2.363,68 S (darin keine Barauslagen und 214,88 S USt) bestimmten Kosten des Verfahrens in dritter Instanz zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der am eingebrachten Klage behauptete die Klägerin, der Beklagten bestellte Waren zu vereinbarten Preisen von insgesamt 22.876,39 S verkauft und geliefert zu haben. Der seit fällige Betrag sei aus dem Titel des Schadenersatzes seit mit 12 % plus 18 % USt zu verzinsen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie gestand zu, am beim Vertreter der Klägerin Walter S***** einen Zentralheizungsofen Domotherm DHK 27 bestellt zu haben, der um den ausgeliefert worden sei. Darüber habe die Klägerin am eine um 1.315,91 S (einschließlich 18 % USt) überhöhte Rechnung auf 20.920,90 S gelegt. Der Rechnungsbetrag sei jedoch nicht fällig. Die Beklagte habe nämlich mit Walter S***** vereinbart, die Klägerin werde den früheren Zentralheizungsofen der Beklagten in Anrechnung auf den Kaufpreis des neuen zurücknehmen. Der gebrauchte Ofen sei etwa 5 Jahre alt gewesen, sein Anschaffungspreis habe 19.000 S betragen. Zwischen der Beklagten und Walter S***** sei besprochen worden, dass sie rund 5.000 S aufzahlen werde. Die Beklagte habe die erwähnte Rechnung Walter S***** mit der Aufforderung übergebe, sie im Sinne der Vereinbarung korrigieren zu lassen. S***** habe neuerlich versichert, der (gebrauchte) Ofen werde zurückgenommen, sein Wert sei vom Rechnungsbetrag abzuziehen.

In der Tagsatzung vom brachte die Klägerin noch vor, der Beklagten auch eine Therm ABL-Sicherung TS 130 geliefert und dafür mit gesonderter Rechnung vom den spätestens am fälligen Betrag von 628,94 S in Rechnung gestellt zu haben, sodass ihr die Beklagte insgesamt 21.549,84 S samt 12 % Zinsen (samt 18 % USt) aus 20.920,90 S seit und aus 628,94 S seit schulde. In diesem Sinne schränkte die Klägerin ihr Begehren, von dem sie die vorprozessualen Zinsen und Kosten von 1.326,55 S fallen ließ, ein (ON 5 und 7).

In der Tagsatzung vom schränkte die Klägerin ihr Begehren um Teilpositionen der Rechnung vom von zusammen 1.315,91 S auf 20.233,93 S samt 12 % Zinsen und 18 % USt aus den Zinsen seit ein. Der für den gelieferten Zentralheizungskessel in Rechnung gestellte Betrag von 16.348,50 S sei der Großhandelspreis, was einen Preisnachlass von 30 % bedeute (ON 12).

Das Erstgericht wies das eingeschränkte Klagebegehren ab.

Es stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Willi M*****, ein Bekannter der Beklagten, erfuhr im Sommer 1982 davon, dass der Gebietsvertreter der Klägerin Walter S***** einen Ofen in Zahlung genommen und dafür einen neuen geliefert hatte. M***** sagte S*****, dass auch die Beklagte einen Ofen einzutauschen hätte und dafür einen neuen beziehen würde. S***** vereinbarte dann mit der Beklagten mündlich, dass er ihr einen neuen Ofen liefern und den alten „in Eintausch nehmen“ werde. Dabei verwendete er die Worte: „Der alte Ofen wird bald wegkommen, der alte Ofen geht in Tausch“. Eine ausdrückliche Preisvereinbarung wurde nicht getroffen. Die Beklagte wusste bei der Bestellung, dass S***** als Vertreter eines Heizungsunternehmens auftrat. Sie wusste aber nicht, dass S***** von der Klägerin nicht zum Eintausch des alten Ofens bevollmächtigt war. Nach der Bestellung sagte S***** wiederholt, er habe einen Käufer für den alten Ofen, der bald abgeholt werde. Der alte, noch funktionstüchtige Ofen wurde von der Klägerin nicht zurückgenommen und befindet sich noch bei der Beklagten. In der der Beklagten gelegten Rechnung vom wurde für den alten Ofen nichts abgezogen.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht im Wesentlichen aus: S***** sei der Beklagten gegenüber als Vertreter (Bevollmächtigter) der Klägerin aufgetreten. Die von der Klägerin (Unternehmer) erteilte Vollmacht habe sich im Verkehr mit der Beklagten (Verbraucher) auf alle Rechtshandlungen erstreckt, die derartige Geschäfte gewöhnlich mit sich bringen. Dazu gehöre auch das Versprechen des Eintausches des gebrauchten Ofens. Die Beschränkung der Vollmacht S*****s sei der beklagten Verbraucherin gegenüber nicht wirksam, weil sie ihr nicht bewusst gewesen sei (§ 10 Abs 1 KSchG). Die Klägerin müsse daher die Handlungen S*****s gegen sich gelten lassen. Das Verhalten S*****s sei für die Beklagte nur so zu verstehen gewesen, dass er den alten Ofen annehme und dafür (unter Abzug seines Wertes) einen neuen liefern werde (§§ 914, 915 ABGB). Zwischen den Parteien sei daher vereinbart worden, dass die Klägerin den alten Ofen der Beklagten zurücknehme und ihr dafür einen neuen Ofen liefere, wobei die Beklagte nur den Wertausgleich zahlen müsse. Da die Klägerin ihrer Verpflichtung noch nicht nachgekommen sei und noch keine vertragsgemäße Rechnung gelegt habe, sei der Kaufpreis für den neuen Ofen noch nicht fällig.

Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin Berufung, in der sie die Abänderung im Sinne des Klagebegehrens, allenfalls die Aufhebung und Zurückverweisung beantragte. Die Berufungswerberin vermisste die Feststellung, dass sie der Beklagten (für den Ofen) einen Sonderpreis verrechnet habe. Eine solche Feststellung wäre wesentlich, weil mangels einer anderen Preisvereinbarung die ortsüblichen Preise der von der Klägerin gelieferten Ware und der von der Beklagten zu liefernden Ware als vereinbart gelten würden. Die Klägerin habe ihre Leistung unter Vorlage einer korrekten Rechnung beziffert, behalte sich aber die Ausdehnung auf den ortsüblichen Verkaufspreis ausdrücklich vor. Das Erstgericht habe auch nicht festgestellt, dass diese Rechnung innerhalb von 30 Tagen ohne Abzug zahlbar gewesen sei, wobei für den Fall einer Zahlung innerhalb von 14 Tagen ein 3%iger Skonto eingeräumt worden sei. Die Beklagte hätte den ortsüblichen Preis ihres alten Ofens behaupten und beweisen müssen. Bei einem Vergleich zwischen den ortsüblichen Preisen der beiderseitigen Leistungen würde sich das Klagebegehren als gänzlich berechtigt erweisen. Die Vereinbarung zwischen den Parteien sei nicht so zu verstehen, dass die Klägerin den alten Ofen der Beklagten zurücknehmen müsse, sondern dass sich die Beklagte dessen Verkehrswert vom ortsüblichen Preis des neuen Heizkessels abziehen dürfe bzw dass der Wert des alten Ofens in der Rechnung für den neuen zu berücksichtigen sei. Diese Frage betreffe jedoch nicht die Fälligkeit, sondern nur die Höhe des Anspruchs der Klägerin.

Das Berufungsgericht verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Ein Vertrag, mit dem ein neues Gerät gekauft und ein altes unter Anrechnung auf den Kaufpreis in Zahlung genommen werde, sei grundsätzlich als Doppelkauf anzusehen. Die zwischen den Prozessparteien getroffene Vereinbarung sei ein einheitliches Handelsgeschäft. Die Parteien hätten jedoch die Preise nicht bestimmt. Der Preis des von der Klägerin gelieferten Ofens sei bestimmbar, weil diesbezüglich ein Marktpreis bestehe. Ob auch der Preis für den alten Ofen der Beklagten bestimmbar ist, habe das Erstgericht wegen seiner verfehlten Rechtsansicht, dass die Forderungen der Klägerin noch nicht fällig wäre, nicht geprüft. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung nachgekommen, weil sie den von der Beklagten gekauften neuen Ofen geliefert und darüber die Rechnung vom ausgestellt habe. Ob der darin ausgewiesene Preis richtig sei, sei keine Frage der Fälligkeit. Da die Klägerin auch nicht verpflichtet sei, den alten Ofen der Beklagten abzuholen, könne die Nichtabholung die Fälligkeit der Kaufpreisforderung nicht hinausschieben. Die Beklagte hätte Behauptungen über den Marktpreis ihres alten Ofens aufstellen und dazu Beweise anbieten müssen und wäre dazu im Rahmen des § 182 ZPO zu verhalten gewesen. Da anzunehmen sei, dass der Preis des von ihr gekauften Ofens höher sei als der des in Zahlung gegebenen, wäre die Beklagte auch anzuhalten gewesen, anzugeben, aus welchem Grund sie nicht die Differenz anerkenne. Im fortgesetzten Verfahren werde die Beklagte zu einem konkreten Vorbringen über Art, Erzeugungsjahr und Preis des alten Ofens aufzufordern sein, sodann werde zu prüfen sein, ob dieser Preis bestimmbar ist, also ob der alte Ofen im Oktober 1982 einen Marktpreis hatte. Ein solcher Marktpreis wäre von der eingeklagten Forderung abzuziehen. Sollte der Preis nicht bestimmbar sein, dann wäre nicht etwa der Wert des alten Ofens zu schätzen und so der angemessene Preis zu ermitteln. Die Vereinbarung eines erst durch Schätzung zu ermittelnden Preises stünde nämlich mangels Bestimmtheit der Entstehung eines gültigen Vertrags entgegen. In diesem Fall müsste davon ausgegangen werden, dass hinsichtlich der Veräußerung des alten Ofens ein Konsens gefehlt habe, sodass diesbezüglich gar kein Vertrag zustande gekommen wäre. Dies würde zur Abweisung des Klagebegehrens führen, weil das gesamte einheitliche Rechtsgeschäft wegfallen würde.

Gegen den Beschluss des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs der Beklagten. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Berufungsgericht eine das Urteil der ersten Instanz bestätigende Sachentscheidung aufzutragen, allenfalls diese Sachentscheidung selbst zu fällen.

Die Beklagte bekämpft die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Klägerin allen Verpflichtungen aus dem Rechtsgeschäft nachgekommen sei und verweist diesbezüglich auf ihre vom Erstgericht geteilte Rechtsansicht, die eingeklagte Forderung sei mangels einer entsprechenden Rechnungslegung noch nicht fällig. Auch die Übernahme des alten Ofens als Bedingung für die Gültigkeit des Kaufvertrags sei nicht nur aus den Beweisergebnissen der ersten Instanz, sondern auch aus praktischen Gründen zu bejahen, weil einem Käufer schon aus „Taktgründen“ (Platzgründen?) nicht zugemutet werden könne, einen in Eintausch gegebenen sperrigen Gegenstand verwahren zu müssen.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben. Sie stimmt der Entscheidung des Berufungsgerichts zwar im Ergebnis zu, bekämpft allerdings die Rechtsansicht der zweiten Instanz, dass der Preis des alten Ofens bei Nichtvorliegen eines Marktpreises nicht durch Schätzung ermittelt werden könnte. Nach dem Willen der Parteien sollte für den alten Ofen vielmehr der angemessene Preis gutgeschrieben bzw von der Rechnung für den neuen Ofen abgezogen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nach § 519 Abs 1 Z 3 und Abs 2 ZPO zulässig; er ist auch berechtigt.

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass es sich bei der festgestellten Vereinbarung zwischen den Prozessparteien nicht um zwei (getrennte) Kaufverträge mit vertauschten Vertragsrollen (Doppelkauf), sondern um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, von dem derzeit allerdings noch nicht gesagt werden kann, ob es sich dabei nach der Regel des § 1055 ABGB um einen Kauf oder um einen Tausch handelt.

In beiden Fällen darf der in Geld bestehende Teil der Gegenleistung der Beklagten, also die Differenz zwischen dem Preis der von der Klägerin gelieferten Waren und dem Wert des gebrauchten Ofens der Beklagten, nicht unbestimmt sein, dh er muss zumindest bestimmbar sein (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 10 zu § 1054 mit Literatur- und Judikaturangaben).

Nach den §§ 1056 und 1057 ABGB können Käufer und Verkäufer die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten Person oder mehreren Personen überlassen. Obwohl das ABGB nur die Preisbestimmung durch Dritte regelt, halten Lehre (Ehrenzweig, Schuldrecht 406 f; Gschnitzer, Schuldrecht Besonderer Teil 16; Mayer-Maly in Klang2 IV/2 257 f; Rummel, Vertragsauslegung 65; Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 1056) und Rechtsprechung (SZ 25/46, SZ 42/77) eine vereinbarte Preisbestimmung durch einen Vertragspartner für zulässig.

Eine solche Preisbestimmung wurde der Klägerin durch die Beklagte eingeräumt, und zwar sowohl hinsichtlich der bei der Klägerin bestellten Waren als auch hinsichtlich des in Zahlung gegebenen gebrauchten Ofens der Beklagten. Zwar haben die Parteien dies nicht gerade ausdrücklich vereinbart, aus folgenden Gründen kam es aber zum konkludenten Abschluss einer solchen Vereinbarung:

Beide Parteien haben nie behauptet, dass ihre Vereinbarung wegen Unbestimmtheit der Leistung bzw Gegenleistung ungültig wäre. Das Erstgericht hat auch nicht festgestellt, dass die Parteien keine Preisvereinbarungen getroffen hätten, sondern nur, dass keine ausdrückliche Preisvereinbarung getroffen worden sei. Andererseits hat aber das Erstgericht festgestellt, dass die klagende Partei bei ihrer Rechnung für den alten Ofen nichts abgezogen habe und dass die Rechnung daher nicht „vertragsgemäß“ gewesen sei. Und wenn Parteien im Sinne der getroffenen Feststellungen vereinbaren, dass der alte Ofen „in Tausch gehe“ oder „in Eintausch“ genommen werde, dann kann der nicht über den Preis eines neuen Ofens und den Restwert des alten Ofens informierte Erwerber des neuen Ofens nach den Regeln des redlichen Verkehrs auch in der Tat erwarten, dass der hier fachkundige Händler die beiden Preise bzw den zu leistenden Aufzahlungspreis bestimmt, also vom Preis für die neuen Waren den entsprechenden Wert für den in Tausch genommenen Gegenstand abzieht.

Nach den Feststellungen hat die Klägerin diese ihr somit stillschweigend übertragene Preisbestimmung nur hinsichtlich der von ihr gelieferten Waren, nicht aber auch bezüglich des alten Ofens der Beklagten vorgenommen und dessen Wert weder bei der Erstellung der ursprünglichen Rechnung noch durch Prozesserklärungen von ihren in Rechnung gestellten bzw eingeklagten Forderungen abgezogen.

Der Beklagten und dem Erstgericht ist daher darin zuzustimmen, dass die Fälligkeit der von der Beklagten zu erbringenden Gegenleistung hier ausnahmsweise bis zur Bekanntgabe der von der Klägerin vorgenommenen Preisbestimmung hinausgeschoben blieb, weil die Beklagte bis dahin die ziffernmäßige Höhe ihrer Schuld nicht wissen kann (vgl Bydlinski in Klang2 VI/2 338 f; EvBl 1983/148).

Die Klägerin wird die Leistungsbestimmung selbstverständlich nicht nach beliebigem, sondern nur nach billigem Ermessen entsprechend der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB) vorzunehmen haben (Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 8 und 9 zu § 1056 und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung).

Dem Rekurs der Beklagten war daher Folge zu geben und nach § 519 Abs 2 Satz 2 ZPO in der Sache selbst zu erkennen, und zwar durch Wiederherstellung der Entscheidung der ersten Instanz.

Die Kostenentscheidung beruhen auf den §§ 41 und 50 ZPO.