OGH vom 23.10.2019, 7Ob83/19k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** H*****, vertreten durch Dr. Nina Letocha-Ortner, Rechtsanwältin in Salzburg, und dessen Nebenintervenientin Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17–19, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Univ.-Prof. Dr. Friedrich Harrer, Dr. Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 19.092 EUR sA und Rente, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 16/19i-231, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Die Beklagte macht geltend, dass das Berufungsgericht die Notwendigkeit einer „Aufforderung zur Prämienzahlung“ im Sinn des § 38 Abs 3 VersVG unrichtig beurteilt habe. Damit zeigt die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf:
1.2. Es bildet keinen Streitpunkt mehr, dass hier eine Erstprämie zu beurteilen ist. Der Versicherer ist gemäß § 38 Abs 2 VersVG leistungsfrei, wenn 14 Tage nach der Aufforderung zur Prämienzahlung die erste Prämie zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls noch nicht gezahlt ist, es sei denn, der Versicherungsnehmer kann beweisen, dass ihn an der nicht rechtzeitigen Zahlung kein Verschulden trifft. Als weitere Voraussetzung für die Leistungsfreiheit des Versicherers normiert § 38 Abs 3 VersVG, dass die Aufforderung zur Prämienzahlung einen entsprechenden Hinweis auf diese Rechtsfolge enthalten muss. Um sich auf die Leistungsfreiheit nach der genannten Gesetzesstelle berufen zu können, ist es daher erforderlich, dass die Polizze und eine derartige „qualifizierte“ Zahlungsaufforderung dem Versicherungsnehmer wirksam zugestellt werden (7 Ob 314/99y; 7 Ob 105/03x; 7 Ob 180/05d = RS0114043 [T4]).
1.3. Gegen die vom Berufungsgericht verneinte Leistungsfreiheit der Beklagten nach § 38 VersVG wendet die Beklagte lediglich ein, es sei für die vereinbarte Lastschriftvereinbarung typisch, dass die gesonderte Zustellung einer Aufforderung zur Prämienzahlung nicht erforderlich sei, weil die Prämienschuld parteieneinvernehmlich zur Holschuld gemacht werde. Dem ist zunächst mit dem Gesetzeswortlaut zu entgegnen, dass in § 38 VersVG für das Lastschriftverfahren keine Ausnahme vorgesehen ist und die Warnfunktion, die der geforderte Rechtsfolgenhinweis für den Versicherungsnehmer erfüllt, selbstverständlich auch im Fall einer Lastschriftvereinbarung greift. Überdies haben die Vertragsparteien nach Zustellung der Polizze von der ursprünglichen Regelung abweichend die vierteljährliche Zahlung der Versicherungsprämie vereinbart und die Beklagte hat in der Folge nach dem Scheitern des Lastschrifteinzugs (einseitig) die Zahlungsweise auf Zahlschein umgestellt, worauf zwar Zahlungen bei der Beklagten einlangten, jedoch am Tag des Unfalls ein Minussaldo bestand. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage eine – nicht erwiesene – qualifizierte Zahlungsaufforderung verlangte, dann ist darin keine – von der Beklagten auch nicht konkretisierte – unrichtige Auslegung des insoweit eindeutigen § 38 Abs 3 VersVG zu erkennen. Daraus folgt, dass den Geschädigten grundsätzlich die vertraglich vereinbarte Versicherungssumme zur Verfügung steht.
2. Die zur Verjährung der Ansprüche des Nebenintervenienten dargestellten Rechtsfragen stellen sich nicht:
Das Berufungsgericht ist – in der Revision nicht bekämpft – davon ausgegangen, dass die Forderungen des Klägers und der Regressberechtigten ohnehin die vertragliche, hier zur Verfügung stehende Versicherungssumme von 6 Mio EUR nicht übersteigen. Es kann daher auch nicht zu der von der Beklagten angestrebten Kürzung der Ansprüche des Klägers im Rahmen der Mindesthaftpflicht-versicherungssumme kommen.
3.Die Beklagte macht insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit nicht zulässig und zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0070OB00083.19K.1023.000 |
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