OGH vom 26.05.2004, 7Ob83/04p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Franz W*****, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 205.548,37 sA, über die Revision des Klägers (Revisionsinteresse EUR 178.867,27) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 214/03x-15, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 41 Cg 1/03k-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 2.139,66 (darin enthalten EUR 356,61 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der nunmehr im Ruhestand befindliche Kläger war Notar. Als solcher schloss er über Vermittlung des selbständigen Versicherungsmaklers Dr. Franz A***** bei der (der Einfachheit halber im Folgenden auch selbst als Beklagte bezeichneten) Rechtsvorgängerin der beklagten Versicherungsgesellschaft vom bis eine Notarberufshaftpflichtversicherung mit einer Versicherungssumme von S 5 Mio (EUR 363.364,17) ab. Dem Versicherungsvertrag lagen die "Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung der Notare" (ABVN) zugrunde, deren Art 4.1.3 wie folgt lautet:
Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche wegen Schäden, die auf vorsätzliches Zuwiderhandeln gegen Gesetze, Vorschriften, Anweisungen oder Bedingungen des Machtgebers (Berechtigten) oder auf sonstige vorsätzliche Pflichtverletzungen zurückzuführen sind; als Vorsatz gilt auch dolus eventualis.
Am suchte Dr. Johann M*****, der damals Rechtsanwalt und dem Kläger bekannt war, diesen in dessen Kanzlei auf und bat ihn, zu seiner Mutter zu kommen, um deren Unterschrift auf einer Pfandurkunde zu beglaubigen. Die Beglaubigung der Unterschrift der Mutter war im Zuge einer Kreditaufnahme des Dr. M***** für die Einräumung einer Hypothek auf einer der Mutter gehörenden Liegenschaft erforderlich. Der Kläger wusste, dass die Mutter aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, selbst zu ihm zu kommen; er hatte aber keine Zeit, zu ihr zu fahren. Auf Drängen und Bitten des Dr. M***** entschloss er sich daher, diesem ein Vermerkblatt mit dem Auftrag mitzugeben, es mit der unterfertigten Pfandurkunde zurückzubringen. Obwohl der Kläger wusste, dass dies laut Notariatsordnung nicht gestattet war, beglaubigte er die Unterschrift auf der Pfandurkunde, die Dr. M***** samt Vermerkblatt wenige Stunden später zurückbrachte. Er wähnte Dr. M***** als Anwalt in wirtschaftlich gesicherten Verhältnissen und dachte nicht daran, dass die Unterschrift der Mutter gefälscht sein könnte. Da dies, wie sich nach Kreditgewährung herausstellte, aber der Fall war, musste das im Grundbuch einverleibte Pfandrecht schließlich wieder gelöscht werden. Die Kredit gebende Bank forderte den Kläger auf, ihr den dadurch entstandenen Schaden, den sie zunächst mit "zumindest S 3 Mio" (EUR 218.018,50) bezifferte, zu ersetzen. Der Kläger, dem im Zuge der betreffenden Verhandlungen Kosten für seine anwaltliche Vertretung von (umgerechnet) EUR 20.476,70 entstanden, einigte sich mit der Kreditgeberin auf eine Zahlung von (umgerechnet) EUR 185.071,66.
Die vom Kläger zur Ersatzleistung aufgeforderte Beklagte lehnte mit Schreiben vom die Versicherungsdeckung ab; sie sei, weil der Kläger vorsätzlich gegen §§ 79 ff NO verstoßen habe, gemäß Art 4.1.3 ABVN leistungsfrei.
Am wurde zwischen der österreichischen Notariatskammer, der U***** AG, der Beklagten und der "C*****" Gesellschaft mbH & Co KG (deren "Inhaber" - richtig Kommanditist - Dr. Franz A***** ist) eine "Rahmenvereinbarung" geschlossen, die laut ihrer Präambel die Aufgabe hat, "die Voraussetzungen zu schaffen, um allen Notaren jetzt und in Zukunft den Versicherungsschutz zur Verfügung stellen zu können, den sie zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit .... benötigen". Sie "gewährleistet die Flexibilität und Dynamik des Versicherungsschutzes auf der Basis der ABVN durch rasche und verbindliche Klarstellung von Zweifelsfragen sowie prompte Anpassung des Versicherungsschutzes an neue Risikosituationen, insbesondere auch für bestehende Versicherungsverträge". Pkt 1.3 des Teiles "Allgemeine Klarstellungen und Erweiterungen der ABVN" der Rahmenvereinbarung lautet: "Versicherungsschutz für alle Grade der Fahrlässigkeit (Art 4.1.3 ABVN entspricht Pkt 1.7 VHR 1999): Ein vorsätzliches Zuwiderhandeln liegt nur dann vor, wenn auch - im Sinne des § 152 VersVG - der Schaden bewusst in Kauf genommen wird, also zumindest dolus eventualis vorliegt."
Der Kläger begehrte mit der Klage EUR 205.548,37 (sA), in eventu die Feststellung der Deckung der Beklagten, die zu Unrecht meine, gemäß Art 4.1.3 ABVN leistungsfrei zu sein. Der in dieser Bestimmung verlangte Vorsatz umfasse nicht bloß das Zuwiderhandeln, sondern auch den Schadenseintritt. Diese Auffassung habe auch der Vermittler Dr. A***** vertreten, dessen Zusicherung sich die Beklagte zurechnen lassen müsste. Auf das Erfordernis (dass sich der [bedingte] Vorsatz, um gemäß Art 4.1.3 ABVN Leistungsfreiheit zu bewirken, auch auf den Schadenseintritt beziehen müsse) sei in mehreren einschlägigen juristischen Aufsätzen, Abhandlungen und Seminaren hingewiesen worden, was der beklagten Partei bewusst gewesen sei. Eine solche Interpretation dieser zentralen Bestimmung der ABVN habe somit allgemeine Verkehrsgeltung. Allenfalls habe die Beklagte ihre (sie im Falle einer anderen Auslegung der betreffenden Bestimmung treffende) Aufklärungspflicht verletzt.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung. Der klare und ausdrückliche Wortlaut des Art 4.1.3 ABVN als "Pflichtwidrigkeitsklausel" erlaube keine Deckung. Eine Ausweitung, dass der Vorsatz auch den Schadenseintritt umfassen müsse, würde der Klausel jeglichen Anwendungsfall entziehen. Sie, die Beklagte, habe die unrichtige Information des selbständigen Maklers Dr. A***** über die Auslegung dieser Klausel nicht gekannt und keine Aufklärungspflicht verletzt. Im Übrigen träfe den Kläger ein Selbstbehalt von 10 %.
Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Es beurteilte den von ihm festgestellten, hier bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, der Kläger habe wissentlich gegen die Pflichtwidrigkeitsklausel und Schutznormen des § 79 NO verstoßen. Danach könne ein Notar die Echtheit einer Unterschrift (nur) beurkunden, wenn die Partei in seiner Gegenwart eigenhändig unterschrieben oder vor ihm eine Unterzeichnung als die ihre anerkannt habe. Der Wortlaut der Ausschlussklausel des Art 4.1.3 ABVN ziele eindeutig auf vorsätzliches Zuwiderhandeln ab, der Schadenseintritt selber müsse nicht von diesem Vorsatz erfasst sein.
Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Seine Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das vom Kläger hinsichtlich der gegenständlichen Klausel behauptete übereinstimmende Begriffsverständnis sämtlicher beteiligter Verkehrskreise sei durch die Verfahrensergebnisse, insbesondere die Aussage des Zeugen Dr. A***** nicht ausreichend gedeckt. Das Erstgericht habe daher zu Recht eine betreffende, vom Kläger begehrte Feststellung nicht getroffen.
Im Gegensatz zu § 152 VersVG stelle die gegenständliche Risikoausschlussklausel der ABVN auf das vorsätzliche Zuwiderhandeln gegen Gesetze, Vorschriften etc und auf sonstige vorsätzliche Pflichtverletzungen und nicht auf die vorsätzliche Herbeiführung von Tatsachen = Schäden ab. Dies lasse sich mit dem besonderen Sorgfaltsmaßstab, der an das Verhalten von Notaren anzulegen sei, rechtfertigen. Die gegenständliche Klausel sei daher nach objektiven Gesichtspunkten im Sinne der Beklagten auszulegen, weshalb die grundsätzlich zu Lasten des Versicherers gehende Unklarheitenregel nicht in Betracht komme.
Die erst 2001 geschlossene Rahmenvereinbarung stütze die vom Kläger angestrebte Interpretation nicht. Einer rückwirkenden "autentischen Interpretation" stehe der Grundsatz entgegen, dass die Auslegung sich am Maßstab des verständigen Versicherungsnehmers orientiere. Inhaltlich präsentiere sich die Rahmenvereinbarung als Neuregelung der gegenständlichen Risikoausschlussklausel, weil sie eine wesentliche Änderung ihres Geltungsbereiches bedeute. Neue AVB könnten nicht zur Auslegung älterer Bedingungen herangezogen werden und seien daher unbeachtlich.
Das Verhalten des selbständigen Versicherungsmaklers Dr. A***** sei nicht der Beklagten zuzurechnen. Der Versicherungsmakler sei zwar regelmäßig ein Doppelmakler, werde aber außer in den Fällen eines wirtschaftlich intensiven Naheverhältnisses zwischen Makler und Versicherer (§ 43a VersVG) als Hilfsperson des Versicherungsnehmers tätig und daher dessen Sphäre zugerechnet.
Da der Oberste Gerichtshof zur Auslegung vergleichbarer Klauseln in Versicherungsbedingungen noch nicht Stellung genommen habe, sei die Revision zulässig.
Der Kläger hat seine Forderung im Revisionsverfahren unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes von 10 % und eines Betrages von EUR 6.126,26, der im Konkursverfahren Dris. M***** einbringlich gemacht habe werden können, auf EUR 178.867,27 (sA) reduziert. Er strebt mit seiner Revision, in der er unrichtige rechtliche Beurteilung, Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend macht, die Abänderung des angefochtenen Urteiles im Sinne einer Klagsstattgebung in diesem Umfang an; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung das Rechtsmittel entweder zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zwar zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Der Kläger hat bei der gegenständlichen Beglaubigung unstrittig bewusst (vorsätzlich) gegen Vorschriften der Notariatsordnung verstoßen. Weiters steht fest, dass er allerdings nicht damit rechnete, dass die von ihm beglaubigte Unterschrift gefälscht sein könnte; sein Vorsatz hat sich demnach nicht auch darauf erstreckt, mit seinem vorschriftswidrigen Handeln einen einem Dritten schädlichen Erfolg herbeizuführen. Streitentscheidend ist daher, wie die Risikoausschlussklausel des Art 4.1.3 der dem gegenständlichen Versicherungsverhältnis zugrundegelegten ABVN zu verstehen ist: Nämlich ob - wie die Vorinstanzen meinen - schon der vorsätzliche Verstoß gegen einschlägige Vorschriften (etwa wie hier der Notariatsordnung) Leistungsfreiheit bewirkt, oder ob - wie vom Kläger in der Revision weiterhin vertreten wird - auch ein daraus entstandener Schaden vom Vorsatz umfasst sein muss.
Der erkennende Senat hat dazu erwogen:
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach stRsp nach Vertragsauslegungsgrundsätzen (§§ 914 ff ABGB) auszulegen. Die Auslegung hat sich daher am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers zu orientieren (7 Ob 31/91, VR 1992/277; 7 Ob 6/92, VR 1992/284; RIS-Justiz RS0050063 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Die einzelnen Klauseln der Versicherungsbedingungen sind, wenn sie nicht auch Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf ihren Wortlaut auszulegen (RIS-Justiz RS0008901 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 7 Ob 142/03p, 7 Ob 164/03y und 7 Ob 289/03f). In allen Fällen ist der einem objektiven Beobachter erkennbare Zweck einer Bestimmung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu berücksichtigen (7 Ob 3/89, VR 1990/182 = RdW 1989, 329 [Schauer]; 7 Ob 1/90, VR 1990/224; 7 Ob 16/91, VR 1992/269; 7 Ob 234/00p; 7 Ob 41/01p, ÖBA 2001, 987; 7 Ob 115/01i, VersR 2001, 1312; 7 Ob 205/02a; 7 Ob 70/03z uva). Nach objektiven Gesichtspunkten als unklar aufzufassende Klauseln müssen daher so ausgelegt werden, wie sie ein durchschnittlich verständiger Versicherungsnehmer verstehen musste (SZ 69/134; 7 Ob 372/98a, SZ 72/83; 7 Ob 234/00p; 7 Ob 93/00b, SZ 73/169; 7 Ob 115/01i; 7 Ob 73/02i; 7 Ob 301/02v ua), wobei Unklarheiten iSd § 915 ABGB zu Lasten des Verwenders der AGB, also des Versicherers gehen (7 Ob 37/89, JBl 1990, 316 = EvBl 1990/28 = VR 1990/198 = VersR 1990, 445; 7 Ob 2136/96k; 7 Ob 205/02a uva; Rummel in Rummel3 Rz 13 zu § 864a mwN). Unzulässig ist es, etwa neuere Fassungen von AVB zur Auslegung älterer AVB heranzuziehen (7 Ob 54/87, VersE 1363 = VR 1998/129 = VersR 1989, 315 vgl 7 Ob 37/89, VersE 1451 = VersR 1990, 445 = VR 1990/198 = JBl 1990, 316 = EvBl 1990/28 = SZ 62/168; 7 Ob 73/02i; Fenyves, Zur "Herzinfarkt-Klausel" der privaten Unfallversicherung, FS Krejci II, 1153 [1157]).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Auslegung des Art 4.1.3 ABVN durch die Vorinstanzen zu billigen. Den Revisionsausführungen, die zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen, ist in mehrfacher Hinsicht zu widersprechen:
Unrichtig ist die gleich am Beginn der Rechtsrüge geäußerte Ansicht des Revisionswerbers, die gegenständliche Auslegung sei am Maßstab eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers und (daher) nicht eines Juristen vorzunehmen. Ganz allgemein sind Vertragsschablonen so zu verstehen, wie sie sich im redlichen Verkehr einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen (EvBl 1982/94; 7 Ob 41/01g, ÖBA 2001, 987 ua). Den Adressatenkreis von Allgemeinen Versicherungsbedingungen bilden die Versicherungsnehmer, sodass es - wie bereits erwähnt - auf das objektive Verständnis der durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer ankommt. Da als Versicherungsnehmer einer Berufshaftpflichtversicherung für Notare nur Juristen in Frage kommen, sind einem durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer, der hier den Maßstab bildet, entgegen der Ansicht des Revisionswerbers selbstredend juristische Vorbildung und Verständnis zu unterstellen.
Keineswegs geteilt werden kann auch die Auffassung des Revisionswerbers, schon eine wörtliche Auslegung der gegenständlichen Ausschlussklausel ergebe, dass sich der Vorsatz auch auf den Schadenseintritt beziehen müsse. Bereits eine grammatikalische Interpretation ordnet nämlich das Adjektiv "vorsätzliches" eindeutig dem Substantiv "Zuwiderhandeln" und nicht dem Substantiv "Schäden" zu. Keineswegs zutreffend ist auch die (sich auf Art 4.I.3. der Allgemeinen Bedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden [AVBV] berufende) Argumentation, soweit damit zum Ausdruck gebracht wird, dass sich das Wissen und Wollen des Versicherungsnehmers nicht auch auf den Schaden, sondern nur auf das Verhalten (den Verstoß) allein beziehen müsse, werde der Begriff "wissentlich" und nicht der Begriff "vorsätzlich" verwendet. Ob vorsätzliches Handeln in Bezug auf den Verstoß für den Risikoausschluss genügt (in Deutschland wurde dafür der Begriff "vorsatznahes Verhalten" geprägt - vgl Johannsen, Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in der Haftpflichtversicherung in Prölss, Die schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles, 71) oder ob iSd § 152 VersVG dazu auch noch (bedingter) Vorsatz hinsichtlich der Schadenszufügung zu fordern ist, hängt selbstverständlich von der Formulierung der gesamten betreffenden Ausschlussklausel und nicht von der Verwendung der Begriffe Wissentlichkeit oder Vorsatz ab. Johannsen weist aaO, 72 als Beispiele für den Ausschluss des Versicherungsschutzes durch sog. vorsatznahes Verhalten auf Klauseln der Umwelthaftpflicht- und der Produkthaftpflichtversicherung hin, in denen (ganz vergleichbar der gegenständlichen Klausel) die Versicherungsansprüche ausgeschlossen werden, wenn der Versicherungsnehmer oder Mitversicherte "den Schaden dadurch verursachen, dass sie bewusst von Gesetzen, Verordnungen oder an den Versicherungsnehmer gerichteten behördlichen Anordnungen oder Verfügungen, die dem Umweltschutz dienen, abweichen" bzw "den Schaden durch vorsätzliches Abweichen von gesetzlichen oder behördlichen Vorschriften sowie von schriftlichen Anweisungen oder Bedingungen des Auftraggebers herbeigeführt haben". Überall sei die Besonderheit gegeben, dass der bewusste Verstoß gegen gesetzliche oder entsprechende Regelungen vom Versicherungsschutz schon ausgenommen sei, auch wenn der Versicherungsnehmer sich damit im Rahmen des § 152 VVG verteidigen könnte, dass er gehofft habe, dass aus diesem Verstoß kein Schaden entstehe.
Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers gibt die gegenständliche Klausel demnach nicht bloß § 152 VersVG (hinsichtlich dessen nach hM angenommen wird, dass auch die Schadensfolgen vom Vorsatz umfasst sein müssen - 7 Ob 12/92, VersE 1536 = VR 1992/283 = RdW 1993, 209; RIS-Justiz RS0080556, zuletzt etwa 7 Ob 141/00m; Baumann in BK § 152 VVG Rn 17 mwN) mit anderen Worten wieder, sondern stellt eine Verschärfung dieser gesetzlichen Bestimmung zu Lasten des Vesicherungsnehmers dar. Dagegen bestehen keine Bedenken: Nach ganz hM (Baumann aaO Rn 33 mwN) ist diese Bestimmung sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Versicherungsnehmers dispositiv und eine Verschärfung dahin, dass hinsichtlich der Schadensfolgen kein Vorsatz vorzuliegen braucht, daher wirksam (Voit in Prölss/Martin VVG26 § 152 Rn 7 mwN). Johannsen führt aaO, 71 dazu aus, dass es diesen Ausschlusstatbestand im Rahmen der Vermögensschadenhaftpflichtversicherung traditionell seit Bestehen dieser Versicherungssparte gegeben habe. Im Grunde genommen werde damit auch nur das ethische Minimum verlangt, das zB im Anwaltsberuf gefordert werden müsse. Dies lässt sich mit Fug und Recht wohl gleichermaßen auch bezüglich Notaren sagen. Auch hier ist also der Ausschluss "vorsatznahen Verhaltens" durchaus zu akzeptieren (vgl Johannsen aaO, 71; vgl auch Haug, Die Amtshaftung des Notars Rn 66, 101 ff, jeweils mwN; vgl zu Art 4 I 3 AVBV RIS-Justiz RS0081980 und RS0080849).
Soweit der Kläger auch in der Revision daran festhält, es komme hier nicht auf den objektiven Wortlaut der gegenständlichen Klausel bzw nicht auf das Verständnis der durchschnittlich versierten Versicherungsnehmer an, weil die von ihm gewünschte Interpretation der Klausel allgemeine Verkehrsgeltung (gehabt) habe, setzt er sich darüber hinweg, dass nach dem vom Erstgericht festgestellten und vom Berufungsgericht gebilligten Sachverhalt eine solche Verkehrsgeltung nicht anzunehmen ist. Das Berufungsgericht hat sich eingehend mit diesem Einwand auseinandergesetzt und befunden, dass das Unterbleiben der vom Kläger gewünschten betreffenden Feststellung nicht zu beanstanden sei, weil entsprechende Beweisergebnisse fehlten; selbst die Angaben des Zeugen Dr. A***** erlaubten eine solche Feststellung nicht. Der Einwand des Revisionswerbers, diese Ansicht des Berufungsgerichtes sei aktenwidrig, verkennt das Wesen dieses Revisionsgrundes, der nur bei einem Widerspruch zwischen Akteninhalt und den darauf beruhenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen besteht, der nicht das Ergebnis eines richterlichen Werturteiles ist (Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 1771). Wenn das Berufungsgericht die Aussage des genannten Zeugen dahin beurteilt, auch darauf lasse sich die vom Kläger gewünschte Feststellung einer allgemeinen Verkehrsgeltung bzw eines übereinstimmenden Parteiwillens der Streitteile (bei Vertragsabschluss) nicht gründen, so stellt dies einen Akt der - vom Obersten Gerichtshof nicht mehr zu überprüfenden - Beweiswürdigung dar.
Eine in diesem Zusammenhang vom Revisionswerber monierte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, die darin erblickt wird, dass das Berufungsgericht die Beweisrüge nicht behandelt habe, liegt ebenfalls nicht vor (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO).
Der Revisionswerber macht auch noch geltend, mit der ua zwischen der Notariatskammer und der Beklagten getroffenen "Rahmenvereinbarung" sei keine Änderung der Bedingungslage, sondern lediglich eine Klarstellung vorgenommen worden. Abgesehen davon, dass die Frage nach der mit der Rahmenvereinbarung verfolgten Parteienabsicht irrevisible Tatfrage ist, kann sich die gegenteilige Ansicht der Vorinstanzen darauf stützen, dass die Rahmenvereinbarung laut ihrer Präambel die Aufgabe hat, "die Voraussetzungen zu schaffen, um allen Notaren jetzt und in Zukunft" den nötigen Versicherungsschutz zur Verfügung stellen zu können. Ein dem Vertragsabschluss folgendes Verhalten kann (nur) dann zur Interpretation herangezogen werden, wenn sich darin die schon bei Vertragsabschluss bestanden habende Parteiabsicht manifestiert (vgl 3 Ob 84/97t, NZ 2000, 243). Da die mehr als 6 Jahre nach dem vorliegenden Versicherungsfall getroffene Rahmenvereinbarung vom keineswegs eine bloße Klarlegung des bei Vertragsabschluss gegebenen Verständnisses der gegenständlichen Risikoausschlussklausel darstellt (und auf bereits eingetretene Versicherungsfälle keineswegs Bezug nimmt), rechtfertigt sie eine von den vom Obersten Gerichtshof entwickelten, dargelegten Auslegungsgrundsätzen abweichende Interpretation der gegenständlichen Klausel nicht.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt war die Beklagte in keiner Weise veranlasst, den Kläger vor bzw im Zuge des Vertragsabschlusses betreffend die gegenständliche Ausschlussklausel aufzuklären. Der in der Revision schließlich noch ausdrücklich aufrechterhaltene Vorwurf einer diesbezüglichen Pflichtverletzung durch die Beklagte ist demnach nicht berechtigt.
Die Revision des Klägers muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.