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OGH vom 24.08.2016, 3Ob86/16t

OGH vom 24.08.2016, 3Ob86/16t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Hugo Haslwanter, Rechtsanwalt in Telfs, wider die beklagte Partei C*****, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Guggenberger Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO) über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 3 R 1/16t 29, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 18 C 615/14f 23, zum Teil abgeändert wurde, zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird, soweit damit die Oppositionsklage für den Zeitraum Juni 2010 bis einschließlich Juni 2011 abgewiesen wurde, als Teilurteil bestätigt.

Im Übrigen wird es aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung über die Berufungen beider Parteien aufgetragen.

Die Kostenentscheidung zum Teilurteil bleibt der Endentscheidung vorbehalten. Im Übrigen sind die Kosten des Revisionsverfahrens weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Kläger und Beklagte schlossen im Jahr 1995 die Ehe, die mit Beschluss vom gemäß § 55a EheG geschieden wurde. Im Scheidungsvergleich vereinbarten die Streitteile ua, dass die Obsorge für die ehelichen Kinder L*****, geboren am ***** 1997, C***** und D*****, beide geboren am ***** 1998, künftig allein der (hier) Beklagten zukommt, sowie folgende Besuchsregelung: „Die Regelung des Besuchsrechtes zwischen dem Vater [….] und den gemeinsamen Kindern […] wird im Einvernehmen zwischen den Eltern ausgeübt und vereinbart. Jedenfalls ist der Kindesvater berechtigt, die Kinder [...] jedes zweite Wochenende von Freitag 19.00 Uhr bis Sonntag 19.00 Uhr zu sich zu nehmen.“

Der Vater verpflichtete sich, zum Unterhalt der drei Kinder jeweils monatlich 500 EUR zu Handen der (hier) Beklagten zu bezahlen. Er verzichtete gegenüber der Beklagten unwiderruflich und unter Ausschluss der Umstandsklausel auf jedweden wie immer gearteten Unterhaltsanspruch. Gleichzeitig verpflichtete er sich, der Beklagten einen fixen monatlichen Unterhaltsbetrag von 1.500 EUR wertgesichert unter vollständigem Ausschluss der Umstandsklausel (auch für den Fall der Wiederverehelichung und des Eingehens einer Lebensgemeinschaft) befristet bis zum zu bezahlen, wobei ein allfälliges Einkommen der Beklagten auf diesen Unterhaltsanspruch nicht anrechenbar ist. Festgehalten wurde weiters, dass dann keine weiteren Unterhaltszahlungen mehr an die Beklagte zu tätigen sind, und zwar auch dies für den Fall geänderter Verhältnisse und Not, selbst bei geänderter Gesetzeslage.

Der Beklagten wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom , AZ 21 E 3540/14f, gegen den Kläger aufgrund des Scheidungsfolgenvergleichs zur Hereinbringung von 12.220,20 EUR an (über das Zinsenbegehren näher aufgeschlüsseltem) Unterhaltsrückstand für die Monate Juli 2011 bis einschließlich Juni 2014 und 1.738,20 EUR an laufendem Unterhalt ab die Fahrnis und Forderungsexekution nach § 294a EO bewilligt.

Mit der am erhobenen Oppositionsklage begehrt der Kläger den Ausspruch, dass der mit dem Scheidungsfolgenvergleich titulierte Anspruch der Beklagten auf Bezahlung von nachehelichem Unterhalt ab Juni 2010 erloschen sei, weil ihn die Beklagte spätestens seit (einschließlich) Juni 2010 nach § 74 EheG verwirkt habe. Die „Wohlverhaltensklausel“ nach § 159 ABGB umfasse ein breites Spektrum an Verhaltensweisen, die zu unterlassen seien, wie etwa Vereinnahmungen, Aufwiegelungen oder gar Aufhetzung eines Kindes und Ähnliches. Bei Zuwiderhandeln greife der obsorgeberechtigte Elternteil in grundrechtlich verbürgte Rechtspositionen des anderen Elternteils ein und handle sowohl dem Kind als auch dem anderen Elternteil gegenüber rechtswidrig.

Seit der Scheidung im Jahr 2007 betreibe die Beklagte systematische Entfremdung der drei Kinder vom Kläger und seiner gesamten Verwandtschaft, insbesondere auch von den väterlichen Großeltern. Sie verhindere immer wieder Kontakte zwischen dem Kläger und den Kindern. Gemeinsame Urlaube, Ausflüge und sonstige sportliche Aktivitäten seien von ihr auf ein möglichst geringes Ausmaß reduziert worden. Die Beklagte sperre den Kläger regelrecht aus dem Leben der Kinder aus. Der Kläger wisse oft wochenlang den Aufenthaltsort der Kinder nicht, könne dann keinen Kontakt mit ihnen herstellen und mache sich massive Sorgen, wofür die Beklagte kein Verständnis zeige. Sie setze die Kinder enormem Druck aus, damit sie Kontakte mit dem Kläger mieden bzw so gering wie möglich hielten. Sie seien bei zufälligen Begegnungen mit ihm nicht nur nervös, sondern stets auch bestrebt, den Kontakt mit ihm vor der Beklagten geheim zu halten; sonst reagiere die Beklagte äußerst ungehalten. Für das der Beklagten vorgeworfene Verhalten nannte der Kläger als Beispiele konkrete und mehr oder weniger detailliert geschilderte Vorfälle und Situationen, die sich im Zeitraum zwischen den Jahren 2009 und 2014 ereignet hätten.

Die Beklagte bestritt sämtliche Vorwürfe und wendete im Wesentlichen ein, das klägerische Vorbringen enthalte nur Schutzbehauptungen. Der Kläger weigere sich, die von ihr berechtigterweise geltend gemachte Wertanpassung zu akzeptieren. Deshalb sei sie gezwungen gewesen, einen Exekutionsantrag zu stellen. Sie sei seit der Scheidung in Wahrheit stets darum bemüht gewesen, dass die Kinder Kontakt zum Kläger haben. Daher sei mit dem Kläger rechtzeitig im Vorhinein vereinbart worden, an welchen Wochenenden die Kinder bei welchem Elternteil verbringen werden. Der Kläger habe jedoch von Beginn an regelmäßig kurzfristig seine Besuchstermine abgesagt. Die Kinder seien nicht bereit, sich von ihr Kontakte mit dem Kläger verbieten zu lassen. Die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Kläger und Kindern habe er durch sein Desinteresse selbst bewirkt. Sie sei stets bemüht gewesen, regelmäßigen Kontakt zwischen Kindern und Kläger zu gewährleisten und manipuliere die Kinder nicht. Eine nachhaltige, grundlose (böswillige) Verhinderung des elterlichen Besuchsrechts gemäß dem in der Klage zitierten Rechtssatz liege nicht vor.

Das Erstgericht gab der Klage – im zweiten Rechtsgang, nachdem ihm im Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts vom , ON 22, konkretere Feststellungen zum Verhalten der Beklagten bis Juni 2010 aufgetragen wurden – (erneut) zum Teil statt, indem es aussprach, dass der betriebene Unterhaltsanspruch der Beklagten ab April 2011 erloschen sei, während das Mehrbegehren für den Zeitraum von Juni 2010 bis März 2011 abgewiesen wurde.

Es traf dazu folgende, chronologisch geordnete Feststellungen , die im Umfang der Bekämpfung durch die Beklagte in ihrer Berufung kursiv wiedergegeben sind:

Eine Änderung der Vereinbarung laut Scheidungsvergleich zum Kontaktrecht des Klägers wurde nie vereinbart, und zwar weder schriftlich noch mündlich .

Nach der Scheidung der Streitteile Anfang 2007 konnte der Kläger über das Jahr 2007 hinweg bis etwa Ende der ersten Hälfte des Jahres 2008 sein Kontaktrecht zu den Kindern im Wesentlichen so ausüben, wie dies im Zuge des Scheidungsvergleiches vereinbart worden war. Der Kläger war stets bestrebt, die vereinbarten Besuchswochenenden möglichst einzuhalten. Sofern es – ohnedies nur gelegentlich – für ihn terminlich nicht möglich war, die vorgesehenen Besuchswochenenden mit den Kindern zu verbringen, versuchte er auch Ersatztermine zu vereinbaren. Bis in etwa Mitte des Jahres 2008 versuchte die Beklagte nicht, den Kontakt zwischen den Kindern der Streitteile mit dem Kläger zu unterbinden. Grund war, dass die Beklagte nach der Scheidung zunächst offenbar noch hoffte, es könne allenfalls zur Wiederaufnahme der Beziehung zwischen den Streitteilen kommen. Infolge dieser bis dorthin bestehenden Hoffnung der Beklagten war es auch möglich, dass die Kinder bei einem an sich jährlich stattfindenden Treffen der Familie des Klägers (im Weiteren: Familientreffen) im Jahr 2008 teilnahmen.

Dieses Familientreffen findet seit 2008 im Land Salzburg statt. Hintergrund des Treffens ist, dass die „großväterliche“ Verwandtschaft der Kinder und damit die Verwandtschaft des Klägers väterlicherseits in Bayern ansässig ist. Innerhalb der Familie des Klägers besteht – generationenübergreifend – ein enger Zusammenhalt und eine enge Familienbindung. Um den Familienkontakt nicht abreißen zu lassen und den Familienzusammenhalt zu stärken, wurde auch erfolgreich versucht, dieses Familientreffen jährlich und regelmäßig abzuhalten und damit zu „institutionalisieren“, damit dieses auch lange vorher geplant werden kann und eine möglichst rege Teilnahme sämtlicher zur „Familie“ gehöriger Personen gewährleistet ist. Speziell auch um die Teilnahme der „schulpflichtigen“ Verwandtschaft und damit auch der Kinder der Streitteile zu gewährleisten, wurde das Familientreffen ab 2008 oder 2009 auf die Pfingstferien gelegt. Die Kinder der Streitteile nahmen im Jahr 2008 erst und letztmalig daran teil.

Die Beklagte versucht seit Mitte 2008 systematisch, mit zunehmender Intensität und mit großen „Erfolgen“, den Kontakt zwischen Kindern und Kläger zu unterbinden, jedenfalls – auch dies aber nur in Anbetracht einer an sich verbindlichen Besuchs-/ Kontaktregelung im Scheidungsvergleich – auf ein absolut unausweichliches Ausmaß zu reduzieren. Sie vermittelt den Kindern seit etwa Mitte 2008 konsequent, dass sie deren Kontakt mit dem Kläger nicht wünscht. Sie hält die Kinder der Streitteile so weit wie irgendwie möglich von Kontakten zum Kläger und dessen Familie fern. Dies geschieht ausschließlich in der Intention, die Kinder vom Kläger (und dessen Familie) möglichst zu entfremden. Es ist ihr mit ihrer Vorgehensweise auch „gelungen“, den Kontakt zwischen Kindern und Kläger in unterschiedlichem Ausmaß zumindest erheblich zu verschlechtern. Dies entgegen dem Willen der Kinder, die ansonsten nach wie vor bestrebt wären, den Kontakt zum Kläger aufrecht zu halten, was insbesondere für C***** gilt. Die Beklagte ist zudem bestrebt, auch urlaubsbedingte Zusammenkünfte zwischen dem Kläger und den gemeinsamen Kindern weitestgehend zu reduzieren. Auf die persönlichen Bedürfnisse auch der Kinder nimmt sie dabei in keiner Weise Bedacht.

Sowohl Kläger als auch Beklagte sind im Wohnort der Beklagten und der Kinder geschäftlich tätig. Deren Geschäftsräumlichkeiten sind maximal 70 m voneinander entfernt und die Haupteingänge der Geschäfte aufgrund von Nähe und Lage zueinander (direkt) einsehbar. Wegen des Druckes, den die Beklagte seit Jahren systematisch auf die Kinder mit dem Ziel der Unterbindung des Kontaktes zum Kläger ohne Anlass ausübt, trauen sich diese bei Besuchen in den Geschäftsräumlichkeiten des Klägers nicht einmal den Haupteingang zu benützen, sondern verwenden den vom Geschäft der Beklagten nicht einsehbaren Nebeneingang. Die konsequente Beeinflussung der Beklagten auf die Kinder wirkt sich insgesamt dahingehend aus, dass diese Angst und Bedenken haben, in Kenntnis der Beklagten den Kläger und/oder dessen Familie überhaupt zu treffen.

Die Beklagte unterlässt es ferner, den Kläger von der (schulischen) Entwicklung der Kinder entsprechend zu informieren. Da sie jedenfalls seit 2009 mehr und mehr die Auffassung vertritt, dass den Kläger auch die schulische Entwicklung der Kinder nichts angehe, informierte sie den Kläger nicht einmal über einen Schulwechsel der gemeinsamen Tochter.

Obwohl sie das Familientreffen im Jahr 2008 genossen und es ihnen dort sehr gefiel, erfolgte in den folgenden Jahren und bis dato (dh ab 2009 bis ) eine weitere Teilnahme nicht, und zwar deshalb, weil die Beklagte diesen Kontakt zwischen den Kindern und dem Kläger sowie dessen Verwandtschaft dort nicht wünschte und daher unterband. Sie beschloss in Anbetracht dessen, dass der Zeitpunkt dieses Familientreffens im Hinblick auf die große Verwandtschaft des Klägers bzw. dessen Vaters in Bayern geplantermaßen in der Folge immer auf Pfingsten fiel, sodann selbst zu „institutionalisieren“, zu Pfingsten in die Schweiz zu ihrer Verwandtschaft zu fahren. Ziel der Beklagten war es, dadurch einen Grund anführen zu können, weshalb die Kinder bei diesem Familientreffen nicht teilnehmen können. Tatsächlich wäre es der Beklagten ohne weiteres auch möglich gewesen, die Kinder an diesem Familientreffen, an dem regelmäßig auch der Kläger teilnahm, teilnehmen zu lassen.

Der Kläger hatte am seinen 40. Geburtstag. Er plante, diesen Geburtstag im kleinen Rahmen familiär und damit insbesondere mit den drei Kindern der Streitteile zu feiern. Um deren Teilnahme bei seiner Geburtstagsfeier zu verhindern, beschloss die Beklagte, genau am Tag der Geburtstagsfeier des Klägers mit den Kindern in die Schweiz zu ihrer Verwandtschaft zu fahren. Es war nicht der Wunsch der Kinder und insbesondere der Tochter, am Tag der Geburtstagsfeier des Klägers in die Schweiz zu fahren, um dort ihren eigenen Geburtstag feiern zu können.

Am hatten die Kinder der Streitteile in ihrem Wohnort Firmung. Obwohl sie den Kläger aufgrund ihrer Bindung zu ihm bei der Firmung an sich gerne dabei gehabt hätten, unterband es wiederum die Beklagte, dass der Kläger und dessen Eltern zur Firmung eingeladen werden und daran teilnahmen. Es wäre dem Kläger zwar möglich gewesen, auch ohne Einladung bei dieser Firmung zu erscheinen, er unterließ dies – nach Rücksprache mit dem Pfarrer von Seefeld – zur Vermeidung einer Verstärkung der Konfliktsituation mit der Beklagten und damit aus Rücksicht auf die drei Kinder.

Mittels welcher ganz konkreten Verhaltensweisen die Beklagte bis Juni 2010 das Kontaktrecht zwischen Kläger und Kindern der Streitteile unterband und in welcher Form die negative Einflussnahme der Beklagten auf die Kinder im Detail erfolgte, die zum Ergebnis der festgestellten Reduktion des Kontakts zwischen Kläger und Kindern führte, ist nicht näher – als ohnedies festgestellt – feststellbar. Ebenso wenig ist nicht näher als ohnedies festgestellt feststellbar, in welcher Häufigkeit die vereinbarten Besuchswochenenden bis Juni 2010 ganz oder zum Teil nicht stattfanden.

Da eine Tante der Beklagten im März 2011 in den USA erkrankt war, entschloss sich die Beklagte, einige Tage dorthin nach Amerika zu reisen. Obwohl der Kläger gerne bereit gewesen wäre, in der Zeit der Abwesenheit der Beklagten auf die gemeinsamen Kinder aufzupassen, sich um diese zu kümmern und mit ihnen allenfalls etwas zu unternehmen, was er der Beklagten auch anbot, entschloss sich diese, die Aufsicht der Kinder möglichst anderweitig zu bewerkstelligen. Wegen ihrem in Wahrheit guten Verhältnis zum Kläger begaben sich alle drei Kinder während dieses USA-Aufenthaltes der Beklagten in ihren Wohnort, wobei C***** vorab in das Geschäft der Familie des Klägers ging. Die Beklagte hatte in Amerika indes in Erfahrung gebracht, dass sich die Kinder gerade möglicherweise beim Kläger befinden, was sie nicht wünschte. Sie kontaktierte daher von Amerika sofort aus C***** und forderte ihn auf, nicht beim Kläger zu bleiben, was sie gleichermaßen in Bezug auf ihre beiden anderen Kinder forderte. Letztlich holte eine Bekannte der Beklagten über telefonisches Ersuchen der Beklagten die Kinder ab, was vor allem auch darauf zurückzuführen ist, dass die Beklagte C***** gegenüber erklärte, sie werde die Polizei verständigen und ihn von dieser abholen lassen, wenn er nicht freiwillig mit ihrer Bekannten mitfahre. Auch die beiden anderen Kinder entschlossen sich infolge dessen dazu, mit der Bekannten mitzufahren.

Aufgrund des Druckes der Beklagten auf die Kinder in Bezug auf das Verhältnis zwischen ihnen und dem Kläger war es C *****, der im Jahre 2011 über Monate hinweg den Wunsch hatte und äußerte, von der Beklagten zum Kläger zu ziehen. Es war der Kläger, der seinen Sohn davon überzeugte, dies nicht zu tun, weil der Kläger die Situation nicht eskalieren lassen und eine Chance auf Kontakt zu seinen Kindern nach Rückkehr der Beklagten aus den USA aufrecht erhalten wollte.

Die negative Einflussnahme der Beklagten auf die Kinder und deren Verhalten gegenüber dem Kläger führte letztlich auch dazu, dass es in den Jahren 2011 und 2012 notwendig wurde, dass sich der Kläger mit den Kindern – heimlich und damit ohne Kenntnis der Beklagten – vor Beginn der Schule in der Früh in ihrem Schulort treffen musste.

Der Vater des Klägers wollte seinen „runden“ 70. Geburtstag im Jahre 2014 gebührlich feiern, weshalb er ein großes Fest unter Einschluss der gesamten Verwandtschaft des Klägers veranstaltete. Um möglichst viele, bestenfalls sämtliche eingeladenen Personen, zu denen speziell auch die Kinder der Streitteile zählten, bei dieser Geburtstagsfeier begrüßen zu können, wurde das Geburtstagsfest nicht unter der Woche am Geburtstag, sondern erst am veranstaltet. Angesichts des Umstands, dass geplant und als „Motto“ ausgegeben war, dass die Teilnehmer an dieser Geburtstagsfeier in Tracht und möglichst zahlreich erscheinen, wurde nicht nur dieses Motto, sondern auch das Datum der Geburtstagsfeier frühzeitig (spätestens im Februar 2014) bekannt gegeben. Nicht nur der „Jubilar“, sondern auch dem Kläger und der gesamten Familie des Klägers väterlicherseits war im Besonderen daran gelegen, dass die Kinder der Streitteile an dieser großen Geburtstagsfeier teilnehmen. Für den „Jubilar“ und dessen Ehegattin ist es generell ein großer, persönlicher Wunsch, das Verhältnis zu den Kindern der Streitteile möglichst intensiv und gut zu gestalten. Da das Motto „Tracht“ lautete, fuhr der Kläger im Vorfeld mit den Kindern nach Innsbruck, um sie in einem Trachtengeschäft „von oben bis unten“ einzukleiden. Obwohl die Kinder bei der großen Geburtstagsfeier am gerne teilgenommen hätten und sich auf die Teilnahme an dieser Feier sehr freuten, erschienen sie dort nicht. Grund dafür war, dass die Beklagte den Kindern die Teilnahme an dieser Geburtstagsfeier, bei der natürlich auch der Kläger anwesend war, verbot. Sie tat dies mit dem Vorwand, dass sie mit den Kindern bereits am Tag der Geburtstagsfeier in die Schweiz fahre, was wiederum nicht den Tatsachen entsprach. Tatsächlich waren die Kinder am auch am Abend und somit während der Geburtstagsfeier an ihrem Wohnort. Es wäre ihnen ohne Verbot der Beklagten ohne weiteres möglich gewesen, an der Geburtstagsfeier zumindest einige Zeit teilzunehmen. Die einzige Intention der Beklagten, den Kindern die Teilnahme bei dieser Geburtstagsfeier zu verunmöglichen und diese nicht zu erlauben, lag darin, den Kontakt zwischen Kindern und Kläger sowie dessen Familie zu unterbinden.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, es sei anerkannt, dass eine schwerwiegende und nachhaltige Beeinträchtigung des Besuchskontakts durch die geschiedene unterhaltsberechtigte Mutter zur Verwirkung ihres Unterhaltsanspruchs führen könne. Das Besuchsrecht sei als konkrete Umsetzung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Kind ein fundamentales Recht der Eltern Kind-Beziehung und stehe als allgemeines Menschenrecht unter dem Schutz des Art 8 EMRK. Die Beklagte habe bereits Mitte 2008 damit begonnen, dem Kläger grundlos (einen angeblichen Grund behaupte sie gar nicht) die gemeinsamen Kinder systematisch und soweit wie nur möglich mit dem Ziel vorzuenthalten, den Kläger aus dem Leben der Kinder auszugrenzen und psychisch zu treffen. Diese systematische Vorgehensweise habe bis Juni 2010 bereits zwei Jahre angedauert und bis heute nicht ab sondern zugenommen. Auf Grundlage der vom Berufungsgericht überbundenen Rechtsansicht sei davon auszugehen gewesen, dass nicht schon ab Juni 2010 eine Unterhaltsverwirkung stattgefunden habe. Die Oppositionsklage sei eine Klage zur Feststellung des Erlöschens oder der Hemmung eines Anspruchs und damit eine Feststellungsklage. Auch bei Feststellungsklagen könne grundsätzlich ein Minus zuerkannt werden, was auch zu gelten habe, wenn es um einen allfälligen Rechtsverlust gehe. Der Kläger stelle in seiner Oppositionsklage nicht auf einen Zeitpunkt, sondern einen Zeitraum ab. Das Begehren beziehe sich daher auf einen zeitlichen Bereich, weshalb die Feststellung des Erlöschens der Unterhaltsverpflichtung zu einem späteren – als in der Klage begehrten Zeitpunkt – möglich sei. ISd § 159 ABGB sei zu berücksichtigen, dass auch (gleichzeitig) in die Interessen des Vaters (und insbesondere auch der Kinder) eingegriffen werde, wenn der Kontakt zu Großeltern und damit ein generationsübergreifender Familienkontakt und -zusammenhalt systematisch unterbunden werde. Spätestens mit März 2011 liege in Zusammenschau mit der Entwicklung insgesamt bis dorthin eine Unterhaltsverwirkung vor; in Anbetracht dessen, dass der Unterhalt im Vorhinein eines jeden Monats zu leisten sei, müsse daher ab April 2011 eine Unterhaltsverwirkung bejaht werden.

Nachdem beide Seiten das Ersturteil bekämpften, verwarf das Berufungsgericht die Nichtigkeitsberufung des Klägers und gab seiner Berufung im Übrigen keine Folge; der Berufung der Klägerin gab es hingegen Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wurde und ließ die ordentliche Revision zu.

Es verwarf die Nichtigkeits und Mängelrügen des Klägers. Mit der Begründung, die festgestellten Verhaltensmaßnahmen der Beklagten würden nicht hinreichen, von einer Unterhaltsverwirkung zu dem in der Klage begehrten Zeitpunkt auszugehen, ging das Berufungsgericht auf die umfangreiche Beweisrüge der Beklagten sowie die von ihr geltend gemachte Aktenwidrigkeit nicht ein.

Zu den Rechtsrügen beider Seiten vertrat es folgenden Standpunkt:

Die Vorgangsweise des Erstgerichts, als Minus einen Zeitpunkt für die Unterhaltsverwirkung nach dem in der Klage angestrebten Zeitpunkt festzusetzen, sei unzulässig und verstoße gegen § 405 ZPO, weil es ein Aliud zugesprochen habe. Bereits im Aufhebungsbeschluss sei die Ansicht vertreten worden, dass all jene vom Kläger geschilderten Vorfälle, die sich nach Juni 2010 ereigneten, nicht geeignet seien, eine Unterhaltsverwirkung zu einem früheren Zeitpunkt zu begründen, sodass die Klage in weiten Bereichen unschlüssig sei. Aufgrund der hier herrschenden Eventualmaxime hätte dies nicht nach Erörterung behoben werden können, weil eine Schlüssigstellung zwingend neues Tatsachenvorbringen erfordere, das über das Maß einer bloßen Verdeutlichung oder Präzisierung hinausgehe. Mit seinem Zuspruch habe das Erstgericht auch die Eventualmaxime einseitig zu Lasten der beklagten Partei durchbrochen. Da weder der Kläger noch die Beklagte einen Verstoß weder gegen § 405 ZPO noch gegen die Eventualmaxime geltend gemacht hätten, habe das Berufungsgericht bei der Beurteilung, ob die Beklagte ein Verwirkungsverhalten gesetzt habe, auch vom Beobachtungszeitraum Juni 2010 bis April 2011 auszugehen.

Innerhalb dieses Zeitraums seien aber nur vier Ereignisse konkret festgestellt worden. Im Zusammenhalt mit den weiters allgemein getroffenen Feststellungen erblicke das Berufungsgericht darin aber noch nicht eine so schwere Verfehlung iSd § 74 EheG, dass von einer Unterhaltsverwirkung ab April 2011 auszugehen wäre. Aus den Feststellungen sei einerseits nicht abzuleiten, dass die Kontakte insgesamt zur Gänze verhindert worden wären, andererseits stehe auch nicht fest, in welcher Form und mit welcher Häufigkeit die im Scheidungsvergleich vereinbarten Besuchskontakte stattgefunden hätten. Dass es der Mutter (noch) nicht gelungen sei, die Vater-Kinder-Beziehung zu zerstören, ergebe sich auch daraus, dass die Kinder den Kläger nach den Feststellungen von sich aus aufsuchten. Dem Kläger sei durchaus zuzugestehen, dass die gesamte Besuchsproblematik von einer negativen Beeinflussung seitens der Mutter und ihrem Bestreben gekennzeichnet sei, die Kinder dem Vater möglichst zu entfremden, dieses Verhalten der Beklagten gehe jedoch – insbesondere für den hier im Berufungsverfahren zu beurteilenden Zeitraum Juni 2010 bis April 2011 – noch nicht so weit, dass daraus eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs abgeleitet werden könnte. Der Vater müsse sich auch den Vorwurf gefallen lassen, dass nicht ersichtlich sei, weshalb er nicht mit den dafür vorgesehenen Mitteln des Außerstreitverfahrens versucht habe, eine Besuchsregelung herbeizuführen bzw eine bestehende Regelung durchzusetzen.

Die ordentliche Revision sei zulässig, da keine Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Frage vorliege, ob das Erstgericht ein Aliud zugesprochen habe. Zudem stelle sich die über den Einzelfall hinausgehende Frage, ob vom Kläger nicht zu verlangen sei, zunächst selbst die entsprechenden Schritte für die Durchsetzung seines Kontaktrechts zu setzen.

Dagegen richtet sich die ordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der vollen Klagestattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Er macht zusammengefasst geltend, das Berufungsverfahren sei mangelhaft, weil ihm – unterstelle man die Rechtsansicht der zweiten Instanz, in der Annahme eines anderen Verwirkungszeitpunkts liege ein Aliud – Gelegenheit gegeben hätte werden müssen, die Klage schlüssig zu stellen, was durch eine Einschränkung des Klagebegehrens möglich gewesen wäre, der die Eventualmaxime nicht entgegenstehe. Die Annahme eines anderen Verwirkungszeitpunkts als in der Klage angeführt sei kein unzulässiges Aliud, sondern nur ein innerhalb des vom Kläger vorgegebenen Streitgegenstands gelegenes quantitatives Minus. Die getroffenen Feststellungen seien ausreichend, weil nicht jedes Kontaktwochenende im Einzelnen aufgerollt werden könne und die gravierendsten Ereignisse ohnehin erwiesen seien. Der Eingriff der Beklagten in die fremde, absolut geschützte Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und seinen Kindern führe zur Unterhaltsverwirkung, und zwar mit Juni 2010, zumindestens aber mit April 2011. Auch das Einwirken auf die Kinder, ihre väterlichen Großeltern nicht zu sehen, verstoße gegen § 159 ABGB und führe deshalb auch zur Verwirkung. Wenn eine Verhaltensweise eine Unterhaltsverwirkung darstelle, werde dies durch ein vom Kläger nicht geführtes Kontaktrechtsverfahren nicht entschuldigt.

Dem tritt die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig , weil sie korrekturbedürftige Fehlbeurteilungen des Berufungsgerichts aufzeigt, und im Sinne des Eventualbegehrens auf Aufhebung auch berechtigt .

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nach der Rechtsprechung greift das den Einwendungen nach § 35 EO stattgebende Urteil den Anspruch selbst an, es wirkt daher nicht nur für die Anlassexekution, sondern über diese hinaus. Es bewirkt aufgrund nachträglicher Sachverhaltsänderungen eine Änderung des im Exekutionstitel verfügten materiellen Rechtsanspruchs. Die Einstellung der Anlassexekution nach § 35 Abs 4 EO ist nur die Folge des dem Klagebegehren stattgebenden Urteils, nicht aber der ausschließliche Zweck der Klage („Kombinationstheorie“; 3 Ob 277/75 = SZ 49/68; RIS-Justiz RS0001674; RS0001660; jüngst: 4 Ob 29/16t). Ein über eine Oppositionsklage ergehendes Urteil, dass ein bestimmter Anspruch erloschen sei, hat die gleiche Wirkung – insbesondere auch Rechtskraftwirkung – wie ein Feststellungsurteil (RIS Justiz RS0001652; RS0001699).

Nach § 35 Abs 1 EO können Einwendungen im Zug des Exekutionsverfahrens nur gegen den Anspruch erhoben werden, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde (RIS Justiz RS0001454 [T1]; RS0001538). Betrifft die Exekutionsführung nur einen Teil der Gesamtjudikatschuld, so darf im Oppositionsprozess nicht auch über die von der Exekutionsführung unberührt gebliebene Restjudikatschuld erkannt werden (RIS Justiz RS0001366; RS0001538 [T1]). Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab bleibt daher immer der betriebene Anspruch (3 Ob 64/12a).

1.2. Im Rahmen der allseitigen rechtlichen Prüfpflicht ist somit vorweg klarzustellen, dass der Oppositionsklage für den Zeitraum Juni 2010 bis einschließlich Juni 2011 schon deshalb kein Erfolg zukommen kann, als der betriebene Anspruch in zeitlicher Hinsicht erst mit Juli 2011 beginnt. In diesem Umfang erweist sich daher die Klageabweisung durch das Berufungsgericht – wenn auch aus anderen Gründen – im Ergebnis als zutreffend, worüber ein bestätigendes Teilurteil zu fällen war.

2. Gemäß § 74 1. Fall EheG verwirkt der Berechtigte den Unterhaltsanspruch, wenn er sich nach der Scheidung einer schweren Verfehlung gegen den Verpflichteten schuldig macht. Die Unterhaltsverwirkung nach dieser Bestimmung, die auch auf vergleichsweise geregelte Unterhaltsansprüche anwendbar ist (RIS Justiz RS0057429; RS0057380; Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth , EuPR [2011] § 74 EheG Rz 4 ua), setzt unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Umstände eine besonders schwerwiegende, das Maß schwerer Eheverfehlungen iSd § 49 EheG übersteigende Verfehlung gegen den früheren Ehegatten voraus, sodass dem Verpflichteten die Unterhaltsleistung für alle Zukunft nicht mehr zumutbar ist (RIS Justiz RS0078153; Gitschthaler EuPR § 74 EheG Rz 2), wobei es auf die der Verfehlung zugrunde liegende Gesinnung sowie auf die Auswirkungen auf die Interessensphäre des Unterhaltspflichtigen ankommt (vgl RIS Justiz RS0078153 [T5]; Schwimann/Kolmasch Unterhaltsrecht 7 249).

Die Verwirklichung des objektiven Tatbestands einer „schweren Verfehlung“ genügt nicht, es muss auch Verschulden vorliegen (RIS Justiz RS0057404). Der Verlust des Unterhaltsanspruchs tritt ab jenem Zeitpunkt ein, in dem der Verwirkungstatbestand verwirklicht wurde. Bei laufenden Verfehlungen, die erst in ihrer Gesamtheit eine schwere Verfehlung sind, kommt es auf den Moment an, in dem die Gesamtheit der Verfehlungen erstmals als schwer zu beurteilen ist ( Zankl/Mondel in Schwimann/Kodek ABGB 4 § 74 EheG Rz 18 mwN). Ab dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Unterhalts gegeben sind, kann daher ein Unterhaltsanspruch für die Zukunft nicht mehr geltend gemacht werden. Es entspricht herrschender Auffassung, dass ein einmal erloschener Unterhaltsanspruch nicht wieder aufleben kann (1 Ob 303/00s mwN; RIS Justiz RS0114621). Die Verwirkung, die nicht von selbst eintritt, ist vom Verpflichteten klage- oder einredeweise geltend zu machen (SZ 43/196; Gitschthaler EuPR § 74 EheG Rz 15).

3.1. Das der Beklagten vom Kläger in seiner Oppositionsklage vorgeworfene Dauerverhalten, das sich aus vielen einzelnen „Puzzlesteinen“ zusammensetzt, erfordert im Sinne der dargelegten Grundsätze eine (rechtliche) Beurteilung, wann die Verwirkung eingetreten ist. Diese nahm der Kläger dahin vor, dass der geltend gemachte Tatbestand im Juni 2010 verwirklicht worden sei. Dennoch erhob der Kläger ungeachtet der Rechtslage, dass im Fall der Verwirkung ein Unterhaltsanspruch für die Zukunft nicht mehr geltend gemacht werden kann (es also eines Aufrechterhaltens der Verfehlung/en nicht bedarf), auch für den Zeitraum nach Juni 2010 bis knapp vor Klageeinbringung Behauptungen zu weiteren konkreten Beispielen von Verfehlungen der Beklagten. Er brachte damit unzweifelhaft zum Ausdruck, dass er auch eine andere rechtliche Beurteilung für nicht ausgeschlossen erachtet und dafür vorsorgen will. Keinesfalls besteht somit Anlass zur Auslegung des Vorbringens des Klägers dahin, er habe nur an einer vollen Stattgebung seiner Oppositionsklage Interesse und lehne eine teilweise Stattgebung wegen Annahme der Verwirkung erst nach Juni 2010 ab.

3.2. Nicht nachvollziehbar ist deshalb die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das – demgemäß überflüssige – Vorbringen zu Verfehlungen nach Juni 2010 mache die Klage unschlüssig. Selbst wenn man dies annehmen wollte, bestünde die „Verbesserung“ in der geänderten rechtlichen Beurteilung eines späteren Eintritts der Verwirkung, die zu einer Klageeinschränkung (s unten) führen würde. Die Eventualmaxime wäre dadurch aber nicht verletzt.

4.1. Nach § 405 ZPO ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was sie nicht beantragt hat. Diese Bestimmung spiegelt die negative Seite des Dispositionsgrundsatzes wider: die Sachanträge stecken den Entscheidungsbereich des Gerichts ab. Unzulässig ist daher der Zuspruch von mehr (einem Plus) oder etwas anderem (einem Aliud) als vom Kläger begehrt, nicht aber der Zuspruch bloß eines Teils davon (eines Minus). Da § 405 ZPO auf dem Dispositionsgrundsatz beruht, kommt ein (objektiver) Minderzuspruch nicht in Betracht, wenn der Kläger ausdrücklich erklärt, dass er nur an einer Gesamtstattgebung Interesse hat. Denn in diesem Fall läge nach der letztlich maßgebenden Sicht der Partei kein Minus, sondern ein Aliud zum Gewollten vor (4 Ob 93/13z mwN).

Die Zulässigkeit der Zuerkennung eines Minus bei Leistungsklagen folgt aus der Erwägung, dass der Antrag auf Zuerkennung des Minus immer in dem geltend gemachten Begehren eingeschlossen ist; dort, wo dieser Gesichtspunkt bei Feststellungsklagen zutrifft, ist es auch bei diesen Klagen zulässig, an Stelle des in der Klage genannten Anspruchs den Bestand eines geringeren Anspruchs festzustellen (RIS Justiz RS0037476; RS0037485 [T1]). Es darf sich aber stets nur um ein quantitatives Minus, niemals aber um ein qualitatives Minus handeln, denn ein solches ist in Wahrheit ein Aliud. Das Gericht kann also nur aussprechen, dass sich das vom Kläger behauptete Recht oder Rechtsverhältnis umfänglich nicht auf den ganzen vom Kläger behaupteten örtlichen, zeitlichen oder sachlichen Bereich erstreckt, nicht aber, dass an Stelle des vom Kläger behaupteten Rechts ein inhaltlich weniger weit reichendes Recht besteht ( Fasching in Fasching/Konecny ² § 228 ZPO Rz 140).

4.2. Ob ein Aliud vorliegt, ergibt sich aus dem Vergleich zwischen dem gestellten Begehren und dem Urteilsspruch unter Berücksichtigung der rechtserzeugenden Tatsachen ( Fucik in Fasching/Konecny ² § 405 ZPO Rz 22; RIS Justiz RS0041023). Für die Beantwortung der Frage, ob das Gericht in seinem Urteilsspruch über die in § 405 ZPO gezogenen Schranken hinausgegangen ist, ist nicht allein das Klagebegehren, sondern auch der übrige Inhalt der Klage maßgebend (RIS Justiz RS0041078). Wesentlich für den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind daher der vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen. Eine unrichtige rechtliche Qualifikation des Klagegrundes durch den Kläger gereicht ihm dann nicht zum Nachteil, wenn er alle anspruchsbegründenden (oder -vernichtenden) Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat (2 Ob 173/14a mwN).

4.3. Mit seiner Oppositionsklage macht der Kläger einen Rechtsverlust der Beklagten geltend, der darin besteht, dass er ab einem bestimmten Zeitpunkt von seiner Unterhaltspflicht befreit sein soll. Die Beantwortung der Frage, ob dieser Zeitpunkt früher oder später (als vom Kläger angenommen) eintritt, berührt nur den zeitlichen Bereich des behauptenden und festzustellenden Rechtsverlusts. Daher stellt die Annahme der Unterhaltsverwirkung zu einem späteren Zeitpunkt als die Klage unterstellt (spätestens allerdings bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz), nur ein quantitatives Minus dar, weil der Rechtsverlust der Beklagten an sich inhaltlich nicht berührt wird.

Die Beurteilung des Erstgerichts (Unterhaltsverwirkung erst ab April 2011) erfolgte überdies auf der Basis des vom Kläger behaupteten und bewiesenen, bis ins Jahr 2014 reichenden Sachverhalts, sodass auch aus diesem Blickwinkel die von § 405 ZPO gezogenen Grenzen nicht überschritten wurden. Schließlich wurde schon klargestellt, dass das Vorbringen des Klägers die Ablehnung einer teilweisen Stattgebung nicht erkennen lässt.

4.4. Der Vorwurf des Berufungsgerichts, das Erstgericht habe durch seinen Teilzuspruch § 405 ZPO und die Eventualmaxime verletzt, entbehrt daher jeder Grundlage. Deshalb hat auch eine unterbliebene Rüge eines darin erblickten Verfahrensmangels keinerlei Bedeutung. Ebenso wenig stellt sich die Frage nach einer Erörterungspflicht des Berufungsgerichts.

5. Von dieser formalrechtlichen Problematik zu trennen ist die Frage, ob die Annahme der Unterhaltsverwirkung durch den Kläger und deren Zeitpunkt materiell rechtlich zutreffen. Auch diese Frage wurde vom Berufungsgericht unrichtig gelöst.

5.1. Das Kontaktrecht soll vor allem der Aufrechterhaltung des persönlichen Naheverhältnisses zwischen Eltern und Kindern dienen und deren Entfremdung verhindern (RIS Justiz RS0048343; RS0049070). Das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist ein von der Rechtsordnung anerkanntes, grundrechtlich abgesichertes Rechtsverhältnis, das auch das Streben nach persönlichem Kontakt erfasst und auch von Dritten zu respektieren ist (RIS Justiz RS0047754; RS0125603). Diese Pflicht trifft auch den obsorgeberechtigten Elternteil, der aufgrund seiner faktischen Position in besonderer Weise die Möglichkeit hat, die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil zu fördern oder zu stören (9 Ob 28/14d). § 159 ABGB („Wohlverhaltensgebot“) dient zwar in erster Linie dem Schutz des Kindeswohls, aber auch jener Personen, deren im Familienrecht begründete, auch absolut geschützte Rechtsstellung durch ein missbilligtes Verhalten beeinträchtigt wird. Verhaltenspflichten, die sich aus dem Schutz des Eltern-Kind-Verhältnisses ergeben, schützen also auch den anderen Elternteil; deren schuldhafte Verletzung kann daher zu Schadenersatzansprüchen führen (4 Ob 8/11x = SZ 2011/48; RIS Justiz RS0126872). Die Behinderung und Verweigerung des Besuchsrechts als Verstoß gegen die Pflicht zur Respektierung der beiderseitigen Rechte den Kindern gegenüber stellt eine schwere Eheverfehlung iSd § 49 EheG dar (RIS Justiz RS0048021).

Als „Verletzungsziele“ von schweren Verfehlungen iSd § 74 EheG kommen auch familiäre Bindungen (insbesonders Kindesbeziehungen) in Betracht ( Schwimann in Schwimann TaKom 3 § 74 EheG Rz 3). Daher verwirklicht die nachhaltige, grundlose und daher böswillige Verhinderung des elterlichen Kontaktrechts einen Verwirkungstatbestand gemäß § 74 EheG (RIS Justiz RS0078152; Zankl/Mondel in Schwimann/Kodek ABGB 4 § 74 EheG Rz 8; Hopf/Kathrein Eherecht 3 § 74 EheG Rz 7; Gitschthaler EuPR § 74 EheG Rz 6 ua).

5.2. Nach den (allerdings bekämpften) Feststellungen lässt sich das Verhalten der Beklagten wie folgt zusammenfassen:

Sie versucht seit Mitte 2008, als die Kinder erst etwa elf und neuneinhalb Jahre alt waren, systematisch, mit zunehmender Intensität und großen „Erfolgen“, den Kontakt zwischen den Kindern und dem Kläger zu unterbinden und auf ein absolut unausweichliches Ausmaß zu reduzieren. Sie hält die Kinder so weit wie irgendwie möglich von Kontakten zum Kläger und dessen Familie fern. Dies geschieht ausschließlich in der Intention, die Kinder vom Kläger (und dessen Familie) möglichst zu entfremden. Es ist ihr mit ihrer Vorgehensweise auch „gelungen“, den Kontakt zwischen Kindern und Kläger gegen den Willen der Kinder zumindest erheblich zu verschlechtern. Auf die persönlichen Bedürfnisse auch der Kinder nimmt sie dabei in keiner Weise Bedacht. Wegen des Drucks, den die Beklagte seit Jahren systematisch auf die Kinder mit dem Ziel der Unterbindung des Kontakts zum Kläger ohne Anlass ausübt, und der konsequenten negativen Beeinflussung der Kinder durch die Beklagte haben diese Angst und Bedenken, in Kenntnis der Beklagten den Kläger und/oder dessen Familie überhaupt zu treffen, weshalb es zu vor der Beklagten verheimlichten Treffen kam.

Diese Beschreibung des generellen Verhaltens und Bestrebens der Beklagten wurde vom Erstgericht mit der Schilderung beispielhafter Vorfälle und Situationen zwischen 2009 und 2011, aber auch bis 2014 unterlegt, wodurch es – entgegen der Meinung des Berufungsgerichts – eine aussagekräftige und ausreichende Grundlage für die Gesamtbeurteilung des vom Kläger geltend gemachten Rechtsverlusts geschaffen hat, die keiner weiteren Präzisierung bedarf.

5.3. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beklagte gegen die ihr im § 159 ABGB auferlegte Verpflichtung, alles zu unterlassen, was das Verhältnis der Kinder zum Kläger als Vater beeinträchtigt, oder die Wahrnehmung seiner Aufgaben erschwert, jahrelang und grundlos ganz bewusst massiv verstoßen hat; dies nicht nur gegen den Willen der Kinder, sondern mit der nicht zu tolerierenden Absicht, die Kinder dem Kläger (und seiner Familie) zu entfremden. Den Feststellungen ist auch zu entnehmen, dass ihr Vorgehen zu den von ihr angestrebten, aber verpönten Folgen führte, weil es zu einer Einschränkung des persönlichen Kontakts auf ein absolut unausweichliches Ausmaß und zur erheblichen Verschlechterung des Kontakts kam, all dies zu Lasten (auch) der Kinder, die ganz offensichtlich all die Jahre unter einem Loyalitätskonflikt zu leiden hatten.

Die von ihr konsequent und nachhaltig verfolgte rücksichtslose Strategie stellt nicht nur objektiv wegen der bewussten Missachtung der Ziele der §§ 159 und 187 ABGB eine besonders schwerwiegende rechtswidrige Verfehlung primär gegenüber dem Kläger als Unterhaltspflichtigen und Vater der Kinder dar, sondern auch ein schuldhaftes, jeder sachlichen Rechtfertigung entbehrendes Vorgehen aus besonders verwerflicher Gesinnung, das es dem Kläger unzumutbar macht, seine Unterhaltspflicht gegenüber der Beklagten weiter erfüllen zu müssen.

Der Zeitpunkt des Eintritts der Verwirkung ist im vorliegenden Oppositionsstreit (vgl Punkt 1.2.) jedenfalls im Verlauf des Juni 2011 anzunehmen, als das destruktive Verhalten bereits etwa drei Jahre aufrecht erhalten wurde. Ab Juli 2011 war der verglichene nacheheliche Unterhaltsanspruch der Beklagten daher erloschen (RIS Justiz RS0001011 [T1]).

5.4. Angesichts der Eindeutigkeit und Vehemenz des Verstoßes der Beklagten ist eine Ergänzung des Sachverhalts zu ihrem konkreten Verhalten und zur Häufigkeit der Ausübung des Kontaktrechts nicht erforderlich, sodass den Negativfeststellungen des Erstgerichts dazu keine entscheidende Bedeutung zukommt.

Auch den von der Beklagten in ihrer Berufung begehrten ergänzenden Feststellungen fehlt die rechtliche Relevanz.

Probleme in der Beziehung zwischen der Beklagten und ihrer früheren Schwiegermutter während der Ehe tangieren die in § 159 ABGB festgelegte Verpflichtung der Beklagten nicht und können ihren bewussten Verstoß dagegen nicht rechtfertigen.

Obwohl bei der Beurteilung der Frage, ob eine Verfehlung iSd § 74 EheG gesetzt wurde, auch das Verhalten des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen ist (2 Ob 516/76 = RIS Justiz RS0057392; 2 Ob 554/88; Hopf/Kathrein Eherecht 3 § 74 EheG Rz 4; Gitschthaler EuPR § 74 EheG Rz 13; Koch in KBB 4 § 74 EheG Rz 2), gilt dies auch für die von der Beklagten gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe (häufige kurzfristige Absage und Verschiebung von vereinbarten Kontakten, die die Kinder enttäuschten). Es liegt nämlich nicht im Belieben der Beklagten als Mutter, allfällige – im Vergleich zu ihrem Vorgehen ohnehin völlig in den Hintergrund tretende – Unzulänglichkeiten im Verhalten des Klägers auf dem Rücken der Kinder zu sanktionieren.

5.5. Abgesehen davon, dass die Beklagte in erster Instanz den Einwand, der Kläger habe es verabsäumt, sich an das Pflegschaftsgericht zwecks Einhaltung der Besuchsrechtsregelung zu wenden, nicht erhoben hat, weshalb das Berufungsgericht schon aus diesem Grund nicht darauf einzugehen hatte, handelt es sich auch dabei um einen unbeachtlichen Einwand.

Denn das Wohlverhaltensgebot nach § 159 ABGB hat für die Beklagte unabhängig davon Geltung, ob sich der Kläger zur Durchsetzung seines Kontaktrechts an das Pflegschaftsgericht wendet(e), sodass ein Abstehen davon den Rechtsbruch der Beklagten keinesfalls entschuldigen kann. Schließlich bietet der vorliegende Oppositionsprozess (ungeachtet der hier noch zu beachtenden Eventualmaxime [§ 417 Abs 3 EO]) ein „mit den Regeln der ZPO abgestecktes“ Forum, die wechselseitigen Behauptungen und Anschuldigungen der Parteien unter Beweis zu stellen und die daran geknüpfte Rechtsfolge feststellen zu lassen, was in einem vom Rechtsfürsorgegedanken und der Wahrung des Kindeswohls getragenen Verfahren außer Streitsachen nicht immer und in dieser Form möglich ist (vgl Gitschthaler Unterhaltsrecht 3 Rz 1597).

Es bildet daher keine Voraussetzung für die Geltendmachung der Verwirkung nach § 74 EheG, dass der Unterhaltspflichtige zunächst die entsprechenden Schritte für die Durchsetzung seines Kontaktrechts im Verfahren außer Streitsachen setzen muss.

6. Zusammengefasst ist festzuhalten, dass auf Basis des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts entgegen der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsmeinung des Berufungsgerichts vom Erlöschen des gesamten (ab Juli 2011) betriebenen Unterhaltsanspruchs auszugehen ist.

Bisher hat das Berufungsgericht aber weder die umfangreiche Beweisrüge in der Berufung der Beklagten zu den entscheidungserheblichen Feststellungen noch die Rüge der Aktenwidrigkeit behandelt. Da der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht zu folgen ist, bedarf es einer Erledigung dieser Rügen. Das Berufungsurteil ist daher, soweit damit die Oppositionsklage für den Zeitraum ab Juli 2011 abgewiesen wurde, aufzuheben.

7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00086.16T.0824.000