OGH vom 20.07.2016, 6Ob80/16g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** V***** AG V*****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei K***** AG, *****, vertreten durch Binder Grösswang Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1,57 Mio EUR sA (Revisionsinteresse 200.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 313/12x 14, mit dem das Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 27 Cg 38/11k 9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 2.401,38 EUR (darin 400,23 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin zeichnete im Jahr 2005 die von der K***** Ltd auf Zypern (in der Folge: Emittentin) begebenen Nachranganleihen *****, ISIN-Nummer *****, Nominale 10 Mio EUR, Laufzeit bis 2025, und *****, ISIN-Nummer *****, Nominale 10 Mio EUR, Laufzeit bis 2025. Die „Conditions of Issue“ (Emissionsbedingungen), die der Nachranganleihe ISIN Nummer ***** zugrunde liegen, enthalten in § 3 (1) unter anderem folgende Bestimmung zu deren Verzinsung:
Zinssatz und Zinszahlungstage. Die Anleihen werden ab (einschließlich) bis (exklusive) zum Fälligkeitstermin (gemäß § 5 [1]) mit 3,84 Prozent jährlich (der „Zinssatz“) vom Nennbetrag verzinst. Zinsen sind jährlich im Nachhinein am 14. November (jeweils ein „Zinszahlungstag“) jeden Jahres zur Zahlung fällig (die „Zinsperiode“). Die erste Zinszahlung erfolgt am entsprechend der festgelegten Stückelung.
Die der Nachranganleihe ISIN Nummer ***** zugrunde liegenden Emissionsbedingungen regeln die Verzinsung der Anleihen in ihrem § 3 (1) wie folgt:
Zinssatz und Zinszahlungstage. Die Anleihen werden ab (einschließlich) bis (exklusive) zum Fälligkeitstermin (gemäß § 5 [1]) mit 4,01 Prozent jährlich (der „Zinssatz“) vom Nennbetrag verzinst. Zinsen sind jährlich im Nachhinein am 28. November (jeweils ein „Zinszahlungstag“) jeden Jahres zur Zahlung fällig (die „Zinsperiode“). Die erste Zinszahlung erfolgt am entsprechend der festgelegten Stückelung.
Die Emissionsbedingungen beider Nachranganleihen enthalten wortgleich unter anderem folgende weitere Bestimmungen:
§ 2 Status. Die Verpflichtungen im Rahmen der Anleihen stellen unbesicherte und nachrangige Verpflichtungen der Emittentin dar, die untereinander und gegenüber allen sonstigen nachrangigen Verpflichtungen der Emittentin gleichrangig sind. Im Fall der Auflösung, Liquidation oder des Konkurses der Emittentin können die Verpflichtungen im Rahmen der Anleihen erst nach Befriedigung der nicht nachrangigen Ansprüche von Gläubigern befriedigt werden, sodass im Hinblick auf die Anleihen jedenfalls so lange keine Beträge zahlbar sind, bis die Ansprüche aller nicht nachrangigen Gläubiger der Emittentin zur Gänze befriedigt wurden oder für diese Beträge umfassende Rückstellungen gebildet wurden. Kein Anleihegläubiger ist berechtigt, seine Ansprüche aus den Anleihen mit Ansprüchen der Emittentin aufzurechnen. Es kann und wird von der Emittentin oder einer anderen Person zu keinem Zeitpunkt in der Zukunft eine vertragliche Sicherheit zur Besicherung der Rechte der Anleihegläubiger im Rahmen der Anleihen beigebracht werden. Keine spätere Vereinbarung kann die Nachrangigkeit gemäß diesem § 2 beschränken oder den Fälligkeitstermin im Hinblick auf die Anleihen auf einen früheren Termin verlegen oder die geltende Kündigungsfrist verkürzen.
[...]
§ 4 (1) […]
(b) Zinszahlung. Die auf die Anleihen entfallenden Zinsen sind nach Maßgabe von Abs 2) […] zu zahlen. Zahlungen des Nennbetrags oder Zinszahlungen dürfen nur dann geleistet werden, wenn die zu berücksichtigenden Eigenmittel der Emittentin aufgrund dieser Zahlung nicht unter die Mindesterfordernisse fallen, die in der von der Zentralbank Zypern herausgegebenen jeweiligen Richtlinie über die Berechnung der Kapitalausstattung von Banken festgelegt sind.
[...]
§ 9 (1) Nichterfüllung. Jeder Anleihegläubiger ist berechtigt, seine Anleihen fällig zu stellen und deren sofortige Rückzahlung in Höhe des vorzeitigen Rückzahlungsbetrags (gemäß § 5) samt (allfälligen) zum Rückzahlungstermin aufgelaufenen Zinsen zu verlangen, falls die Emittentin liquidiert und abgewickelt oder aufgelöst wird (außer zum Zweck oder gemäß einer Verschmelzung, Umgründung oder Sanierung, solange sie solvent ist, bei der das weiterbestehende Unternehmen im Wesentlichen alle Vermögenswerte und Verpflichtungen der Emittentin übernimmt).
[...]
§ 12 (1) Anwendbares Recht. Form und Inhalt der Anleihen sowie alle Rechte und Pflichten der Anleihegläubiger und der Emittentin unterliegen deutschem Recht.
Die Emittentin entsprach seit dem 4. Quartal des Jahres 2008 nicht mehr den in den Richtlinien der Zentralbank für Zypern festgelegten Mindestanforderungen an die Kapitalausstattung von Banken und hat daher seit diesem Zeitpunkt die in den Emissionsbedingungen vereinbarten Zinsen nicht mehr gezahlt.
Am wurde zu ***** des Handelsgerichts Wien die Verschmelzung der Beklagten als übernehmende Gesellschaft mit der Emittentin als übertragende Gesellschaft nach dem EU Verschmelzungsgesetz in das Firmenbuch eingetragen.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten als Gesamtrechtsnachfolgerin der Emittentin die Zahlung von 1,57 Mio EUR an Zinsen aus den beiden Nachranganleihen für 2009 und 2010, in eventu die Feststellung deren Verpflichtung zur Gewährung gleichwertiger Rechte im Sinne des § 226 Abs 3 AktG und ihrer Haftung für alle aus der Nichtgewährung entstehenden Schäden. Die Emissionsbedingungen sagten nichts darüber aus, was im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge durch eine nicht der Aufsicht der zypriotischen Zentralbank unterliegende Gesellschaft wie die Beklagte gelten solle. Daher sei der hypothetische Parteiwille maßgeblich, wonach die Anforderungen betreffend Mindestkapitalausstattung des Sitzstaats der Gesamtrechtsnachfolgerin ausschlaggebend sein sollten. Diese seien in § 22 Abs 1 Z 1–5 Bankwesengesetz geregelt und würden von der Beklagten erfüllt.
Die Beklagte wendet ein, die Rechte aus Nachranganleihen seien nicht auf sie übergegangen, sondern vielmehr im Zuge der Verschmelzung wirksam beendet worden. Die Emittentin habe als Tochtergesellschaft ihrer Rechtsvorgängerin, der K***** AG, in Zypern das Bankgeschäft betrieben. Im Herbst 2008 seien beide Gesellschaften in existenzbedrohende wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, woraufhin die K***** AG verstaatlicht worden sei. Unmittelbar danach habe die Beklagte in Absprache und Koordination mit der Mehrheitsaktionärin Republik Österreich einen (von der Europäischen Kommission genehmigten) Restrukturierungsplan erstellt, der als wesentliche gesellschaftsrechtliche Maßnahme die Abspaltung des Kerngeschäfts der K***** AG in die K***** D***** AG vorgesehen habe. Die nichtstrategischen Vermögenswerte einschließlich der Beteiligung an der Emittentin seien in der abgespaltenen Beklagten verblieben. Als weitere Maßnahme sei die grenzüberschreitende Verschmelzung der Emittentin in die Beklagte vorgesehen worden.
Durch die Abhängigkeit der Zins und Kapitalzahlungen von der Eigenkapitalausstattung der Emittentin komme den Nachranganleihen Eigenkapitalcharakter mit dem damit verbundenen Risiko des Totalverlusts zu; sie seien daher Genussrechte im Sinne des § 226 Abs 3 AktG. Vor dem Hintergrund der existenzbedrohenden Verluste der Emittentin, die zum ein negatives Eigenkapital von knapp 1 Mrd EUR aufgewiesen habe, hätten die Anleihen ihren Wert gänzlich eingebüßt gehabt. Die Emittentin hätte aus eigener Kraft nicht mehr fortbestehen können, vielmehr hätten die unzureichende Eigenkapitalausstattung und die drohende Illiquidität zu ihrer Insolvenz geführt. In diesem Fall hätten die Inhaber der Papiere weder Zins noch Kapitalzahlungen erhalten. Einzige Alternative zu einer Liquidation und Insolvenz der Emittentin sei die zeitnahe Verschmelzung mit ihrer Muttergesellschaft, der Beklagten, gewesen. Auch um nicht gegen europäisches Beihilfenrecht zu verstoßen, seien die von einem unabhängigen Experten mit Null bewerteten Nachranganleihen mit Eintritt der Rechtswirksamkeit der Verschmelzung formell beendet worden. In Anbetracht der Wertlosigkeit der Nachranganleihen sei die Gewährung gleichwertiger Rechte oder einer Abgeltungszahlung durch die Beklagte unterblieben. Der gemeinsame Verschmelzungsplan sei beim österreichischen Firmenbuchgericht eingereicht worden; am sei eine Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung erfolgt, die unter anderem einen Hinweis auf die Rechte der Sonderrechteinhaber enthielt. Darüber hinaus habe die Beklagte die Klägerin über die bevorstehende Verschmelzung im Detail informiert gehabt.
Selbst wenn die Beendigung nicht wirksam geworden sein sollte, seien die Nachranganleihen nur unter wirtschaftlich gleichwertigen Bedingungen fortzuführen. Da ihnen infolge des gänzlichen Verlusts des Eigenkapitals kein Wert beizumessen sei, führe eine ergänzende Vertragsauslegung zum Ergebnis, dass der Klägerin keine Ansprüche zustünden. Jedes andere Ergebnis wäre nicht nur unbillig, sondern verstieße auch gegen das aktienrechtliche Verwässerungs und das europarechtliche Beihilfenverbot, weil in diesem Fall eigenkapitalähnliche Ansprüche der Klägerin unter Inanspruchnahme einer der Beklagten von der Republik Österreich gewährten Unterstützung befriedigt würden.
In der Verhandlung vom beantragte die Beklagte die Feststellung der wirksamen Beendigung der beiden Nachranganleihen im Zuge der Verschmelzung der Emittentin auf die Beklagte, in eventu dass die Verpflichtungen der Emittentin nicht auf die Beklagte übergegangen seien; die Frage, ob eine angemessene Abfindung gewährt wurde, solle von der Feststellungswirkung des Zwischenurteils nicht umfasst sein.
Zwischen den Parteien ist nicht strittig, dass diese Fragen an Bedeutung über das gegenständliche Verfahren hinausgehen. Die Klägerin beantragte jedoch die Abweisung dieses Zwischenantrags auf Feststellung.
Das Erstgericht wies den Zwischenfeststellungsantrag samt Eventualantrag ab. Es ließ die Frage offen, ob in Anwendung des Schuldstatuts deutsches oder in Anwendung des Gesellschaftsstatus österreichisches Recht anzuwenden ist, seien doch weder § 23 dUmwG noch § 226 Abs 3 (österreichisches) AktG anzuwenden. Bei den Nachranganleihen handle es sich nämlich weder um Genussrechte noch um sonstige aktienähnliche Rechte, hätten sie doch weder Eigenkapitalcharakter noch seien sie vom Gewinn des Unternehmens abhängig. Damit seien aber der Beklagten im Zuge der Verschmelzung keine Beendigungsrechte hinsichtlich der Nachranganleihen zugekommen; vielmehr seien die Anleihen im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte übergegangen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und dass die ordentliche Revision zulässig sei; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob festverzinsliche nachrangige Anleihen, deren Kapitaltilgungs- und Zinszahlungen vom Erreichen bestimmter bankaufsichtsrechtlicher Eigenkapitalerfordernisse abhängig sind, in den Anwendungsbereich des § 226 Abs 3 AktG fallen.
In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht zunächst unter Hinweis auf §§ 10 und 12 IPRG die Auffassung, dass die Rechtswirkungen einer Verschmelzung dem Personalstatut zuzuordnen und die Rechtsnachfolge im Zuge der Verschmelzung daher nach dem Gesellschaftsstatut der Beklagten, also nach österreichischem Recht zu beurteilen sei; dies gelte auch für die Gläubigerschutzbestimmung des § 226 Abs 3 AktG, auch wenn als Vertragsstatut der Anleihen deutsches Recht vereinbart worden sei. § 226 Abs 3 AktG, auf den die Beklagte die wirksame Beendigung der gegenständlichen Anleihen im Zuge der Verschmelzung stützt, sei allerdings auf diese Anleihen nicht anwendbar. Die Bestimmung erfasse nämlich lediglich Inhaber von Schuldverschreibungen mit mitgliedschafts- beziehungsweise eigenkapitalähnlicher Komponente und Genussrechte, die typischerweise Vermögensrechte eines Aktionärs sein könnten, wobei vor allem eine Beteiligung am Gewinn und/oder am Liquidationserlös in Betracht komme. Bei den gegenständlichen Wertpapieren handle es sich zwar um unbesicherte festverzinsliche Schuldverschreibungen, deren Besonderheit in ihrer Nachrangigkeit bestehe; darüber hinaus dürften Kapitaltilgungs- und Zinszahlungen nur dann geleistet werden, wenn die zu berücksichtigenden Eigenmittel der übertragenden Gesellschaft aufgrund dieser Zahlung nicht unter die Mindesterfordernisse fallen, die von der Zentralbank Zyperns als Kapitalausstattung von Banken festgelegt werden. Die Emissionsbedingungen der Wertpapiere sähen jedoch weder eine gewinnorientierte noch eine gewinnabhängige Verzinsung, bei der der Festzins unter einem Ergebnisvorhalt steht, vor; die Kapitaltilgungs- und Zinszahlungen seien von Bilanzgewinn oder -verlust unabhängig, sie sollten bei Unterschreiten der bankaufsichtsrechtlichen Mindestanforderungen auch nicht endgültig entfallen, sondern nur solange nicht fällig sein, als diese Mindesterfordernisse nicht erfüllt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist ausschließlich die Frage der Anwendbarkeit des § 226 Abs 3 AktG, in eventu des § 23 dUmwG auf die von der Klägerin gezeichneten Nachranganleihen ISIN-Nummer ***** und *****. Die grundsätzliche Zulässigkeit des Zwischenantrags der Beklagten auf Feststellung nach § 236 ZPO haben die Vorinstanzen übereinstimmend bejaht; dies wird auch im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen.
2. Über Ersuchen des Obersten Gerichtshofs gemäß Art 267 AEUV vom (6 Ob 137/13k) führte der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Entscheidung vom (Rs C 483/14 EuZW 2016, 321 [ Stiegler ] = GesRZ 2016, 228 [ Klampfl ]) unter anderem aus,
a) dass eine grenzüberschreitende Verschmelzung durch Aufnahme ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens den Übergang des gesamten Aktiv- und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft bewirkt, somit bedeutet, dass die übernehmende Gesellschaft die übertragende Gesellschaft vollständig erwirbt, ohne dass Verpflichtungen erlöschen, wie dies bei einer Liquidation der Fall wäre, und ohne Novation dazu führt, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle tritt (Rz 57, 58);
b) dass nach einer grenzüberschreitenden Verschmelzung durch Aufnahme auf die Auslegung, die Erfüllung der Verpflichtungen und die Arten des Erlöschens eines von der übertragenden Gesellschaft geschlossenen Anleihevertrags (wie die im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden) zwar dasselbe Recht anzuwenden ist, wie es vor der Verschmelzung auf diesen Vertrag anzuwenden war (Rz 59),
c) dass jedoch für den Schutz der Gläubiger einer übertragenden Gesellschaft in einem Fall wie dem vorliegenden weiterhin die Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, dem diese Gesellschaft unterlag, gelten (Rz 61).
3. Die Beklagte strebt mit dem Hauptbegehren ihres Zwischenfeststellungsantrags die Feststellung der wirksamen Beendigung der beiden Nachranganleihen „im Zuge der Verschmelzung“ der Emittentin auf die Beklagte an. Eine solche automatische Beendigung der Nachranganleihen erfolgte nach den Ausführungen des EuGH aber gerade nicht (EuGH Rz 58); vielmehr erfolgte ein umfassender Übergang des Passivvermögens auf die Beklagte ( Stiegler , EuZW 2016, 321 [Entscheidungsanmerkung] unter Hinweis auf EuGH C 343/13 EuZW 2015, 348).
Zwar ist (unter anderem) auf die Arten des Erlöschens eines von der übertragenden Gesellschaft geschlossenen Anleihevertrags (wie die im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden) aufgrund der in den Emissionsbedingungen getroffenen Vereinbarungen deutsches Recht anzuwenden (vgl EuGH Rz 59; ebenso Stiegler , EuZW 2016, 321 [Entscheidungsanmerkung]). Die Beklagte gesteht in ihrer Revision jedoch selbst zu, dass „§ 23 dUmwG – anders als das österreichische Recht – keine explizite Beendigungsmöglichkeit von Genussrechten anlässlich einer Verschmelzung vor[ sieht ]“. Dass die Gläubigerschutzvorschriften nach zypriotischem Recht zu beurteilen sind (EuGH Rz 60; ebenso Zollner , Sonderrechte in der internationalen Verschmelzung – Erste Überlegungen zu , ecolex 2016, 497; Klampfl , GesRZ 2016, 228 [Entscheidungsanmerkung]), ist – mangels rechtswirksamer Beendigung des Rechtsverhältnisses – somit im derzeitigen Verfahrensstadium nicht entscheidungsrelevant; es bedarf deshalb auch keiner Ermittlung der zypriotischen Gläubigerschutzvorschriften.
Der Verweis der Beklagten auf Literatur zu § 23 dUmwG – der die Gewährung von „gleichwertige[ n ] Rechten in dem übernehmenden Rechtsträger“ für bestimmte Inhaber von Rechten in einem übertragenden Rechtsträger anordnet –, wonach darunter wirtschaftliche Gleichwertigkeit gemeint sei, vermag daran nichts zu ändern. Reich-Rohrwig (Genussrechte und Schuldverschreibungen in Verschmelzung und Spaltung [Teil I], ecolex 2013, 133), auf den sich die Revision insbesondere beruft, verweist unter dem Gesichtspunkt, dass „aufgrund der Verschmelzung der wirtschaftliche Gehalt des ursprünglich gewährten Sonderrechts an die durch die Verschmelzung veränderten Verhältnisse angepasst werden und gleich bleiben muss“, ausdrücklich darauf, dass „im Extremfall bei Wertlosigkeit des Genussrechts keine Abfindung“ zu leisten sei (FN 101). Von einer Beendigungsmöglichkeit oder einem Untergehen der Anleihen spricht Reich-Rohrwig hingegen nicht. Auch Stiegler (EuZW 2016, 321 [Entscheidungsanmerkung]) geht davon aus, dass „unabhängig von der eigenkapitalähnlichen Komponente der Nachranganleihen deren Wertlosigkeit in den Jahren 2009/2010 keinen Einfluss auf den Fortbestand des Anleihevertrags und dessen Übergang auf den übernehmenden Rechtsträger“ hatte.
5. Damit haben die Vorinstanzen das Hauptbegehren des Zwischenfeststellungsantrags zutreffend abgewiesen.
Da nach den Ausführungen des EuGH (Rz 57) die grenzüberschreitende Verschmelzung durch Aufnahme ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens den Übergang des gesamten Aktiv- und Passivvermögens der übertragenden Gesellschaft auf die übernehmende Gesellschaft bewirkt, gilt dies auch für das Eventualbegehren.
6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00080.16G.0720.000