OGH vom 06.07.2004, 4Ob85/04k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef A*****, vertreten durch Dr. Ronald Klimscha, Rechtsanwalt in Steyr, wider die beklagte Partei G***** OHG (vormals G***** AG), *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG, wegen Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen (Streitwert 50.000 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 10/04v-10, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 41 Cg 125/03s-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.791,72 EUR (darin 298,62 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war mit 50 Aktien Aktionär der J***** Aktiengesellschaft (in der Folge: AG); 9,699.835 Aktien hielt die G***** GesmbH. Die ordentliche Hauptversammlung der AG war auf den anberaumt. Der Kläger ersuchte die AG mit e-mail vom um Übermittlung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichtes. Ihm wurde mitgeteilt, dass der Geschäftsbericht 2002 noch nicht fertig sei, dass er aber ein Exemplar nach Fertigstellung erhalten werde. Den Konzernbericht zum erhielt der Kläger erst mit Schreiben vom . Im Begleitschreiben wurde um Verständnis ersucht, dass sich infolge der Übernahme der AG durch eine neue Eigentümerin die Fertigstellung des Jahresabschlusses 2002 verzögert habe, und dass der Kläger diesen in der kommenden Woche erhalten werde. Dies war jedoch nicht der Fall. Am wurde dem Kläger per Botendienst ein Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2002 zugestellt, er erhielt jedoch vor der Hauptversammlung am weder den Einzelabschluss für dieses Geschäftsjahr noch den Geschäftsbericht. Der Geschäftsbericht wurde erst einen Tag vor der Jahreshauptversammlung fertiggestellt.
In der Hauptversammlung der AG am wurden ua die Beschlüsse gefasst, die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2002 zu entlasten.
Die für die Organisation der Jahreshauptversammlung zuständige Mitarbeiterin hatte vor der Hauptversammlung vom die Geschäftsberichte und den Jahresabschluss in genügender Anzahl aufgelegt. Der Versammlungsraum wurde etwa fünf Minuten vor Versammlungsbeginn aufgesperrt. Der Kläger erhielt die Geschäftsberichte ausgehändigt. Bis zum Termin der Jahreshauptversammlung hatte der Kläger nur kurz Gelegenheit, in den ihm zugesandten Konzernbericht Einsicht zu nehmen. Bei der Jahreshauptversammlung selbst waren etwa 20 bis 30 Personen anwesend, davon allerdings nur zwei Abstimmungsberechtigte, nämlich der Kläger und ein Vertreter der Hauptaktionärin, der 9,699.785 Stimmen vertrat. Nach einleitenden Worten ging man zur Tagesordnung über. Festgehalten wurde, dass allen Anwesenden der festgestellte Jahresabschluss und Konzernabschluss zum mit dem Lagebericht des Vorstands und dem Bericht des Aufsichtsrats über das Geschäftsjahr 2002 vorliege. Festgestellt wurde, dass der Jahresabschluss von der A***** GesmbH geprüft und mit dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehen worden sei, dass der Lagebericht im Einklang mit dem Jahresabschluss und dem Konzernabschluss stehe, der Aufsichtsrat den Jahresabschluss und Konzernabschluss sowie den Lagebericht des Vorstands geprüft und mit Umlaufbeschluss vom 7./ gebilligt und sich mit dem Konzernabschluss einverstanden erklärt habe. Es wurde festgehalten, dass sich eine Verlesung erübrige, weil allen Anwesenden die Unterlagen vorlägen.
Der Kläger meldete sich zu Wort und erklärte, dass er den von ihm angeforderten Jahresabschluss und Bericht des Aufsichtsrates nicht und den Konzernabschluss erst am Freitag vor der Jahreshauptversammlung zugesandt erhalten habe. Der ihm übermittelte Konzernabschluss weise keine Unterschriften des Vorstandes auf. Er ersuchte um Protokollierung dieser Erklärungen. Der Vorsitzende antwortete, dass der mit Originalunterschriften versehene Jahresabschluss und Konzernabschluss dem Kläger zur Einsicht vorgelegt werden könne, und dass eine Versendung von mit Originalunterschriften versehenen Abschlüssen weder üblich noch rechtlich erforderlich sei. Zum Inhalt des Jahres- und Konzernabschlusses stellte der Kläger keine Fragen. In weiterer Folge wurde auf Antrag des Klägers über die Entlastung der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates einzeln abgestimmt. Der Kläger stimmte gegen die Entlastung dreier Vorstandsmitglieder, enthielt sich bei zwei Vorstandsmitgliedern der Stimme und stimmte bei vier Aufsichtsratsmitgliedern gegen die Entlastung; in zwei Fällen enthielt er sich der Stimme; außerdem gab er bei jeder Abstimmung seinen Widerspruch zu Protokoll. Der Vorsitzende gab nach jeder Abstimmung das Abstimmungsergebnis laut bekannt. Die Hauptversammlung dauerte etwa 20 bis 30 Minuten. Der Kläger erklärte gegenüber einer Mitarbeiterin der AG, dass er die Sache nicht auf sich beruhen lasse, weil er die Unterlagen zu spät bekommen habe. Er erklärte ihr, es gebe eine Lösungsmöglichkeit dann, wenn er für seine Aktien mehr Geld bekäme. Bei der Übernahme hätten die Hauptaktionäre 20,30 EUR erhalten, die übrigen Aktionäre nur 18,10 EUR. Die Mitarbeiterin erklärte dem Kläger, dass alle Aktionäre gleich behandelt werden müssten. Auch der Klagevertreter führte diesbezüglich ein Gespräch mit einem Vertreter der AG, dem er eine Anfechtungsklage des Klägers ankündigte; von dieser würde der Kläger Abstand nehmen, wenn ihm seine Aufwendungen ersetzt würden. Sein Gesprächspartner erklärte daraufhin, dass er aus rechtlichen Gründen keinen Weg sehe, erklärte sich aber trotzdem bereit, mit der Hauptaktionärin zu sprechen, nachdem der Klagevertreter ihm erklärte, dass es andere Möglichkeiten gäbe, dies so durchzuführen, dass beide Teile zufrieden seien. Zu einer Einigung kam es jedoch nicht. Der Kläger wollte beim Abstimmungsverhalten seinen Widerspruch zum Gebarungsverhalten der Beklagten dokumentiert sehen. Ob er anders abgestimmt hätte, wenn er die Berichte rechtzeitig bekommen hätte, konnte nicht festgestellt werden.
In der außerordentlichen Hauptversammlung der AG vom wurde eine Spaltung beschlossen. Die Streubesitzaktionäre, darunter auch der Kläger, schieden aus der AG aus und erhielten Anteile an der durch die Abspaltung neu gegründeten A***** AG. Nach Durchführung der Spaltung hielt die G***** GesmbH an der AG 9,999.990 Aktien, 10 Aktien hielt die G***** GesmbH. Die Streubesitzaktionäre hielten insgesamt 160.301 Aktien an der A***** AG. Der Kläger hat den Spaltungsbeschluss mit einer beim Erstgericht anhängigen Anfechtungsklage angefochten.
Am wurde in der Hauptversammlung der AG die Umwandlung der Gesellschaft gem § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der G***** OHG beschlossen. Am wurde im Firmenbuch beim Landesgericht Innsbruck die Firma G***** OHG eingetragen. Die AG ist seit gelöscht.
Der Kläger begehrt - soweit im Verfahren dritter Instanz noch von Bedeutung - mit der am gegen die AG eingebrachten und auf § 195 Abs 4 AktG gestützten Anfechtungsklage, die Beschlüsse auf Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2002 für nichtig zu erklären. Ihm sei entgegen § 125 Abs 5 AktG der Jahres- und Konzernabschluss samt Bericht des Aufsichtsrates nicht mindestens 14 Tage vor dem Tag der Hauptversammlung zur Kenntnis gebracht worden. Er habe zu den genannten Beschlüssen Widerspruch zu Protokoll gegeben. Wenn dem Kläger unmittelbar nach der Hauptversammlung angeboten worden sei, Einsicht in den Jahresabschluss, Aufsichtsratsbericht und Konzernabschluss zu nehmen und dies der Kläger mit dem Bemerken, es sei jetzt ohnedies zu spät und nicht mehr relevant, abgelehnt habe, so sei dies so zu verstehen, dass eine Einsichtnahme in die Abschlüsse nicht mehr zielführend gewesen sei. Der Klagevertreter habe gegenüber der AG darauf hingewiesen, dass dem Kläger bereits erhebliche Aufwendungen entstanden seien, die er von der Gesellschaft ersetzt haben wolle, wobei er im Gegenzug von der Einbringung einer Anfechtungsklage Abstand nehmen würde. Der Kläger hätte nämlich größere Aufwendungen (Reisekosten, Übernachtungskosten, Telefonspesen, Kosten für eMail und Telefax, Kosten für die Inanspruchnahme anwaltlicher Beratung uä) gehabt. Der Beweis dafür, dass der geltend gemachte Anfechtungsgrund für die bekämpfte Beschlussfassung nicht ausschlaggebend gewesen sei, obliege der Beklagten, die einen solchen Beweis nicht erbracht habe. Würde man ihrer Auffassung folgen, sei § 125 Abs 5 AktG, der eine Schutzbestimmung für die Kleinaktionäre sei, totes Recht. Dem Kläger sei der Jahresabschluss erst 22 Tage nach Abhaltung der Hauptversammlung zugegangen; er hätte keine Möglichkeit gehabt, sich entsprechende Informationen zu verschaffen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Beschlüsse seien nicht anfechtbar, weil die behauptete Fehlerhaftigkeit des zur Beschlussfassung führenden Verfahrens für das Beschlussergebnis nicht kausal gewesen sei; der Kläger habe weder behauptet, dass bei Einhaltung der in § 125 Abs 5 AktG angeordneten Frist ein anderes Beschlussergebnis zustande gekommen wäre, noch, dass er ohne Fristverletzung und eingehendes Studium des Jahres- und Konzernabschlusses über die Beschlussanträge in der Hauptversammlung anders abgestimmt hätte. Auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten der Beklagten wären die in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse mit demselben Inhalt zustande gekommen. Der Kläger sei nicht aktiv legitimiert, weil er nach deren Spaltung nicht mehr Aktionär der AG gewesen sei. Schließlich habe der Kläger - selbst wenn man seine Anfechtungsbefugnis unterstellen wollte - kein rechtliches Interesse an der Anfechtung mehr.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nur Aktionäre seien zur Anfechtung befugt. Obwohl der Kläger auf Grund der Spaltung im September 2002 (richtig: 2003) nicht mehr Aktionär der Beklagten sei, sei seine Aktivlegitimation gegeben, weil die Veräußerung einer streitverfangenen Sache oder Forderung auf den Prozess gem § 234 ZPO keinen Einfluss habe. Gem § 195 Abs 4 AktG könne ein Beschluss der Hauptversammlung angefochten werden, wenn § 125 Abs 5 AktG nicht eingehalten worden sei. Nach dieser Bestimmung seien der Jahresabschluss und der Konzernabschluss nebst dem Bericht des Aufsichtsrates mindestens während der letzten 14 Tage vor dem Tag der Hauptversammlung im Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre aufzulegen; auf Verlangen sei jedem Aktionär spätestens 14 Tage vor dem Tag der Versammlung eine Abschrift der Vorlagen zu erteilen. Es sei unstrittig, dass der Kläger die Übersendung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichtes verlangt habe und unmittelbar vor der Hauptversammlung zwar den Konzernabschluss, nicht aber den Jahresabschluss 2002 erhalten habe. Grundsätzlich stünde dem Kläger daher ein Anfechtungsrecht gegen jene Beschlüsse zu, gegen die er Widerspruch zu Protokoll gegeben habe. Für die hier angefochtenen Beschlüsse sei aber die Gesetzesverletzung der Beklagten ohne Bedeutung, weil diese Beschlüsse den Jahresbericht nicht direkt betroffen hätten und dem Kläger - hätte er den Jahresabschluss gekannt und wäre er damit nicht einverstanden gewesen - auch nichts anderes offengestanden wäre, als sich bei der Entlassung der Vorstände und des Aufsichtsrats entweder der Stimme zu enthalten oder dagegen zu stimmen. Das Klagebegehren sei daher abzuweisen.
Das Berufungsgericht berichtigte die Bezeichnung der Beklagten von der AG auf die nunmehrige Beklagte; es bestätigte - mit der Maßgabe der Berichtigung zweier sinnstörender Fehler im Urteilsspruch - das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil das Berufungsgericht höchstgerichtlicher Rechtsprechung gefolgt sei und keine erhebliche Rechtsfrage vorliege. Zu Recht habe die Beklagte die mangelnde Aktivlegitimation des Klägers eingewendet. Die vom materiellen Recht verliehene aktive Klagslegitimation sei keine Prozessvoraussetzung, sondern die subjektive Voraussetzung für die Berechtigung des Klageanspruchs. Fehle im Anfechtungsprozess die Sachlegitimation des Klägers bei Verhandlungsschluss, so sei die Klage mit Urteil abzuweisen. Die von Teilen der Lehre dagegen vorgetragenen Bedenken beträfen den - hier nicht vorliegenden - Fall, dass der anfechtende Aktionär seine Aktien nach Klageeinbringung, aber vor Schluss der Verhandlung veräußert habe; hier aber habe der Kläger seine Stellung als Aktionär der AG auf Grund der Gesellschaftsspaltung verloren. Für den Kläger wäre aber auch nichts gewonnen, würde man seine Aktivlegitimation als gegeben ansehen. Die Gesellschaft, in deren Hauptversammlung die angefochtenen Beschlüsse gefasst worden seien, bestehe nicht mehr in der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung gegebenen Gestalt. Für das Rechtsschutzinteresse des Klägers sei zu prüfen, ob sich die Wirkung der angefochtenen Beschlüsse in der übernehmenden Gesellschaft (der OHG) fortsetzten. Dies sei jedenfalls nicht evident: Die OHG verfüge weder über Vorstand, Aufsichtsrat noch Abschlussprüfer; die Änderung des Firmenwortlauts sei auf Grund weiterer Firmenwortlautänderungen im Zuge von Umgründungen überholt. Ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse an der Umgründung habe der Kläger nicht angegeben und sei auch nicht zu erkennen, sodass auch aus diesem Grund die Klage abzuweisen sei. Schließlich sei die Klage aber auch deshalb abzuweisen, weil Anfechtungsgründe nach der - von der überwiegenden Lehre und Rechtsprechung vertretenen - „Kausalitätstheorie" nur im Fall ihrer Kausalität für das Beschlussergebnis durchschlügen; danach sei Anfechtbarkeit nur dann gegeben, wenn bei rechtmäßigem Alternativverhalten, das heißt bei Vermeidung des Verfahrensfehlers, ein anderer Beschlussinhalt zustande gekommen wäre. Die gegenteilige „Relevanztheorie" sei nicht herrschend. Im Anfechtungsprozess obliege der Beweis, dass der geltend gemachte Anfechtungsgrund für die bekämpfte Beschlussfassung nicht ausschlaggebend gewesen sei, jedenfalls der beklagten Gesellschaft. Dieser Beweis sei der Beklagten gelungen, weil auf Grund der bei der Jahreshauptversammlung insgesamt abgegebenen Stimmen ein anderes Beschlussergebnis bei rechtmäßigem Alternativverhalten auszuschließen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Klagelegitimation im Anfechtungsprozess nach Spaltungsvorgängen ebenso wie zum Rechtsschutzinteresse einer Anfechtung in solchen Fällen fehlt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
Der Kläger verweist darauf, seine Anfechtungsklage ordnungsgemäß erhoben zu haben; es könne dann aber nicht im Belieben der Beklagten stehen, sich durch Umwandlung in eine Personengesellschaft, die zum Verlust der Aktionärstellung des Klägers führe, einem aktienrechtlichen Anfechtungsprozess zu entziehen; solches sei auch unvereinbar mit Art 6 MRK. Die eingetretene Gesamtrechtsnachfolge lasse vielmehr die Anfechtungslegitimation des Anfechtungsklägers unberührt, auch wenn der Kläger aus der geklagten Gesellschaft ausscheide. Darüber hinaus übersehe das Berufungsgericht, dass sich die Anfechtung eines Entlastungsbeschlusses notwendig auf einen vergangenen Zeitraum beziehe, weshalb es allein darauf ankomme, wer Aktionär im betreffenden Zeitraum gewesen sei. Der Kläger besitze schon deswegen ein Rechtsschutzinteresse, weil er infolge fehlender Unterlagen nicht in der Lage gewesen sei, sich ein Bild über die Tätigkeit der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats zu machen; die aufgezeigte Gesetzwidrigkeit sei daher relevant. Die Rechtsprechung zu Kausalitäts- oder Relevanztheorie im Zusammenhang mit der Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen sei uneinheitlich. Dazu ist zu erwägen:
Jene AG, deren HV-Beschlüsse auf Entlastung der Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat der Kläger in dritter Instanz noch anficht, hat sich (nach Klageeinbringung, aber noch vor Schluss der Verhandlung 1. Instanz) im Wege einer Abspaltung zur Neugründung (§ 1 Abs 2 Z 2 SpaltG) gespalten, wobei dem Kläger nur Aktien der abgespaltenen (neugegründeten) AG zugeteilt wurden; später wurde die abspaltende AG gem §§ 5 ff UmwG in eine OHG umgewandelt und die AG gelöscht. Die OHG ist Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglich beklagten AG; die Parteienbezeichnung wurde vom Berufungsgericht (richtigerweise: RIS-Justiz RS0039530 [T9]) auf die OHG berichtigt.
In der Regel hat die Gesetz- und Satzungswidrigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses einer AG dessen Anfechtbarkeit zur Folge. Die rechtsgestaltende Anfechtungsklage kann innerhalb eines Monats (§ 197 Abs 2 AktG) von dem in § 196 Abs 1 AktG genannten Personenkreis erhoben werden. Aktionäre sind anfechtungsbefugt, wenn sie in der Hauptversammlung erschienen und vor deren Beendigung gegen den Beschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben (§ 196 Abs 1 Z 1 AktG).
Die österreichische Lehre versteht die Anfechtungsbefugnis als materiell-rechtliches Erfordernis für den Erfolg der Anfechtungsklage (Thöni, FS Krejci 914 mwN); fehlt im Anfechtungsprozess die Sachlegitimation des Klägers bei Verhandlungsschluss (§ 193 ZPO), so ist die Klage mit Urteil abzuweisen (Strasser in Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG4 § 196 Rz 1; ebenso zur vergleichbaren deutschen Rechtslage K. Schmidt in dAktG Großkommentar4 § 245 Rz 17 mwN in FN 51).
Für den Fall einer Veräußerung der Aktien stellen Teile der Lehre diesen Grundsatz in jüngerer Zeit in Frage; es wird darauf hingewiesen, dass andernfalls der Anfechtungskläger in seiner Bewegungsfreiheit zu stark eingeschränkt sei und dass auch die Veräußerung einer streitverfangenen Sache auf die Legitimation im Prozess keine Folgen habe (Zöllner in Kölner Kommentar zum dAktG § 245 Rz 23; Hüffer, dAktG6 § 245 Rz 8; Hüffer in Münchener Kommentar zum dAktG² § 245 Rz 24; Diregger in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 196 Rz 19). Die Richtigkeit dieser Auffassung bedarf keiner näheren Untersuchung, ist doch im Anlassfall der Verlust der Aktionärsstellung des Klägers nicht auf einen Aktienverkauf, sondern auf einen Spaltungsvorgang zurückzuführen, bei dem die Interessenlage der Beteiligten jener bei einem Veräußerungsvorgang nicht gleichgehalten werden kann.
Bei der Spaltung werden Teile des Vermögens der spaltenden (übertragenden) Gesellschaft auf andere Gesellschaften übertragen, wobei die Gesellschafter der spaltenden Gesellschaft dafür Anteile an den übernehmenden Gesellschaften erhalten (Kalss, Handkommentar zur Verschmelzung, Spaltung, Umwandlung, 330 mwN). Sie verfolgt das Ziel, die partielle (gegenständlich beschränkte) Gesamtrechtsnachfolge zu ermöglichen (Kalss aO 331).
Eine Spaltung kann einer freiwilligen Veräußerung nicht gleichgehalten werden, weil sie auch gegen den Willen einer Minderheit erzwingbar (vgl § 8 Abs 1 SpaltG) und selbst im Fall einer erfolgreichen Anfechtung unumkehrbar ist (§ 14 Abs 3 SpaltG); auch gibt es bei einer Spaltung - anders als bei einem Veräußerungsvorgang - keinen Erwerber, der in die Mitgliedschaftsrechte eines Vorgängers nachrücken und für diesen noch Rechte wahren könnte.
Die Anfechtungsmöglichkeit von Beschlüssen der spaltenden Gesellschaft durch Aktionäre der übernehmenden Gesellschaft ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt; diese Frage wurde bisher - soweit ersichtlich - in der Lehre auch noch nicht erörtert.
Im Fall des - einer Spaltung spiegelbildlichen - Vorgangs der Verschmelzung wurde hingegen bereits die Frage aufgeworfen, ob nach Eintragung einer Verschmelzung im Firmenbuch außer dem Verschmelzungsbeschluss noch andere Hauptversammlungs-Beschlüsse der übertragenden Gesellschaft Gegenstand einer Anfechtungsklage sein können. Nach Szep (in Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG4 § 230 Rz 6) sei dies bei entsprechendem Rechtsschutzbedürfnis unter sinngemäßer Anwendung des § 230 AktG zu bejahen. Die Aktionäre der übertragenden Gesellschaft verlören allerdings etwa dann ihr Prozessführungsrecht, wenn sie ihre Umtauschaktien zur Gänze abstießen; das Anfechtungsrecht gehe diesfalls nicht auf den Einzelrechtsnachfolger über (Szep aaO Rz 7).
Auch in der deutschen Literatur wird im Fall von Verschmelzungsvorgängen, die zum Erlöschen des ursprünglichen Rechtsträgers führen, bei im Verschmelzungszeitpunkt anhängigen Anfechtungsklagen ein Eintritt des übernehmenden Rechtsträgers auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge in diese Prozesse bejaht; zu prüfen sei aber, ob ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die Fortführung dieser Prozesse bestehe. Dagegen spiele es keine Rolle, dass der Kläger nach Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge nicht mehr Anteilsinhaber des ursprünglich beklagten Rechtsträgers sei (Grunewald in Lutter, dUmwG² § 28 Rz 4 mwN). Nach Kraft (in Kölner Kommentar zum dAktG² § 352 Rz 15) lasse sich nur von Fall zu Fall entscheiden, wann ein Kläger ein berechtigtes Interesse an einer Klage gegen sonstige Hauptversammlungsbeschlüsse einer übertragenden Gesellschaft habe. Ein solches bestehe etwa dann, wenn die Anfechtungsklage präjudizielle Wirkung für einen Schadenersatzprozess gegen einen Verwaltungsträger einer übertragenden Gesellschaft haben könne.
Wenn auch die Spaltung als Fall einer nur partiellen Gesamtrechtsnachfolge einer Verschmelzung nicht gleichgehalten werden kann, ist den angeführten Lehrmeinungen darin zuzustimmen, dass auch nach einer Spaltung die Fortsetzung eines schon zuvor eingeleiteten Anfechtungsprozesses betreffend einen Beschluss der abspaltendenden Gesellschaft durch einen Aktionär der nunmehr übernehmenden Gesellschaft ohne Rechtschutzbedürfnis des Klägers an der Fortführung des Prozesses nicht in Frage kommt. Ein solches Rechtsschutzbedürfnis hat der Kläger weder behauptet, noch ist es zu erkennen.
Der Kläger hat infolge des Spaltungsvorgangs die Mitgliedschaft an der spaltenden Gesellschaft verloren und wurde dafür mit Aktien einer übernehmenden Gesellschaft abgefunden; die spaltende Gesellschaft wurde mittlerweile gelöscht, nachdem ihr Vermögen im Weg einer Umwandlung einer Personengesellschaft übertragen worden ist. Bei dieser Sachlage sind die von der spaltenden (und nicht mehr bestehenden) Gesellschaft gefassten Entlastungsbeschlüsse, die der Kläger weiterhin bekämpft, nicht geeignet, die Rechtsstellung des Klägers - etwa was die Verfolgung von Schadenersatzansprüchen gegenüber ehemaligen Mitgliedern von Vorstand und/oder Aufsichtsrat wegen mangelhafter Geschäftsführung/Aufsicht betrifft - zu seinen Lasten zu beeinträchtigen.
Welche Wirkungen ein Entlastungsbeschluss im Gesellschaftsrecht hat, wird in Lehre und Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet. Nach der - vereinzelt gebliebenen - Entscheidung SZ 48/79 bedeute jedenfalls die von sämtlichen Gesellschaftern erteilte Entlastung - ungeachtet der Bestimmung des § 84 Abs 4 Satz 3 AktG - einen Verzicht auf Schadenersatzansprüche der Gesellschaft; davon abgesehen bringe die Entlastung nur die "Billigung der Geschäftsführung und den Ausdruck des Vertrauens in sie" zum Ausdruck. Demgegenüber gehen spätere Entscheidungen undifferenziert und ohne Stellungnahme zur zitierten Norm von einer generellen "Präklusionswirkung" für bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbare Schadenersatzansprüche aus (SZ 32/2; WBl 1993, 229; SZ 69/153; WBl 1998, 268; RIS-Justiz RS0060019). Der Meinungsstand in der Lehre ist nicht einheitlich (vgl die Übersicht bei Bachner in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG § 104 Rz 5).
Unbestritten ist jedenfalls, dass ein Entlastungsbeschluss das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den entlasteten Personen betrifft. Jedenfalls dann, wenn ein Aktionär - wie hier der Kläger - der gegen seine Stimme beschlossenen Entlastung widersprochen hat, kann ihm persönlich aus einem solchen Beschluss kein rechtlicher Nachteil daraus entstehen, dass er damit auf eigene Ersatzansprüche verzichtet oder das Nichtbestehen solcher Ansprüche anerkannt hätte. Allfällige Ersatzansprüche der spaltenden Gesellschaft wären hingegen nunmehr von deren Gesamtrechtsnachfolgerin geltend zu machen.
Hat demnach der Kläger infolge einer Spaltung die Mitgliedschaftsrechte an der spaltenden Gesellschaft verloren, und sind die angefochtenen Beschlüsse dieser Gesellschaft darüber hinaus nicht geeignet, die Rechtsstellung des Klägers zu verschlechtern, ist seine Klagelegitimation zu verneinen. Der Revision kann damit kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.