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OGH vom 03.12.2002, 5Ob49/02w

OGH vom 03.12.2002, 5Ob49/02w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Andrea K*****, vertreten durch Mag. Günther Weber und Mag. Barbara S*****, Funktionäre des Mieterschutzverbandes Österreichs, Landesorganisation Steiermark, 8010 Graz, Sparbersbachgasse 61, gegen die Antragsgegnerin Ing. Ilse K*****, vertreten durch Mag. Ralph K*****, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 3 R 207/01k-10, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 54 Msch 2/01a-4, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die von der Antragstellerin gemietete Wohnung steht im Wohnungseigentum der Antragsgegnerin. Das Haus wurde mit den Mitteln des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds errichtet (Bewilligungsbescheid Zl 238.031-II-14/54, vom für die Wiederherstellung der Wohnhäuser aus Mitteln des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds gemäß § 15 Abs 3 des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes BGBl 130/1948 in der damals geltenden Fassung; Darlehenshöhe: S 9,491.000). Vor Abschluss des gegenständlichen Mietvertrages erfolgte eine begünstigte Darlehensrückzahlung nach dem Rückzahlungsbegünstigungsgesetz. Die Antragstellerin war in der Zeit vom bis Mieterin der Wohnung.

Die Parteien vereinbarten in § 3 des Mietvertrages zum Mietzins Folgendes:

"Der monatliche Gesamtmietzins setzt sich zusammen aus:


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a)
den monatlichen Betriebskosten (inklusive USt) von S 1.572;
b)
dem monatlichen Hauptmietzins von S 5.000 (die USt ist im Sinn des § 6 Z 27 UStG 1995 idF BGBl 663/1994 als abgegolten anzusehen) und beträgt somit S 6.572 pro Monat.
Sollten sich die Betriebskosten erhöhen, so verpflichten sich die Mieter, jene ab der Erhöhung erhöht mitzubezahlen. Die oben ausgewiesenen Betriebskosten entsprechen dem Stand 1998."
Während der gesamten Dauer des Mietverhältnisses überwälzte die Antragsgegnerin "die Betriebskosten" gemäß jenen Vorschreibungen, die sie in ihrer Eigenschaft als Wohnungseigentümerin von der Hausverwaltung erhielt, an die Antragstellerin. In diesen Vorschreibungen war auch ein Betrag von monatlich S 333,30 als "Reparaturrücklage" enthalten. Die Antragstellerin bezahlte während der gesamten Bestandzeit aus dem Titel Reparaturrücklage den vorgeschriebenen Betrag von S 6.700 inklusive USt.
Die Antragstellerin begehrte zuletzt - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung ist - festzustellen, dass die zulässigerweise auf die Antragstellerin überwälzbaren Betriebskosten im Zeitraum zwischen bis um den Betrag von insgesamt S 6.700 überschritten worden seien.
Die Antragsgegnerin wandte ein, dass die Überwälzung auch dieser Reparaturrücklagen zulässig sei. Es sei ein Gesamtmietzins vereinbart worden. Nach Wegfall der sich aus der Anwendbarkeit des WWG ergebenden Mietzinsbeschränkungen sei die Höhe der verrechneten Betriebskosten unerheblich, weil wegen der möglichen freien Mietzinsvereinbarung der Abgrenzung der einzelnen Mietzinsbestandteile innerhalb der Pauschalvereinbarung keine Bedeutung zukomme. Im Übrigen sei auf das vorliegende Vertragsverhältnis das MRG nicht anwendbar.
Das Erstgericht stellte die Überschreitung antragsgemäß fest. Wegen der Inanspruchnahme von Mitteln aus dem Wohnhaus-Wiederaufbaufonds sei das Haus zur Gänze den Bestimmungen des MG bzw MRG unterworfen. Gemäß § 53 MRG gelte aber nach gänzlicher Tilgung des Wohnhaus-Wiederaufbaudarlehens § 16 MRG nicht. Die übrigen Bestimmungen des MRG seien aber weiterhin anwendbar. Es sei daher im vorliegenden Fall eine freie Mietzinsvereinbarung zulässig, hinsichtlich der Betriebskosten seien aber die Vorschriften des MRG heranzuziehen. Wegen der erfolgten Aufschlüsselung liege kein Pauschalmietzins vor. Die Reparaturrücklage diene innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft dazu, notwendig werdende Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zu finanzieren. Grundsätzlich seien solche Arbeiten vom Vermieter aus der Hauptmietzinsreserve zu decken. Eine Überwälzung im Rahmen der Betriebskosten sei nicht zulässig, nicht einmal, wenn es sich um die Kosten kleinerer Erhaltungsarbeiten handle.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin keine Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass der im vorliegenden Fall gemäß § 53 MRG nicht anzuwendende § 16 MRG nur den Hauptmietzins, nicht jedoch die Betriebskosten betreffe, weshalb hinsichtlich dieser weiterhin das MRG Anwendung zu finden habe. Nach den Bestimmungen des MRG aber seien jene Aufwendungen, zu deren Deckung die Reparaturrücklage zu schaffen sei, nicht den Betriebskosten gemäß § 21 MRG zuzuordnen und daher nicht vom Mieter zu tragen.
In Abänderung seines Ausspruches erklärte das Rekursgericht den Revisionsrekurs für zulässig, da der Oberste Gerichtshof zur Frage, ob (inwieweit) im Falle der begünstigten Rückzahlung im Sinne des § 12 Abs 3 RBG 1971 eine Überprüfung der Betriebskosten möglich sei, bisher noch nicht ausdrücklich Stellung genommen worden sei. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin mit einem Aufhebungsantrag.
Die Antragstellerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt. Die Revisionsrekurswerberin macht geltend, dass für Wohnungen, für die die §§ 21 ff MRG über die Betriebskosten nie gegolten haben, nicht nunmehr durch § 53 MRG an die §§ 21 ff MRG gebunden sein solle. Es sei unklar, ob das MRG zur Gänze auf Eigentumswohnungen anzuwenden sei, die nach 1945 errichtet worden seien. Nach Rückzahlung der Förderung solle der Wohnungseigentümer den Status des § 1 Abs 4 Z 3 MRG zurückerhalten, sodass die Vorschriften der §§ 21 ff MRG keine Geltung haben sollten. Es sei wesentlich, nach welchen Wohnbauförderungsbestimmungen seinerzeit das Gebäude errichtet worden sei, weil dies für den Umfang der Anwendung des MRG von Bedeutung sei. Dies sei von Amts wegen zu erheben. Selbst wenn die §§ 21 ff MRG auf das vorliegende Mietverhältnis anzuwenden wären, so sei davon auszugehen, dass nach redlicher Verkehrsauffassung für den Mieter nur die Gesamtkostenbelastung relevant sei. Eine exakte Abgrenzung von Betriebskosten und Mietzins habe keine Bedeutung. Es sei der Vermieterin freigestanden, den Mietzins um die Reparaturrücklage zu erhöhen, sodass die Antragstellerin nach dem Grundsatz "pacta sunt servanda" auch zur Bezahlung der Reparaturkostenrücklage verpflichtet sei.

Diesen Ausführungen ist Folgendes zu erwidern:

Die Antragsgegnerin selbst verwies im erstinstanzlichen Verfahren darauf, dass das Haus unter Inanspruchnahme von Mitteln des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds errichtet worden sei. Dies entspricht dem unbestrittenen, im Schlichtungssstellenakt erliegenden oben genannten Bewilligungsbescheid. Allen Fassungen des § 15 WWG ist gemeinsam, dass die mit Fondshilfe wiederhergestellten Mietobjekte den Bestimmungen des Mietengesetzes unterstellt werden, und zwar bis zur Rückzahlung des Fondsdarlehens mit den in den nachfolgenden Absätzen normierten Abänderungen hinsichtlich der Mietzinsbildung. Dies bedeutet, dass die Mietobjekte bei Inanspruchnahme der Förderung den Bestimmungen des Mietengesetzes (auf Dauer) unterstellt sind (in diesem Sinne wohl auch 5 Ob 109/99m = immolex 2000/31; Würth in WoBl 1988, 2; Hausmann in Hausmann/Vonkilch, § 53 MRG, Rz 1). Solange keine Rückzahlung erfolgt ist, besteht hinsichtlich der Mietzinsbildung eine Ausnahme. Diese richtet sich dann nicht nach den Bestimmungen des Mietengesetzes, sondern nach § 15 WWG. Zufolge der im § 58 Abs 4 MRG enthaltenen Transformationsklausel sind auf die Bestandobjekte die nunmehr geltenden Bestimmungen des MRG anzuwenden (dynamische Verweisung auf das MRG;5 Ob 118/91, immolex 1998, 135/81, WoBl 2000, 53/24, WoBl 1998, 144/84, WoBl 1989, 101/50, WoBl 1989, 94/43, WoBl 1989, 199/131).

In der Lehre ist umstritten, ob diese Verweisung auch die im § 1 Abs 2 MRG enthaltenen Ausnahmeregelungen erfasst, ob es also bei Zutreffen eines solchen Ausnahmetatbestandes bei einer völligen Unanwendbarkeit des MRG zu bleiben hat, oder ob nicht doch das MRG anzuwenden ist (WoBl 2000, 53/24). Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass in den Verweisungsfällen nach § 32 Abs 1 WFG 1968 die Ausnahmebestimmungen des § 1 Abs 2 MRG nicht gelten sollen, da die Anwendbarkeit des MRG kraft Verweisung eines Gesetzes auf das MRG überhaupt nur dann und insoweit zu prüfen ist, als einer der gesetzlichen Ausnahmetatbestände des § 1 Abs 2 bis 4 MRG vorliegt (MietSlg 40/35; WoBl 1992, 199/131). Weiters verwies er darauf, dass § 32 WFG 1968 als leges specialis die damit im Widerspruch stehenden mietzinsrechtlichen Bestimmungen des MRG verdrängen, was "insbesondere" auf den Ausnahmekatalog des § 1 Abs 4 MRG durchschlage (MietSlg 45/27). Zu § 15 WWG wurde bereits ausgesprochen, dass dort keine Ausnahmen von der Anwendbarkeit des Mietengesetzes (nunmehr Mietrechtsgesetzes) angeordnet worden sei. Es sollte also bei Inanspruchnahme von Fondshilfe die Berufung auf einen sonst gegebenen Ausnahmetatbestand des Mietengesetzes (Mietrechtsgesetzes) verhindert werden (5 Ob 118/91= EWr I/1/5; 5 Ob 115/01z).

Da alle Fassungen des WWG iVm § 58 Abs 4 MRG die Geltung des Mietrechtsgesetzes anordnen, kommt es auch nicht darauf an, welche Fassung hier zur Anwendung käme. Wird nun das Fondsdarlehen nach dem Rückzahlungsbegünstigungsgesetz (mangels rechtlicher Relevanz kann im vorliegenden Fall unerörtert bleiben in welcher Fassung) vorzeitig zurückbezahlt, so ergibt sich eine Ausnahme von der Anwendung des Mietrechtsgesetzes nur nach § 53 MRG, nämlich in die Richtung, dass § 16 MRG nicht gilt. Dies ist auch zwischen den Parteien unstrittig, sodass sich weitere Erörterungen erübrigen. Da also durch § 53 MRG lediglich die Anwendung des § 16 MRG ausgeschlossen ist, gelten - worauf auch die Vorinstanzen bereits zutreffend hingewiesen haben - die übrigen Bestimmungen des MRG und damit auch die §§ 21 ff MRG. Nach der Vereinbarung zwischen den Parteien wird ausdrücklich (auch betragsmäßig) zwischen Hauptmietzins einerseits und Betriebskosten andererseits unterschieden. Zu Recht hält daher die Antragsgegnerin ihr Vorbringen, es sei ein Pauschalmietzins vereinbart worden, nicht mehr aufrecht. Die vorgeschriebenen Betriebskosten haben den Bestimmungen des MRG zu entsprechen.

Das WEG enthält im Gegensatz zum MRG keinen Betriebskostenkatalog, weshalb die dem Wohnungseigentümer vorgeschriebenen Beträge nicht jedenfalls ungeprüft dem Mieter als Betriebskosten vorgeschrieben werden können (vgl Palten, ÖJZ 1982, 645). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Aufzählung der Betriebskosten in § 21 Abs 1 MRG taxativ, abweichende Vereinbarungen zu Lasten des Mieters können nicht rechtswirksam getroffen werden (5 Ob 151/92, RIS-Justiz RS0069690). Die Bezahlung einer "Reparaturrücklage", sohin Zahlungen die gewidmet für die Begleichung künftiger Erhaltungsarbeiten dienen sollen, finden im Betriebskostenkatalog des § 21 MRG keine Deckung, was letztlich von der Antragsgegnerin gar nicht bestritten wird. Es ist der Vermieterin aber auch verwehrt, jetzt von der über den Hauptmietzins getroffenen Vereinbarung einseitig abzugehen und diesen nachträglich um den Betrag der Reparaturrücklage zu erhöhen, sodass Erörterungen dazu, ob eine derartige Vereinbarung von Anbeginn an überhaupt zulässig gewesen wäre, entbehrlich sind.

Dem unberechtigten Rekurs war daher der Erfolg zu versagen.