OGH vom 22.10.2015, 1Ob98/15s

OGH vom 22.10.2015, 1Ob98/15s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer Zeni Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 19, gegen die beklagte Partei Dr. M***** H*****, vertreten durch Lansky, Ganzger + partner Rechtsanwälte GmbH, Wien, und den Nebenintervenienten auf der Seite der beklagten Partei Dr. R***** P*****, wegen Feststellung und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 167/14z 58, mit dem das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom , GZ 20 Cg 104/12i 53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten die mit je 2.489,58 EUR (darin 414,93 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Beklagte ist Eigentümer der Liegenschaften EZ ***** (Grundstück Nr *****) und EZ ***** (Grundstück Nr *****) je KG *****. Daran grenzt das Seegrundstück Nr ***** KG ***** am Wörthersee, deren im Grundbuch einverleibte Eigentümerin die Klägerin ist. In der von der Vermessungsbehörde, dem Vermessungsamt *****, am durchgeführten Grenzverhandlung konnte keine Einigung über den Grenzverlauf zwischen dem Seegrundstück der Klägerin und den Ufergrundstücken des Beklagten erzielt werden. Dem Beklagten wurde aufgetragen, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen, woraufhin dieser beim Bezirksgericht ***** am zu 10 Nc 64/96s (später 30 Nc 2/11w) den Antrag einbrachte, die Grenze zwischen den genannten Grundstücken zu erneuern bzw zu berichtigen und nach dem letzten ruhigen Besitzstand festzusetzen. Dazu verwies er auf die in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunderts errichtete Ufermauer als Nutzungsgrenze. Nach Aufhebung der antragsabweisenden Entscheidung des Erstgerichts im ersten Rechtsgang durch das Rekursgericht mit seiner Entscheidung vom , 2 R 97/12k-21, in der dieses zum Ergebnis gekommen war, der Antragsteller habe zutreffend den außerstreitigen Rechtsweg beschritten, entschied das Bezirksgericht ***** nach der Außerstreitstellung des letzten ruhigen Besitzstands mit Beginn der Ufermauer durch die Antragsgegnerin und jetzige Klägerin im zweiten Rechtsgang im Sinne des Beklagten.

Zum Zeitpunkt des Ankaufs der Liegenschaft durch die Mutter des Beklagten im Jahr 1932 befand sich im Bereich der Grenze zwischen den Liegenschaften der Streitteile eine zunächst unverputzte Mauer. Nach dem Ankauf führten die Eigentümer der Liegenschaften des Beklagten weder Aufschüttungen oder Anbauten im Grenzbereich zwischen den Grundstücken der Streitteile durch, noch nahmen sie Anlandungen wahr. Der mittlere jährliche bis zweijährliche höchste Seewasserstand, der regelmäßig als Höchstwasserstand wiederkehrt, liegt beim Wörthersee bei 440,50 m über der Adria (üA). Dann liegt die Wasseranschlagslinie im Bereich „zwischen den Grundstücken“ der Streitteile am Fuße der Ufermauer und im Bereich von Anlandungen bereichsweise sogar deutlich weiter seewärts. Dächte man sich die Seespiegelabsenkung im Jahr 1885 um ca 0,5 m im Zuge der Glanfurtregulierung weg, „umspülte“ die Wasserwelle insgesamt 217 m² der Grundstücke des Beklagten ausgehend von der im Außerstreitverfahren entlang der Wasseranschlagslinie an der Ufermauer festgesetzten Grenze, weil dann der jährliche bis zweijährliche höchste Seewasserstand bei 441 m üA läge.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie Eigentümerin einer (in einem beigefügten Plan ersichtlich gemachten) Fläche im Ausmaß von (zuerst 537 m², später eingeschränkt auf) 327 m² sei, sowie deren Räumung und Übergabe durch den Beklagten. Dazu brachte sie vor, wasserführende und verlassene Bette öffentlicher Gewässer seien seit sogenanntes „öffentliches Wassergut“ und stünden in ihrem Eigentum. Bei der Beurteilung des regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstands als Grenze zwischen Wasserbett und anrainenden Grundstücken bei stehenden Gewässern sei ein durch Menschenhand veränderter Seespiegel unbeachtlich. Der regelmäßig wiederkehrende ordentliche höchste Wasserstand richte sich bei einem stehenden Gewässer wie dem Wörthersee nach dem höchsten Mittelwasser, konkret nach jenem gemessen im Jahr 1904 mit 166 cm (= 440,67 m üA) bzw dessen Wasseranschlagslinie, was unter Berücksichtigung der Spiegelabsenkung im Zuge der Glanfurtregulierung im Jahr 1885 um 0,5 m einen Wasserspiegel von 441,17 m üA ergäbe. Die von ihr geltend gemachte Fläche würde dann von der Wasserwelle überspült, wäre die Wasserwelle nicht durch errichtete See Einbauten, konsenslose Anschüttungen, Mauern und Verlandungen zurückgedrängt worden.

Der Beklagte bestritt und brachte vor, der in Anspruch genommene Teil der Erdoberfläche stehe nicht im Eigentum der Klägerin. Das Seeufer entspreche dem Naturverlauf. Die Ufermauer dränge die Wasserwelle gerade nicht zurück, sondern sei vielmehr errichtet worden, um einen abschüssigeren Uferbereich zu befestigen. Sie diene lediglich dem Erhalt des Grundstücks, nicht seiner Ausweitung. Der Beklagte habe die Liegenschaft durch den durchgängigen Besitz seiner Rechtsvorgänger seit 1885 so besessen, wie sie seine Familie beim gutgläubigen Erwerb 1932 erworben habe, und damit Eigentum ersessen.

Beide Streitparteien machten Verfristung geltend; die Klägerin jene bei der Einbringung des Grenzberichtigungsantrags im Außerstreitverfahren, der Beklagte gegenüber die Klägerin im Hinblick darauf, dass die gesetzliche Sechs Wochen Frist nach § 25 Abs 4 VermessungsG wegen des darin zum Ausdruck gebrachten Beschleunigungsgedankens bereits zu laufen begonnen habe, als die Klägerin habe erkennen müssen, dass das außerstreitige Verfahren zu keinem für sie günstigerem Ergebnis führen werde.

Nach Streitverkündung durch den Beklagten trat der Nebenintervenient, der diesen im Behördenverfahren vor dem Vermessungsamt und auch beim Grenzfestsetzungsantrag zu 10 Nc 64/96s des Bezirksgerichts ***** vertreten hatte, dem Streit auf dessen Seite bei und führte aus, der Beklagte habe zu keiner Zeit einen exakten Grenzverlauf entlang der Ufermauer behauptet.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs und wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, eine Verfristung sei weder dem Beklagten noch der Klägerin vorzuwerfen. Die Klägerin habe sich auf die Naturgrenze berufen, nämlich den regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand. Für diesen legte das Erstgericht, dem Sachverständigengutachten folgend, den mittleren ein bis zweijährlichen „Hochwasserstand“ zu Grunde. Die Absenkung des Seespiegels des Wörthersees im Zuge der Glanfurtregulierung 1885 um ca 0,5 m sei unbeachtlich, weil sie vor Geltung des WRG 1934 stattgefunden habe. Eine § 4 Abs 1 WRG 1934 ähnliche Bestimmung, aus der sich Eigentum des Bundes am wasserführenden oder verlassenen Bett eines öffentlichen Gewässers als öffentlichem Wassergut ergäbe, habe sich im Reichswasserrechtsgesetz 1869 nicht befunden. Damit habe die Pegelabsenkung außer Betracht zu bleiben.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und entgegnete der Klägerin, dass der Beklagte seinen Standpunkt im Außerstreitverfahren habe durchsetzen können. Damit habe er sie zur Durchsetzung ihres besseren Rechts im Zivilprozess auf die Klägerrolle verweisen können. Es erachtete die Heranziehung des mittleren ein- bis zweijährlichen höchsten Wasserstands als regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand als in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stehend. Den Entscheidungsgegenstand bewertete das Berufungsgericht mit 30.000 EUR übersteigend und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, in der sie darauf beharrt, dass dem Beklagten Einwendungen wegen Verfristung verwehrt seien, weil er kein zur Bereinigung des Grenzstreits geeignetes Verfahren gewählt habe. Sie stellt die Ermittlung der natürlichen Grenze zwischen See und Land durch das Erstgericht in Frage und meint, weil die Seespiegelabsenkung am Wörthersee 1885 durch die Glanfurtregulierung zu einem verlassenen Wasserbett geführt habe, gehöre ihr dieses als öffentliches Wassergut gemäß § 4 Abs 1 WRG.

Der Beklagte tritt dem seine bisherigen Argumente wiederholend entgegen und weist auf sein Vorbringen zur Ersitzung seit 1885 hin. Der Nebenintervenient schließt sich dessen Ausführungen an und hebt hervor, dass das Ergebnis im Außerstreitverfahren der Zielrichtung des Beklagten entsprochen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zum Eigentum an verlassenen Wasserbetten und an vor (Inkrafttreten der WRG Novelle 1990 [BGBl 1990/252]) durch Regulierungsmaßnahmen gewonnenen Landflächen zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Im Verfahren über den Grenzberichtigungs-antrag hatte der Beklagte die Festsetzung der Grenze nach dem letzten ruhigen Besitzstand begehrt und damit dem Abgrenzungskritierium zur Zuweisung ins Außerstreitverfahren entsprochen (vgl dazu RIS Justiz RS0013882 [T2]). Dass der vom Beklagten im Grenzberichtigungsantrag für seinen Standpunkt ins Treffen geführte letzte ruhige Besitzstand nicht seinem Standpunkt in der Grenzverhandlung vor dem Vermessungsamt entsprochen hätte, behauptet die Klägerin gar nicht. Der Verweis auf die in der außerordentlichen Revision zitierte Entscheidung 1 Ob 173/08k schlägt damit fehl. Darin wird nur betont, dass unter dem Aspekt der Beschleunigung der Klärung der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse ein Verfahren zur Klarstellung der Grenze dann nicht als geeignet und daher fristwahrend anzusehen ist, wenn das darin gestellte Begehren und die Zweckrichtung des Verfahrens dem vom Antragsteller vor dem Vermessungsamt eingenommenen Standpunkt über den Verlauf der Grenze nicht Rechnung tragen könnten.

Vor allem aber gilt: Die Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs war von der jetzigen Klägerin im Grenzberichtigungsverfahren releviert, aber (jedenfalls in 2. Instanz) verworfen worden. Mit der Entscheidung, mit der der Beklagte seinen Rechtsstandpunkt durchzusetzen vermochte, wurde zwischen denselben Parteien rechtskräftig und bindend über die Zulässigkeit des (außerstreitigen) Rechtswegs abgesprochen (vgl 1 Ob 137/02g; RIS Justiz RS0046861; vgl auch RS0039774; RS0035572 [T3, T 17]); nach einem Größenschluss aus § 42 Abs 3 JN ist auch über den Umweg eines anderen (hier des streitigen) Verfahrens darüber nicht mehr (erneut) zu befinden.

2. Zum regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand:

2.1. Der Oberste Gerichtshof befasste sich unter eingehender Auseinandersetzung mit den vorherrschenden Lehrmeinungen in den Entscheidungen 1 Ob 4/80 (= SZ 53/38; RIS Justiz RS0082115), 1 Ob 295/03v (= SZ 2004/120; RIS Justiz RS0119338) und zuletzt 1 Ob 100/13g (= RIS Justiz RS0082097) ausführlich mit der Grenzziehung zwischen Wasserbett und anrainenden Grundstücken bei stehenden öffentlichen Gewässern.

Er bekräftige mit der letztgenannten Entscheidung erst vor kurzem seine Rechtsprechung, wonach die Grenze des Wasserbetts beim öffentlichen Gewässer eines Sees nach dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand erfolgt (RIS Justiz RS0082115). Wenn hingegen die Höhe des Wasserstands auf außergewöhnliche, weit über die Durchschnittswerte hinausgehende Niederschläge zurückzuführen ist, handelt es sich um ein Hochwasser, das nicht mehr unter den Begriff des vollen Wasserstands fällt. Ein solcher Stand ist auch nicht als Grenze des Wasserbetts anzusehen (vgl RIS Justiz RS0082097; zuletzt 1 Ob 100/13g mwN). Den auf der Tatsachenebene zu erhebenden Elementen „regelmäßig wiederkehrend“ und „ordentlicher höchster Wasserstand“ kommt damit die tragende Bedeutung für die Grenzziehung zu.

2.2. Die Klägerin zieht für die Interpretation des regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstands den höchsten Mittelwert aller täglich gemessenen Wasserstände eines Extremjahres vergangener Jahre heran, konkret den im Jahr 1904 mit 166 cm (= 440,67 m üA) gemessenen bzw dessen Wasseranschlagslinie. Dies ergäbe bei einem fiktiven Seespiegel, also unter Außerachtlassung der Seespiegelabsenkung im Jahr 1885 um ca 0,5 m, einen Wasserspiegel in einer Höhe von 441,17 m üA. Dies ist nicht stichhaltig. Schon das Erstgericht wies nach Aufklärung durch den Sachverständigen darauf hin, dass der Mittelwert aller täglich gemessenen Wasserstände eines Extremjahres der Anforderung eines regelmäßigen Wiederkehrens und dem Gebot des Ausschlusses außerordentlicher Ereignisse nicht entspricht. Der Sachverständige bezog sich wegen dieser Kriterien auf den mittleren ein bis zweijährlichen Hochwasserstand. Er erläuterte, dass dieser Wert aufgrund des langen Beobachtungszeitraums von 112 Jahren eine Konstante darstelle, während bei „höherer Jährlichkeit“ des Hochwasserstands ein außergewöhnliches Ereignis vorliege, das dem Normalhöchstwasserstand (im Sinnes eines ordentlichen Wasserstands) nicht mehr zu Grunde gelegt werden könne.

Letztlich ist es von den Umständen des Einzelfalls abhängig, welcher Wasserstand dem regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstand entspricht, zumal die Konstellationen bei Gewässern unterschiedlicher nicht sein können. Von vielen Komponenten, so der jeweiligen Lage, Größe, Art und Ausmaß der Speisung eines stehenden Gewässers, wie auch seiner Abflussmenge wird die Einordnung der Wasserstände als „regelmäßig wiederkehrend“, als „ordentlich“ und als „Höchstwasserstand“ abhängen. Die von den Vorinstanzen beim Wörthersee vorgenommene Ausmittlung des regelmäßig wiederkehrenden ordentlichen höchsten Wasserstands im Sinne der zitierten Rechtsprechung (RIS Justiz RS0082115) auf Basis des Gutachtens eines Sachverständigen aus den Fachgebieten Geologie, Hydrologie und Hydrogeologie unter Zugrundelegung des mittleren ein- bis zweijährlichen Hochwasserstands ist daher unbedenklich.

3. Zur Seespiegelabsenkung 1885:

3.1. Die Revisionswerberin führt für sich ins Treffen, der erkennende Senat habe ua mit seiner jüngst ergangenen Entscheidung 1 Ob 181/14w die Ansicht von Kind zum Ersitzungsverbot für das Wasserbett (Paradigmenwechsel im Wasserrecht Erwerb von Eigentum oder anderen dinglichen Rechten am Bette eines Sees, NZ 2014, 117 ff) verworfen. Sie meint, Kind „gehe es im Grunde darum, das Ersitzungsverbot des § 4 Abs 1 WRG zugunsten der See Anrainer auszuhebeln, um Anschüttungen in den Seen oder über lange Zeit errichtete See Einbauten zivilrechtlich zu legitmieren“; der Oberste Gerichtshof sei aber dabei geblieben, dass Veränderungen des Wasserstands von Menschenhand, wie schon zu 1 Ob 4/80 ausgesprochen, nicht zu berücksichtigen seien.

Dabei übersieht sie, dass in der Entscheidung 1 Ob 181/14w um ca 1900 (und damit weniger als die für eine Ersitzung notwendigen 40 Jahre vor Geltung des WRG 1934) errichtete See Einbauten im nach wie vor unvervändert von der Wasserwelle überspülten Wasserbett zu beurteilen waren. Zu 1 Ob 4/80 wurde im Gegenteil erläutert, „dass bedeutungslos ist, ob der relativ häufig wiederkehrende volle Wasserstand ohne oder durch eine Tätigkeit von menschlicher Hand zustandekommt“. Dabei ist aber ergänzend das in der Entscheidung 1 Ob 61/11v erläuterte Verständnis zu Grunde zu legen, dass kein Anlass dafür besteht, zwischen dem verlassenen Bett eines öffentlichen Gewässers und solchen Grundflächen zu unterscheiden, die nur deshalb nicht mehr von Wasser bedeckt sind, weil sie etwa von einem Anrainer auf das Niveau des umliegenden Uferbereichs angeschüttet wurden. Andernfalls hätte es ja jedermann in der Hand, den Rechtscharakter eines Wasserbetts als öffentliches Wassergut zumindest für einen entsprechenden Teil dadurch zu beseitigen, dass er entsprechende Anschüttungen vornimmt und die so gewonnene Fläche in Besitz nimmt.

3.2. Die Seespiegelabsenkung am Wörthersee durch die 1885 erfolgte Glanfurtregulierung lag bereits zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zu Grunde (1 Ob 42/82 = JBl 1983, 480 [zust Pfersmann ] und 1 Ob 5/96). Zu 1 Ob 42/82 hatte die Klägerin (Republik Österreich) behauptet, es sei der Stand des Wörthersees früher höher gewesen (nämlich um 1 m); noch 1891 bis 1910 habe das mittlere Jahreshochwasser bis zur Mappengrenze gereicht, während die (damalige) Beklagte dargelegt hatte, sie und ihre Rechtsvorgänger hätten bereits seit 1887 Besitzhandlungen gesetzt; die Uferlinie habe sich seit 100 Jahren nicht verschoben. Der Oberste Gerichtshof ging die Übereinstimmung der Mappengrenze mit dem seinerzeitigen Eigentum vorausgesetzt davon aus, dass es sich bei dem Grundstreifen um öffentliches Wassergut handle, dieses aber angesichts der landwirtschaftlichen Nutzung (es wurde etwa Vieh geweidet und Holz geschlägert) seit 1887 von den Rechtsvorgängern der Beklagten ersessen worden sei.

In der Entscheidung 1 Ob 5/96 wurde von der damaligen Beklagten bei der durch die Seespiegelabsenkung 1885 (um 48 cm) verlandeten Fläche des Uferstreifens der Nachweis der Ersitzung durch eine außerhalb des Gemeingebrauchs liegende Besitzausübung verlangt. Der vom Berufungsgericht allein aus der Tatsache, dass diese Fläche nach 1885 verlandet gewesen war, abgeleitete Anscheinsbeweis einer Ersitzung sei nicht zulässig. Der Oberste Gerichtshof hob das Berufungsurteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung durch Erledigung der Beweisrüge zu den getroffenen Feststellungen über die Nutzung an das Berufungsgericht zurück.

3.3. Eine nähere Befassung mit dem Begriff des „Gewässers“ im RWRG 1869 (Gesetz vom 30. Mai 1869 betreffend die der Reichsgesetzgebung vorbehaltenen Bestimmungen des Wasserrechts, RGBl Nr 93) oder den zum Zeitpunkt der Seespiegelabsenkung im Jahr 1885 gültigen Bestimmungen zu Regulierungen nach den Landeswasser-rechtsgesetzen findet sich in den vorgenannten Entscheidungen 1 Ob 42/82 und 1 Ob 5/96 nicht.

Das Wasserbett wird expressis verbis weder im RWRG 1869, worauf Kind (aaO) insoweit zutreffend hinweist, noch in den Landeswasserrechtsgesetzen (für Kärnten: Gesetz vom 28. August 1870 über Benützung, Leitung und Abwehr der Gewässer [LGuVBl für das Herzogtum Kärnten Nr 46, Krnt Wasserrechtsgesetz 1870 - kurz Krnt LWRG]) genannt. Sowohl das RWRG 1869 als auch die LWRG verwenden die Bezeichnung „Gewässer“. Nach Rechtsprechung und Lehre regelte aber schon das RWRG 1869 nicht bloß die Rechtsverhältnisse, in Bezug auf das Wasser (die Wasserwelle) sondern auch jene, welche das Wasserbett als natürlichen Bestandteil der Gewässer betreffen. Dabei wurde als Bett eines „Gewässers“ (der Wasserwelle) der Teil des Landes, welcher nach den regelmäßigen Verhältnissen des Wasserstands und Wasserabflusses mit Wasser bedeckt zu sein pflegt, verstanden ( Peyrer Heimstätt , Das Oesterreichische Wasserrecht³ [1898] 90 f). Der Oberste Gerichtshof war schon 1915 zum Ergebnis gelangt, dass das Wasserbett einen integrierenden Bestandteil des Gewässers bildet und daher bei öffentlichen Gewässern als öffentliches Gut im Sinne des § 287 ABGB und als im Eigentum des Staates stehend anzusehen ist (, GlUNF 7695). Dazu veranschaulichte Wiglitzky (Österreichisches Wasserrecht [1923] 7 f), dass das Wasserbett, weil es als wesentlicher Bestandteil des Gewässers anzusehen sei (ein ständiges „Gewässer“ ohne Bett gebe es nicht), in der Regel die rechtliche Eigenschaft des Wassers selbst teile; es werde daher das Bett eines öffentlichen Gewässers öffentliches Gut sein, das Bett eines Privatgewässers aber Privateigentum bilden. Ausnahmen wurden als möglich erachtet (so auch Peyrer Heimstätt aaO 92 f, 105 f, 133).

Vor Geltung des WRG 1934 (BGBl 1934/316), war daher ein verlassenes Wasserbett nicht Teil des erst mit diesem Gesetz geschaffenen „öffentlichen Wasserguts“, weil es vom Gewässerbegriff des RWRG 1869 und den dazu erlassenen LWRG nicht erfasst war.

Erst mit dem WRG 1934 (und dem diesem nachfolgenden WRG 1959 [BGBl 1959/215 idgF]) wurden gemäß deren jeweiligen § 4 Abs 1 verlassene Wasserbetten und das Hochwasserabflussgebiet von fließenden Gewässern in den Schutzbereich miteinbezogen, sofern der Bund als Eigentümer in den öffentlichen Büchern eingetragen war oder sie wegen ihrer Eigenschaft als öffentliches Gut in kein öffentliches Buch aufgenommen wurden oder in den öffentlichen Büchern ihre Eigenschaft als öffentliches Gut zwar ersichtlich gemacht war, aber kein Eigentümer eingetragen war. Damit wurden auch diese gar nicht mehr oder selten vom Wasser überspülten Flächen als Teil des (auch erst nunmehr so benannten) öffentlichen Wasserguts bezeichnet. Das öffentliche Wassergut meint das Gewässerbett, also die Grundfläche (1 Ob 355/58 = SZ 31/146; 1 Ob 155/74 = SZ 47/131; 1 Ob 89/10k ua; RIS Justiz RS0082074 [T1]). Eigentümer kann nur der Bund (RIS Justiz RS0082065), nicht aber ein Privater sein (VwGH 93/07/0119). Flächen gemäß § 4 Abs 1 WRG, die die Österreichische Bundesforste AG im eigenen oder fremden Namen verwaltet, sind nicht öffentliches Wassergut. Sie sind öffentlichem Wassergut jedoch insoweit gleichzuhalten, als die Abs 2, 6, 8 und 9 sinngemäß gelten (Abs 3a leg cit).

3.4. Eigentum an einer als Konsequenz der Glanfurtregulierung trocken gelegten Fläche konnten Rechtsvorgänger der Klägerin zum Zeitpunkt 1885 zwar nicht auf jenes an der Wasserwelle, das heißt auf das Eigentum am Gewässer, nach dem RWRG 1869 stützen, jedoch ist in einem solchen Fall zu fragen, ob Veränderungen der Grenze der Wasserwelle bzw der Wasseranschlagslinie auch Änderungen am Grundeigentum nach sich zogen und wem dieser ehemals vom Wasser bedeckte Boden nun „Land“ nach damaliger Rechtslage gehörte.

Für die Zeit vor Inkrafttreten des WRG 1934 erläuterte Wiglitzky (aaO 9 ff), es ergebe sich eine neue Rechtslage (gegenüber der, dass das Bett in der Regel das rechtliche Schicksal des Gewässers teile), wenn solche Flächenteile nicht mehr unter Wasser stünden, sondern dauernd trockenes Land geworden seien, und listet dazu Inselbildung, Verlassen des Flussbetts durch Änderung des Wasserlaufs oder gänzliches Austrocknen, Bodengewinn durch Regulierungsbauten, Anspülung und Anschwemmung auf.

Privatrechtlich traf allerdings nach überwiegender Auffassung nur für fließende Gewässer das ABGB in den §§ 407 ff ABGB (Uferrecht) Regelungen über das Eigentum bei Veränderungen des Wasserlaufs und am Wasserbett oder Ufer (vgl Ehrenzweig , System des österreichischen allgemeinen Privatrechts 1 I/2 [1923] 309 311). Während die Folgen solcher Veränderungen bei Fließgewässern sowohl von den Kommentatoren des ABGB wie auch des (R)WRG ausführlich behandelt wurden, lassen sich nur spärliche Ausführungen zu dieser Thematik bei stehenden Gewässern auffinden. Dies liegt offenbar daran, dass bei diesen Veränderungen ungleich seltener sind. Schon Windscheid (Lehrbuch des Pandektenrechts 7 [1891] I 558) verneinte zum Uferrecht ausdrücklich, dass die Regeln über das Verlassen des Flussbetts auf Privatgewässer und Landseen anzuwenden seien. Ebenso legte der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom , GlUNF 6503, dar, dass unter dem in den §§ 407 bis 410 und 411 ABGB vorkommenden Ausdruck „Gewässer“ nur fließende Gewässer zu verstehen sind. Auch Randa (Das Österreichische Wasserrecht 3 [1891] 70 ff) behandelt zum Uferrecht nur die Veränderungen bei Fließgewässern.

Zu Seen führte Ehrenzweig (aaO 311 unter Berufung auf Finsterwalder ) aus, dass die Grundsätze des ABGB zum Uferrecht nicht anzuwenden seien, wenn ein Landsee trocken gelegt oder durch Naturgewalt entleert worden sei. Das Bett gehöre im ersteren Fall dem Unternehmen der Trockenlegung, im zweiten dem Staat oder dem Privateigentümer, je nachdem ob der See ein öffentlicher oder ein Privatsee gewesen sei. Dem zitierten Werk von Finsterwalder (Practicarum Observationum ad Consuetudines [1730] Liber III, Observatio LXV 232) lässt sich der Grundsatz, dass Wasserstandsveränderungen stehender Gewässer in den Verhältnissen von Grund und Boden keine Änderung bewirken (welcher schon im römischen Recht bestand [vgl Glaß , Das Wasserrecht auf dem Standpunkte der Gegenwart {1856} 7]) entnehmen.

Soweit Ehrenzweig davor (in Krainz/Pfaff/Ehrenzweig, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts³ ([1899] I 687) noch dargelegt hatte, wenn ein Landsee künstlich trockengelegt oder durch Naturgewalt entleert worden sei, gehöre das Bett im ersten Fall der Unternehmung der Trockenlegung, im zweiten sei es als herrenlos zu betrachten (so auch Mayr , Lehrbuch des bürgerlichen Rechtes [1922] I/1474), muss dazu angemerkt werden, dass für Letzteres von ihm darauf verwiesen worden war, dass nach dem ALR (Preußisches Allgemeines Landrecht I 9 § 268) das Bett eines abgelaufenen [richtig: abgelassenen] Sees wie ein verlassenes Flussbett behandelt werde. Das verlassene Flussbett eines schiffbaren öffentlichen Flusses gehörte aber wie Inseln für den hier zu beurteilenden örtlichen Bereich, nämlich das Herzogtum Kärnten, weiterhin dem Staat. Dies ergibt sich aus dem auf der Allerhöchsten Entschließung vom 8. Jänner 1842 beruhenden Hofkammer-Decret vom 19. April 1842, bekanntgemacht am 28. Dezember 1842, JGS Nr 608, wonach alle Inseln in schiff- und floßbaren Flüssen und Strömen im Eigentum der österreichischen Monarchie standen. Daraus, aus § 287 ABGB und weil in § 410 ABGB auf die Verordnung bezüglich entstandener Inseln hingewiesen wird, leitete der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom , GlUNF 2695, ab, dass dann dem Staat auch das Flussbett gehöre und kein Grund bestehe, warum der Staat dieses Eigentums durch Zurücktreten des Flusses oder Änderung seines Laufes verlustig werden sollte (so auch Randa , Beiträge zum österreichischen Wasserrechte² [1878] 33 f; derselbe , Das Österreichische Wasserrecht³ [1891] 70 ff mwN).

Auch nach Klang (in Klang 1 I/2 [1931] 133), der wie Ehrenzweig (nach dessen späterer Auffassung) das Eigentum am durch natürliche Austrocknung bloßgelegten Bett eines öffentlichen Teichs oder Sees dem Staat, wenn er aber in Privateigentum gestanden war, dem privaten Eigentümer zuwies, waren §§ 409 und 410 ABGB auf die natürliche Austrocknung stehender Gewässer nicht auch nicht sinngemäß anwendbar.

Lediglich Stubenrauch (Kommentar zum österreichischen allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch 8 [1902] I 510) vertrat so weit überblickbar gegenteilig die Ansicht, was in § 410 ABGB von Flüssen gesagt werde, gelte analog auch von anderen Gewässern (vgl dazu heute Kind , GlUNF 6503 ... errare humanum est. Erwerb von Eigentum durch Verlandung und durch Ersitzung an Flächen in Hochwasserabflussgebieten bei Seen, NZ 2013, 129 ff). Auch Stubenrauch erachtete aber in Einklang mit der herrschenden Lehre und Rechtsprechung vom Uferrecht nur natürliche und bleibende Veränderungen des Wasserbetts als erfasst (aaO; ebenso OGH 10. Februar 1857, GlU 1014, zu einer im Egerfluss künstlich entstandenen Insel; Ehrenzweig, System 1 I/2 [1923] 310; Mayr aaO; Klang aaO; derselbe in Klang ² [1950] II 279 [„Naturgewalt“]).

Auf Verlandungen durch Regulierungsbauten waren damit die Grundsätze des ABGB (§§ 407 ff) nicht anzuwenden. Dass der durch künstliche Änderungen, nämlich Regulierung, gewonnene Grund dem die Kosten dafür tragenden Unternehmer zufällt, entsprach der gänzlich übereinstimmenden Lehre ( Ehrenzweig aaO; Stubenrauch aaO 511; Mayr aaO; Klang aaO; Randa , Wasserrecht² 42 und Wasserrecht³ 70 f ; Peyrer Heimstätt aaO 454 ff).

3.5. Die von Klang (in Klang 1 I/2 [1931] 133) und Ehrenzweig (in Krainz/Pfaff/Ehrenzweig aaO 687 FN 23) zu Regulierungen angesprochenen „besonderen Vorschriften“ fanden sich in den jeweiligen LWRG der Länder. § 47 Krnt LWRG lautete: „Der durch Regulirungsbauten im Bereiche derselben gewonnene Grund und Boden fällt denjenigen zu, welche die Kosten der Unternehmung tragen; muß jedoch, wenn die Unternehmung denselben zur besseren Verlandung oder Befestigung des Ufers nicht mehr bedarf, den Anrainern auf Verlangen gegen Erstattung des Werthes abgetreten werden.“

Die später in § 42 WRG 1934 (bzw § 46 WRG 1959) verankerte Nachfolgebestimmung sah eine Abtretung zunächst für öffentliche Zwecke, inbesondere der Schifffahrt, und erst dann, wenn solche öffentliche Zwecke nicht in Betracht kamen und „keine Bedenken aus öffentlichen Rücksichten dagegen obwalten“, die Abtretung an die Anrainer vor.

Diese Bestimmung(en) sollte(n) einen Anreiz bieten, solche Unternehmungen und damit solche Bauten, welche mit mehr oder minder beträchtlichen Kosten unternommen werden müssten, zu fördern ( Peyrer Heimstätt aaO 460). Erst mit der WRG Novelle 1990 (BGBl 1990/252; wirksam ab ) wurde § 46 WRG 1959 aufgehoben, weil nun Regulierungsmaßnahmen überwiegend aus öffentlicher Hand getragen würden und oftmals nicht mehr die Gewinnung von Land für zusätzliche Kulturflächen im Vordergrund stehe, sondern das Bestreben zugenommen habe, Flächen für Altarme etc als wertvolle Teile des gesamten Ökosystems „Gewässer“ aus der Produktion zu nehmen (ErläutRV 1152 BlgNR XVII. GP 30).

Peyrer Heimstätt (aaO 460) erachtete mit § 47 (Krnt) LWRG den im ABGB genannten vier Arten der Eigentumserwerbung von Grund und Boden an bisher vom Wasser überronnenen Stellen, nämlich entstandene Inseln, verlassene Wasserbette, Anspülungen und Anschwemmungen, eine fünfte Art beigefügt: Verlandungen, die die Folge von Regulierungsbauten sind. Krzizek (Kommentar zum Wasserrechtsgesetz [1962] 204) bezeichnete diesen originären Eigentumswerb kraft Gesetzes (nach § 46 WRG 1959) als den Vorschriften der §§ 407, 409, 411 und 412 ABGB „beigefügt“; nach Grabmayr/Rossmann (Das österreichische Wasserrecht² [1978] 278) tritt er ergänzend neben diese.

Dabei konnte der neue Grund in zweifacher Weise gewonnen werden, nämlich entweder durch Verlandung und Trockenlegung durch die Regulierungsbauten (selbst) oder durch allmähliche Anschwemmungen an den Ufern, welche durch Regulierungsbauten begünstigt wurden. Die genannten Regelungen galten für alle Gewässer, sowohl für schiffbare Flüsse, als auch für die sonstigen öffentlichen Gewässer, Flüsse, Bäche oder Seen ( Peyrer Heimstätt aaO 460 f; so auch Haager Vanderhaag zum WRG 1934 [Das neue österreichische Wasserrecht {1936} 299], der bei seiner Kommentierung des § 42 WRG 1934 ausdrücklich Seen bei der Regulierung eines öffentlichen Gewässers anführt).

Die Einschränkung „im Bereich derselben“ im Gesetz (§ 47 LWRG, vgl später den „im Regulierungsbereiche gewonnenen Grund und Boden“ in § 42 WRG 1934 bzw § 46 WRG 1959) sollte weit entfernte Alluvionen, die möglicherweise als Folge der Regulierungsbauten erklärt werden könnten, ausschließen. Peyrer Heimstätt führte aus, es werde zuweilen schon vor Baubeginn eine gewisse Strecke festgestellt, in der Alluvionen beabsichtigt seien, ansonsten sei dies durch sach- und ortskundige Personen und insbesondere durch technische Gutachten der Wasserbausachverständigen festzustellen. Auch der in Folge von Brückenbauten sich bildende Grund sei der Bestimmung zu unterstellen, wiewohl Brücken nicht zu Regulierungsbauten zu rechnen seien (aaO 461). Haager Vanderhaag (aaO 299) legte dar, es sei für § 42 Abs 1 WRG 1934 gleichgültig, ob der Zweck der Regulierung oder der (in § 42 Abs 1 WRG 1934 als Ursache der Neugrundgewinnung ebenfalls erwähnten) Verlegung des Wasserlaufs die Gewinnung von Grund und Boden, die Sicherung der Schiff und Floßfahrt oder der Schutz der Ufer, Fluren oder anderer wertvoller Objekte sei. Grabmayr/Rossmann (aaO 278) verstanden unter dem Regulierungsbereich jene Gewässerstrecke, die nach dem genehmigten Bauvorhaben unmittelbar beinflusst werden soll.

Die meisten LWRG (so auch das Krnt LWRG) begünstigten die Anrainer. Peyrer Heimstätt legte dar, es entspreche der Billigkeit und Klugheit, die Verlandung den die Kosten tragenden Unternehmern zuzuweisen, schon weil sich volkswirtschaftlich nicht rechtfertigen lasse, solche Verlandungen nach den Bestimmungen der §§ 407 412 ABGB den Anrainern zu überlassen, welche keine Kosten aufgewendet hatten (aaO 460). Seine Argumentation, der Anspruch auf Abtretung der Anrainer sei in der Überlegung gegründet, dass damit der Verlust der nachfolgenden Möglichkeit, etwa ein verlassenes Flussbett gemäß ABGB zu erwerben einhergehe und auch die landwirtschaftliche Verwendung des gewonnenen Landes am ehesten durch Vereinigung mit den benachbarten Grundstücken als Ganzes gesichert sei (aaO 463), mag aus heutiger Sicht (wegen vielfach vorgenommener Regulierungen und des Vorhandenseins ausreichender Produktionsflächen) nicht mehr im Vordergrund stehen. Dem Gedanken, dass dieses Abtretungsrecht in der Billigkeit gegründet sei, weil doch die Anrainer den Zutritt zum Wasser verlören ( Peyrer Heimstätt aaO 463), kommt aber auch heute noch Berechtigung zu. Mit dem Verlust des direkten (privaten) Zugangs zum Wasser geht eine nicht unerhebliche Einschränkung der Nutzung der Liegenschaft und jedenfalls ein nicht unerheblicher Wertverlust einher.

Das WRG 1934 wies den für Regulierung und Erhaltung entbehrlichen Grund anders als die LWRG vorrangig dem Staat und erst nachrangig den Anrainern zu.

Voraussetzung für diesen originären Eigentumserwerb kraft Gesetzes an der Verlandungsfläche war allerdings (sowohl nach den LWRG als auch nach dem WRG 1934 und WRG 1959) die behördliche Bewilligung der Maßnahme ( Haager Vanderhaag aaO 299; Krzizek aaO 205; so auch schon Randa , Wasserrecht³ 71 ).

Zum erst mit dem WRG 1934 eingeführten Begriff des öffentlichen Wasserguts erläuterten Grabmayr/Rossmann (aaO 278 f), es sei belanglos, ob der durch Regulierung gewonnene Grund vorher öffentliches Wassergut gewesen sei. Er falle, wenn nicht ausschließlich der Bund die Regulierungskosten trage, aus dem Eigentum der öffentlichen Hand und verliere demzufolge ohne irgendein weiteres Zutun die Eigenschaft als öffentliches Wassergut. Diese Ansicht deckte sich mit der von Krzizek (aaO 203 f), der die Auffassung vertrat, bei Regulierungsgrund, der für öffentliche Zwecke abgegeben oder den Anrainern abgetreten werde, handle es sich nicht um die Veräußerung von öffentlichem Wassergut, sondern um einen originären Eigentumserwerb durch das Regulierungsunternehmen; bei der darauffolgenden Übertragung des Eigentums aufgrund eines Rechtsgeschäfts oder aufgrund eines Verwaltungsakts finde § 4 Abs 5 WRG 1934 [der in der Stammfassung den Ersitzungsausschluss enthielt] keine Anwendung, was auch gelten müsse, wenn das Regulierungsunternehmen den Grund für sich behalte.

3.6. Aus all dem folgt:

Bis erwarb der „Unternehmer“, der die Kosten der Regulierung trug, am aufgrund einer behördlich genehmigten Regulierung gewonnenen Grund und Boden originär Eigentum. Den Anrainern (allein) stand nach den zum RWRG 1869 erlassenen LWRG ua als Ausgleich dafür, dass sie so den direkten Zugang zum Wasser verloren - der Anspruch auf Abtretung gegen Wertersatz an Flächen zu, die zur besseren Verlandung oder Befestigung des Ufers nicht benötigt wurden. Erst das WRG 1934 sah vorrangig eine solche Abtretung für öffentliche Zwecke (und nachrangig für die Anrainer) vor. Regulierungsneugrund im Sinne des § 47 Krnt LWRG ist als künstlich freigelegter Grund und Boden kein „verlassenes Wasserbett“ im Sinne des § 4 Abs 1 WRG 1934 (später 1959). Eine Einbeziehung solcher vor Inkrafttreten des WRG 1934 künstlich geschaffener Flächen in das öffentliche Wassergut ist mit der von den meisten LWRG hier § 47 Krnt LWRG vorgenommenen Zuweisung in das (Privat )Eigentum entweder des Unternehmers oder des Anrainers nicht vereinbar. Gerade durch diese Zuordnung wird die „Herausnahme“ aus dem öffentlichen Gut bewirkt.

Selbst wenn daher vor Inkrafttreten des WRG 1934 die Kosten der Regulierungsmaßnahmen am Wörthersee allein vom damaligen Rechtsträger des öffentlichen Gutes getragen worden sein sollten, hätte dies zur Folge, dass derart gewonnener Boden in das Staatsvermögen (§ 287 ABGB) gefallen wäre, jedoch nicht mehr öffentliches Gut wäre.

3.7. Bei der 1885 durch Regulierung am Wörthersee trocken gelegten Landfläche handelt es sich um Regulierungsneugrund im Sinne des § 47 Krnt LWRG. Eine solche künstlich hergestellte Landfläche ist kein verlassenes Wasserbett im Sinne des § 4 Abs 1 WRG. Damit steht einer Ersitzung des Eigentums an dieser Fläche das Verbot nach § 4 Abs 6 WRG 1959 (zuvor § 4 Abs 5 WRG 1934) nicht entgegen.

4. Ausgehend von diesen Erwägungen haben die Vorinstanzen die Klage zutreffend abgewiesen. An jener hier strittigen Fläche, die über die Grundfläche hinausgeht, die 1885 noch Seebett war (das ist die Fläche, die sich aus der Fiktion eines Wasserstandes bei 441 m üA ergibt), steht der Revisionswerberin keinesfalls Eigentum zu. Ob der Klägerin der Nachweis gelänge, dass sie Rechtsnachfolgerin jenes „Unternehmers“ ist, der die Kosten der Seespiegelabsenkung 1885 trug, bedarf aber keiner Klärung, weil der Beklagte schon nach den bisherigen Verfahrensergebnissen Eigentümer auch dieser 217 m² ist. Er (und seine Rechtsvorgänger) haben den Grund und Boden, der durch die Seespiegelabsenkung im Jahr 1885 gewonnen wurde, ersessen. Den Besitzstand beginnend mit der Seeseite der Ufermauer landeinwärts (zur Ersitzung durch Abgrenzung wie Einzäunen vgl RIS Justiz RS0009792 [T9]) hat die Klägerin nicht substantiiert bestritten. Dem Vorbringen des Beklagten zur Nutzung der Liegenschaft durch ihn und seine Familie seit dem Kauf 1932 ist die Klägerin nur mit dem Hinweis auf das „Ersitzungsverbot“ für öffentliches Wassergut seit entgegengetreten. Der Ersitzungsausschluss nach § 4 Abs 5 WRG 1934 ist aber auf diesen durch die 1885 künstlich herbeigeführte Seespiegelabsenkung nutzbar gewordenen Grund und Boden, wie dargelegt, nicht anzuwenden. Wenn die Klägerin ausführt, es komme nicht darauf an, ob die Ufermauer, die wie festgestellt schon 1932 bestand, 1932 oder 1934 errichtet wurde, weil vielmehr von Bedeutung sei, dass die Mauer von der Wasserwelle unterspült werde, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, nach dem dies tatsächlich (bei Normalereignissen) nicht der Fall ist.

Der Revision ist daher der Erfolg zu versagen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 iVm § 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00098.15S.1022.000