OGH vom 19.05.2015, 4Ob83/15g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** F*****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** K*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Kleinhappel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 7.750 EUR) und Unterlassung (Streitwert 7.750 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 14 R 9/15v 23, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , GZ 28 Cg 22/13z-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.359,06 EUR (darin 226,51 EUR USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung sowie die mit 2.340,84 EUR (darin 163,14 EUR USt und 1.362 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Stadtgemeinde E***** (im Folgenden: Gemeinde) gab in den 1970iger Jahren im Zusammenhang mit der Errichtung eines Erholungszentrums im Bereich des H***** Sees Grundstücke in Bestand, wobei den Bestandnehmern auch das Recht eingeräumt wurde, einen Bungalow zu errichten. Später wurden solche Grundstücke von der Gemeinde auch verkauft. Die Parzellen befanden sich einerseits direkt am Seeufer. Für die Eigentümer und Bestandnehmer der Grundstücke ohne unmittelbaren Seezugang (zB Parzellen 61 und 62) wurden gemeinsame Badeplätze errichtet.
Der Beklagte ist aufgrund eines auf 50 Jahre befristeten „Pachtvertrags“ mit der Gemeinde seit 1981 Bestandnehmer („Pächter“) der Grundstücksparzelle 62. Der Vertrag kann von der Gemeinde bei einem qualifizierten Zahlungsrückstand oder Insolvenz des Bestandnehmers und auch dann vorzeitig aufgelöst werden, wenn der Bestandnehmer einen erheblich nachteiligen Gebrauch von der Bestandsache macht oder die Vertragsbedingungen verletzt. Dem Beklagten stand und steht auch ein Mitbenützungsrecht an den zwölf Gemeinschaftsbadestellen zu, darunter auch an der streitgegenständlichen Badestelle 1. Von der Gemeinde gibt es keine Vorgaben, dass Bestandnehmer und Eigentümer jeweils nur an der ihrem Grundstück am nächsten gelegenen Badestelle baden dürften. Es etablierte sich aber, dass man an einer bestimmten üblicherweise aber nicht immer zwingend der nächstgelegenen Badestelle badete. Der Beklagte und seine Familie nutzen die vermietete Liegenschaft mit einem Sommerhäuschen zu Erholungszwecken. Zum Baden und Bootfahren wird von ihnen ausschließlich die Badestelle 1 genutzt.
Der Beklagte und andere Anrainer stellten 1981 mit Zustimmung des Bürgermeisters der Gemeinde in ihrer Freizeit und auf ihre Kosten über die nahezu gesamte Uferstrecke der Badestelle 1 eine Uferbefestigung mittels Betonmauern her, errichteten ins Wasser führende Stiegen bzw einen Steg und schütteten Schotter auf. Von der Gemeinde wurden die Badeplätze gewartet.
Der Ehemann der Klägerin erwarb ca 2003 die Parzelle 61. Nach einigen Jahren interessierte sich die Klägerin bei der Gemeinde für den Erwerb der Badestelle 1, wobei sie den dortigen Badebetrieb kannte und auch wahrnahm, dass Boote angehängt waren. Ein Verkauf der gesamten Badestelle scheiterte am Protest der in einem Seeverein organisierten Anrainer.
In weiterer Folge teilte die Gemeinde als Kompromiss den Badeplatz und verkaufte am ein abgeschriebenes Teilstück im Ausmaß von 782 m² an die Klägerin (= EZ 375 KG *****), während die verbleibende Liegenschaft (= EZ 17 KG *****) mit einem Ausmaß von 339 m² den Anrainern weiterhin als Badestelle 1 zur Verfügung steht. Der verkaufte Teil umfasst auch jenen Bereich des Ufers, an dem mehrere Boote befestigt werden können. Um die Boote zu erreichen, muss man nun über die Liegenschaft der Klägerin gehen oder durch den See waten oder schwimmen. Ein Anhängen der Boote im als gemeinschaftlichen Badeplatz verbleibenden Bereich hätte eine Behinderung oder Gefährdung der Badenden zur Folge. Der nach der Teilung verbleibende Rest der Badestelle 1 weist von der Straße kommend eine Breite von ca sechs Metern auf, nach 22 Metern öffnet sich ein Trichter, der im Bereich eines Ufers eine Breite von ca zwölf Meter aufweist. Insgesamt nutzen ca 18 Familien den Badeplatz regelmäßig, wobei junge Familien in der Regel länger am Badeplatz verbleiben und auch auf der Wiese spielen; an einem durchschnittlichen Badetag halten sich 10 bis 15 Leute gleichzeitig dort auf, die Verhältnisse sind dann beengt.
Der Beklagte nützte die 561 m² große, seiner Parzelle näher gelegene Badestelle 2 nicht. Er erachtete diese als wenig attraktiv, weil sie kleiner als die (ursprüngliche) Badestelle 1 ist. Bei der Badestelle 2 besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Boote zu befestigen. Auch die übrigen Badeplätze nutzte der Beklagte nicht.
Das Bezirksgericht Wiener Neustadt gab mit Endbeschluss vom zu 8 C 1060/11x einer Besitzstörungsklage des Beklagten vom gegen die Klägerin statt. Diese Klage richtete sich gegen die räumliche Abtrennung der EZ 375 vom übrigen Teil der Badestelle durch die Errichtung eines Zauns.
Die Klägerin begehrt die Feststellung (Punkt 1), dass der Beklagte ihr gegenüber hinsichtlich der von ihr erworbenen Liegenschaft EZ 375 nicht berechtigt sei, a) sich die Dienstbarkeit des Baderechts oder b) ein aus seinem Pachtvertrag mit der Gemeinde E***** abgeleitetes obligatorisches Recht des Badens dadurch anzumaßen, dass er dieses Grundstück betritt, befährt oder auf sonstige Art benützt. Weiters stellt sie ein Unterlassungsbegehren (Punkt 2) dahin, dass der Beklagte jede der in Punkt 1 genannten Anmaßungs- und Störungshandlungen sowie jede ähnliche derartige Handlung zu unterlassen habe.
Der Klägerin sei von der Gemeinde Lastenfreiheit des Grundstücks zugesagt worden. Der Beklagte behaupte und beanspruche nun ein Recht auf uneingeschränkte Benützung der gesamten ursprünglichen Fläche des Badeplatzes. Er verfüge aber gegenüber der Klägerin über keinen rechtlichen Titel für eine Benützung ihrer Liegenschaft. Auch nach dem Verkauf des Grundstücks habe der Beklagte einen Seezugang an gleicher Stelle und darüber hinaus noch elf weitere Badeplätze zur Verfügung, von denen ein sehr schöner und adäquater Badeplatz näher zu seiner Parzelle liege als die Badestelle 1.
Während des erstinstanzlichen Verfahrens sprach die Klägerin mit in der Tagsatzung vom vorgetragenem Schriftsatz vom die Kündigung eines allfälligen Bestandvertrags hinsichtlich der Badestelle 1 zum aus. Zusätzlich erklärte sie mit eingeschriebenem Brief vom die Kündigung zum .
Der Beklagte wandte ein, dass das Ausmaß und die Lage der Badestelle 1 für ihn mitentscheidend gewesen sei, die Parzelle 62 in Bestand zu nehmen. Er, seine Familie und zumindest zwölf andere Anrainer (samt Familie) hätten den Badeplatz seit mehr als 30 Jahren uneingeschränkt zu Erholungszwecken genützt, was die Gemeinde hingenommen habe und woran die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin gebunden sei. Durch Abschluss des Bestandvertrags mit der Gemeinde seien die Benützungsrechte am Badeplatz zumindest schlüssiger Teil dieses Vertrags geworden. Aufgrund der Einheitlichkeit des Pachtvertrags sei eine Teilkündigung rechtlich nicht zulässig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ausgehend vom eingangs zusammengefassten Sachverhalt verneinte es die Einräumung einer Servitut an der Badestelle. Die Nutzung des Badeplatzes und die Duldung der vom Beklagten dort getätigten Investitionen seien im Zusammenhang mit der Eigenschaft des Beklagten als Bestandnehmer erfolgt. Die Gemeinde habe dem Beklagten damit aber kein dingliches und vom Bestandvertrag unabhängiges Nutzungsrecht eingeräumt. Die Berechtigung des Beklagten, den (gesamten) Badeplatz zu nutzen, ergebe sich aus seiner Stellung als Bestandnehmer. Diesbezüglich liege im Zweifel kein Prekarium vor. Vielmehr sei der Beklagte aufgrund des Mietvertrags zur Nutzung berechtigt. Durch die Veräußerung der Liegenschaft sei die Klägerin hinsichtlich der Badestelle aufgrund § 1120 ABGB nunmehr die Vermieterin. Eine vorzeitige Kündigung des befristeten Bestandvertrags durch die Klägerin sei mangels eines wichtigen Grundes und auch deshalb nicht möglich, weil der Beklagte sowohl die Parzelle 62 als auch die Mitbenützungsrechte an der Badestelle als Einheit gemietet habe und die Klägerin nur hinsichtlich der Badestelle Eigentümerin sei. Das Benützungsrecht am Badeplatz sei ein Nebenrecht des Bestandvertrags, auf das der Verkauf einer Teilfläche an die Klägerin keinen Einfluss habe. Zudem sei die Kündigung verspätet.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei.
In Übereinstimmung mit der Beurteilung durch das Erstgericht vertrat es die Ansicht, dem Beklagten sei von der Gemeinde kein sachenrechtliches Gebrauchsrecht an der Badestelle eingeräumt worden. Das Erstgericht habe aber zu Unrecht eine Ausdehnung des Bestandrechts auf die streitverfangene Badestelle angenommen. Es liege keine Mitvermietung des Badeplatzes vor, vielmehr habe der Beklagte nur ein Mitbenützungsrecht in Gemeinschaft mit allen anderen Bestandnehmern und Eigentümern, weil der Badeplatz als allgemeiner Teil der Gesamtanlage (Erholungszentrum) gewidmet sei. § 1120 ABGB setze aber voraus, dass der Bestandgegenstand veräußert werde. Das sei hier nicht der Fall, weil die Klägerin nur ein Teilstück des allgemeinen Teils der Gesamtanlage gekauft habe, sodass § 1120 ABGB und auch § 2 Abs 1 Satz 4 MRG nicht anzuwenden seien. Die Klägerin sei daher nicht in den Bestandvertrag mit dem Beklagten eingetreten, weshalb der Beklagte ihr gegenüber kein Benützungsrecht am erworbenen Grundstück habe.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Rechtsfrage bestehe, ob der Erwerber eines Grundstücks auch dann nach § 1120 ABGB in den Bestandvertrag eintrete, wenn sich auf dem von ihm erworbenen Grundstück nur allgemeine Teile der vom Veräußerer in Bestand gegebenen Liegenschaft befinden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin sei als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde an sein bislang unstrittig bestehendes Benützungsrecht gebunden. Das Berufungsgericht habe auch das Bestehen einer offenkundigen Personalservitut unzutreffend verneint.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung , dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.
1. Ein Pachtverhältnis zwischen der Gemeinde und dem Beklagten liegt ungeachtet der im Vertrag gewählten Bezeichnung als „Pachtvertrag“ nicht vor. Die Vorinstanzen haben den Bestandvertrag zutreffend als Miete beurteilt, weil sich das in Bestand gegebene Grundstück ohne weitere Bearbeitung gebrauchen lässt. Auch die Errichtung einer Baulichkeit auf der Bestandfläche für Wohn- oder Erholungszwecke entspricht nicht der einen Pachtvertrag über ein Grundstück kennzeichnenden Bearbeitung und Aufwendung von Fleiß und Mühe im Sinne des § 1091 ABGB ( Bydlinski, Superädifikate und Kündigungsschutz, JBl 1984, 241 ff; 6 Ob 517/85 = SZ 58/25; 6 Ob 559/90; RIS-Justiz RS0020338 [T9]).
2. Es muss nicht geklärt werden, ob der Mietvertrag des Beklagten dem MRG (bzw dem MG) unterliegt (vgl RIS-Justiz RS0069454; RS0066975 [insb T 3], aber auch § 1 Abs 2 Z 4 MRG), weil sich der Beklagte bereits nach dem ABGB gegenüber der Klägerin auf sein Mitbenützungsrecht an der (gesamten) Badestelle 1 berufen kann.
3. Gestattet ein Bestandgeber einem Bestandnehmer die Benützung (oder Mitbenützung) weiterer Räume oder Flächen, führt dies nach der herrschenden Ansicht zu einer konkludenten Ausdehnung des Gebrauchsrechts des Bestandnehmers aus dem Bestandvertrag; und zwar selbst ohne Entrichtung eines zusätzlichen Entgelts, wobei ein Prekarium nicht vermutet wird (RIS-Justiz RS0014302; RS0014305; RS0019200).
4. Die Vorinstanzen sind übereinstimmend und auch zu Recht von einem aus dem Mietverhältnis zur Gemeinde sich ergebenden Nutzungsrecht des Beklagten an der Badestelle ausgegangen. Bei einem derartigen Recht handelt es sich um kein ausschließliches, sondern um ein durch die Mitbenützung anderer Hausbewohner eingeschränktes Recht ( Pesek in Schwimann/Kodek 4 § 1098 ABGB Rz 32; 6 Ob 35/62 = MietSlg 9426; 5 Ob 61/09w). Durch das Recht auf Mitbenützung allgemeiner Flächen werden diese daher auch nicht zum eigentlichen Bestandobjekt des Mieters, setzt doch eine Mitvermietung die Einräumung ausschließlicher Benützungsrechte voraus, die von bloßen Mitbenützungsrechten allgemeiner Teile zu unterscheiden sind (5 Ob 61/09w; 5 Ob 137/14d). Dessen ungeachtet darf der Bestandgeber dem Bestandnehmer die Mitbenützung eines allgemeinen Teils der Liegenschaft nicht einseitig entziehen (3 Ob 551/79; 7 Ob 631/87; 7 Ob 215/06b; RIS-Justiz RS0020548; RS0020922; Pesek in Schwimann/Kodek 4 § 1098 ABGB Rz 3; Würth in Rummel 3 § 1098 ABGB Rz 8).
5.1 § 1120 ABGB sieht bei Rechtsbesitz des Bestandnehmers und Einzelrechtsnachfolge auf der Bestandgeberseite eine vom Willen der Beteiligten unabhängige, kraft Gesetzes wirksam werdende Übernahme des Bestandvertrags durch den Erwerber des Bestandgegenstands vor. Voraussetzung ist die Veräußerung und die Übergabe durch den bisherigen Eigentümer (RIS Justiz RS0021208; vgl auch 5 Ob 102/01p).
5.2 Erwirbt ein Dritter das Bestandobjekt, tritt dieser somit nach § 1120 ABGB in das Bestandverhältnis auf Seiten des (verkaufenden) Vermieters ein. Das hat zur Folge, dass der Käufer als Rechtsnachfolger auch an Mitbenützungsrechte des Bestandnehmers an allgemeinen Teilen gebunden ist (RIS Justiz RS0014425; vgl für ein ausschließliches Benützungsrecht: 5 Ob 61/08v).
5.3 Davon zu unterscheiden ist die hier zu prüfende Frage, ob ein Erwerber eines von einem derartigen Nutzungsrecht betroffenen allgemeinen Teils der Liegenschaft die Verpflichtung des Vermieters übernimmt und daran gebunden ist.
5.4 Wird nur ein realer Teils des Objekts veräußert, in dem ein Bestandgegenstand liegt, kommt es grundsätzlich zu einer Personenmehrheit auf Bestandgeberseite (5 Ob 102/01p). Dabei ist zu unterscheiden, ob die Bestandsache unteilbar ist oder nicht. Bei einem einheitlichen, unteilbaren Bestandgegenstand stehen Veräußerer und Erwerber in einer analog nach §§ 825 ff ABGB zu beurteilenden Rechtsgemeinschaft (2 Ob 209/55 = SZ 28/141; 3 Ob 224/60 = MietSlg 7940; 5 Ob 102/01p; 9 Ob 66/14t; RIS-Justiz RS0015527 [insb T 2, T 4]). Sofern der Erwerber aber Eigentümer eines abgesondert benützbaren körperlichen Teils der Bestandsache wird, erstreckt sich die Rechtsnachfolge nur auf diesen Teil (3 Ob 224/60; RIS-Justiz RS0026191); der Veräußerer bleibt (alleiniger) Bestandgeber des nicht veräußerten Teils.
5.5 Ob mehrere in einem Vertrag in Bestand gegebene Sachen eine einheitliche Bestandsache bilden (einheitlicher Bestandvertrag), hängt in erster Linie entscheidend vom Parteiwillen (§ 914 ABGB) ab (RIS-Justiz RS0020405; RS0014368; Iro in KBB 4 §§ 1092-1094 Rz 5; Pesek in Schwimann/Kodek 4 § 1093 ABGB Rz 10 und 14 mwN; Wolf , Das einheitliche Bestandverhältnis, wobl 2011, 420; Würth in Rummel 3 §§ 1092 bis 1094 ABGB Rz 15). Objektive Gemeinsamkeit (im Sinn gegenseitigen Erforderlichseins oder Nützlichseins), die sukzessive Abschließung von Verträgen zu verschiedenen Zeitpunkten, die gesonderte Mietzinsvereinbarung, aber auch der Umstand, dass in den Verträgen nicht festgehalten wurde, das neu hinzugemietete Bestandobjekt solle eine Einheit mit den bereits angemieteten Teilen bilden, sind Indizien für das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer einheitlichen Bestandsache (RIS-Justiz RS0020405 [T4, T 5 und T 12]; RS0014368; RS0020298 [T2]; 5 Ob 102/01p mwN). Die zentrale Bedeutung des Parteiwillens ist auch dann für die Beurteilung entscheidend, ob eine „Nebensache“ ein einheitliches Schicksal mit der Hauptsache hat oder der Bestand des einen Mietvertrags von dem des anderen unabhängig sein soll (7 Ob 567/95).
5.6 In der hier zu prüfenden Konstellation ist der freie Zugang zum See für den Beklagten (als Mieter abseits des Seeufers) von essentieller Bedeutung und lag auch dem Geschäftsmodell des Erholungszentrums zugrunde. Dem Beklagten wurde die Parzelle mit dem Recht auf Mitbenützung der Badestelle zu einem einheitlichen Mietzins in Bestand gegeben, wobei die gegenseitige Nützlichkeit beider Liegenschaften zum Zweck der Erholung am See außer Frage steht. Sowohl eine isolierte Benützbarkeit der Parzelle 62 als auch die bloße Mitbenützung einer Badestelle ohne Inbestandnahme einer Parzelle liefe dem Erholungszweck einer Freizeitanlage am See weitgehend zuwider (vgl Wolf , wobl 2011, 423). Die Parteiabsicht für ein einheitliches Mietverhältnis kommt auch durch den Umstand zum Ausdruck, dass die Mitbenützung der Badestelle vom aufrechten Bestandvertrag über die Parzelle 62 abhängt (7 Ob 298/98v).
5.7 Bei dieser Sachlage besteht unter Berücksichtigung des aus den Feststellungen abzuleitenden Parteiwillens kein Zweifel am Vorliegen eines einheitlichen Bestandvertrags an der Parzelle 62 und der gegenständlichen Badestelle. Daraus folgt im Weiteren, dass es durch die Veräußerung eines Teils der Badestelle 1 an die Klägerin zu einer Einzelrechtsnachfolge dergestalt kam, dass die Klägerin nunmehr mit der Gemeinde zusammen als Bestandgeberin eine Rechtsgemeinschaft im Sinn der §§ 825 ff ABGB (analog) bildet (5 Ob 102/01p; 9 Ob 66/14t uva). Die Klägerin ist somit als Erwerberin eines Teils der Badestelle 1 gemäß § 1120 ABGB in das Mietvertragsverhältnis eingetreten (5 Ob 102/01p).
5.8 Gegen die Anwendung des § 1120 ABGB spricht auch nicht der Umstand, dass die veräußerte Liegenschaft „nur“ zu den allgemeinen Flächen der Liegenschaft gehört, an der ein Mitbenützungsrecht der Mieter besteht.
Aufgrund der Einheitlichkeit des Bestandvertrags ist der Badeplatz auch Teil des Bestandstücks im Sinne des § 1120 ABGB. Die in dieser Norm zum Ausdruck gebrachte Wertung, dass die Rechtslage des Bestandnehmers durch die Zufälligkeit des Hausverkaufs grundsätzlich nicht verschlechtert werden darf (1 Ob 619/57 = MietSlg 5623), gilt auch für die aus dem Bestandvertrag sich ergebenden Mitbenützungsrechte an allgemeinen Liegenschaftsteilen.
Bereits zu 3 Ob 224/60 hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass der Erwerber eines von mehreren Mietern benützbaren körperlichen Teils einer Bestandsache (Waschküche) nach § 1120 ABGB in das Bestandverhältnis eintritt. Auch in der Entscheidung 5 Ob 65/12p wurde bei der Prüfung des dem § 1120 ABGB nachgebildeten § 2 Abs 1 Satz 4 MRG davon ausgegangen, dass der Erwerber eines Grundstücksteils, an dem Mitbenützungsrechte der Mieter bestehen (Parkplatz) und der von der Liegenschaft des Bestandgebers abgeschrieben wurde, in den Mietvertrag eingetreten ist.
5.9 Schon aufgrund des einheitlichen Bestandvertrags mussten die nur die Mitbenützungsrechte an der Badestelle 1 betreffenden Kündigungen der Klägerin scheitern. Nach der Rechtsprechung ist eine derartige Teilkündigung, bei der Teile des Bestandverhältnisses aufrecht erhalten werden sollen, nämlich eine Abänderung des Bestandvertrags, die grundsätzlich nicht durch einseitige Willenserklärung bewirkt werden kann. Eine solche Teilkündigung kommt hier mangels ausdrücklicher Einräumung im Vertrag oder hier anzuwendender spezieller gesetzlicher Kündigungsvorschriften nicht in Betracht (RIS Justiz RS0020886; RS0025832). Die unzulässigen Kündigungen konnten gegenüber dem Beklagten daher keine Wirkung entfalten (vgl 9 Ob 66/14t), sodass weder auf die Frage der Mitwirkung der Gemeinde bei der Kündigung noch auf ihre Rechtzeitigkeit eingegangen werden musste.
6. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass dem Beklagten auch gegenüber der Klägerin bestandrechtliche Nutzungsrechte an der gesamten Badestelle 1 zustehen, weshalb weder der (allgemein formulierte) Unterlassungsanspruch noch das das Bestandrecht negierende Feststellungsbegehren zu Recht bestehen.
7. Die Beurteilung der Vorinstanzen zur behaupteten Servitut trifft uneingeschränkt zu (§ 510 Abs 3 ZPO). Aus den Feststellungen lässt sich nicht ableiten, dass dem Beklagten von der Gemeinde ein derartiges dingliches und somit vom aufrechten Bestand des Mietvertrags unabhängiges Nutzungsrecht am Badeplatz ausdrücklich oder schlüssig eingeräumt wurde.
8. Ungeachtet dessen ist auch der die Servitut betreffende Teil des Feststellungsbegehrens abzuweisen.
8.1 Bei der Klage eines Eigentümers gegen den störenden Nichteigentümer ist eine negative Feststellungsklage nur unter den Voraussetzungen des § 228 ZPO möglich (RIS-Justiz RS0112360). Eine solche Klage scheitert hier am fehlenden rechtlichen Interesse.
8.2 Eine Feststellungsklage ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn ein konkreter aktueller Anlass besteht, der zur Hintanhaltung einer tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine alsbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht (RIS-Justiz RS0039071 [T1]; RS0039007; RS0039215).
8.3 Ungeachtet des Umstands, dass der Beklagte im Verfahren auch das Vorliegen einer Servitut behauptet und das auch in der Revision noch aufrecht erhält, liegt aufgrund seiner (umfänglich deckungsgleichen) bestandrechtlichen Nutzungsrechte, die er mindestens bis 2031 ausüben kann, kein aktueller Anlass vor, das Nichtbestehen der Servitut bereits jetzt feststellen zu lassen. Das erforderliche rechtliche Interesse ist daher schon deshalb zu verneinen.
9. Das zutreffende Ersturteil ist somit wiederherzustellen.
10. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 50 Abs 1 iVm § 41 Abs 1 ZPO.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00083.15G.0519.000