OGH vom 24.04.2012, 5Ob70/12y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Betroffenen Mag. B***** S*****, geboren am *****, über den außerordentlichen Revisionrekurs des Verfahrenssachwalters und einstweiligen Sachwalters Dr. S***** G*****, Rechtsanwalt, *****, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 68/12s, 23 R 69/12p-167, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach bereits vorliegender Rechtsprechung führt nur eine konkrete individuelle und extreme berufliche Belastung zur Unzumutbarkeit iSd § 274 Abs 2 ABGB (3 Ob 19/08b; zust Weitzenböck in Schwimann/Kodek 4 , § 274 ABGB Rz 4). Derartige Umstände macht der zum Verfahrenssachwalter und zum einstweiligen Sachwalter bestellte Rechtsanwalt in seinem Revisionsrekurs nicht geltend; sie können insbesondere auch nicht allein aus dem Umstand abgeleitet werden, dass der Rechtsmittelwerber das Alter, bis zu dem seine Arbeitspflicht im Lichte der Altersversorgung nach § 50 RAO besteht (68. Lebensjahr), bereits hinter sich hat. Dass der Rechtsmittelwerber weiterhin als Rechtsanwalt tätig ist, legt viel eher den gegenteiligen Schluss bestehender Leistungsfähigkeit nahe.
2. Mit der Verfassungskonformität des § 274 Abs 2 ABGB hat sich der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach auseinandergesetzt und dagegen geltend gemachte Bedenken nicht geteilt (RIS-Justiz RS0123296; RS0048950 [T3]; 7 Ob 105/08d).
3. Dass die grundsätzliche Pflicht zur Übernahme einer Sachwalterschaft keine Zwangs- oder Pflichtarbeit der Rechtsanwälte und Notare iSd Art 4 Abs 2 EMRK ist, haben Verfassungsgerichtshof () und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR , 31950/06 [ Graziani-Weiss gegen Österreich]) ebenfalls bereits entschieden (EF-Z 2012/18).
Der Revisionsrekurs ist somit mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.