OGH vom 12.07.1994, 4Ob81/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****gesellschaftmbH, ***** vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei "M***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr.Franz Berndorfer (Rechtsanwalt in Linz), wegen Unterlassung (Streitwert S 500.000,--) infolge Revisionsrekurses der Beklagten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 90/94-14, womit der Beschluß des Landesgerichtes Linz vom , GZ 3 Cg 378/93f-9, bestätigt wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, § 9a Abs 1 Z 2 UWG als verfassungswidrig aufzuheben. Mit der Fortführung des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes innegehalten.
Text
Begründung:
Die Klägerin und die Beklagte handeln mit Brillenfassungen und Optikbedarf. Die Beklagte versandte am ein Werbeschreiben (direct mailing), in dem sie anbot, bei einer Abnahme von Brillenfassungen im Wert von S 10.000 Brillenetuis im Wert von S
2.200 und bei einer Abnahme von Brillenfassungen im Wert von S 20.000 Brillenetuis im Wert von S 5.500 unentgeltlich mitzuliefern. Am verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der Klägerin, es zu unterlassen, Unternehmern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien), die gegen die Bestimmungen des Zugabengesetzes verstoßen, anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren; insbesondere verpflichtete sie sich, es zu unterlassen Unternehmern anzubieten, Handelsware bei einem entsprechenden Einkauf von Brillenfassungen bis S 45.000,-- gratis zu überlassen.
Christa F***** ist bei der Beklagten im Außendienst tätig. Die Beklagte setzte sie von der Unterlassungsverpflichtung in Kenntnis und wies darauf hin, daß derartige Anbote nicht mehr zu machen seien. Dessen ungeachtet wiederholte Christa F***** am in einem Telefonat mit Peter G***** das in der Werbeaussendung vom enthaltene Zugabenanbot und wollte ein Geschäft abschließen. Peter G***** ist Inhaber eines Optikgeschäftes sowie Geschäftsführer der P***** GesellschaftmbH und der KG P*****.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit EV zu untersagen, in schriftlichen oder mündlichen Werbeanboten an Optikerunternehmen oder artverwandte Betriebe neben Waren oder Dienstleistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren; insbesondere der Beklagten zu untersagen, im Falle der Abnahme von Brillenfassungen (unabhängig welcher Art) im Wert von zumindest S 10.000,-- die Gratisauswahl von Brillenetuis im Wert von S 2.200,-- im Falle des Bezuges von Brillenfassungen im Wert von zumindest S 20.000,-- die Gratisauswahl von Handelsware, insbesondere Brillenetuis im Wert von S 5.500,-- aus einem eigenen achtseitigen Prospekt anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren.
Die Beklagte habe bereits im August 1993 mit undatiertem Schreiben österreichische Optikfachgeschäftes in Kenntnis gesetzt, daß sie "Handelsware zum Nulltarif" abgebe und daß der jeweilige Käufer bei Abnahme eines Postens Brillenfassungen Handelsware bis S 45.000,-- "gratis auswählen könne". Die Klägerin habe die Beklagte aufgefordert, sich zur Unterlassung zu verpflichten. Nach Abgabe der Unterlassungserklärung habe die Beklagte ihr wettbewerbswidriges Verhalten fortgesetzt.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie habe nach Abgabe der Unterlassungserklärung sämtliche Mitarbeiter angewiesen, in Hinkunft Unternehmern keine Zugaben mehr anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Das behauptete Anbot einer Zugabe durch Christa F***** sei nicht erfolgt, wenn es erfolgt sei, so entgegen der ausdrücklichen Weisung der Geschäftsleitung oder irrtümlich. Es bestehe jedenfalls keine Wiederholungsgefahr.
Das Erstgericht erließ die EV. Mit dem Anbot einer Zugabe habe die Beklagte gegen § 9a Abs 1 Z 2 UWG verstoßen. Die als Zugabe in Aussicht gestellten Brillenetuis seien weder geringwertig noch eine Verpackung. Christa F***** habe im Betrieb des Unternehmens der Beklagten gehandelt; für ihr Verhalten habe daher die Beklagte einzustehen. Die Beklagte habe den Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht bescheinigt.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Verwertung einer Tonbandabschrift als Bescheinigungsmittel habe keine verfassungsmäßig geschützten Rechte der Beklagten oder Christa F***** verletzt. Ob Peter G***** mit dem Tonbandmitschnitt des mit Christa F***** geführten Telefongespräches strafgesetzwidrig gehandelt habe, sei zumindest zweifelhaft. Es sei nur eine Tonbandabschrift veröffentlicht worden; § 120 Abs 2 StGB verlange aber die Veröffentlichung der Tonbandaufnahme selbst. Die Klägerin sei überdies in einer schwierigen Beweislage gewesen, so daß im Sinne einer Gesamtabwägung die Strafbarkeit eher zu verneinen sein werde. Auch der Persönlichkeitsschutz nach § 16 ABGB hindere die Verwertung des Bescheinigungsmittels nicht. Es sei auch nicht auszuschließen, daß das Erstgericht seine Feststellungen allein auf die Aussage der Auskunftsperson Peter G***** hätte gründen können.
Das Rekursgericht teile die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Ob Peter G***** als Testkäufer das Telefonat ohne Zustimmung Christa F***** auf Band aufgenommen habe, sei nicht von Bedeutung, weil dieses Verhalten für den Wettbewerbsverstoß der Beklagten nicht kausal gewesen sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß der Sicherungsantrag abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, den Revisionsrekurs zurückzuweisen; in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Entscheidung über dieses Rechtsmittel hat der Oberste Gerichtshof § 9a Abs 1 Z 2 UWG anzuwenden; er hat aber gegen die Anwendung dieses Gesetzes aus dem Grunde der Verfassungswidrigkeit folgende Bedenken:
Gemäß § 9a Abs 1 Z 2 UWG kann auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Unternehmern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt. § 9a Abs 1 Z 1 UWG gibt hingegen einen Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch gegen denjenigen, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt oder Verbrauchern neben periodischen Druckwerken unentgeltliche Zugaben (Prämien) anbietet, ankündigt oder gewährt. Beide Bestimmungen wurden, mit Ausnahme des letzten Halbsatzes des Abs 1 (UWG Novelle 1993 BGBl 227), durch das WettbDerG BGBl 1992/147 eingeführt. Sie enthalten jene zugabenrechtlichen Vorschriften, die nach Ansicht des Gesetzesverfassers auch nach der Aufhebung des Zugabensetzes unverzichtbar erschienen (338 Blg NR 17.GP 6).
Das Zugabenrecht war bis zum Inkrafttreten des WettbDerG im Zugabengesetz BGBl 1934 II 196 enthalten, dessen Vorläufer das Prämiengesetz BGBl 1929/227 war. Mit dem Prämiengesetz wurde die zu Beginn dieses Jahrhunderts systematisch zum Werbemittel ausgebaute Gewährung von Zugaben erstmals gesetzlich geregelt. Während das Prämiengesetz nur das Anbieten und Ankündigen von Zugaben, nicht aber auch ihre tatsächliche Gewährung untersagte, erfaßte das Zugabengesetz Anbieten, Ankündigen und Gewähren von Zugaben. Die Zugabenbeschränkungen wurden eingeführt, weil die schrankenlose Zulassung unentgeltlicher Zugaben aus mehreren Gründen bedenklich erschien: Sie führe zu unsachlichen Kaufentscheidungen, verschleiere den Preis, gefährde durch branchenfremde Zugaben den Fachhandel und führe zu einer gegenseitigen Übersteigerung der Mitbewerber (s Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 119). Als tragender Grund des Gesetzes wird heute die Verhinderung der Preisverschleierung, die Versachlichung der Kaufentscheidung, insgesamt daher der Schutz des Leistungswettbewerbes gesehen (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 64 mwN; s auch Kucsko, Zur rechtspolitischen Begründung des Zugabenverbots, ecolex 1992, 709 [710]). Bis zum Inkrafttreten des WettbDerG wurde nicht zwischen Zugaben im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern und jenen im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern unterschieden. Das WettbDerG brachte hier eine tiefgreifende Änderung: Während gegenüber Verbrauchern nur noch das (qualifizierte) Ankündigen von Zugaben untersagt ist, soweit es sich nicht um Zugaben zu periodischen Druckwerken handelt, dürfen Zugaben Unternehmern gegenüber weder angeboten noch angekündigt noch gewährt werden. Grund für diese Differenzierung war das Bestreben, zu verhindern, daß Großunternehmen ihre Marktmacht zur Erzwingung von Zugaben mißbrauchen (338 Blg NR 17. GP 6).
Die Bestimmung wird von der Lehre einhellig kritisiert:
Ihr wird eine "völlig verdrehte Rechtsauffassung" unterstellt, weil sie sich nicht gegen die Täter, sondern gegen die Opfer richte (Schuhmacher, Anmerkungen zum "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz", WBl 1992, 114 [115]); sie wird - wegen des Ausnahmekatalogs (insbesondere § 9a Abs 2 Z 5 und Z 6 UWG) - als ineffizient (Schuhmacher aaO 115; Karsch, Zum Entwurf eines Wettbewerbs-Deregulierungsgesetzes, WiPolBl 1992, 19 [20 f]; s auch Wiltschek, Die geplante Wettbewerbsrechts-Novelle: Ein "Deregulierungsgesetz"? ecolex 1991, 627 [628]; ders, Neues von der Deregulierungs-Front, ecolex 1992, 32 [33]), und als verfassungsrechtlich bedenklich beanstandet (Hanreich,
Das neue österreichische Wettbewerbs- und Preisrecht, ÖZW 1992, 33 [36]; ihm folgend Kucsko, ecolex 1992, 711; s auch Barfuß, Deregulierung durch ein neues "Wettbewerbs-Deregulierungsgesetz"? ÖBl 1991, 54 [55]).
Die verfassungsrechtlichen Bedenken werden damit begründet, daß die Regelung in das Grundrecht der Erwerbsfreiheit eingreife und den Gleichbehandlungsgrundsatz verletze (so Hanreich aaO). Der erkennende Senat teilt diese Bedenken:
Das Grundrecht der Erwerbsfreiheit (Art 6 Abs 1 StGG) umfaßt auch die Freiheit der unternehmerischen Disposition ( = ÖBl 1990, 222;). Dieses Grundrecht steht unter Gesetzesvorbehalt; eine Einschränkung ist daher nur zulässig, wenn sie
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- | durch das öffentliche Interesse geboten, |
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- | geeignet, |
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- | zur Zielerreichung adäquat und |
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- | auch sonst sachlich gerechtfertigt ist (VfGH ÖBl 1990, 222). |
Bei der Prüfung, ob die Einschränkung durch das öffentliche Interesse geboten ist, sind der ganz allgemein mit dem Zugabenverbot verfolgte Zweck und der in den Materialien genannte Grund für das strengere Zugabenverbot für Unternehmer gesondert zu betrachten. Das Zugabenverbot soll, wie oben ausgeführt, Preisverschleierungen verhindern und die Kaufentscheidung versachlichen. Daran mag zum Schutz der Verbraucher ein öffentliches Interesse bestehen; nicht aber zum Schutz der Unternehmer, von denen erwartet werden kann, daß sie ihre Kaufentscheidungen, wie ihre unternehmerischen Dispositionen überhaupt, nach sachlichen Kriterien treffen. Der als Grund für das strengere Zugabenverbot für Unternehmer genannte Gesetzeszweck, den Mißbrauch von Marktmacht zur Erzwingung von Zugaben zu verhindern, wird hingegen als im öffentlichen Interesse liegend anzuerkennen sein. Zu prüfen ist daher, ob das Gesetz geeignet ist, diesen Zweck zu erreichen. Das wird deshalb zu verneinen sein, wenn der marktstarke Nachfrager sein Ziel, Zugaben zu erhalten, auch auf gesetzeskonforme Weise erreichen kann. Unternehmer sind daran interessiert, durch Zugaben letztlich einen günstigeren Einkaufspreis zu erzielen. Dieses Ziel wird aber in geradezu idealer Weise erreicht, wenn die Zugabe in einer Mehrlieferung ohne gesonderte Berechnung besteht. Gerade solche Zugaben sind aber gesetzeskonform:
Gemäß § 9a Abs 2 Z 6 UWG ist nämlich das Zugabenverbot nicht anzuwenden, wenn die Zugabe in einer bestimmten und lediglich nach Bruchteilen zu berechnenden Menge derselben Ware besteht. Gesetzeskonform ist auch eine Zugabe, die in einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag besteht, der der Ware nicht beigefügt ist (§ 9a Abs 2 Z 5 UWG). Die beiden Ausnahmebestimmungen erfassen demnach gerade jene Zugaben, die im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern besonders interessant und üblich sind (Hanreich aaO 36; s auch Schuhmacher aaO 116).
Diese faktische Aufhebung des Zugabenverbots für Unternehmer durch die Ausnahmebestimmungen zeigt auch, daß § 9a Abs 1 Z 2 UWG mit § 1 Abs 2 NVG unvereinbar ist. § 1 NVG regelt das kaufmännische Wohlverhalten; iVm Abs 2 dieser Bestimmung kann insbesondere das Anbieten oder Fordern, Gewähren oder Annehmen von Geld oder sonstigen Leistungen, auch Rabatten oder Sonderkonditionen, zwischen Lieferanten und Wiederverkäufern, die sachlich nicht gerechtfertigt sind, untersagt werden, und zwar vor allem dann, wenn zusätzlichen Leistungen keine entsprechenden Gegenleistungen gegenüberstehen. Während demnach § 1 Abs 2 NVG die Zulässigkeit von (ua) Zugaben davon abhängig macht, daß sie sachlich gerechtfertigt sind, enthält § 9a Abs 2 Z 5 und 6 UWG keine derartige Einschränkung. Als lex posterior und auch als lex specialis geht § 9a Abs 2 Z 5 und 6 UWG § 1 Abs 2 NVG vor, so daß das Fordern und Gewähren von Zugaben, anders als alle anderen Verhaltensweisen, die geeignet sind, den leistungsgerechten Wettbewerb zu gefährden (§ 1 Abs 1 NVG), unabhängig von seiner sachlichen Rechtfertigung zulässig ist. Der Mißbrauch der Marktmacht, wie ihn § 9a Abs 1 Z 2 UWG zu unterbinden sucht, ist eines der Sachgebiete, die das NVG (s Schuhmacher aaO 116; vgl auch Karsch aaO
21) und - bei marktbeherrschenden Unternehmen - das KartG regelt (§ 35 KartG); seine Regelung durch das UWG widerspricht daher jeder Gesetzessystematik.
Selbst wenn das Gesetz geeignet wäre, das angestrebte Ziel zu erreichen, so erreichte es dieses nicht mit adäquaten Mitteln, so daß die damit verbundene Einschränkung der unternehmerischen Disposition jedenfalls unverhältnismäßig ist: § 9a Abs 1 Z 2 UWG will den Mißbrauch der Marktmacht zur Erzwingung von Zugaben verhindern; es erfaßt aber auch jene Zugaben, die der Unternehmer, um seinen Absatz zu fördern, einem anderen Unternehmer aus eigenem Antrieb ankündigt, anbietet und gewährt, ohne der Marktmacht seiner potentiellen Abnehmer ausgesetzt zu sein. Dazu kommt, daß sich die Sanktion nicht gegen denjenigen richtet, der die Zugabe erzwingt, sondern gegen denjenigen, der aufgrund seiner Marktposition zu schwach ist, um der Forderung zu widerstehen und den das Gesetz daher schützen will. "Bestraft" werden aber die Opfer, nicht die Täter (s Schuhmacher aaO 115).
Dem Gesetz fehlt demnach die sachliche Rechtfertigung und es ist auch unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes des Art 7 Abs 1 B-VG iVm Art 2 StGG bedenklich: Der Gleichheitssatz verbietet ua, wesentlich Gleiches ohne sachliche Rechtfertigung ungleich zu behandeln (vgl VfSlG 10.001/1984; 10.413/1985; uva), aber auch Ungleiches (nämlich insbesondere durch Marktmacht erzwungene und freiwillige Zugaben [siehe oben]) gleich zu behandeln. Er richtet sich auch an den Gesetzgeber, dem damit verboten ist, sachlich nicht begründbare gesetzliche Regelungen zu treffen (VfSlg 11.369/1987).
Für die Verschiedenbehandlung von Verbrauchern und Unternehmern bei der Regelung der Zugaben läßt sich kein sachlicher Grund finden: Mißt man § 9a Abs 1 Z 2 UWG an dem allgemein mit dem Zugabenverbot verfolgten Zweck, Preisverschleierungen zu verhindern und die Kaufentscheidung zu versachlichen, so ist es unverständlich, daß Unternehmer besser geschützt werden als Verbraucher, denen gegenüber - außer bei Zugaben zu periodischen Druckschriften - nur das Ankündigen von Zugaben verboten ist (zum Schutz des Händlers s auch Koppensteiner aaO 64). Der in den Materialien (338 Blg NR 17. GP 6) angeführte Gesetzeszweck - Großunternehmen zu hindern, daß sie ihre Marktmacht zum Erzwingen von Zugaben mißbrauchen - kann nicht berücksichtigt werden, weil das Gesetz - wegen des Ausnahmekatalogs (Schuhmacher aaO 115) ungeeignet ist, diesen Zweck zu erreichen. Jede sachliche Rechtfertigung fehlt schließlich auch für die Differenzierung zwischen den bei Verbrauchern (§ 9a Abs 1 Z 1 UWG) und Unternehmern (§ 9a Abs 1 Z 2 UWG) verbotenen Formen des Ankündigens von Zugaben (vgl Kucsko, Heimliche Zugabenankündigung, ecolex 1992, 421). Da die Regelung demnach gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt und, vor allem mangels Eignung, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen, die Erwerbsausübungsfreiheit unangemessen einschränkt (vgl Hanreich, Erwerbsfreiheit und Wettbewerbsrecht, ÖZW 1990 97 [102]), bestehen gegen ihre Verfassungsmäßigkeit Bedenken. Der Oberste Gerichtshof hat im Anlaßfall einen Sachverhalt zu beurteilen, der im Kernbereich der angefochtenen Norm liegt, und stellt daher den
Antrag
§ 9a Abs 1 Z 2 UWG als verfassungswidrig aufzuheben.