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OGH vom 26.05.1987, 5Ob46/87

OGH vom 26.05.1987, 5Ob46/87

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stanislava S***, Private, Wien 22., Mendelsohngasse 10/1/1/5, vertreten durch Dr. Karin Stöhr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** W*** Gesellschaft mbH., Wien 4.,

Große Neugasse 12, vertreten durch Dr. Otto Schuhmeister, Dr. Rolf Schuhmeister, Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, wegen Berichtigung einer Verwaltungsrechnung, in eventu Feststellung (Streitwert je 29.497,33 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 10, 11/87-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 35 Cg 191/85-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.829,75 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 257,25 S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist Miteigentümerin des Hauses Wien 22., Mendelsohngasse 10. Mit ihrem Miteigentumsanteil ist das Wohnungseigentum an der Wohnung top.Nr. 5 der Stiege 1 verbunden. Die beklagte Partei ist die Verwalterin dieses Hauses. Am stellte ein Monteur der W***

S***/G*** in der Wohnung top.Nr. 7 der Stiege 2 des genannten Hauses fest, daß die Gasinnenleitungen dieser Wohnung undicht sind. An der Gassteigleitung der Stiege 2 wurden 1982 keine Mängel festgestellt und auch keine Reparaturen durchgeführt. In der Folge wurde die vorerwähnte Gasinnenleitung durch die Firma Raimund K*** repariert. Anschließend wurden über diese Reparatur die Rechnungen Beilagen 1 und 2 gelegt. Die in den Rechnungen Beilagen 3, 4 und 6 der Firmen Alfred P***, Manfred S*** und Anton T*** verrechneten Fliesen-, Tapezierer- und Baumeisterarbeiten erfolgten ebenfalls anläßlich dieser Gasinnenleitungsreparatur.

Die angeführten Rechnungen wurden der beklagten Partei gelegt und von dieser in der Jahresabrechnung 1982 als Aufwendungen zu Lasten des Instandhaltungsfonds verbucht. Die Klägerin forderte die beklagte Partei daraufhin auf, diese Buchung zu korrigieren, weil die diesbezüglichen Arbeiten nicht aus dem Instandhaltungsfonds zu decken seien. Die beklagte Partei verweigerte dies. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, die beklagte Partei zu verurteilen, die Verwaltungsrechnung für das Jahr 1982 betreffend die Liegenschaft EZ 96 KG Kaisermühlen Haus Wien 22, Mendelsohngasse 10/Schiffmühlenstraße 79, dahingehend zu berichtigen, daß die in dieser ausgewiesenen Aufwendungen laut den Rechnungen der Firmen: 1.) Raimund K*** vom per 14.052,03 S, Beilage 1, 2.) Raimund K*** vom per 1.362,90 S, Beilage 2, 3.) Alfred P*** vom per 755,20 S, Beilage 3, 4.) Manfred S*** vom per 3.887,50 S, Beilage 4, 5.) Anton T*** vom per 9.440 S, Beilage 6, zusammen daher 29.497,33 S, als Aufwand für die in diesen Rechnungen näher bezeichneten Wohnungen bzw. Miteigentümer verbucht werden, und das Konto des Instandhaltungsfonds in Ansehung dieser Aufwendungen zu erkennen, in eventu festzustellen, daß die in der genannten Verwaltungsrechnung ausgewiesenen vorerwähnten Aufwendungen nicht aus dem Instandhaltungsfonds dieser Liegenschaft zu decken seien. Sie brachte vor, daß die beklagte Partei die bezeichneten Aufwendungen zu Unrecht zu Lasten des Instandhaltungsfonds verrechnet habe, weil sich diese Aufwendungen nicht auf gemeinsame Teile oder Anlagen der Liegenschaft bezogen hätten. Der Instandhaltungsfonds stehe als Sondervermögen im Gesamthandeigentum sämtlicher Miteigentümer. Jeder einzelne Miteigentümer sei daher berechtigt, nicht nur Aufklärung über die Verwendung dieses Sondervermögens, sondern auch die Berichtigung einer diesbezüglichen Abrechnung zu begehren. Zumindest sei ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung gegeben. Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung beider Klagebegehren. Es liege mit Rücksicht auf § 26 Abs 1 Z 4 WEG Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges vor. Darüber hinaus fehle ihr in Ansehung des im Sondervermögen der Miteigentümer stehenden Instandhaltungsfonds die Passivlegitimation. Schließlich seien die streitgegenständlichen Ausgaben berechtigterweise aus dem Instandhaltungsfonds getätigt worden. Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges und erkannte im Sinne des Hauptbegehrens. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte diesen materiellrechtlich wie folgt:

Gemäß § 13 Abs 3 WEG habe der Wohnungseigentümer die Wohnung und die für die Wohnung bestimmten Einrichtungen, wie besonders die Lichtleitungs-, Gasleitungs-, Wasserleitungs-, Beheizungs- und sanitären Anlagen, auf seine Kosten zu warten und instandzuhalten. Da sich die gegenständlichen Reparaturen auf eine Gasinnenleitung bezogen hätten, seien daher die Kosten dieser Reparatur vom Wohnungseigentümer zu tragen und nicht aus der im Miteigentum der Wohnungseigentümer stehenden Rücklage zu decken. Die Passivlegitimation der beklagten Partei ergebe sich daraus, daß sie allein nach der Art des Urteilsbegehrens in der Lage sei, den gesetzlichen Zustand durch korrekte Buchung herzustellen. Das Berufungsgericht wies beide Begehren ab und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes (je) 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und die Revision zulässig sei. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, bejahte gleich dem Erstgericht die Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges und führte zur Rechtsrüge der beklagten Partei aus:

Mit der vorliegenden Klage werde nicht etwa, wie die beklagte Partei meine, ein Anspruch gegen die Miteigentümer geltend gemacht; es handle sich vielmehr um eine Streitigkeit zwischen einem Miteigentümer und dem Verwalter. Die Klage sei ganz eindeutig gegen den Verwalter der im Miteigentum stehenden Liegenschaft gerichtet. Es solle die beklagte Partei dazu verhalten werden, die von ihr zu legende bzw. gelegte Abrechnung (§ 17 Abs 2 Z 1 WEG) zu berichtigen. Ein derartiger Anspruch könne aber von einem Miteigentümer allein nicht geltend gemacht werden. So wie die Bestellung und die Abberufung eines Verwalters eine Verwaltungsmaßnahme darstelle (§ 14 Abs 1 Z 5 WEG, § 836 ABGB), stelle auch das gegen den Verwalter gerichtete Begehren, die von ihm zu legende bzw. gelegte Abrechnung zu berichtigen, eine Maßnahme der (ordentlichen) Verwaltung dar. Eine solche Maßnahme könne aber nur von der Mehrheit der Miteigentümer getroffen werden (§ 14 WEG, § 833 ABGB). Im vorliegenden Fall habe die Klägerin aber weder behauptet, von den anderen Miteigentümern bevollmächtigt zu sein (Außenverhältnis), noch vorgebracht, daß die anderen Miteigentümer von der gegen den Verwalter beabsichtigten Maßnahme verständigt worden seien (Innenverhältnis; siehe MietSlg 35.070). Die Vorschriften über die Verwaltungsbefugnis der Mehrheit beträfen sowohl das Außen- als auch das Innenverhältnis, sodaß der einzelne Miteigentümer allein keine zur ordentlichen Verwaltung gehörende Maßnahme ergreifen könne (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 12 zu § 833). Da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Berichtigung der Verwalterrechnung nur von der Mehrheit geltend gemacht werden könne, sei die Klage abzuweisen gewesen. Die Rechte der Klägerin als Minderheitseigentümerin seien in den §§ 15, 18 Abs 1 Z 3, 19 Abs 2, 22 Abs 4 WEG sowie im 16. Hauptstück des ABGB geregelt (Würth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 15 WEG). Ob und welche Rechte der Klägerin als Minderheitseigentümerin im vorliegenden Fall zustünden, könne dahingestellt bleiben. So wie der einzelne Miteigentümer aber nicht die Berichtigung der Rechnung des Verwalters allein verlangen könne, könne er allein auch nicht die Feststellung verlangen, daß bestimmte in der Verwaltungsrechnung enthaltene Aufwendungen nicht aus dem Instandhaltungsfonds zu decken seien. Wie schon oben ausgeführt, gehöre es zur Verwaltung der Liegenschaft, gegen den Verwalter Maßnahmen zu ergreifen, wobei es keinen Unterschied mache, ob von ihm die Berichtigung der Verwaltungsrechnung begehrt werde oder die Feststellung, daß in der Verwaltungsrechnung bestimmte Aufwendungen nicht aus der Rücklage zu decken seien.

Da die Frage eines direkten Anspruches eines Miteigentümers gegenüber dem Verwalter auf Berichtigung der Verwaltungsrechnung, soweit überblickbar, bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei, ihr aber erhebliche Bedeutung zukomme, sei die Revision gemäß § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zuzulassen gewesen. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf § 503 Abs 1 Z 4 und Abs 2 ZPO gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Dem gegenständlichen Rechtsstreit liegt eine Meinungsverschiedenheit der Parteien darüber zugrunde, ob die mit den Rechnungen Beilagen 1 bis 4 und 6 verrechneten Arbeiten in den Rahmen der Instandhaltungspflicht des Wohnungseigentümers nach § 13 Abs 3 WEG gefallen sind und daher von der Wohnungseigentümerin der Wohnung top.Nr. 7 der Stiege 2 zu bezahlen gewesen wären oder der ordnungsgemäßen Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft im Sinne des § 14 Abs 1 Z 1 WEG gedient haben und demnach zu Recht (§ 16 Abs 1 und Abs 2 Satz 2 WEG) aus der Rücklage beglichen worden sind. Diese Meinungsverschiedenheit ist aus nachstehenden Erwägungen in letzterem Sinne zu entscheiden:

Durch die Fassung, die § 56 Z 1 MRG der Bestimmung des § 14 Abs 1 Z 1 WEG gegeben hat ("die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG ..."), wurde klargestellt, daß seit die Behebung von ernsten Schäden des Hauses (§ 3 Abs 2 Z 2 MRG) auch in Wohnungseigentumsobjekten noch zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Liegenschaft zählt und deren Kosten daher der Mteigentümergemeinschaft zur Last fallen (Würth-Zingher, MRG2, 232, Anm. 2 zu § 56; Würth in Rummel, ABGB, Rz 4 a zu § 14 WEG; vgl. auch Palten in ImmZ 1982, 148 f). Der Begriff der ernsten Schäden des Hauses ist im Sinne der Rechtsprechung zu § 6 Abs 1 MG auszulegen (Würth-Zingher, MRG2, 21 f, Anm. 10 zu § 3; vgl. zur Rechtslage nach dem WEG 1975 in der Stammfassung auch Meinhart, WEG 1975, 136 f, zur Rechtslage nach dem WEG 1948 Jensik, Miteigentum und Wohnungseigentum 70). Danach sind im Haus befindliche Rohrleitungen, seien es Gas- oder Wasserleitungen, wesentliche Bestandteile des Hauses, für deren ordnungsgemäße Erhaltung der Vermieter aus den Hauptmietzinsen zu sorgen hat. Werden derartige Leitungen (auch wenn sie in der Wohnung eines Mieters verlaufen) infolge eines ernsten Schadens unbenützbar, dann handelt es sich zugleich auch um einen ernsten Schaden des Hauses, weil im Falle der Unterlassung der Reparatur die Möglichkeit von Feuer-, Explosions- und Wasserschäden besteht (MietSlg 15.159, 29.244 ua; vgl. etwa auch die Entscheidung des LG für ZRS Wien in MietSlg 15.161 ua; Würth-Zingher, MRG2, 21 f, Anm. 10 zu § 3; Würth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 3 MRG; zur Instandhaltungspflicht des Wohnungseigentümers nach § 13 Abs 3 WEG siehe ferner Zingher, MG18, 289, der insbesondere darauf hinweist, daß im Inneren der Mauern verlaufende Leitungen nicht als zum Wohnungseigentum gehörend angesehen werden können). Zur Behebung eines ernsten Schadens des Hauses gehören alle damit notwendig verbundenen Arbeiten, auch die Wiederherstellung von Tapeten, Malerei und Verfliesung (Würth-Zingher, MRG2, 22, Anm. 10 zu § 3; Würth in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 3 MRG).

Davon ausgehend ergibt sich im vorliegenden Fall, daß die beklagte Partei die strittigen Rechnungsbeträge, welche die Behebung der Undichtheit der in den Mauern der Eigentumswohnung top.Nr. 7 der Stiege 2 befindlichen Gasleitung betroffen haben (Installateur-, Baumeister-, Fliesenleger- und Tapeziererarbeiten), zu Recht aus der Rücklage gedeckt hat.

Da das Berufungsgericht sohin beide Begehren der Klägerin schon aus diesen (gleichfalls eine erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechts im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO betreffenden) Überlegungen mit Recht abgewiesen hat, erübrigt es sich, darauf einzugehen, ob die Abweisung der genannten Begehren auch aus den vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Gründen gerechtfertigt wäre. Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.