OGH vom 29.08.2018, 7Ob72/18s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.-Prof. Dr. Höllwerth, Dr. E. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Denkmayr Schwarzmayr Schnötzlinger Rechtsanwaltspartnerschaft in Ried im Innkreis, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 43.300 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 120/17d-23, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Der erkennende Senat hat die von der Beklagten behauptete Aktenwidrigkeit geprüft; sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO):
Eine Aktenwidrigkeit liegt nämlich nur dann vor, wenn Feststellungen auf einer aktenwidrigen Grundlage beruhen, wenn also der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolge dessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde (RIS-Justiz RS0043298 [T1]; vgl auch RS0043284 [T3]; RS0043324 [T8]). Mit der Behauptung, das Berufungsgericht habe eine näher bezeichnete, vermeintlich entscheidungswesentliche Feststellung des Erstgerichts bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen, macht die Beklagte keine solche Aktenwidrigkeit, sondern gegebenenfalls eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.
2. Das Berufungsgericht war der Rechtsansicht, dass auf einen Teil der (geplanten) Transportvorgänge österreichisches und auf einen anderen Teil deutsches Recht anzuwenden sei. Daraus folge nach Ansicht der Beklagten deshalb eine erhebliche Rechtsfrage, weil das Berufungsgericht zu dieser Beurteilung durch unrichtige Anwendung des Art 5 Abs 1 und 3 Rom I-VO gekommen sei und zu diesen Regelungen keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. Nach Ansicht der Beklagten sei auf alle (geplanten) Transportvorgänge österreichisches Recht anzuwenden.
Einer näheren Auseinandersetzung, inwieweit österreichisches oder ausländisches (hier auf einige Transportvorgänge deutsches) Recht anzuwenden ist, bedarf es aber dann nicht, wenn das Berufungsgericht bei der beanstandeten Anwendung des ausländischen Rechts ohnehin zum selben Sachergebnis kommt (vgl 2 Ob 95/08x; 9 Ob 66/08h). In einem solchen Fall zeigt dann nämlich die Beklagte mit ihrer Rechtsrüge zur Ermittlung des anzuwendenden Rechts nur eine Rechtsfrage auf, der bloß theoretische, nicht aber entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt.
3. Ob rechtsgeschäftliche Erklärungen im Einzelfall richtig ausgelegt wurden, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS-Justiz RS0042936; RS0042776 [T6]). Einen solchen Fall zeigt die Beklagte nicht auf:
Die Beklagte behauptet, die Klägerin habe mit E-Mail vom , 9:55 Uhr, angekündigt, dass sie „keine LKWs zur Verladung stellen“ werde und sei deshalb vertragsbrüchig und daher schadenersatzpflichtig geworden. Mit dieser Ansicht setzt sich die Beklagte aber über für die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts wesentliche Feststellungen des Erstgerichts hinweg, insbesondere über jene, wonach bereits die Beklagte mit dem vorangegangenen E-Mail vom , 9:18 Uhr, die Rücktransporte storniert hatte, obwohl die Klägerin zuvor 3 Kennzeichen und Fahrer bekannt gegeben hatte und insoweit die vorgesehene Frist von 5 Tagen vor Beladung eingehalten war. Mit all diesen für die Beurteilung des Berufungsgerichts wesentlichen Ereignissen vor dem E-Mail der Klägerin vom , 9:55 Uhr, setzte sich die Beklagte in der Revision nicht auseinander. Werden aber gerade die für die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts wesentlichen Feststellungen des Erstgerichts übergangen, dann legt der Rechtsmittelwerber der Ausführung seiner Rechtsrüge eben nicht den maßgeblichen Sachverhalt zugrunde und führt damit die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus (5 Ob 237/13h). Folglich gelingt es der Beklagten nicht, die Rechtsansicht des Berufungsgerichts als unvertretbares Auslegungsergebnis der von den Parteien über die Rücktransporte getroffenen Vereinbarungen zu erweisen.
4. Da diese Vereinbarungen nicht nur für die vom Berufungsgericht im Hinblick auf den Entladeort in Österreich nach österreichischem Recht beurteilten, sondern für alle Rücktransporte gleichermaßen galten, ändert sich am nicht unvertretbaren Auslegungsergebnis des Berufungsgerichts auch dann nichts, wenn – wie von der Beklagten angesprochen – alle Transporte nach österreichischem Recht beurteilt werden. Der Frage des anzuwendenden Rechts kommt demnach keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
5. Die Beklagte zeigt demnach insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage auf. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision somit unzulässig und daher zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0070OB00072.18S.0829.000 |
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Fundstelle(n):
ZAAAD-67238