OGH vom 15.05.2008, 7Ob23/08w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gabriele O*****, vertreten durch Dr. Johannes Kirschner, Rechtsanwalt in Wels, gegen die beklagte Partei Johann O*****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und Mag. Willibald Berger, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen 10.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom , GZ 23 R 194/07d-14, womit das Urteil des Bezirksgerichts Wels vom , GZ 5 C 778/06i-10, bestätigt wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Rechtsfrage, ob und unter welchen Voraussetzungen nach Ablauf der in § 95 EheG normierten Frist in Ansehung von im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigenden (Ausgleichs-)Ansprüchen auf § 1435 ABGB gestützte Bereicherungsansprüche erhoben werden könnten, für eine Vielzahl von Fällen relevant sei und dazu Judikatur des Obersten Gerichtshofs fehle.
Die vom Berufungsgericht genannte Rechtsfrage stellt sich im vorliegenden Fall - abgesehen davon, dass diese Rechtsfrage auch in der Revision nicht geltend gemacht wird - nicht.
Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Klägerin führt aus, sie mache einen Anspruch „auf Aufteilung" geltend. Sie habe seit Abschluss der Ehe in den Jahren 1995 bis 2001 für die im Alleineigentum des Beklagten stehende Eigentumswohnung, die als Ehewohnung gedient habe, Rückzahlungen von insgesamt 38.430,29 EUR getätigt. Der Beklagte sei meistens in Geldschwierigkeiten gewesen, sodass die Klägerin in diesem Zeitraum die Darlehensrückzahlungen und die Betriebs- und Heizkosten aus ihren eigenen Mitteln gezahlt habe. Im Februar 2002 habe der Beklagte die Eigentumswohnung verkauft und vom Verkaufserlös im selben Jahr bei weiterer Kreditfinanzierung eine Liegenschaft samt Wohnhaus gekauft, in dem sich wiederum die Ehewohnung bis zur Scheidung der Ehe im November 2004 befunden habe. Das Haus sei dem Beklagten allein verblieben. Aus der gemeinsam geführten Wirtschafts- und Erwerbsgemeinschaft der Parteien, auch wenn sie im Rahmen und auf Basis der ehelichen Beziehung erfolgt sei, sei dem Beklagten daher ein vermögenswerter Vorteil von zumindest 10.000 EUR verblieben, der ausschließlich durch die Leistungen der Klägerin entstanden sei. Die Klägerin begehre daher den Klagsbetrag als Teil des tatsächlichen Wertzuwachses im Vermögen des Beklagten durch ihre Leistungen und Beiträge. Der tatsächliche Wertzuwachs belaufe sich auf weit mehr als das Doppelte dieses Betrags.
In der Revision stützt sich die Klägerin ausschließlich darauf, dass sie den Anspruch nicht im Verfahren nach §§ 81 ff EheG habe geltend machen können, weil nach § 91 Abs 1 EheG Vermögensverschiebungen, die früher als zwei Jahre vor Einbringung der Scheidungsklage erfolgt seien, in das Aufteilungsverfahren nicht einzubeziehen seien; der Beklagte habe die Wohnung vor Ablauf der Zweijahresfrist verkauft. Der Anspruch könne daher nur auf § 1435 ABGB gestützt werden. Ein Antrag der Klägerin nach §§ 81 ff EheG wurde abgewiesen, weil die Einjahresfrist zur Geltendmachung des Anspruchs bereits abgelaufen war.
Der Präklusivfrist des § 95 EheG unterliegen nur Aufteilungsansprüche, also Ansprüche auf Rechtsgestaltung im Sinn der §§ 81 ff EheG, nicht aber damit möglicherweise aus dem Zivilrecht ableitbare konkurrierende alternative Ansprüche (RIS-Justiz RS0110013). Jede Leistung eines Ehegatten an den anderen, die über die eheliche Beistandspflicht hinaus geht, kann nach § 1435 ABGB zurückverlangt werden, wenn jene Umstände nachträglich weggefallen sind, die nach der Interessenabwägung und dem Sinn des Geschäfts die Grundlage der Leistung gebildet hatten (RIS-Justiz RS0047190). Gemeinsam ist den Bereicherungsansprüchen, dass die ungerechtfertigte Vermögensverschiebung rückgängig gemacht werden soll (RIS-Justiz RS0020022, RS0017615).
Gegenstand einer Rückforderung könnten hier nur die geleisteten Zahlungen der Klägerin sein. Genau diese will aber die Klägerin ausdrücklich nicht. Sie führt zwar ihre Zahlungen an, will aber nur an einer bereits während aufrechter Ehe realisierten und für beide Ehegatten durch Anschaffung einer neuen Ehewohnung verwendeten Werterhöhung des im Jahr 2002 verkauften Liegenschaftsanteils teilhaben. Sie bringt auch gar nicht vor, warum sie die Leistungen erbracht hat und welche Umstände nunmehr nachträglich weggefallen sind, die im Sinn des Geschäfts die Grundlage der Leistung gebildet haben und denen keine (allenfalls nicht in Geld bestehenden) äquivalenten Leistungen des Beklagten gegenüber gestanden sein sollen. Sie macht nur einen Anteil an der Wertsteigerung des verkauften Liegenschaftsanteils geltend. Die Werterhöhung ist aber keine Leistung der Klägerin, sodass ein Anspruch auf der Grundlage des § 1435 ABGB ausscheidet.
Abgesehen davon kann die von der Klägerin geltend gemachte „Bereicherung" des Beklagten erst in dem Augenblick eintreten, in dem die Klägerin die Frist des § 95 EheG zur Geltendmachung eines Aufteilungsanspruchs versäumt. Insofern liegen keine mit dem Aufteilungsanspruch konkurrierenden Ansprüche vor. Im Gegensatz zu den Revisionsausführungen hätte die Klägerin ihren (Ausgleichs-) Anspruch in einem Aufteilungsverfahren nach §§ 81 ff EheG geltend machen können.
Haben beide Ehegatten zur Errichtung eines als Ehewohnung dienenden Hauses während aufrechter Ehe beigetragen und damit dieses Gebrauchsvermögen gemeinsam geschaffen, unterliegt es, obwohl es im Alleineigentum eines Partners stehen mag, der Aufteilung nach den §§ 81 ff EheG (vgl RIS-Justiz RS0057260). Es stellt einen zu berücksichtigenden Beitrag eines Ehegatten dar, wenn er bei der Schaffung eines Vermögensobjekts (Ehewohnung) mitgewirkt hat, durch dessen Verkaufserlös die neue Ehewohnung erworben werden konnte. Da aber die Klägerin die materiellrechtliche Fallfrist des § 95 EheG versäumt hat, führt dies zum Anspruchsverlust, ohne dass auch nur eine Naturalobligation bestehen bleibt (RIS-Justiz RS0057726, RS0116131).
Es liegt keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vor. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 40 ZPO. Die Revisionsbeantwortung weist auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hin, sodass sie nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwenig war.