OGH vom 17.03.2010, 7Ob21/10d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache des am verstorbenen J***** L*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des erbserklärten angeblichen Sohnes des Erblassers S***** L*****, vertreten durch den Kurator Dr. Georg Huber, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 51 R 77/09m-202, den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
B e g r ü n d u n g :
Rechtliche Beurteilung
Da das vorliegende Verfahren vor dem anhängig wurde, kommen nach § 205 AußStrG die Vorschriften des Außerstreitgesetzes 2003, BGBl I 2003/111 (abgesehen von den gemäß § 203 Abs 7 AußStrG bereits anzuwendenden Bestimmungen über den Rekurs und den Revisionsrekurs) noch nicht zur Anwendung.
Das Rekursgericht hat im Sinn der zur „alten“ Rechtslage ergangenen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entschieden, wonach im Fall einander widersprechender, auf demselben Erbrechtstitel beruhender Erbserklärungen jener Prätendent auf den Rechtsweg zu verweisen ist, der den schwächeren Titel hat. Welcher Titel jeweils „stärker“ oder „schwächer“ ist, hängt von den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls ab (7 Ob 195/05k mwN uva). Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit kommt der Frage der Zuweisung der Klägerrolle im Erbrechtsstreit keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zu, es sei denn, dem Rekursgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Dies ist hier nicht der Fall:
Sechs Personen, darunter der Revisionsrekurswerber, haben jeweils bedingte Erbserklärungen aufgrund des Gesetzes als Kinder oder Enkelkinder des Erblassers abgegeben, die vom Verlassenschaftsgericht alle angenommen wurden. Die in Österreich wohnhaften G***** K***** und G***** S***** haben ihre Abstammung durch die Vorlage der Kopie eines Urteils des Bezirksgerichts Kufstein vom , mit dem die Vaterschaft des Erblassers ihnen gegenüber festgestellt wurde, bescheinigt. Der Revisionsrekurswerber und die übrigen Prätendenten, die alle in Russland wohnen, haben zum Nachweis ihrer Abstammung vom Erblasser notariell beglaubigte und übersetzte Kopien ihrer Geburtsurkunden vorgelegt. G***** K***** und G***** S***** haben die Abstammung der weiteren Prätendenten vom Erblasser bestritten und Widersprüche in den von den anderen Erbansprechern vorgelegten Urkunden behauptet. Der nunmehrige Revisionsrekurswerber vertrat seinerseits den Standpunkt, G***** K***** habe ihr Erbrecht nicht ausreichend zu bescheinigen vermocht, während ihm der Nachweis seiner Abstammung vom Erblasser zweifelsfrei gelungen sei.
Das Rekursgericht änderte die G***** K***** die Klägerrolle im Erbrechtsstreit zuweisende Entscheidung des Erstgerichts im zweiten Rechtsgang dahin ab, dass es den in Russland wohnhaften Erbanwärtern die Klägerrolle im Erbrechtsstreit gegen die Genannte zuwies. Die russischen Erbanwärter hätten die im zweiten Rechtsgang an sie erfolgte Aufforderung zur Vorlage weiterer Urkunden zur Beurteilung ihrer Abstammung vom Erblasser nicht befolgt und mit Ausnahme des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers auch keine Stellungnahmen im Sinn des § 125 AußStrG aF abgegeben. Sie hätten nur „einen Rechtsschein“ der Abstammung vom Erblasser zu erzeugen vermocht, während G***** K***** ihre Abstammung und damit ihr gesetzliches Erbrecht jedenfalls wirksamer bescheinigen habe können.
Diesen Ausführungen des Rekursgerichts hält der Revisionsrekurswerber lediglich entgegen, er habe seine Abstammung vom Erblasser urkundlich nachgewiesen, weshalb die sein Erbrecht Bestreitenden zu beweisen hätten, dass es nicht bestehe. Die Zuweisung der Klägerrolle nach §§ 125, 126 AußStrG aF hat jedoch die Lösung jener Streitfragen, die den zentralen Gegenstand des Erbrechtsstreits zu bilden haben, nicht vorwegzunehmen (stRsp, vgl etwa 4 Ob 81/05y mwN und 7 Ob 195/05k). Die Frage der Abstammung des Revisionsrekurswerbers wird daher erst im Erbrechtsstreit zu klären sein. Dass, wie vom Revisionsrekurswerber behauptet, dessen Abstammung vom Erblasser wahrscheinlicher wäre als jene der genannten Prätendentin, trifft nach der Aktenlage nicht zu. Im Hinblick auf das von Letzterer in Kopie vorgelegte Vaterschaftsurteil des Bezirksgerichts Kufstein (dessen Übereinstimmung mit dem im Tiroler Landesarchiv befindlichen Original inzwischen festgestellt wurde) ist vielmehr die Annahme des Gegenteils durch das Rekursgericht unbedenklich.
Als Revisionsrekursgrund wird schließlich auch noch eine Aktenwidrigkeit geltend gemacht, die der Revisionsrekurswerber darin erblickt, dass ihm das Rekursgericht vorwerfe, auch er sei der Aufforderung zur Abgabe einer Stellungnahme und zur Vorlage weiterer, die Abstammung vom Erblasser bescheinigenden Urkunden nicht nachgekommen. Er habe mit Schriftsatz vom eine ausführliche Stellungnahme abgegeben und auch „entsprechende“ Urkunden vorgelegt. Abgesehen davon, dass der Revisionsrekurswerber vom Vorwurf der Unterlassung einer Stellungnahme ohnehin ausgenommen wurde, sind die von ihm vorgelegten Urkunden in russischer Sprache und zyrillischer Schrift abgefasst und werden vom Revisionsrekurswerber weder näher bezeichnet noch erläutert. Mangels einer (beglaubigten) Übersetzung ist der Inhalt der Urkunden unklar. Sie stellen daher keine geeigneten, paraten Bescheinigungsmittel dar. Der Revisionsrekurswerber hat demnach dem ihm vom Rekursgericht erteilten Auftrag zur Vorlage weiterer, seine Abstammung vom Erblasser bescheinigenden, Urkunden tatsächlich nicht entsprochen. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt deshalb nicht vor. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG wird also vom Revisionsrekurswerber nicht aufgezeigt.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).