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OGH vom 14.04.2011, 6Ob67/11p

OGH vom 14.04.2011, 6Ob67/11p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am verstorbenen I***** T***** über den Revisionsrekurs des erblasserischen Sohnes Ing. T***** T*****, vertreten durch Dr. Peter Messnarz, Rechtsanwalt in Villach, wegen Feststellung des Erbrechts, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 2 R 295/10z 65, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 15 A 591/08g 54, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen .

Der Revisionsrekurswerber ist schuldig, der Revisionsrekursgegnerin *****, die mit 2.382,84 EUR (darin 397,14 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Beweislastverteilung im Zusammenhang mit „problematischer Testamentszeugenschaft“. Darauf kommt es jedoch gar nicht an:

1. Nach § 591 ABGB können unter anderem Personen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen, bei letzten Anordnungen nicht Zeugen sein. Die Vorinstanzen haben aber festgestellt, dass der Sohn der Erblasserin (der Revisionsrekurswerber) am deren Schreiben (dieses enthielt die letztwilligen Anordnungen) „in versammelter Runde“ vorlas und dann die Erblasserin, ihr Sohn (der im Testament bedacht ist), die beiden weiteren Zeugen und die Lebensgefährtin des Sohnes der Erblasserin das Schreiben unterfertigten. Dabei ist auszuschließen, dass die Lebensgefährtin den Text und/oder die genaue Bedeutung des Schreibens aufgrund ihrer damals gegebenen passiven Deutschkenntnisse beim Vorlesen verstanden hat. Selbst gelesen hat die Lebensgefährtin das Schreiben jedoch ebenfalls nicht, weil sie aufgrund einer Sehbehinderung nicht in der Lage war, den Text zu lesen. Damit war die Lebensgefährtin des Sohnes der Erblasserin jedoch unfähig, das fremdhändige Testament der Erblasserin zu bezeugen.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs müssen Zeugen nicht eigens zur Testamentserrichtung herbeigerufen worden sein, sie müssen aber der Erklärung des letzten Willens in dem Bewusstsein ihrer Zeugeneigenschaft beiwohnen (RIS Justiz RS0012497). Diese Rechtsprechung bezog sich zwar regelmäßig auf durch das FamErbRÄG 2004 beseitigte mündliche Testamente nach § 585 ABGB aF; die Auffassung der Vorinstanzen, dieses „Zeugenbewusstsein“ (vgl 7 Ob 60/99w; 9 Ob 5/07m) sei auch bei fremdhändigen Testamenten Voraussetzung für einen fähigen Zeugen, ist jedoch durchaus vertretbar. So meinen auch Weiß/Likar Peer (in Ferrari/Likar Peer , Erbrecht [2007] 180, 182) ganz generell, Zeugen dürften keine Zufallszeugen sein, die über zufällig gemachte Wahrnehmungen Aussagen machen; sie müssten vielmehr Akts oder Geschäftszeugen sein und mit Willen des Erblassers und mit ihrem eigenen Willen am Akt mitwirken; notwendig sei ihr Bewusstsein, einem Testierakt beizuwohnen; fehle den Zeugen dieses Bewusstsein, sei die letztwillige Verfügung ungültig. Jedenfalls lassen sich diese Überlegungen auf einen Fall anwenden, in welchem der Zeuge das Schriftstück selbst nicht lesen kann, es ihm deshalb vorgelesen wird und der Zeuge außerdem der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, um den Inhalt und die Bedeutung des vorgelesenen Schreibens zu verstehen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist nicht „nachweisbar“, dass die Lebensgefährtin des Sohnes der Erblasserin ihre Anwesenheit und Unterschriftsleistung dahin verstanden hätte, als Zeugin einer Testamentserrichtung mitzuwirken; es liegt „keine hohe Wahrscheinlichkeit“ dahin vor, sie hätte mit ihrer Unterschrift als Zeugin bestätigen wollen, dass die Mutter ihres Lebensgefährten gerade eine letztwillige Verfügung errichtet und unterschrieben hatte.

3. Beweislastverteilungsfragen wie das Rekursgericht meint ergeben sich bei derart klaren Feststellungen nicht.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 Abs 2, § 185 AußStrG. Die Tochter der Erblasserin hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.