OGH vom 02.04.2003, 7Ob65/03i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Julia B*****, geboren am , wohnhaft bei der und vertreten durch die Mutter Monika B*****, diese vertreten durch Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwältin in Salzburg, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters W*****, vertreten durch Dr. Petra Patzelt, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 370/02m, 21 R 371/02h-74, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung, welchem Elternteil bei Gegenüberstellung der Persönlichkeit, Eigenschaften und Lebensumstände die Obsorge für das Kind übertragen bzw das Besuchsrecht eingeräumt werden soll, ist grundsätzlich eine solche des Einzelfalles, der keine Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG zukommt, wenn dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wird und leitende Grundsätze der Rechtsprechung daher nicht verletzt werden (RIS-Justiz RS0007101, RS0097114 und RS0115719 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 9 Ob 210/02a; 1 Ob 5/02w; 1 Ob 17/02k; 4 Ob 227/02i).
Eine Verletzung leitender Grundsätze der Rechtsprechung, insbesondere des im Vordergrund stehenden Kindeswohls (§ 178a ABGB) kann im vorliegenden Fall jedoch nicht erkannt werden (vgl auch 7 Ob 280/00b), und wird im Rechtsmittel des Vaters, das zur Frage des Besuchsrechts gar keine Ausführungen enthält, auch gar nicht behauptet, weil die Ansicht des Rekursgerichtes, dass die umfangreiche Sachverhaltsermittlung keiner Ergänzung mehr bedarf, um über den Obsorgeantrag und über den Umfang des väterlichen Bezugsrechts im Sinne des Kindeswohls entscheiden zu können, keine aufzugreifende Fehlbeurteilung darstellt:
Als erhebliche Rechtsfrage macht der Revisionsrekurswerber in seiner Zulassungsrüge nämlich allein geltend, das Rekursgericht habe durch die "Feststellung", dass trotz Nichterledigung der Sachanträge des Antragsgegners keine Mangelhaftigkeit des (Obsorge- und Besuchsrechts-)Verfahrens vorliege, entgegen der "gängigen" Judikatur des Obersten Gerichtshofes entschieden. Mangels näherer Regelung des Sachverstädigenbeweises im AußStrG seien die Bestimmungen der §§ 351 ff ZPO sinngemäß anzuwenden. Zu § 357 ZPO habe der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass im Fall der Unterlassung der beantragten Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Streitverhandlung ein Verfahrensmangel vorliege. Es habe daher für die Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung, ob ein Verfahrensmangel gegeben sei, wenn - trotz Antrages einer Partei auf mündliche Erörterung des Gutachtens und anderer Beweisanträge - der Sachverständige nicht geladen werde und überhaupt keine Verhandlung mehr stattfinde.
Wie der Revisionsrekurswerber selbst festhält hat das Rekursgericht die behaupteten Verfahrensmängel (mit ausführlicher Begründung [Seite 6 bis 11 der Rekursentscheidung]) verneint. Ein vom Rekursgericht verneinter Verfahrensmangel erster Instanz kann im Revisionsrekurs aber nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, sofern eine Durchbrechung dieses Grundsatzes aus Gründen des Kindeswohls nicht erforderlich ist (RIS-Justiz RS0050037 zuletzt: 6 Ob 172/02s und 3 Ob 103/02x). Letzteres ist hier jedoch - wie bereits ausgeführt - zu verneinen.
Da Rechtsfragen von der Qualität des § 14 Abs 1 AußStrG auch sonst von der Rechtsmittelwerberin nicht aufgezeigt werden, war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.