OGH vom 24.04.1985, 3Ob530/85
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christa A, Angestellte, 8020 Graz, Vinzenz Muchitsch-Straße 6/8/42, vertreten durch Dr. Hella Ranner, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Viktoria A, Landwirtin, 8045 Graz, Rosegg Nr. 40, vertreten durch Dr. Michael Stern, DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Unterfertigung einer Urkunde infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 175/84-32, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , GZ 17 Cg 90/82-26, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der Beschluß des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Auch die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte Viktoria A hatte mit ihrem Ehemann Alois A sen. eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden errichtet. Für den Todesfall eines der beiden Ehegatten war im Notariatsakt vom vereinbart, daß der überlebende Ehegatte zugunsten erbberechtigter Nachkommen des verstorbenen Ehegatten auf sein Erbrecht und auf sein Vorausvermächtnis verzichte, ihm aber ein Aufgriffsrecht zustehe, während für den Fall, als keine Nachkommen berufen sind oder die Erbschaft antreten, eine gegenseitige Erbeinsetzung zu 3/4 durch Erbvertrag und zu 1/4 durch wechselseitiges Testament verfügt war.
Am verstarb Alois A sen. unter Hinterlassung der beiden ehelichen Kinder 1.) Maria B geborene A und 2.) Alois A jun. Beide Kinder entschlugen sich der Erbschaft mit Rücksicht auf ein mit der Beklagten geschlossenes Erbübereinkommen vom .
In diesem Erbübereinkommen verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung eines Entfertigungsbetrages von 20.000 S an Maria B. Hinsichtlich ihres Sohnes Alois A jun. verpflichtete sich die Beklagte, diesem entweder die Liegenschaften EZ 564 und 751 KG Andritz und EZ 178 und 179 KG Graz Stadt-Weinitzen und EZ 183 KG Stattegg zu Lebzeiten zu übergeben oder sie ihm von Todes wegen zu hinterlassen. Zur Sicherung dieser letztgenannten Verpflichtsng verpflichtete sich die beklagte Partei, die genannten Liegenschaften ohne Zustimmung des Alois A jun. weder zu veräußern noch zu belasten, und willigte in die Einverleibung eines diesbezüglichen Veräußerungs- und Belastungsverbotes in den angeführten Liegenschaften ein. Im übrigen wurde vereinbart, daß der Beklagten der Nachlaß des verstorbenen Alois A sen eingeantwortet und auf dessen Hälfteanteilen an den gesamten Liegenschaften das Eigentumsrecht für die Beklagte einverleibt würde.
Mit Notariatsakt vom schloß Maria B mit der Beklagten einen Erbverzichtsvertrag ab. Am vereinbarte die Beklagte mit ihrer Tochter Maria B, daß dieser Erbverzichtsvertrag wieder aufgehoben werde.
Am verstarb Alois A jun., ohne daß es bis dahin zu einer Übergabe der genannten Liegenschaft an ihn gekommen wäre. In einem Testament setzte er seine beiden Kinder Kurt A und die Klägerin Christa A je zur Hälfte als Erben ein, während er seinem dritten Kind Dorothea A als Pflichtteil ein bestimmtes Grundstück vermachte. In diesem Testament verwies Alois A jun. darauf, daß zu seinem Nachlaß auch das Anwartschaftsrecht auf den Nachlaß seines Vaters Alois A sen. gehöre. Der Nachlaß des Alois A jun. wurde auf Grund des genannten Testamentes je zur Hälfte dem Kurt A und der Klägerin eingeantwortet.
Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens Alois A jun. wurde wegen des erwähnten Anwartschaftsrechtes auch die Beklagte beigezogen. Sie erklärte, daß seinerzeit an eine normale bäuerliche Übergabe gedacht gewesen sei. Sie sei grundsätzlich bereit, ihre Verpflichtungen aus dem Erbübereinkommen vom gegenüber Alois A jun., auch gegenüber den beiden erbberechtigten Enkelkindern Kurt A und der Klägerin einzuhalten. Sie wolle sich aber nicht mehr durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot binden, weil sie für dringende Investitionen am Hof immer wieder Grundstücke veräußern müsse. Sie wolle zwar das Anwartschaftsrecht der beiden Enkelkinder dadurch nicht umgehen und nehme die Belehrung des Vormundschaftsgerichtes entgegen, das sie ohne Zustimmung desselben nicht veräußern dürfe, unterfertigte aber schließlich das Protokoll über die von ihr abgegebenen Erklärungen nicht.
Die Beklagte hatte inzwischen das zugunsten des Alois A jun. einverleibte Veräußerungs- und Belastungsverbot löschen lassen. Ihren beiden Enkelkindern Kurt und Christa A übergab sie durch Schenkungsvertrag vom (ON 53 des P-Aktes) je einen Bauplatz aus dem Gutsbestand der Liegenschaften EZ 178 und 179 KG Graz Stadt-Weinitzen. Die übrigen Teile der Liegenschaften behielt sie und veräußerte in der Folge die Liegenschaften EZ 564 und 751 KG Andritz und EZ 183 KG Stattegg zur Gänze, weiters Teile der Liegenschaften EZ 178 und 179 KG Graz Stadt-Weinitzen an Dritte. Die Klägerin vertritt auf Grund dieser nicht strittigen Sachlage den Rechtsstandpunkt, daß die Beklagte verpflichtet sei, in Hinkunft den weiteren Verkauf oder eine Belastung der ihr noch aus dem Nachlaß des Alois A sen.
verbliebenen Liegenschaftsteile zu unterlassen und auch in die Einverleibung eines diesbezüglichen Verbotes in den noch vorhandenen Liegenschaften EZ 178
und 179 KG Graz Stadt-Weinitzen willigen müsse und begehrte nach mehreren Klagsänderungen schließlich 1.) die Unterlassung einer Belastung und Veräußerung dieser beiden Liegenschaften und 2.) die Unterfertigung einer einverleibungsfähigen Urkunde über die Erteilung der Zustimmung zur Einverleibung eines diesbezüglichen Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten der Klägerin. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete im wesentlichen folgendes ein: Das Anwartschaftsrecht des Alois A jun. habe sich immer nur auf die Hälfteanteile des Alois A sen. bezogen. Da Maria B ihren 'Erbverzicht' später wieder aufgehoben habe, sei nun auch sie voll erbberechtigt nach Alois A sen., was eine weitere Schmälerung des Anwartschaftsrechtes bedeute. Weiters sei die Klägerin hinsichtlich des gesamten Nachlasses des Alois A jun. nicht allein verfügungsberechtigt, sie müsse ihre Rechte mit den anderen Erben nach Alois A jun. teilen. Im übrigen sei die Beklagte zu den Grundstücksveräußerungen berechtigt, weil sie den Erlös jeweils für Investitionen verwendet habe.
Das Erstgericht gab der Klage je hinsichtlich einer Hälfte der beiden Liegenschaften statt und wies das Mehrbegehren je hinsichtlich der anderen Hälfte ab.
Es vertrat die Auffassung, daß die Rechte des Alois A jun. aus dem Erbübereinkommen vom vererbbar gewesen seien, was sowohl für die Verpflichtung zur Übergabe bzw. Erlassung einer letztwilligen Verfügung als auch für die vereinbarte Sicherung gelte. Das Anwartschaftsrecht des Alois A jun. habe sich auf die Gesamtliegenschaften bezogen. Da aber der Klägerin das Erbrecht nach Alois A jun. nur zur Hälfte zustehe, sei ihre Klage nur zur Hälfte berechtigt.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil in seinem gesamten Umfange auf, sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige, und verfügte einen Rechtskraftvorbehalt. Das Berufungsgericht billigte die Auffassung, da sich das am vereinbarte Anwartschaftsrecht des Alois A jun. auf die Gesamtliegenschaften und nicht nur auf die aus dem Nachlaß des Alois A sen. stammenden Hälfteanteile erstrecke. Hinsichtlich der von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung, das Anwartschaftsrecht des Alois A jun. sei gar nicht vererblich gewesen, vertrat das Berufungsgericht aber die Ansicht, daß zwar nicht von einem nur dem Alois A jun. selbst zustehenden höchstpersönlichen Anwartschaftsrecht ausgegangen werden könne, daß aber die Parteien doch bei einer Nacherbschaft vereinbart haben könnten, daß Alois A jun. die Beklagte überleben müsse, damit seine Erben in den Genuß der strittigen Liegenschaften kämen. Eine Unvererblichkeit wäre nur anzunehmen, wenn sie im Erbübereinkommen vom ausdrücklich ausgesprochen worden wäre, was nicht der Fall sei, oder wenn sie nach Erwägung aller Umstände als Vertragswille zu vermuten wäre. Welcher Vertragswille zu vermuten sei, sei in erster Instanz nicht erörtert worden, weshalb hier ein Feststellungsmangel vorliege. Sollte sich im ergänzenden Verfahren ergeben, daß die Parteien für den Fall, daß Alois A jun. vor der Beklagten versterben sollte, überhaupt nicht gedacht haben, wäre ihr hypothetischer Wille zu erschließen, wobei besonders die Vertragsmotive ausschlaggebend sein müßten, z.B. die vorgesehene Versorgung der Beklagten, die Erhaltung der Liegenschaft in einer Hand, aber auch der Umstand, warum Alois A jun. seinerzeit auf sein väterliches Erbteil gegen ungewisse künftige Eigentumseinverleibungen an den gesamten Liegenschaften verzichtet habe. Der Umstand, daß die Beklagte nach dem Tod des Alois A jun. von der Vererblichkeit ihres Anwartschaftsrechtes ausgegangen sei, müsse darauf geprüft werden, ob dies ein Indiz für die ursprüngliche Parteiabsicht sei oder ob nur ein Rechtsirrtum der Beklagten vorgelegen sei, zumal die sofortige Veranlassung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes und die vorgenommenen Liegenschaftsverkäufe als Indiz für die nicht beabsichtigte Vererblichkeit aufgefaßt werden könnten, obwohl umgekehrt auch hier ein Rechtsirrtum der Beklagten in der anderen Richtung möglich sei. Auch die Tatsache, daß Maria B ursprünglich auf ihr Erbrecht nach der Beklagten verzichtet habe, später aber der Erbverzichtsvertrag wieder aufgehoben worden sei, müsse unter Umständen berücksichtigt werden. Im Zweifel müsse bei der gegebenen Beweislastlage von der Vererblichkeit des Anwartschaftsrechtes ausgegangen werden. Für diesen Fall sei das Klagebegehren aber nicht nur hinsichtlich der jeweiligen Liegenschaftshälften berechtigt, sondern ein jetzt einzutragendes Verbot müsse sich auf die ganzen Liegenschaften erstrecken, weil diese nur dadurch in ihrem derzeitigen Bestand erhalten werden können.
Die Zulässigkeit des Rechtskraftvorbehaltes begründete das Berufungsgericht mit den widersprüchlichen Ansichten in Lehre und Rechtsprechung zur Frage der sinngemäßen Anwendung der Regeln über die fideikommissarische Substitution auf Vertragsverhältnisse ähnlicher Wirkung.
Gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß die Klage zur Gänze abgewiesen wird. Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben. Dem Rekurs kommt teilweise Berechtigung insofern zu, als die Sache spruchreif erscheint, wenn auch nicht ganz im Sinne des Prozeßstandpunktes der beklagten Partei, wohl aber im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles des Erstgerichtes. Da die Rechtsansicht der zweiten Instanz insofern von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, die noch darzustellen ist, abweicht, hat das Berufungsgericht gemäß § 519 Abs. 2 ZPO zulässigerweise einen Rechtskraftvorbehalt ausgesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes bedarf es keiner ergänzenden Feststellungen über den Parteiwillen, sondern dieser ergibt sich ganz klar schon aus dem Wortlaut des stittigen Erbübereinkommens und nicht zuletzt auch durch die nachträglich an den Tag gelegten Verhaltensweisen der Vertragsparteien. Gemäß § 914 ABGB ist zwar bei Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen, andererseits aber der Vertrag so zu verstehen, wie es der übung des redlichen Verkehrs entspricht. Daraus ergibt sich, daß unter der Absicht der Parteien der Geschäftszweck zu verstehen ist, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muß. Zunächst muß sich die Auslegung daher an den verwendeten Ausdruck halten und nur wenn dieser unklar ist, also sozusagen die Beachtung des buchstäblichen Sinnes des Ausdruckes nicht zum Ziel führt, dann hat es zur Erforschung des wirklichen Parteiwillens unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles zu kommen (Entscheidungen wie MietSlg. 30.124 u.a.). Ist der Wortlaut aber klar, dann muß ausdrücklich behauptet und bewiesen werden, daß die Parteien in Wahrheit eine vom Wortlaut abweichende Vereinbarung getroffen haben (MietSlg. 35.100 u.a.). Die sogenannte ergänzende Vertragsauslegung hat erst stattzufinden, wenn sich weder nach dem objektiven und maßgeblichen Wortlaut, noch nach dem allenfalls ermittelnden übereinstimmenden wirklichen Willen der Parteien ergibt, was die Parteien für einen ganz bestimmten Fall vorgesehen haben (Entscheidungen wie MietSlg. 29.107 u.a.).
Im vorliegenden Fall geht der Wortlaut des Erbübereinkommens vom ganz eindeutig dahin, daß die Vertragsparteien damals ein sogenanntes Besitznachfolgerecht vereinbart haben, das durch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot gesichert war, was möglicher und zulässiger Inhalt eines Vertrages sein kann (vgl. Entscheidungen wie RZ 1957, 27, EvBl. 1959/156, SZ 26/79).
Da im Vertrag nicht von der Übergabe oder letztwilligen Zuwendung von Liegenschaftshälften die Rede ist, sondern die Gesamtliegenschaft als Gegenstand des Besitznachfolgerechtes angeführt wird, trifft diesbezüglich die Rechtsansicht der beiden Vorinstanzen zu, daß dem Alois A jun. nicht nur die jeweils halben Anteile der Beklagten an den strittigen Liegenschaften zufallen sollten, die diese von ihrem Ehemann Alois A sen. für den Fall der Erbsentschlagung seiner Kinder erben hätte können (oder hinsichtlich derer ihr das im Notariatsakt vom vereinbarte Aufgriffsrecht zustand), sondern die gesamten Liegenschaften. Da sich diese Liegenschaften auf Grund des Ergebnisses des Erbübereinkommens im Alleineigentum der Beklagten befanden, konnte sie darüber auch ohne weiteres in dem Sinne verfügen, wie es im Erbübereinkommen ausgedrückt wurde. Wenn sich Alois A jun. in seinem Testament auf das Erbteil seines Vaters beruft, ist das nicht dahin zu verstehen, daß er damit anerkannt hätte, ihm stünde nur hinsichtlich der Liegenschaftshälften ein Besitznachfolgerecht zu. Dieses Besitznachfolgerecht war mangels einer gegenteiligen Vereinbarung vererblich. Dies ergibt sich aus § 705 ABGB, weil es zwar der Beklagten überlassen war, ob sie zu ihren Lebzeiten, wann immer sie will, den übergabsvertrag abschließt oder die Liegenschaften erst mit ihrem Tode letztwillig zuwendet, weil aber die Zuwendung auf jeden Fall einmal erfolgen mußte, der Zeitpunkt der Zuwendung also von der Art war, daß er kommen mußte. Das Anwartschaftsrecht ging daher wie ein anderes unbedingtes Recht auf die Erben des Alois A jun. über, und nur die Übergabe wurde bis zum gesetzten Termine verschoben. Zu diesem Ergebnis kommt man übrigens auch dann, wenn man das strittige Recht wie eine fideikommissarische Substitution behandelt (vgl. dazu Entscheidungen wie EvBl. 1955/269, EvBl. 1957/185), weil in diesem Fall der Nacherbe nur den sogenannten Erbfall, nicht aber den
sogenannten Nacherbfall erleben muß (vgl. JBl. 1976, 586 = EvBl.
1976/212 = NZ 1977, 120, Welser in Rummel RZ 8 zu § 615 ABGB,
Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 3 185, 186). In diesem Fall (Erbübereinkommen) könnte aber nicht schon ein erweislicher anderer Wille des Zuwendenden im Sinne des § 615 Abs. 2 ABGB eine Auslegung im Sinne eines Erlöschens des Anwartschaftsrechtes rechtfertigen, sondern es müßte ein abweichender Wille beider Parteien des Erbübereinkommens in Richtung auf Unvererblichkeit des Besitznachfolgerechtes anzunehmen sein.
Ein in diesem Sinne vom Wortlaut des Erbübereinkommens und der danach gemäß §§ 705, 615 Abs. 2 ABGB anzunehmenden Vererblichkeit abweichender Vertragswille beider Parteien wurde von der beklagten Partei in erster Instanz nie geltend gemacht. Eingewendet wurde in erster Instanz nur, daß hinsichtlich des Umfanges der Zuwendung etwas anderes (nur die Hälften der Liegenschaften) gemeint gewesen sei, als es sich aus dem reinen Wortlaut des Erbübereinkommens ergibt. Diese Einwendung wurde aber von den Vorinstanzen geprüft und widerlegt.
Aus § 364 c ABGB ist für den Standpunkt der Beklagten nichts zu gewinnen, denn das Belastungs- und Veräußerungsverbot ist nur passiv, nämlich auf der Seite des verpflichteten Teils unvererblich. Daß die Parteien nie etwas anderes als die Vererblichkeit auch ausdrücklich gewollt haben, ergibt sich im vorliegenden Fall aber auch daraus, daß Alois A jun. in seinem Testament von dieser Vererblichkeit ausging und daß die Beklagte im Verlassenschaftsverfahren nach Alois A jun. immer den Standpunkt vertreten hat, sie wolle das vereinbarte Besitznachfolgerecht auch den Erben des Alois A jun. zugestehen, wenn sie dies auch nicht durch eine regelrechte Protokollsunterfertigung anerkannte und wenn sie auch die Fortdauer oder Wiederbegründung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes, also einer Sicherung des Besitznachfolgerechtes, immer ablehnte. Aus dem Umstand, daß die Beklagte nach dem Tod des Alois A jun. das fragliche Belastungs- und Veräußerungsverbot löschen ließ (wobei nicht geprüft wurde, auf welche Weise dies überhaupt möglich war), kann daher nur geschlossen werden, daß die Beklagte hinsichtlich der Sicherung des Besitznachfolgerechtes anderer Meinung war, nicht aber - wie im Rekurs ausgeführt wird -, daß dadurch schlechthin ihre Vertragsabsicht erkennbar würde, ein nur für Alois A jun. persönlich, nicht aber für seine Erben gedachtes Besitznachfolgerecht eingeräumt zu haben. In diesem Zusammenhang kann darauf hingewiesen werden, daß das Belastungs- und Veräußerungsverbot ja nicht schlechthin jeden Verkauf von Liegenschaften ausschließt, sondern wenn ein solcher Verkauf zur Erhaltung des restlichen Besitzstandes unumgänglich ist, kann durchaus der Verbotsberechtigte allenfalls auch im Klagewege verpflichtet sein, dem Verkauf von Liegenschaften zwecks Erhaltung des Gesamtwertes der Liegenschaft zustimmen zu müssen. Im vorliegenden Fall ist also nicht nur der Vertragstext selbst klar, sondern es gibt auch unabhängig vom Vertragswortlaut selbst zwingende Hinweise auf die übereinstimmende Absicht beider Parteien, weshalb eine weitere Erforschung eines solchen Parteiwillens und der Motive, warum die Parteien überhaupt das strittige Besitznachfolgerecht vereinbart haben, entbehrlich ist. Geht man aber von der Vererblichkeit des Besitznachfolgerechtes aus, dann wurde auch die Form der Sicherung ausdrücklich mitvererbt, so daß nicht zu untersuchen ist, ob nicht die Klägerin auch dann Anspruch auf Sicherung ihres Anwartschaftsrechtes hätte, wenn das Belastungs- und Veräußerungsverbot im strittigen Erbübereinkommen nicht vereinbart worden wäre (vgl. dazu Entscheidungen wie ZBl. 1934/75 oder SZ 47/62).
Zutreffend ist aber die Ansicht der Beklagten, daß die Klägerin die Unterlassung und das begehrte Verbot nur hinsichtlich der Liegenschaftshälften geltend machen kann, hinsichtlich derer sie überhaupt Erbin nach Alois A jun. ist. Der Argumentation des Berufungsgerichtes kann hier nicht beigetreten werden. Es ist zwar richtig, daß die Beklagte dann nur hinsichtlich einer Liegenschaftshälfte gebunden ist, die andere Liegenschaftshälfte aber z.B. auch einem Dritten verkaufen kann, der dann später die Teilungsklage einbringen könnte. Dieselbe Situation ist aber auch gegeben, wenn die Beklagte diese Liegenschaftshälfte nicht einem Dritten, sondern dem Miterben Kurt A übergibt, der dann ebenfalls seinerseits eine Teilungsklage einbringen kann (vgl. dazu SZ 51/65, wonach ein nur einen Hälfteanteil belastendes Besitznachfolgerecht möglich ist und den anderen Teil nicht an der Aufhebung der Gemeinschaft hindert, oder SZ 45/118, wonach die Sicherstellung auf einen ideellen Liegenschaftsanteil keine Probleme macht). Würde man hingegen das Belastungs- und Veräußerungsverbot auf den ganzen Liegenschaften einverleiben, so würde die Beklagte mehr belastet, als es zur Sicherung der Rechte der - nach ihrem Vater nur zur Hälfte des Nachlasses eingeantworteten - Klägerin gerechtfertigt ist. Die Sache ist daher spruchreif im Sinne einer Bestätigung bzw. Wiederherstellung des Ersturteiles, wobei der Oberste Gerichtshof gemäß § 519 Abs. 2 zweiter Satz ZPO über den Rekurs durch Urteil in der Sache selbst erkennen konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 50, 43 Abs. 1 ZPO.