OGH vom 08.07.2010, 2Ob75/10h
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache für A***** M*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. H***** V*****, vertreten durch Dr. Peter Lechner und Dr. Hermann Pfurtscheller, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 54 R 59/09m U76, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 3 P 34/06i U70, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom , GZ 3 P 34/06i U71, zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und es wird dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs aufgetragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom setzte das Erstgericht die Unterhaltsverpflichtung des Vaters herab, wies jedoch sein Mehrbegehren auf gänzliche Enthebung ab. Nach dem Rückschein hätte der Vater als „Empfänger“ den Beschluss am übernommen.
Gegen den Beschluss des Erstgerichts vom erhob der Vater den Rekurs, den er am zur Post gab.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Rekursgericht diesen Rekurs als verspätet zurück und sprach aus, der Revisionsrekurs sei nicht zulässig.
Dagegen richtet sich der rechtzeitige Revisionsrekurs des Vaters mit dem wesentlichen Vorbringen, sein Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts sei nicht verspätet.
Mit Beschluss vom ließ das Rekursgericht den Revisionsrekurs gemäß § 63 Abs 3 AußStrG doch zu. Aufgrund der vom Vater in der Zwischenzeit tatsächlich bescheinigten Ortsabwesenheit im Zeitpunkt der Zustellung der Beschlüsse des Erstgerichts sei von der Rechtzeitigkeit des Rekurses auszugehen.
Der Tochter wurde freigestellt, sich zur Rechtzeitigkeit des Rekurses ihres Vaters zu äußern, wovon sie keinen Gebrauch gemacht hat.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des jedem Abänderungsantrag innewohnenden Aufhebungsantrags berechtigt.
Mit seinem Revisionsrekurs hat der Vater eine von ihm und seiner Mutter unterschriebene eidesstattliche Erklärung vorgelegt.
Werden Bescheinigungsmittel angeboten und aufgenommen, sind sie einer Beurteilung zu unterziehen; dabei kann auch der Oberste Gerichtshof „Tatsacheninstanz“ sein (6 Ob 286/06m; 8 Ob 131/08k; 2 Ob 174/09s).
Aufgrund der eidesstattlichen Erklärung ist bescheinigt, dass der Vater vom 1. bis einschließlich von seiner Wohnadresse ortsabwesend war, den Beschluss des Erstgerichts vom tatsächlich seine Mutter übernahm und dass der Vater diesen Beschluss von seiner Mutter erst am erhielt.
Rechtlich folgt daraus, dass die Ersatzzustellung des Beschlusses des Erstgerichts vom an die Mutter gemäß § 16 Abs 5 ZustG unwirksam war und erst durch tatsächliche Übernahme am wirksam wurde (§ 7 ZustG).
Der Rekurs war daher rechtzeitig, weshalb die Zurückweisung durch das Rekursgericht zu Unrecht erfolgte.
Das Rekursgericht wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Rekurs des Vaters in der Sache auseinandersetzen müssen.
Fundstelle(n):
JAAAD-65094