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OGH vom 06.07.2011, 7Ob14/11a

OGH vom 06.07.2011, 7Ob14/11a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** G*****, vertreten durch GKP Gabl Kogler Papesch Leitner Rechtsanwälte OG in Linz, gegen die beklagte Partei M***** O*****, vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Befreiung von einer Haftung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 54/10g 56, womit das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 64 Cg 8/09v 52, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Die Revisionsbeantwortung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger betrieb bis zum das Nachtlokal „B*****“ in S*****. Seine Partner waren R***** P***** und G***** H*****, die an dem Betrieb auch insofern finanziell beteiligt waren, als G***** H***** einen Kredit aufnahm und R***** P***** für diesen Kredit mit 35.000 EUR bürgte. R***** P***** hatte auch einen Schlüssel für das Lokal und verrichtete dort diverse Arbeiten. Aufgrund des sich verschlechternden Geschäftsgangs entschloss sich der Kläger, den Betrieb zu verkaufen. Der Beklagte interessierte sich dafür. Weder bei den Vertragsverhandlungen noch beim Vertragsabschluss trafen sich die Parteien persönlich. Als „Vermittler“ schritten für den Kläger G***** H*****, für den Beklagten R***** P***** ein. Der Kläger selbst ging von einer offenen Steuerschuld gegenüber dem Finanzamt für den Zeitraum bis in der Höhe von etwa 130.000 EUR bis 140.000 EUR aus. Dies teilte er G***** H***** und R***** P***** mit. Zur Absicherung dieser offenen Verbindlichkeit bestand der Kläger darauf, dass ihm der Beklagte im Zuge der Unterfertigung des Vertrags einen Wechsel über 100.000 EUR ausstelle.

Am unterfertigten die Parteien den von R***** P***** entworfenen, als „Verbindlicher Vorvertrag“ bezeichneten Aufsatz wie folgt:

Zunächst trafen sich R***** P*****, G***** H***** und der Beklagte in der Bar. Der Beklagte ging von offenen Verbindlichkeiten des Betriebs beim Finanzamt in der Höhe von etwa 50.000 EUR aus, „wobei nach Abgabe der Steuererklärung nur mehr 10.000 EUR bis 20.000 EUR offen sein sollten“. Vor Vertragsunterfertigung teilten R***** P***** und G***** H***** dem Beklagten mit, dass es sich hiebei lediglich um einen „Vorvertrag“ handle und der Hauptvertrag einen Monat später, nach Veranlassung der nötigen Schritte für die Betriebsübernahme, aufgesetzt werden solle. G***** H***** teilte dem Beklagten mit, dass der Kläger für den Fall des Abschlusses des Vertrags auf der Ausstellung und Übergabe des Blanko Wechsels durch den Beklagten bestehen würde. Der Beklagte akzeptierte die Forderung nach der Ausstellung eines Wechsels nicht. Sollte der Kläger weiterhin darauf bestehen, so sei der Beklagte an einem Abschluss des Vertrags nicht interessiert. G***** H***** fuhr mit dem Vertragsentwurf zum Kläger, um diesen unterfertigen zu lassen. Der Kläger stellte fest, dass die Ausstellung eines Wechsels nicht, wie von ihm gewünscht, im Vertragstext festgehalten worden war. G***** H***** erklärte dem Kläger, dass er nicht noch einmal nach S***** fahren werde, um den Vertragstext entsprechend zu ändern. Er forderte den Kläger auf, den Vertrag unverzüglich zu unterschreiben, weil der Beklagte das Lokal sofort übernehmen wolle und „eine Quelle von 15 Schwedinnen“ habe, die sogleich im Lokal zu arbeiten beginnen könnten. R***** H***** versicherte dem Kläger, sich darum zu kümmern und ihm am nächsten Tag den vom Beklagten unterfertigten Wechsel auszuhändigen. Der Kläger unterfertigte den Vertragstext und G***** H***** brachte diesen zurück in die Bar zu R***** P***** und dem Beklagten. G***** H***** erklärte, dass „die Sache so erledigt“ sei, weshalb der Beklagte davon ausging, dass der Kläger nun nicht mehr auf die Ausstellung des Wechsels bestehe. Der Beklagte unterfertigte den Vertrag. Weder G***** H***** noch R***** P***** erwähnten gegenüber dem Kläger, dass es sich bei dem von R***** P***** aufgesetzten Vertragstext um einen bloßen „Vorvertrag“ handeln solle. Nach Unterfertigung des Vertrags übergab der Kläger noch am selben Tag die Schlüssel zur Bar an G***** H*****. Der Beklagte übernahm einen Tag darauf, am , den Betrieb und führt ihn seither. Das Erstgespräch mit dem Steuerberater führte er am .

Im „verbindlichen Vorvertrag“ verpflichtete sich der Kläger, dem Beklagten seinen Nachtclub am zur alleinigen Betreibung zu übergeben. Weiters wurde vereinbart: Der Betreiber übernimmt die angefallenen Zahlungsrückstände gegenüber der Vermieterin des Objekts und die Rückstände beim Finanzamt und bei der Sozialversicherung, die während der Betreibung des Nachtclubs im Zeitraum bis zum jetzigen Zeitpunkt entstanden sind (USt und Einkommenssteuer), sofern sie im ursächlichen Zusammenhang mit der Betreibung stehen; es kommt zu einer Firmenfortführung durch den Betreiber, die nötigen rechtlichen Schritte sind innerhalb des nächsten Monats zu veranlassen; durch Übernahme der Verbindlichkeiten verzichtet der Kläger auf weitere Forderungen und stimmt einer Firmenfortführung zu; der Kläger überlässt das Mietobjekt und sämtliche Fahrnisse zur uneingeschränkten Verwendung.

Der Kläger begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihn von der Haftung für Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt und der Sozialversicherungsanstalt aus dem Betrieb im Zeitraum bis zu befreien. Bei der Übernahme der Verbindlichkeiten handle es sich um Gegenleistungen für die Betriebsübergabe. Im maßgeblichen Zeitraum seien gegenüber dem Finanzamt offene Verbindlichkeiten von 80.280,23 EUR und gegenüber dem Sozialversicherungsträger von 1.204,31 EUR angefallen. Der Beklagte habe im Vertrag vom eine Erfüllungsübernahme nach § 1404 ABGB erklärt. Entgegen der Bezeichnung sei nicht bloß ein Vorvertrag abgeschlossen worden. Im Vertragstext handle es sich insoweit um eine Fehlbezeichnung, welche von rechtsunkundigen Personen vorgenommen worden sei. Der Abschlusszeitpunkt des Hauptvertrags sei nicht bestimmt worden. G***** H***** habe dem Kläger den Vertrag zur Unterfertigung vorgelegt und mit keinem Wort darauf hingewiesen, dass dies ein bloßer „Vorvertrag“ sei. Der Kläger habe dem Beklagten den Betrieb zur uneingeschränkten Verwendung überlassen. Beiden Parteien sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bewusst gewesen, dass es sich bei den vom Beklagten zu übernehmenden Verbindlichkeiten um Beträge von mehr als 100.000 EUR handeln würde. Es sei vereinbart worden, dass der Beklagte dem Kläger zur Besicherung der offenen Forderungen einen Wechsel ausstellt. Im Hinblick auf die Vereinbarung habe der Beklagte auch mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse eine Zahlungsvereinbarung über die offenen Verbindlichkeiten aus dem Barbetrieb getroffen. Der Vertrag sei durch die tatsächliche Übergabe des Betriebs faktisch in Vollzug gesetzt worden. Eine Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums sei wegen Verjährung ausgeschlossen. Die Höhe der Steuerschuld sei hier nicht relevant, weil der Kläger lediglich einen Befreiungsanspruch geltend mache. Das aufrechnungsweise Einwenden von Gegenforderungen sei schon aus rechtlicher Sicht bei einem Befreiungsanspruch nach § 1404 ABGB ausgeschlossen.

Der Beklagte beantragt Klagsabweisung. Es handle sich bloß um einen Vorvertrag, sodass das Begehren allenfalls auf Abschluss des Hauptvertrags gerichtet werden könnte. Die vereinbarte Übertragung des Firmenkontos an den Beklagten sei nicht erfolgt. Die endgültige Vertragsversion hätte zwischen den Parteien selbst ausgehandelt werden sollen, und zwar innerhalb von einem Monat nach Abschluss des Vorvertrags. Sollte von einem verpflichtenden Vertrag ausgegangen werden, so werde die schuldhafte Nichterfüllung des Vertrags durch den Kläger eingewandt. Überdies seien R***** P*****, G***** H***** und der Kläger als Partner tätig gewesen. Sie hätten gemeinsam durch verschiedene Rollenverteilungen die Übernahme des Betriebs durch den Beklagten aufgrund falscher Angaben betrieben. R***** P***** sei als Vermittler und nicht als Partner aufgetreten, G***** H***** und der Kläger hätten fälschlich angegeben, einander nicht informiert zu haben. Weiters wendete der Beklagte mehrere Forderungen aus dem Titel des Schadenersatzes ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Vertrag sei wegen Dissenses nicht gültig zustande gekommen. Der Kläger habe auf die Ausstellung eines Wechsels bestanden, der Beklagte habe dies abgelehnt. Der Beklagte sei davon ausgegangen, dass er lediglich einen Vorvertrag unterfertige, der Kläger hingegen davon, dass er einen Hauptvertrag unterschreibe. Der Beklagte sei bereit gewesen, Verbindlichkeiten bis zu einem Betrag von höchstens 50.000 EUR zu übernehmen. Der Kläger sei von einem höheren Betrag ausgegangen. Diese Punkte seien nicht bloß nebensächlich, sodass der Vertrag nicht wirksam geschlossen worden sei. Es erübrige sich daher, auf das weitere Vorbringen der Parteien einzugehen.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil. Da in den vom Erstgericht dargelegten drei Punkten die Willenserklärungen der Parteien nicht korrespondierten, liege eine äußere Uneinigkeit vor. Unstrittig sei, dass der Beklagte das Nachtlokal am übernommen und in der Folge tatsächlich auch geführt habe, sodass vom Vorliegen eines faktischen Vertragsverhältnisses ausgegangen werden könne. Der Vorvertrag sei unter dem Aspekt zu lesen, dass die Höhe der zu übernehmenden Rückstände noch nicht angegeben sei und unbestrittener Weise ein Gespräch beim Steuerberater noch bevor gestanden sei. Ginge man von einem gültigen Vertrag aus, wäre für den Kläger noch nichts gewonnen, weil dann die Irrtumsproblematik zu prüfen wäre. Es spiele letztlich keine Rolle, dass den Streitteilen durch die vermittelnden Personen R***** P***** und G***** H***** jeweils unterschiedliche Informationen zugetragen worden seien. Die dem Empfangsboten gegenüber abgegebene Willenserklärung sei dessen Auftraggeber gegenüber so wirksam, wie sie abgegeben worden sei. Eine unrichtige Übermittlung gehe zu Lasten des Erklärungsempfängers. Werde eine Erklärung gegenüber einem Boten des Empfängers abgegeben, so sei sie damit schon dem Empfänger zugegangen. Das Risiko der Verstümmelung der Erklärung trage der Empfänger. Dass G***** H***** dem Kläger gegenüber Zusagen getätigt habe, die sich mit der Vertragsofferten des Beklagten nicht deckten, sei der Risikosphäre des Klägers zuzurechnen. Der Anspruch des Klägers bestehe daher im Hinblick auf die fehlende Vereinbarung schon aus diesem Grund nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine erhebliche Rechtsfrage vorliege.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte erstattete aufgrund der Freistellung durch den Obersten Gerichtshof eine Revisionsbeantwortung, die er am elektronisch einbrachte. Die Freistellung wurde ihm aber bereits am elektronisch zugestellt. Die Revisionsbeantwortung ist daher verspätet (§§ 508a iVm 507a Abs 1 ZPO) und deshalb zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Die Einwilligung in einem Vertrag muss frei, ernstlich, bestimmt und verständlich erklärt werden (§ 861 ABGB). Für das Zustandekommen eines Vertrags ist die Einigung der Vertragsteile über den Vertragsinhalt und die ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung des Abschlusswillens erforderlich. Eine Einigung der Parteien über den Vertragsinhalt ist erst anzunehmen, wenn über sämtliche Vertragsbestimmungen Einigkeit besteht. Solange über einzelne Vertragsbestimmungen Fragen noch offen sind, ist der Vertrag nicht zustande gekommen. Ein synallagmatischer Vertrag erfordert somit Einigung der Parteien über Leistung und Gegenleistung. Sofern eine dieser Leistungen in einem zu entrichtenden Preis besteht, anerkennt die Rechtsprechung, dass die Vereinbarung eines bestimmbaren Preises genügt, der Preis also nicht schon vor Abschluss des Vertrags ziffernmäßig festgestellt werden muss (RIS Justiz RS0038607). Bestimmt ist die Erklärung also, wenn ihr die wesentlichen Rechtsfolgen, die der Erklärende anstrebt, entnehmbar sind, wobei eindeutige Bestimmbarkeit genügt (RIS Justiz RS0014693, RS0014010). Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage zu verstehen war (RIS Justiz RS0014205). Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung (RIS Justiz RS0014160). Wird ein Versprechen unter anderen Bedingungen angenommen als es gegeben wurde, entsteht kein Vertrag. Dies gilt uneingeschränkt jedoch nur, wenn sich die Abweichung auf Hauptpunkte des Antrags bezieht. Bei Nebenpunkten kommt es nach herrschender Meinung darauf an, ob angenommen werden kann, dass der Vertrag auch ohne eine Bestimmung darüber geschlossen worden wäre, was dann der Fall sein wird, wenn die Nebenpunkte wie bei der Punktation durch Gesetz oder Verkehrssitte ergänzt werden können und von den Parteien kein Vorbehalt einer diesbezüglichen Einigung gemacht wurde (RIS Justiz RS0013978). Maßgebend für den Tatbestand des versteckten Dissenses ist, dass die Erklärungen der Parteien in ihrem objektiven Sinn „aneinander vorbeigehen“, ohne dass dies den Parteien bewusst wird. Entscheidend ist also, ob die sich äußerlich deckenden Erklärungen objektiv in einem einander nicht entsprechenden Sinn zu verstehen sind (RIS Justiz RS0014702).

Bei der Übermittlung rechtsgeschäftlicher Erklärungen durch einen Boten ist zu unterscheiden, ob der Bote für den Erklärenden (Erklärungsbote) oder für den Erklärungsempfänger (Empfangsbote) tätig wurde. Bedient sich der Erklärende zur Übermittlung seiner Erklärung eines Boten, so gilt die Erklärung so, wie sie vom Boten übermittelt wurde. Der Erklärende trägt das Risiko, dass der Bote die Erklärung unrichtig übermittelt und auf dieser Grundlage ein Vertrag zustande kommt. Dem Erklärenden bleibt nur die Geltendmachung der Irrtumsfolgen vorbehalten. Die dem Empfangsboten gegenüber abgegebene Willenserklärung ist dessen Auftraggeber gegenüber so wirksam, wie sie abgegeben wurde. Eine unrichtige Übermittlung geht zu Lasten des Erklärungsempfängers. Gehört der Bote der Sphäre des Erklärungsempfängers an und ist er von diesem zur Empfangnahme von Erklärungen ermächtigt, wird er demnach (jedenfalls auch) für diesen tätig; er ist nicht mehr Erklärungsbote, sondern Empfangsbote (RIS Justiz RS0013946). Ist die Erklärung gegenüber einem Boten des Empfängers abgegeben worden, so ist sie damit schon dem Empfänger zugegangen. In diesem Fall trägt der Empfänger das Risiko, wenn der Bote die Erklärung verstümmelt (RIS Justiz RS0014068).

Die Bezeichnung eines Vertrags durch die Parteien ist jedenfalls dann für die rechtliche Beurteilung des Vertragsverhältnisses nicht entscheidend, wenn ein mit der Bezeichnung nicht in Einklang zu bringender Vertragsinhalt und eine auf diesen Vertragsinhalt gerichtete Parteiabsicht festgestellt sind (RIS Justiz RS0017836).

Die von einer Person übernommene Verpflichtung, eine andere von der Zahlung der ihr vorgeschriebenen Steuer zu befreien, ist eine Belastungsübernahme nach § 1404 ABGB. Wenn die bereits fällige Schuld dem Gläubiger nicht bezahlt wird, sodass der Schuldner selbst Gefahr läuft, von diesem in Anspruch genommen zu werden, kann der Schuldner den Schuldübernehmer auf Befreiung klagen (RIS Justiz RS0033012). Das dementsprechende Klagebegehren, der Beklagte sei schuldig, den Kläger von der Zahlung der ihm vorgeschriebenen Steuer zu befreien, genügt den Erfordernissen des § 226 ZPO (RIS Justiz RS0033314).

Im vorliegenden Fall sprachen die Parteien vor Unterfertigung des von R***** P***** verfassten Vertragswerks nicht persönlich miteinander. Die Gespräche wurden für den Kläger von G***** H***** und für den Beklagten von R***** P***** geführt. Die beiden werden von den Beteiligten als „Vermittler“ bezeichnet. Da sich die Parteien nach den Feststellungen offenbar die Genehmigung des Vertragstextes und die Vertragsschließung selbst vorbehalten haben, kann mit den Vorinstanzen davon ausgegangen werden, dass die „Vermittler“ im vorliegenden Fall nicht als rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Vertreter, sondern nur als (Empfangs- und Erklärungs-)Boten der jeweiligen Partei einschritten. Durch die Unterfertigung der als „verbindlicher Vorvertrag“ bezeichneten Urkunde, die schließlich durch die Parteien selbst erfolgte, gaben sie objektiv zwei übereinstimmende Willenserklärungen im Sinn des Vertragstextes ab. Der Kläger wollte vom Beklagten zwar außerhalb der schriftlichen Vereinbarung zur Besicherung seiner Forderungen noch ein Wechselakzept erhalten, doch wurde diese Forderung auf mündliche Ergänzung des Vertrags von seinem Boten an den Beklagten nicht weitergegeben. Vielmehr erklärte dieser wahrheitswidig, dass „die Sache so erledigt sei“. Diese Erklärung kann von einem redlichen Empfänger (dem Beklagten) nur so verstanden werden, dass der Kläger keine Ergänzungen des schriftlichen Vertragstextes fordert, also dem Wunsch des Beklagten folgend auf der Ausstellung des Wechsels nicht mehr besteht. Dass dies nicht dem Geschäftswillen des Klägers entsprach, sein Erklärungsbote also etwas anderes erklärte, als er sollte, geht zu Lasten des Klägers. Daraus ergibt sich kein Dissens, stimmen doch die Willenserklärungen der Parteien objektiv überein.

Wie oben dargelegt, hängt die Beurteilung eines Vertragswerks nicht von seiner Bezeichnung, sondern von seinem Inhalt und dem darin erkennbaren Parteiwillen ab. Das Vertragswerk wird zwar als „verbindlicher Vorvertrag“ bezeichnet, doch fehlt ihm, damit es als Vorvertrag überhaupt „verbindlich“ sein könnte, die Zeitangabe, wann die Abschließung des Hauptvertrags erfolgen sollte. Auf einen Hauptvertrag wird vielmehr nicht Bezug genommen, es ist auch nicht ersichtlich, welchem Zweck ein nachfolgender Hauptvertrag dienen hätte können. Gerade aus dem Wort „verbindlich“ und der Tatsache, dass der Kläger bereits am , dem Tag der Vertragsunterfertigung, den Betrieb an den Beklagten übergeben sollte und dies auch einen Tag nachher tat, ergibt sich, dass sich die Parteien durch die Unterfertigung des Schriftstücks zur Leistung selbst verpflichten wollten. Der Vertrag wurde unmittelbar dadurch in Vollzug gesetzt, dass dem Beklagten die Schlüssel zum Lokal übergeben wurden und der Beklagte das Geschäftslokal seither betreibt. Auch wenn der Beklagte davon ausging, dass das Schriftstück, das er unterfertigte, „nur“ ein Vorvertrag sei, so meinte er damit nur, dass der „Hauptvertrag“ einen Monat später, nach Veranlassung der nötigen Schritte für die Betriebsübernahme, aufgesetzt werden sollte. Ein Interesse am Abschluss eines wortgleichen zweiten Vertrags ist nicht erkennbar. Der Beklagte musste nach dem Vertragstext davon ausgehen, dass er sich bereits mit der Unterfertigung des Vertragstextes verpflichtete und alles, was geregelt werden sollte, damit auch geregelt wurde. Aus den Feststellungen geht auch nicht hervor, dass er den als „verbindlich“ bezeichneten Vertrag nur bedingt oder erst nach Aushandlung bestimmter Vertragspunkte hätte abschließen wollen. Der Beklagte übernahm ja den Betrieb am Tag der Unterfertigung des Vertrags. Aus dem Vertragstext des „verbindlichen Vorvertrags“ ist kein wie immer gearteter Hinweis zu erkennen, dass es sich nicht bereits um die endgültige Vereinbarung hinsichtlich der Übergabe des Betriebs gegen Entgelt handeln sollte. Auch insoweit liegen also übereinstimmende Willenserklärungen vor, ein Dissens ist nicht erkennbar.

Was die Höhe des für die Betriebsübergabe vereinbarten Entgelts anlangt, so genügt Bestimmbarkeit des Preises. Diese ist hier grundsätzlich gegeben, weil die Höhe der bestehenden Steuerschuld objektiv feststellbar ist. Hätten allerdings die Parteien unterschiedliche Äußerungen darüber abgegeben, in welchem Rahmen sich der bestimmbare Preis bewegen werde, so könnte dies Dissens bewirken. Im vorliegenden Fall hingegen steht fest, dass der Kläger dem Boten des Beklagten (und auch seinem eigenen) bekannt gab, dass sich die zu übernehmenden Forderungen des Finanzamts in einer Höhe von ca 130.000 EUR bis 140.000 EUR bewegen würden. Diese Erklärung ging dem Empfangsboten des Beklagten R***** P***** zu und wurde vom Beklagten angenommen. Sollte dem Beklagten sein Empfangsbote die Erklärung des Klägers nicht korrekt übermittelt haben, so geht dies zu Lasten des Beklagten. Seine nicht geäußerte, subjektive Erwartung ist demgegenüber, weil sie nach den Feststellungen nicht durch eine Erklärung des dem Kläger zurechenbaren Boten G***** H***** veranlasst wurde, nicht Vertragsinhalt geworden.

Ausgehend von der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht der Vorinstanzen fehlen zur abschließenden Beurteilung der Rechtssache noch Feststellungen. Es muss geklärt werden, in welcher Höhe im klagsrelevanten Zeitraum Steuerschulden beim Finanzamt aushaften und ob sich diese im Rahmen der vom Kläger dem Boten des Beklagten gegenüber geäußerten Beträge von ca 130.000 EUR bis 140.000 EUR halten. Nur darauf bezieht sich die Verpflichtung des Beklagten. Sollte die Steuerschuld höher sein, so kann eine unbeschränkte Verpflichtung zur Befreiung von den Verbindlichkeiten wie vom Kläger begehrt nicht stattfinden.

Das Begehren des Klägers bezieht sich auch auf Forderungen beim Sozialversicherungsträger. Dazu fehlen schon Feststellungen darüber, welche Wertvorstellungen die Parteien wem gegenüber zur Höhe der zu erwartenden Verbindlichkeiten äußerten oder ob diese Schulden ohne besondere Angaben übernommen werden sollten. Im Übrigen ist wie zu den Steuerrückständen ausgeführt vorzugehen.

In diesem Sinn wird sich das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren mit dem weiteren Vorbringen der Parteien auseinandersetzen müssen.

Die Revision war daher im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.