OGH vom 24.03.2015, 5Ob35/15f
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Helmuth S*****, vertreten durch Mag. Verena Miklos, Notarin in Aspang Markt, wegen Urkundenhinterlegung, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , AZ 47 R 149/14f, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom , TZ 1440/2014 (Uh 10/14), bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Antragsteller begehrte die Hinterlegung eines notariellen Schenkungsvertrags zum Erwerb seines Eigentumsrechts an einem Hälfteanteil des der Geschenkgeberin gehörigen, in keinem Grundbuch eingetragenen, errichteten Superädifikats „*****, KLG ***** Parzelle *****“ auf dem Grundstück ***** in der EZ *****, GB 01405 Ottakring, Eigentümer der Liegenschaft ist die Stadt Wien.
Der vorgelegte Schenkungsvertrag hält fest, dass auf einem Teil des Grundstücks *****, das intern als „Los *****“ bezeichnet und von der Finanzverwaltung als „*****, KLG ***** Parzelle *****“ geführt wird, ein Superädifikat errichtet ist, das zur Gänze im Eigentum der Geschenkgeberin steht. Gegenstand des Schenkungsvertrags ist ein Hälfteanteil dieses Superädifikats.
Das Erstgericht wies das Grundbuchgesuch mangels genauer Bezeichnung des Superädifikats ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es vermisste eine genaue Beschreibung des Superädifikats in der vorgelegten Grundbuchsurkunde, wie sie nach § 433 ABGB iVm § 4 Abs 3 UHG zu fordern sei. Der Grundbuchstand lege nahe, dass sich auf dem Grundstück eine Kleingartenanlage befinde. Der Bestand mehrerer Superädifikate sei daher keineswegs ausgeschlossen, weshalb an die Bezeichnung des von der Urkundenhinterlegung betroffenen Bauwerks höhere Anforderungen zu stellen seien. § 4 Abs 2 UHG ermögliche, dem Antrag auf Urkundenhinterlegung einen Plan über die Lage des Bauwerks anzuschließen. Dieser Möglichkeit messe die Lehre besondere Bedeutung zu, wenn sich auf einer Liegenschaft mehrere Superädifikate befänden und diese nicht durch eine sonstige nähere Bezeichnung zu unterscheiden seien. Ein dem Hinterlegungsantrag bewilligender Beschluss habe das Bauwerk nach § 10 Abs 1 UHG nicht nur durch Anführung der Katastralgemeinde und der Grundstücksnummer, sondern auch mittels eines kennzeichnenden Wortes zu bezeichnen.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Beschreibung eines Superädifikats in der Hinterlegungsurkunde nicht vorliege.
Der Revisionrekurs des Antragstellers ist aus dem vom Rekursgericht angegebenen Grund zulässig. Er ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. § 4 Abs 1 UHG fordert die Bezeichnung der Liegenschaft durch die Einlagezahl, erforderlichenfalls durch die Grundstücksnummer im Antrag. Diesem kann nach § 4 Abs 2 UHG ein Plan über die Lage des Bauwerks angeschlossen werden. Urkunden eignen sich zur Hinterlegung, wenn sie den §§ 432 437, 451, 481 ABGB entsprechen. Soweit diese Bestimmungen nicht unmittelbar anzuwenden sind, gelten die §§ 432, 433 ABGB sinngemäß (§ 4 Abs 3 UHG).
2. Form und Inhalt der Urkunden müssen praktisch ident mit jenen anderer Grundbuchsurkunden sein ( Forster , Ausgewählte Fragen des österreichischen Superädifikatsrechts, 79). Die Urkunde muss das Objekt so ausreichend bezeichnen, dass an seiner Identität kein Zweifel aufkommen kann ( Mahrer in Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 § 4 UHG Rz 3; Bittner/Lehner, Grundbuchsrecht, Reg 9, Kap 2, 5).
3. Nach der herrschenden Meinung reicht die Angabe der EZ als Inhalt der Titelurkunde für den Eigentumserwerb an Liegenschaften aus, wenn der Vertragsgegenstand damit eindeutig bezeichnet ist (5 Ob 198/02g; RIS Justiz RS0011237; Weigand in Kodek , Grundbuchsrecht 1.01 § 32 GBG Rz 3; Hinteregger in Schwimann/Kodek , ABGB 4 , § 433 Rz 3). Beim derivativen Erwerb des Eigentums an einem errichteten Superädifikat, der als Modus die Urkundenhinterlegung fordert (RIS Justiz RS0011102 [T1]; RS0011241; RS0010982; RS0011244), soll im Sinn der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Urkundenhinterlegung Klarheit über die Eigentumsverhältnisse an Liegenschaft und Superädifikat schaffen (RIS Justiz RS0011241).
4. Diese Klarheit ist durch eine nähere Beschreibung des zu übertragenden Bauwerks zu erreichen, wie sie in der Lehre ( Forster aaO mwN in FN 378) und zweitinstanzlicher Rechtsprechung (LG Klagenfurt 2 R 193/87 RPflGB 2206) zu Recht bereits gefordert wurde. Wäre eine Beschreibung gänzlich überflüssig, scheint zudem die Anordnung in § 10 Abs 1 Satz 3 UHG sinnlos, wonach das Bauwerk im Beschluss über die Bewilligung der Hinterlegung mit einem kennzeichnenden Wort zu bezeichnen ist.
5. Das Gericht hat zwar nach Rechtsprechung und Lehre bei einem Antrag auf Urkundenhinterlegung die rechtliche Qualifikation eines Bauwerks als Superädifikat iSd § 435 ABGB nicht zu prüfen (RIS Justiz RS0077193; Rassi Grundbuchsrecht² Rz 356; Bittner/Lehner aaO). Trotz dieser eingeschränkten Prüfungsbefugnis muss das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet sein (§ 9 Abs 1 Z 2 UHG). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist ein Hinterlegungsbegehren etwa in jenen Fällen abzuweisen, in denen aus den beigebrachten Urkunden selbst hervorgeht, dass ein nicht als Superädifikat zu beurteilendes Gebäude vorliegt (5 Ob 2323/96w = NZ 1997/403 [ Hoyer ]; 5 Ob 7/96 = wobl 1997/34; 5 Ob 190/14y).
6. Diese Beurteilung ist ausgeschlossen, wenn in der Grundbuchsurkunde nur von einem Superädifikat die Rede ist. Superädifikat ist eine rechtliche Qualifikation und keinesfalls eine jenes Bauwerk identifizierende Beschreibung, das in das Eigentum übertragen werden soll. Zur Lage des Superädifikats verweist der vorgelegte Schenkungsvertrag auf die „interne“ Bezeichnung („Los/Parzelle *****“) jenes Teils der EZ, auf der das Superädifikat errichtet sein soll. Diese „interne“ Identifizierung ist für den Grundbuchsrichter weder anhand des Grundbuchstands noch der vorgelegten Urkunde selbst überprüfbar.
7. Bei Hinterlegung einer Urkunde, welche die Übertragung des Eigentums an einem Superädifikat bewirken soll, muss das Superädifikat eindeutig identifiziert werden. Dies kann durch die Vorlage eines Plans oder durch eine Beschreibung des Bauwerks nach (beispielsweise) seiner Bauweise, Größe oder Umfang der verbauten Fläche in der Urkunde erfolgen. Die Bezeichnung als „Superädifikat“ reicht nicht aus.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00035.15F.0324.000